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Laufberichte

Von den Bergen in die Stadt

 

Es geht auf einer asphaltierten Straße durch den Eichetwald, bei Kilometer 7 applaudieren Zuschauer. Ich rechne heute anders als gewohnt: 9 x 7 = 63 Minuten bisher, bevor der Marathonkurs unweit vom Kilometerpunkt 8 nach dem Kneissl Moor um 90 Grad nach Norden in die Berchtesgadner Straße abzweigt. Nur die rechte Straßenseite steht für die Läufer/innen zur Verfügung, die linke Hälfte wird von zeitweise nachfahrenden Autos benutzt. Ich laufe genau in der Fahrbahnmitte, tlw. in der linken Hälfte, weil nach rechts abschüssiges Terrain bei meiner irreparablen Verletzung im linken Fußknöchelbereich sofort zu Schmerzen führt. 

Die folgenden zwei Kilometer verlaufen auf einer unübersichtlichen Strecke mit einigen langgezogenen Kurven, sodass ich nicht abschätzen kann, wie weit die 5 h-Gruppe hinter mir ist. Die Marathonläufer/innen erkennt man gut an den braunen Farbblock am unteren Ende der Startnummer, die Halbmarathonis haben eine blaue Markierung, die nicht so auffällt. Wir kommen wieder in bewohntes Stadtgebiet, die zweite Labe wird bestens frequentiert. Davor gab es zudem zu unserer Rechten eine weitere Station, an der nur Becher mit Wasser ausgegeben wurden. Nun bleibe ich stehen und mische mir einen Drink mit Wasser, Powerade und Cola. Die Asiaten pflegen zu rülpsen, wenn’s geschmeckt hat, mir stößt die Kohlensäure vom Cola auf. Aber das stört höchstens eine der mir schon in der Hellbrunnerallee wegen ihres andauerndes Gequatsches mit einer Kollegin, die keuchendes Schrittes das Tempo kaum halten konnte, aufgefallene Italienerin mittleren Alters. Jetzt muss sie im Pulk bei der Labe auch andere ertragen.

Wir laufen an dem zu unserer Linken liegenden Schloss Leopoldskron aus dem 18. Jahrhundert vorbei. Es war seinerzeit einer der Hauptdrehorte des Films „The Sound of Music“ und dient heute als Seminarhotel.  Die 11 km-Anzeige ist in Sicht. Die Marathonstrecke führt  um den Leopoldskroner Weiher, der vom Almkanal gespeist wird und wo sich heute auch ein Freibad befindet, wieder um 180 Grad nach Süden. Eine Moderatorin schreit laut „Anton, du schaffst das noch auf deinen letzten Kilometern!“ Was mir daran nicht gefällt ist zweierlei: Erstens laufe ich den Marathon und zweitens hätte ich auch bei der Halbdistanz noch genau die Hälfte der Strecke vor mir, insgesamt sind es noch 31 Kilometer. So manche unbedachte Aussage von Platzsprechern bei Marathons ist einfach zu vergessen.  

Kurz vor der Georg Nikolaus von Nissen-Straße, die nach Westen führt, steht die Tafel mit der 12 km-Aufschrift. Üblicherweise rechne ich bei Marathons erst nach dem Halben, heute schon von Beginn an. Gleich darauf wendet die Strecke wieder, es geht nach Norden, dann  nach Westen und gleich wirder nordwärts. Unsere Laufspur ist für Autos gesperrt,  auf der linken Straßenseite steht dafür der Verkehr still.

Die 15 Km sind erreicht, der Kurs dreht erneut und geht durch die Nussdorferstraße. Zu unserer Linken befindet sich die über Österreich hinaus bekannte Brauerei Stiegl, die auf das Jahr 1492, als Columbus Amerika entdeckte, namentlich zurückgeht und heute mit 700 Mitarbeitern und 160 Mio. Euro Umsatz ein Großbetrieb in der Region ist. Bei der letzten Fußball-WM habe ich mir ein Dutzend Flaschen lange aufgehoben, weil ich die Kappen mit den darauf abgebildeten Wappen der teilnehmenden Länder mittels Öffner nicht beschädigen wollte. Einen Exkurs in die Bierwelt als eingerechnete Unterbrechung wäre jetzt alternativlos.

Eine Band spielt auf einem Anhänger rockige Musik, es hat längst zu tröpfeln begonnen. Bei der dritten großen Versorgungsstelle mische ich erneut meinen Cocktail. Neben mir läuft eine junge Japanerin, begleitet von ihren Eltern, die ihre persönlichen Tempomacher sind. Der Kurs ist 5:45 Stunden offen, das kommt auch mir heute sehr zugute, es nimmt jeglichen Druck.

Nach dem Zickzack-Kurs kommen am Mönchsberg vorbei. Eine Abkürzung in die Altstadt von hier durch das Siegmundstor wäre ja möglich, doch sportsmen machen so was nicht. Um den Mönchsberg herum geht es weiter und am Augustinerkloster vorbei, das gleichnamige Bräustübl befindet sich zu unserer Linken. Der Kurs führt durch die Eisenbahnunterführung in die Gaswerkgasse. Das kurze Gefälle verleitet auch mich, angefeuert von einer Band in der Unterführung, mein Lauftempo zu erhöhen. Aber noch immer sind die 5-Stunden-Bremser nicht im Rückspiegel zu sehen.

Leicht ansteigend laufen wir weiter und überqueren zum ersten Mal auf der ersten Runde die Salzach auf der Lehener Brücke. Der Kurs führt  nun in den Elisabethkai. Vor uns befindet sich die vierte Versorgungsstation – diesmal öffne ich ein mitgeführtes Powergel und spüle es mit Wasser hinunter.  

 

 

Weit ist es bis ins Ziel nun nicht mehr. Auf den letzten 2 Kilometern ist ein weiteres touristisches Highlight zu sehen, das wir Läufer heute nicht gebührlich beachten können: das berühmte Schloss Mirabell. Zu unserer Rechten befindet sich der Park- und Gebäudekomplex mit dem Schlossgarten, der Kapelle, dem Marmorsaal und der Georg-Raphael-Donner-Stiege. Ein barockes Baujuwel, das jährlich Tausende Besucher aus aller Welt anlockt.

Entlang dem Mirabellplatz, wo Zuschauer applaudieren, geht es über die Dreifaltigkeitsgasse hinein in die Fußgängerzone. Hinter der Absperrung ertönt viel Beifall, einige Halbmarathonläufer/innen geben nochmal alles. Aber: Lohnt sich das bei einer zu erwartenden Laufzeit von 2:26 Stunden? Wir überqueren das zweite Mal die Salzach auf der Staatsbrücke hinein in die Griesstraße, wo vor Jahren auch schon der Marathon gestartet wurde. Ich blicke zurück. Oh-je, sie sind dich hinter mir, die Tempobrecher und letzte Hoffnung für alle Leidenden, Übergewichtigen, aus der Form Geratenen, auch solche mit Herzschrittmachern und allerlei Wehwehchen. Doch sie kriegen mich nicht vor der Halbdistanz, das ist ein Versprechen.  

Ich achte nicht auf die klingenden Namen der Plätze in der Salzburger Altstadt mit dem  Weltkulturerbe-Gütesiegel, sondern erhöhe das Lauftempo ab der Gaststättengasse. Schließlich stehen viele Zuschauer hinter der Absperrung entlang dem Bürgerspitalplatz, H.v. Karajan-Platz, Universitätsplatz, Alten Markt bis zum Ziel am Residenzplatz. Für Hunderte vor mir ist der Marathon nach 21,095 km vorbei, es kommen aber auch noch viele hinten nach. Mit 2:28 beende ich die erste Hälfte des 13. Salzburg-Marathons. 

Nach dem Durchlauf auf der linken Seite gönne ich mir eine Trinkpause. Der Platzsprecher lobt die nun auch angekommene 5-Stunden-Gruppe. Neben dem Tempomacher sind noch fünf Läufer/innen dabei. Ich schließe mich der Gruppe an und kann ihr bis Hellbrunn folgen, dann lasse ich mich zurückfallen. Bei 25 km liegt die Gruppe 200 m vor mir, hinter mir kommen zwei Läufer nach, eine Damengruppe überhole ich mit 7:10min/km bald darauf.  Im Eichetwald eilt mir eine Trailläuferin mit einer geschätzten 3 Liter Wasserblase im Rucksack nach und überläuft mich spielend. Ich quäle mich inzwischen schon sehr, der Substanzverlust beim gestrigen Innsbruck-Trail ist groß. Auch das rechte Knie schmerzt, aber es sind nur die Abschürfungen und ein kleiner Bluterguss. 

Zur Leopoldskronstraße, wo sich unweit davon die 30 km-Anzeige befindet, komme ich nach 3:45 Stunden, die 35 Km-Markierung schaffe ich in 4:20 mit großer Anstrengung. Um unter 5:15 wie vorgenommen zu bleiben, muss ich die restlichen 7 Kilometer in 54 Minuten absolvieren. Dabei hilft mir die Stopp-and-Run-Methode von Galloway. Ich laufe so schnell ich noch kann eine kurze Distanz zwischen 50 und 100 Metern, gehe dann 15 Sekunden und laufe erneut. So schafft man als „Geschlauchter“  einen Kilometer in 7 bis 7:30 Minuten. Ich  schnappe mir sogar auf den letzten Kilometern einige Beutestücke, davon gleich vier beim Anstieg auf die Lehenerbrücke, entlang der Mirabellpromenade einen Geher und einen Oldie noch 100 m vor dem Ziel, als der Glatzkopf mit weißen Steckenbeinen (geschätzte 70 aufwärts) dazu übergeht, mit mir einen Sprint zu wagen.

 

 

Mit 5:14 laufe ich ein, netto sind es sogar 5:13. Letzter bin ich nicht, aber eines weiß ich: einen schweren Trail-Marathon sollte man auch vor dem relativ flachen Marathonkurs in Salzburg lieber nicht riskieren, denn man kann sich leider nur blamieren. 

Wie gern hätte ich wieder einige Kuchenstücke weggezerrt, doch als ich in den Auslauf mit den Verpflegungsständen komme, ist alles längst aufgefuttert. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. 

Drei Stunden im Regen zu laufen ist dann o.k., wenn dieser nicht zu stark ist. Beim Laufen im Mai wird einem auch nicht kalt, es war dazu auch fast windstill. Ich hole meinen Kleiderbeutel vom letzten offenen Schenker-LKW, begebe mich ins Umkleidezelt  und schlüpfe in meine Trainingskleidung. Duschen kann man sich auch in der Nähe, doch ich will das später ausgiebiger nachholen. 

 

 

 

Mein Fazit 

 

Von Johannes Langer seit Jahren hervorragend organisierter Citymarathon mit einem Rundkurs, der auch in die umliegenden Teile der 145.000 Einwohner zählenden Stadt Salzburg führt. Auf der Strecke befinden sich zahlreiche touristische  Sehenswürdigkeiten. Für den Marathon sind zwei Runden zu absolvieren, der Kurs ist 5:45 Stunden geöffnet und damit für langsame Läufer/innen  interessant. Der heutige Marathontourist möchte bequem finishen, ohne sich total zu verausgaben.

Marathons mit 5 Stunden Öffnungszeit sprechen kaum jene (zahlungskräftigere) Klientel an, die  davor oder danach noch einen oder zwei Tage anhängt.
Die Startgebühren sind gestaffelt und reichten von 46 Euro bis 75 bei der Nachnennung. Weitere Bewerbe im Jahr 2016 waren der Halbmarathon, der Salzburger Nachrichten 10k City-Run, ein Frühstückslauf, ein Integrationslauf und ein After Work Run. Die Kinderläufe waren für den Vortag angesetzt.

Das Starpaket beinhalte ein Handtuch mi dem Logo des Salzburg-Marathons.
Bei den Verpflegungsstationen wurde man bestens versorgt, auch am Schluss des Rennens, als die meisten schon im Ziel waren, blieb die Betreuung aufrecht. Dutzende Polizistinnen und Polizisten regelten die Verkehrsabsperrung, viele Helfer/innen unterstützten sie und ermöglichten ein problemloses Passieren der heiklen Übergänge.

Ich laufe gerne in Salzburg. Leider konnte ich mir heuer aus Zeitknappheit kein Shirt besorgen. Im Ausland bekommt man dafür Aufmerksamkeit, alle Welt kennt Salzburg. 

 

Sieger bei den Herren:


1. Temesgen-Habtemariam Bekele  (ETH) – 2:23:10. 
2. Abay-Girma Tadesse (ETH) - 86 ETH – 2:25:07. 
3. Robert Gruber (AUT) – 2:25:16. 

 

Damenwertung:


1. Fatuma-Usen Tayr (ETH) – 2:39:14
2. Anita Baierl (AUT) – 2:42:21
3. Karin Freitag (AUT)- 2:44:25

Den österreichischen Staatsmeistertitel 2016 bei den Damen holte sich Anita Baierl mit 2:42:35 Stunden, bei den Herren wurde Robert Gruber mit 2:25:17 Stunden Erster.

1033 Finisher, 128 DNF, 3 DISQ

 

 

Impressionen, Eröffnungsfeier, AlfterWorkRun,
SportMall, Kinderläufe

 

 

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Informationen: Salzburg Marathon
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