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Laufberichte

Ultra für Geniesser

31.10.04
Autor: Klaus Duwe

Geschichte und Landschaft

 

Den Namen hat diese Veranstaltung von Wilhelm Conrad Roentgen (1845 – 1923), der in Lennep geboren wurde und 1895 die später nach ihm benannten X-Strahlen entdeckte. 1901 erhielt Roentgen den Nobelpreis für Physik. In einem sehr schönen altbergischen Patrizierhaus ist heute das Roentgenmuseum untergebracht mit vielen persönlichen Dingen aus dem Nachlass Roentgens.

 

Anlässlich des 100. Jahrestages der Nobelpreisverleihung an W. C. Roentgen veranstaltete die Stadt Remscheid 2001 den ersten Roentgenlauftag. Mittlerweile gehört diese Veranstaltung zu den beliebtesten Landschaftsläufen und ist aus dem Terminkalender der Marathon- und UltraläuferInnen nicht mehr weg zu denken.

 

Start- und Zielgelände ist das Sportzentrum Hackenberg, wo es bereits am Vortag die Startunterlagen gibt und die obligatorischen Nudeln.

 

Die Strecke ist praktisch in drei Etappen von jeweils 21,1 km aufgeteilt. Und so sind auch die Laufwettbewerbe ausgeschrieben. Halbmarathon (1. Etappe, Ziel Industriedenkmal Clemenshammer), Marathon (Etappen 1 + 2, Ziel Freibad Eschbachtal) und die gesamte Schleife als Ultramarathon mit 63,3 km. Insgesamt beträgt der Höhenunterschied auf der Ultrastrecke ca. 1.100 m. Dabei geht’s auf dem ersten Abschnitt mit permanentem Auf und Ab tendenziell abwärts, der zweite Abschnitt ist ungefähr ausgeglichen (aber niemals flach) und im dritten Abschnitt muss der Höhenverlust vom Anfang ausgeglichen werden, es geht also tendenziell aufwärts.

 

Der Sonntag fängt für mich gut an. Ich übernachte im Mercure Hotel, wo es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Roentgenlauf Sonderkonditionen gibt. Das Hotel liegt ruhig, entsprechend gut habe ich geschlafen. In der Früh um 6 ist bereits ein sensationelles Büffet aufgebaut, das sowohl bei den Aktiven als auch bei deren Begleitern keine Wünsche offen läßt.

 

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Gestartet wird  um 8.30 Uhr, Läufer und Walker zusammen. Ehrensache, dass es in einer Art Wallfahrt zunächst in den alten Stadtteil Lennep (bereits im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt) geht. Auf teilweise gepflasterter Straße geht es vorbei an typischen, Schiefer gedeckten und verkleideten Häusern bis zum Roentgenmuseum, dann zurück zum Startplatz (5 km sind dann schon gelaufen) und schließlich auf den Roentgenweg, der dann in einer großen Schleife rund um Remscheid führt.

 

Auf dem gesamten Weg wechseln Wälder, Felder und Wiesen, breite Wege und schmale Pfade, Anstiege und Gefällstrecken. Ein gleichmäßiges Laufen ist nicht möglich. Das macht den Roentgenlauf so schwer. Das macht aber auch den Reiz aus und die Strecke so attraktiv. Es wird nie langweilig. Immer wieder gibt es schöne Ausblicke, herrlich gelegene Ausflugsziele, Bäche, Seen und andere Sehenswürdigkeiten. Die Strecke ist bestens mit Pfeilen auf dem Boden, gelb-schwarzen Tafeln an Bäumen und Masten markiert. Alle 5 km finden wir die Kilometerangaben und zusätzlich sind etliche Begleiter auf Mountain-Bikes zur Betreuung und Kontrolle auf der Strecke.

 

Wir laufen durch Lüttringhausen, vorbei am Bahnhof und überqueren bei km 15 die Ronsdorfer Straße, auf der von Feuerwehr und Polizei der Verkehr immer wieder angehalten wird, um die LäuferInnen passieren zu lassen. Das geschieht hier wie an allen entsprechenden Stellen reibungslos. Kein ungeduldiges Gehupe der Autofahrer, nur freundliches Winken und aufmunterndes Klatschen. Dann wieder einer dieser zwar kurzen, aber deutlich spürbaren Anstiege. Aber gleich geht’s wieder abwärts und dann auch schon wieder hoch. Bald haben wir das Halbmarathon-Ziel erreicht und laufen in Clemenshammer ein. Hier herrscht richtig gute Stimmung, die LäuferInnen werden mit viel Applaus empfangen.

 

Hier finden wir den 1746 errichteten Steffenshammer, den einzigen noch erhaltenen Wasserhammer in diesem Gebiet. Malerisch gelegen am aufgestauten Hammerteich beherbergt er die Zeugnisse vergangener Industriegeschichte. Von einem großen, außen liegenden Wasserrad angetrieben, dreht sich die acht Tonnen schwere Holzwelle noch heute. Um 1800 wurden hier bereits 4.000 verschiedene Erzeugnisse aus Eisen und Stahl produziert. Der bergische Raum hatte sich zu einem bedeutenden Zentrum der Eisenverarbeitung im deutschen Kulturraum entwickelt.

 

Über die Hälfte der TeilnehmerInnen haben hier ihr Ziel erreicht. Jetzt, wo es spürbar ruhiger wird auf der Strecke, fällt mir auf, dass schon seit geraumer Zeit immer die gleichen zwei Mountain-Biker um mich sind. Wir laufen ein ganzes Stück dem Morsbach entlang, über die Morsbachtalstraße machen wir einen Schlenker hinauf nach Holz (km 25), und setzen unseren Lauf entlang dem Morsbach fort.

 

Ungefähr bei km 29 passieren wir die Müngstener Brücke, mit 107 m die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands. Wir hören das Pfeifen der alten Dampflock, die gerade auf die Brücke auffährt. Einer der Mountain-Biker heißt Jörg. Er erzählt mir, dass die Brücke 1897 in Betrieb genommen wurde und als technisches Wunderwerk galt. Die ganze Brückenkonstruktion wird mit Nieten gehalten. Man erzählt sich, die letzte ingeschlagene Niete sei aus purem Gold. Allerdings wolle er dafür nicht seine Hand ins Feuer legen.


Durch den bunten Herbstwald laufen wir weiter auf gutem Weg oberhalb der Wupper, wie schon gewohnt, immer wechselnd auf und ab. Dann geht es durchs schöne Eschbachtal, wir passieren bei km 35 Westhausen und bei km 40 Bliedinghausen. Gleich nach dem Schwimmbad geht steil rechts hoch, dann ein Stück auf der Verkehrsstraße und dann links hinunter ins Marathon-Ziel. Auch hier ein herzlicher Empfang durch die Angehörigen und die vielen Ausflugsgäste. Besonders anfeuert werden die Ultras, die jetzt die letzte Halbmarathon-Etappe auf sich nehmen.

 

Außer Ralf aus Düsseldorf, der seinen ersten Ultra absolviert, ist kein Läufer für mich in Sichtweite. Ungefähr auf der Höhe der Raststätte Remscheid geht es unter der A 1 durch und gleich sehen wir die Staumauer der Eschbachtalsperre vor uns. Rechts davon geht es steil nach oben und dann auf gutem Weg dem See entlang. Die Eschbachtalsperre wurde in den Jahren 1889 – 1891 gebaut ist die erste Trinkwassertalsperre Deutschlands. Für die wirtschaftliche Entwicklung von Remscheid war sie von großer Bedeutung. Jörg mit seinem Bike macht die Pace und schafft es so, dass ich die nächsten 3 km in gutem Tempo laufe, obwohl der Weg immer leicht ansteigt. Es macht immer noch großen Spaß, hier beim Roentgenlauf dabei zu sein. Jetzt zahlt sich aus, dass ich von Anfang an sehr verhalten gelaufen bin und mir an den Verpflegungsstellen immer Zeit genommen habe.

 

Als wir Bergisch-Born erreichen, geht es wieder etwas abwärts. Kurz vor Hückeswagen wird bei exakt 50 km die Zeit gemessen und wir laufen über Felder, Wiesen und kleine Waldstücke Richtung Wupper-Talsperre, die wir ungefähr bei km 57 erreichen. Die Wupper-Talsperre wurde 1987 in Betrieb genommen und hat die Aufgabe des Hochwasserschutzes und der Niedrigwasseraufhöhung. Der Steinschüttdamm ist 40 m hoch. Wir laufen eine ganze Zeit am bewaldeten Ufer entlang. Im Sommer muss es hier paradiesisch sein.

 

Wir überqueren die B 229 und sind gleich bei der letzten Verpflegungsstelle bei km 60. Wieder gibt es Cola, Iso und Wasser, Bananen und Riegel. Ein kurzer Plausch mit den freundlichen Hilfskräften und es geht weiter, wieder am Seeufer entlang. Vor mir sehe ich jetzt eine Läuferin, die ich kurz darauf einhole. Sie weist Jörg, der nicht von meiner Seite weicht, darauf hin, dass sie einen Läufer beobachtet habe, der sich ganz bestimmt verlaufen habe. Sofort tritt er energisch in die Pedale, um die Verfolgung aufzunehmen. Ich erfahre, dass Ruth aus Nagold stammt und jetzt in der Nähe von Hof wohnt.

 

Den Rest des Weges laufen wir gemeinsam. Noch einmal geht es ein kurzes Stück steil bergauf, dann erreichen wir die ersten Wohnhäuser. „Hopp, hopp, hopp“ ruft man uns zu, „gleich seid Ihr da“. Jörg hat uns wieder eingeholt, nachdem er den „Irrläufer“ auf den richtigen Weg gebracht hat. Leicht abwärts geht es jetzt zum Sportzentrum ins Ziel. Der Speaker begrüßt uns namentlich und ein kleiner Rest Zuschauer klatscht uns Beifall. 7:57 Stunden war ich unterwegs. Ganz locker, ohne Hektik und Stress hab ich meine heimliche Zielsetzung „unter 8“ erreicht und bin überglücklich.

 

Gleich kommt auch Ralf aus Düsseldorf angetrabt. Gemeinsam gehen wir in die Sporthalle und landen unwillkürlich gleich an dem Tisch mit den Ausschreibungen für die nächsten Veranstaltungen. Wir schauen uns an und müssen lachen. Gerade erst im Ziel geht der Blick gleich wieder zu neuen Taten.

 

Streckenbeschreibung:

Halbmarathon und Marathon Punkt-zu-Punkt-Kurs,

Ultra-Marathon (63,3 km bei Höhenunterschied + 1.100 m) Rundkurs.

Ständiges Auf und Ab, mal auf guten Fahr- und Wanderwegen, mal auf schmalen Pfaden. Sehr abwechslungsreich, aber auch anstrengend.

 

Rahmenprogramm:

In der Sporthalle werden ab Samstag Nachmittag die Startunterlagen ausgegeben. Dort gibt’s auch Pasta, ein kleines Unterhaltungsprogramm und ein paar Verkaufsständen mit Sportartikeln.


Weitere Veranstaltungen:

Halbmarathon, Marathon und Ultramarathon (63 km), Walking Marathon und Halbmarathon, 13 km.

Verschiedene Cross- und Waldläufe.

 

Auszeichnung:

Medaille, Urkunde aus dem Internet. Schönes Funktions-Shirt gibt es mit den Startunterlagen.

 

Logistik:

Startgelände ist das Sportzentrum. Dort großer Parkplatz, der allerdings schnell belegt ist. Es gibt außerhalb noch beschilderte Parkplätze mit Shuttle-Service. Halbmarathon- und Marathonläufer geben hier ihr Gepäck auf, das dann zum Ziel befördert wird.

 

Verpflegung:

alle 5 km Getränke (Wasser, Iso, später auch Cola und Tee), Bananen und Riegel.

 

Zuschauer:

Beim Start und in den Ortschaften herrscht gute Stimmung, auf den langen Passagen durch Wald und Wiesen ist es ruhig, auf der Marathon- und Ultra-Strecke oft auch einsam, aber nie langweilig. Spätestens die sehr freundlichen Hilfskräfte an den Verpflegungsstellen und Straßenübergängen muntern Dich auf und feuern Dich an.

 

Temperaturen:

Bisher hatte es zum Roentgenlauf immer geregnet. Diese Auflage bezeichnete die örtliche Presse als die „schönste aller Zeiten“. Mittags hatte es 13 Grad.

 

Unterkunft:

Sonderpreise im offiziellen Marathon-Hotel (Mercure), JH-Adressen auf der Internet-Seite des Veranstalters.

 

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