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Laufberichte

Mir hanns druff

13.05.07

Viermal 10,5 km - das letzte Mal?

 

Bis 2006 hatten die Saarländer nur den Saarschleifen Marathon und jetzt plötzlich finden im mit ca.  einer Million Einwohnern kleinsten Flächenbundesland, nur Bremen hat weniger Einwohner, drei Marathons statt – ob sich da alle halten können? Den in St. Wendel bin ich dieses Jahr gelaufen und nun wollte ich den Marathon in Saarbrücken kennenlernen. Bei seiner Premiere vergangenes Jahr erhielt er gute Kritiken und wurde gar zum Newcomer des Jahres gewählt.


Bei rechtzeitiger Anmeldung werden bei diesem Marathon die Startunterlagen zugeschickt, ein Verfahren, bei dem man dem ganzen Logistikaufwand der Startnummernausgabe aus dem Weg geht. Allerdings entfallen damit natürlich auch Marathon Messe, Nudelparty und anderes Identität stiftendes Rahmenprogramm. Da wir uns nicht rechtzeitig angemeldet hatten, ging es in aller Herrgottsfrühe um 5 Uhr Richtung Saarbrücken, um noch die Startunterlagen zu bekommen.


Auf den Saarwiesen unterhalb des Staatstheaters war eine kleine Feststadt aufgebaut, mit Buden, Biertischen und -Bänken und einem großen Zelt, in dem man sich nachmelden konnte. Großer Andrang herrschte hier aber nicht, offensichtlich waren die meisten Teilnehmer vorangemeldet. Angelika und ich bekamen daher unsere Unterlagen sofort.


Im Gegensatz zum Vortag, wo wir schönstes Wetter hatten, war es heute bedeckt und kurz begann es auch zu Nieseln, hörte dann aber wieder auf. Wohl auch daher hielt sich die Besucherzahl zu dieser frühen Stunde in Grenzen, lediglich Läuferinnen, Läufer und deren Angehörige bevölkerten den Festplatz. Wo waren die Saarländer, die doch sonst keinem Fest aus dem Weg gehen? Ob die Feiern anlässlich des 50. Jahrestages als Bundesland zu viel waren? Kaum vorstellbar, es musste das Wetter sein, das nicht unbedingt zum Sitzen im Freien einlud.



Egal, die Läuferinnen und Läufer ließen sich nicht abhalten und waren nahezu so zahlreich da, wie vergangenes Jahr, etwas weniger Marathonis (-170), dafür etwas mehr Teilnehmer am Halben (+120). Gemeinsamer Start beider Disziplinen war auf der Uferpromenade der Saar unterhalb des Staatstheaters. Da Angelika und ich am Vortag den Marathon in Bad Waldsee gelaufen sind, hatten wir uns eine Zeit von etwa 4:45 h vorgenommen. Wir ordneten uns also zwischen den Pacemakern 4:30h (rote Ballone) und 5h (blaue Ballone) ein und wollten versuchen, uns letztere „vom Halse zu halten“.
Die Startgerade in Saarbrücken ist zwar nicht gerade breit, aber beliebig nach hintern verlängerbar, so dass die insgesamt etwa 1.600 Läuferinnen und Läufer gut unterkamen. Pünktlich um 9 Uhr fiel der Startschuss. Dank Nettozeitmessung mit dem in der Startnummer integrierten Chip spielte es keine Rolle, dass wir da hinten bis zu fünf Minuten warten mussten, bis wir endlich über die Linie kamen. Dafür konnte man dann auch sofort unbehindert laufen.



In Saarbrücken werden vier Runden zu je 10,5 km gelaufen, meist der Saar entlang, zwei Brückenanstiege sind zu bewältigen, um die Seiten zu wechseln, ansonsten ist die Strecke flach. Die ersten zwei Kilometer ging es am rechten Ufer des Flusses entlang, unter Bäumen, die sicher willkommenen Schatten spenden, wenn die Sonne scheint. War aber heute nicht nötig, denn wir hatten bedeckten Himmel und vielleicht 14 Grad, also ideale Bedingungen. Auf der gegenüberliegenden Flussseite sah man bereits die ersten Läufer, die jetzt schon vier Kilometer geschafft hatten!


Auf Höhe der Kongresshalle stand eine Trommlergruppe, die uns mit ihren Rhythmen begleitete und als es dann rechts wegging, um in großem Bogen hoch zur Brücke über den Fluss zu kommen, waren die Trommler immer noch zu hören. Hinter mir war die Gruppe um die blauen Luftballone bedrohlich nahe gekommen. Fünf Stunden – so langsam wollte ich heute wirklich nicht laufen! Also weg mit dem Fotoapparat und bald hatte ich wieder zu Angelika aufgeschlossen.


Nun ging es über die Brücke und auf einer breiten Rampe wieder hinunter ans andere Ufer, um nun knapp 5 Kilometer flussaufwärts zu laufen. Zuerst aber kam eine Verpflegungsstelle, bestens ausgestattet mit Wasser, Cola, Bananen, Energieriegel. Im Anschluss waren mehrere riesige Abfallcontainer aufgestellt, in die man seine Trinkbecher werfen konnte. Trotzdem lagen jede Menge davon auf dem Boden. Weiß der Teufel, ist es wirklich zuviel verlangt, seinen Abfall in einen Container zu werfen? Die Schweinerei müssen doch andere wegräumen! Nun ja, Läuferinnen und Läufer sind eben auch nur Menschen und also gibt es solche und solche, zum Glück aber mehr solche! Alles klar?


Die Trommlergruppe war nun wieder deutlicher zu hören und die Rhythmen begleiteten uns noch viele hundert Meter.



Den Marathon vom Vortag spürte ich kaum noch, es lief recht ordentlich, nichts tat mir weh, und trotzdem merkte ich heute zum ersten Mal in meiner Laufkarriere einen mehr psychologischen Nachteil von mehreren Runden: „Hier muss ich noch drei Mal vorbei!“ kam mir immer wieder mal in den Sinn und das war kein aufbauender Gedanke. Dazu kam die Vielfalt an km-Schildern. Da die Runde nicht exakt 10 km lang war, verschoben sich von Runde zu Runde die Entfernungsangaben und eine verwirrende Vielfalt an Schildern tauchte jeweils auf. Nun, ich übertreibe natürlich ein wenig, ich wusste schon, dass das Schild „32“ nicht mir  galt, denn ich war ja erst in der ersten Runde. Insgesamt aber wäre mir heute eine große Runde lieber gewesen.


Ich lief also der Saar entlang, rechts die Autobahn, links das Wasser, auf dem einiges los war: Ruderer absolvierten ihr Training, das technische Hilfswerk fuhr auf und ab, eine Motoryacht kam entgegen, … Als wir auf Höhe des Start-Zielbereiches am anderen Ufer waren, sah man dort die ersten Läufer, die auf die Schleife einbogen, bevor sie dann auf ihre zweite Runde durften. Ich freute mich, dass meine Geschwindigkeit recht gleichmäßig war, ließ mich immer wieder überholen und schon hatte ich Kilometer fünf hinter mir.



Vor uns lag das Elektrizitätswerk mit seinem hohen Schornstein. Die Autobahn rechts von uns war verschwunden, wir liefen in einem kleinen Park, wendeten in einer Schleife, kamen unter der Autobahn durch und dann ging es hoch zur Brücke über die Saar. Donnerwetter, da war aber eine ordentliche Rampe zu nehmen. Ob ich hier wohl in der vierten Runde immer noch joggen würde? Klar, das waren doch nur 30 Meter, die es da einigermaßen steil hoch ging.


Nach der Brücke kam ein Begegnungsabschnitt, vielleicht 300 Meter hin und wieder 300 zurück. An der Verpflegungsstelle kurz vor der Wende wurde Musik gespielt, die jedes Mal wieder Auftrieb gab. Überhaupt muss ich sagen, dass die Verpflegungsstellen nicht nur gut bestückt waren, auch die Leute dort waren durchweg gut drauf und bereits bevor man die Tische erreicht hatte, wurden die Getränke gereicht. Nach der Wende hatte man dann 300 Meter lang Zeit, die Nachfolgenden zu beobachten und sich zu freuen, dass man bereits weiter war.



Die Strecke führte wieder an die Saar und man lief wieder flussaufwärts auf der rechten Uferseite, vorbei an den Saarwiesen mit seinen schönen Bäumen, passierte eine Verpflegungsstelle, wurde von einer Trommlergruppe noch mal auf Touren gebracht, und schon sah man das Rundenende. Hundert Meter vorher musste man aber rechts weg, auf eine vielleicht einen Kilometer lange Schleife über den St. Johanner Markt, auf dem viele Zuschauer Beifall spendeten. Es ging dann weiter, vorbei am Staatstheater, wo uns ebenfalls viele Zuschauer anfeuerten und hinter dem Theater ging es nach rechts, wieder hinunter zum Uferweg und unter viel Beifall beendeten wir die erste Runde.


Bisher hatte uns noch niemand überrundet, den späteren Sieger des Marathons, der zu dieser Zeit noch auf Platz zwei lag, hatte ich aber schon gesehen, als er in die Schleife einlief, gerade als ich sie beendete. Der würde mich bald überholen. In der Tat, keinen Kilometer später lief er an mir vorbei.



Es half alles nichts, ein Marathon hat eben 42,2 Kilometer, also waren noch drei Runden zu laufen. Nichts hatte sich verändert, die Trommler trommelten noch, der Anstieg zur Brücke war immer noch da, der Rückweg die Saar hinauf genauso lang wie zuvor, auf dem Begegnungsabschnitt waren nicht mehr ganz so viele Läufer, die Verpflegungsstellen nach wie vor bestens ausgestattet, und der Abfall auf dem Boden hatte zugenommen. Kurzzeitig hatte es ein paar Minuten lang leicht geregnet, nass wurde man dabei aber nicht. Wieder ging es unter großem Beifall auf die Schleife über den St. Johanner Markt und vorbei am Staatstheater und schon war Runde zwei erledigt und weder der Halbe und auch nicht der ganze Sieger hatten mich noch mal überrundet.


Ich war also auf Runde drei, meine Geschwindigkeit immer noch konstant langsam, aber ich hatte ich mich an die Runden gewöhnt und spielte sogar mit dem Gedanken, im Anschluss an die vier Runden noch die acht Kilometer zu laufen, um auf 50 zu kommen. Für die Ultra-Freunde wurde nämlich dieses Jahr weitere acht Kilometer angeboten. Man konnte sich nach dem Zieldurchlauf entscheiden, eine fünfte Runde zu beginnen, nach 3,9 km zu wenden und wieder zurück ins Ziel zu laufen.


Aber wie das so ist, wenn man so was nicht fest einplant, meist meldet sich der innere Schweinehund und redet ganz überzeugend mit einem, logisch und nachvollziehbar, wütend und ärgerlich, sanft und schmeichelnd, ironisch, sarkastisch – egal wie, am Ende lässt man es bleiben. So auch bei mir. Auf den letzten beiden Runden war es zunehmend einsamer geworden. Ab und zu noch überholte ich einen Marathoni, auch gelang es mir, das Anfangstempo bis zum Schluss zu halten, aber weiter laufen?


Zu Beginn meiner dritten Runde waren mir drei Damen aufgefallen, die unbeweglich links von der Laufstrecke standen, die Arme über dem Kopf und in sich versunken. Als ich in der vierten Runde, nach 1:10h wieder vorbei kam, waren sie immer noch da, diesmal sitzend auf dem Boden und wieder in sich versunken. Wenn ich nicht so nachgiebig gewesen und auf die fünfte Runde gegangen wäre, hätte ich sehen können, ob die auch nach weiteren 1:10h noch da waren. So aber bleibe ich auf ewig unwissend. Langer Rede kurzer Sinn, als ich ins Ziel einlief, war mir klar, dass ich heute keinen Ultra laufen wollte.

 


Auf der Schleife über den St. Johanner Markt kamen wir dann noch den Kindern in die Quere, die gerade ihren Wettbewerb liefen. Links und rechts sausten sie an uns vorbei, während wir müde den letzten Kilometer schlurften. Da konnte man noch richtige Dynamik erleben! Vor allem war auf diesem letzten Kilometer nochmals so richtig was los. Jede Menge Zuschauer bildeten ein Spalier und feuerten uns, Verzeihung, die Kinder an.
Wir kamen also so richtig im Trubel im Ziel an, verschwendeten keinen Gedanken an den Ultra, sondern freuten uns, dass wir den Lauf gut absolviert hatten.



Wenn alles klappt wie geplant, war das der letzte Marathon in Saarbrücken auf diesem Kurs. Kommendes Jahr soll, zusammen mit den Franzosen, eine große, grenzüberschreitende Schleife gelaufen werden. Die bisherige Strecke der Saar entlang hat zwar durchaus seine Reize, ist sie doch recht abwechslungsreich. Vielleicht aber ist eine größere Runde doch attraktiver und gibt Saarbrücken wieder einen Schub, um sich im Feld der Konkurrenten besser zu platzieren, getreu dem Motto: „Mir hanns druff!“


Wettbewerbe und Kosten

Ultra und Marathon (42/49 je nach Anmeldezeit), Halbmarathon (24/29 Euro), Kinderläufe.


Zeitnahme

Nettozeitmessung mit Chip in der Startnummer.


Streckenbeschreibung

10,5 km langer Rundkurs der Saar entlang; muss vier, bzw. zwei Mal durchlaufen werden.


Logistik

Startnummer wird zugeschickt, Nachmeldungen im Zelt auf den Saarwiesen beim Start/Ziel.


Auszeichnung

Medaille, Urkunde.


Verpflegung 

Alle ca. 2,7 km Wasser und Cola, Bananen und Energieriegel, Iso einmal pro Runde. Nach dem Zieleinlauf u.a. alkoholfreies Bier.


Zuschauer

Viele im Start/Zielbereich, auch auf dem Johanner Markt, unterwegs wenige/keine.

 

Informationen: Saarbrücken-Marathon
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