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Laufberichte

Am Jangtse durch die Eifel

06.11.11
Autor: Joe Kelbel

Km 7: Nun geht es am Rande des Kermeters, einem Gebirgszug  entlang. Dieser Hang diente als Kugelfang während der Zeit als Truppenübungsplatz. Der Höhenzug teilt die gesamte Stauseeanlage, noch laufen wir am Obersee entlang, die weit ins Wasser ragenden Halbinseln versetzen uns in die Schären nach Schweden.

Bei km 8 im Wasser ein Bunker des Westwalls „Vorstellung Aachen“. Der Westwall (630 km) wurde von den Alliierten Siegfried-Linie genannt, bestand aus über 18.000 Bunkern und Stollen. Der Westwall hatte keine strategische, sondern eine propagandistische Funktion, wurde ab 1938 gebaut, um die Auflagen des Versailler Vertrages zu brechen.

Oben über den Kermeter verlief die Römerstrasse. Reste von über 1000 Kohlemeilern aus dem Mittelalter sind anhand halbkreisförmiger Stellen erkennbar. Knapp unter dem Laub sind Holzkohlereste zu finden. Ein Metalldetektor würde hier viel ans Tageslicht befördern, doch dies ist im Nationalpark verboten.

Sehenswert ist die Abtei Marienwald, ganz oben auf dem Kermeter. Hier sind auch noch die meisten Spuren des Westfeldzuges und der Ardennenoffensive zu finden, die dem ganzen Gebiet schwer zugesetzt haben. Heute setzen Rotwild, Wildschein und Mufflon der Vegetation schwer zu, da sie keine natürlichen Feinde haben. Deswegen muss die Nationalparkverwaltung das Schalenwild ausnahmsweise erlegen. Wildkatze und Uhu dagegen stellen kein Problem dar. 

Eine wunderbare Sage habe ich zu diesem Ort gelesen: Ein Junge und ein Mädchen saßen hier und „unterhielten“ sich. Da kam eine Katze angeschlichen. Das Mädchen wusste, dass ihre Mutter besondere Kräfte besaß und sagte: „Wenn das bloß nicht meine Mutter ist!“. Als die Katze dem jungen Mann nach Katzenart um die Beine strich, trat er nach ihr. Am folgenden Morgen sah das Mädchen eine dicke Beule am Kopf der Mutter. Schön, daß man bei diesem Lauf Hunde mitnehmen darf.
Auch der Paulusdamm (km 12) sperrt einen Durchgang durch den Kermeter, und bildet den Obersee. Die 16,5 km Läufer laufen über den Damm zurück nach Einruhr. Für uns geht es abwärts zum Schwammenauelsee, der unterhalb des Paulusdamms liegt.

Und jetzt fühle ich mich schlagartig an den Jangtse versetzt, es ist der auffallend  niedrige Wasserstand des Stausees. Dies liegt nicht etwa am trockenen Sommer, sondern an den enormen Schneefällen des letzten Winters. Denn in Erwartung der normalen Frühjahresniederschläge musste man das Schmelzwassser schnellstmöglich ablassen. Die sonst normalen Frühjahrsniederschläge fielen aber dieses Jahr aus. Und so sieht man gegenüber am anderen Ufer die ewiglangen Stege hinab zum Wasser, auf denen bootslose Anlagestellen wie Shripsfarmen dümpeln.

Ein Blick nach links, das diesseitige  Ufer hinab lässt dir das Blut in den Marathonadern gefrieren, so steil fällt auf dieser Seite das Ufer ab -  unglaublich steil.

Die Landzunge Schlitterley bei km 15 trennt den Schwammenauelsee vom Rurtalsperrrensee, den wir nun umrunden.

Bei km 18 ist die Halbinsel Tonsberg, darauf eine Römische Befestigung, ein schmaler Weg führt  zur Ruine, die auch eine Jagd-und Liebeshütte vom Kaiser Karl sein könnte.

Bei km 19 überqueren wir den Schwammenauelstaudamm, viele Spaziergänger, die den fantastischen Ausblick mit den milchig-herbstlichen Bergen im Hintergrund genießen.

Bei km 23 laufen wir unterhalb des Simonsley vorbei. Simon Kremer besaß im 17. Jahrhundert die Schürfrechte für die Eisenhütte (Ley = Felsen). Es gibt noch Stollen, die zugänglich sind, ich werde also wiederkommen.

Die hugenottische Familie Hoesch erhielt 1806 von Napoleon die Abbaugenehmigung für Eisenerz. 90 Jahre bestimmte die Familie die Geschichte der Stadt Schmidt, es entstand die Hoesch AG, die 1991 vom Krupp-Konzern übernommen wurde und nun als ThyssenKrupp AG firmiert.

Allein um den Ort Schmidt gibt es noch mehr als 20 Bunker, auch sie sind Teil des Westwalls gewesen. Nach dem Krieg lebte man hier vom Schmuggel, dem Vorläufer des hiesigen Marathonlaufes. Mit 10-20 Kilo Kaffee und Zigaretten legte man die ca 15 Kilometer lange Strecke mehrmals pro Nacht von der belgischen Grenze bis nach Schmidt zurück. Geschlafen wurde dann sonntags in der Kirchenruine. Der Pfarrer erhob deswegen eine Schmugglerabgabe, um die Kirche neu zu bauen. Bei der Einweihung 1950 gab der Bischof von Aachen der Kirche den Namen „Mocca Türk“, nach der damals meist geschmuggelten Kaffeesorte.

ie Keller der Gehöfte Eschauel (römische Reste) und Brementhal sind sichtbar, die Häuser wurden damals bei der Flutung 1934 abgetragen. Immer weiter am Ufer des Rursees entlang passiert man die Halbinsel Eschauel (km 24). Hohe Schiefer- und Grauwacke-Felsformationen. Grauwacke ist Sandstein mit Quarzit und speichert Wärme. So entsteht ein einzigartiges Mikroklima, günstig für Flora und Fauna.
Immer wieder laufen wir in diese Buchten rein, ein wenig demotivierend, da man so die Strecke als besonders lang empfindet.  Als wir den Backesberg bei km 27 umrunden, schallen uns die neuesten Hits entgegen, das ist unvorstellbar scharf. Bei einen ganz bestimmten läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Bis zum Jugendferienheim (km 29), dem Sitz des DJ’s, ist es noch ein weiter Weg, aber der Sound ist unübertrefflich! Mädchen mit Namen „Elekrolyt“, „Cola“ und „Wasser“ begrüßen uns. Die super Stimmung begleitet uns noch weitere 2 Kilometer bis zur nächsten Biegung.

km 31: auf einer Halbinsel liegt Woffelsbach, es geht abwärts und wieder aufwärts. Im Zentrum des Ortes befindet sich der Wolfbrunnen, das erklärt dann auch die Namensherkunft des Ortes. Die folgenden Aussichten in den langsam trüb werdenden Herbstnachmittag über den exotischen See sind einfach umwerfend. Folgerichtig haut es mich auf dem steinigen Weg auch mal wieder hin.
Km 35 Rurberg, ohne „h“.  Hier sind die zwei Einstiegsstellen für Taucher.  Ein Drahtseil führt an das grüne morastige Ufer, weit unten. Menschen, als wären sie Muschelsucher, haben zahlreiche Spuren hinterlassen. Der Eiserbachdann, dann der Paulusdamm, eine gewaltige Anlage.

Km 37 steiler Anstieg, aber oben geniale Aussicht weit über das Gold der Eifel. Dann wieder steil hinab zum Obersee. Einruhr ist sichtbar. Vom Zielgelände hört man den Moderator, doch es sind noch 2  wunderbare Kilometer über einen steinigen Uferweg, mit unglaublichem Flair.

Dieser Marathon  gehört auf jeden Fall zu einem „Must Run“. Unbeschreibliche, exotische Eindrücke und ein tolles Laufergebnis nehme ich mit und werde auf jeden Fall wiederkommen. Wer das nicht laufen kann, der sollte die Tour auf jeden Fall einmal mit dem Rad machen, immer am Ufer entlang, das  ist ein ganz großes Erlebnis! Großes Ehrenwort vom Joe!

Marathonsieger

Männer

1 Probst, Andreas Hailes Erben 02:43:47.7
2 Mey, Markus Peters Sport Team 02:49:22.2
3 Breuer, Markus SV Bergwacht Rohren 02:54:52.0

Frauen

1 Offermann, Eva JS Herzogenrath  03:33:13.7
2 Braun, Marion Maria  SV Germania Eicherschei.. 03:33:55.7
3 Valkema-Wahlen, Dagmar Hauset 03:36:50.9

363 Finisher

12
 
 

Informationen: Rursee-Marathon
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