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Laufberichte

Vergleich Rennsteig - Mount Everest

 

4 Uhr morgens am 25. Mai. Ich sitze mit knapp 50 Ultraläufern beim Frühstück im Sophienhotel in Eisenach und lese die Zeitung. Noch steht nicht viel drin zum Rennsteiglauf, aber dafür hatte es ja am Vortag mit den Startunterlagen ja ausreichend Infomaterial gegeben.

Also, ziemlich hinten in der Zeitung steht dann ein Bericht zum 60. Jahrestag der Erstbesteigung des Mount Everest. Das Foto am Gipfel erschreckt mich. Ein Stau von Menschen auf über 8.000 m Höhe. Was mich auch erschreckt sind die Müllberge -  600 Tonnen! Ja - so ist das eben mit Traditionsveranstaltungen, die immer noch beliebter werden.

So ist es ein bisschen auch mit dem Rennsteiglauf. An der Nachmeldung am Vortag war richtig was los, trotz der schlechten Wetterprognose, sodass in Eisenach wieder eine Rekordteilnehmerzahl an den Start gehen würde. Mich macht meine Startnummer mit weit über 2.500 schon etwas stutzig, aber wir sind ja bei Europas größter Crosslaufveranstaltung.

Zeitung weggelegt, das Bild noch im Kopf, mache ich mich auf zum Startplatz, der keine 200m vom Hotel entfernt ist. Riesentrubel ist dort und noch mehr Nachmelder. Aber die Stimmung ist gut und kurz vor dem Start geht dann sogar die Sonne auf. Pünktlich um 6 Uhr geht’s dann los.

Da ich Bilder machen will, lasse ich mir Zeit und stelle mich ganz hinten an, was bei Chipmessung ja kein Problem darstellt. Es geht kurz durch die malerische Innenstadt mit den tollen Fachwerkgebäuden und teilweise Jugendstilfassaden, um dann nach dem Stadttor direkt den Berg hinauf zu gehen. Gehen kann man hier wörtlich nehmen. Ein freundlicher Hinweis ist das „Ortsausgangsschild“ Eisenach Ende – Schmiedefeld 72 km. Nach dem Schild geht es dann mal mehr, mal weniger gut 25 km bergan, bis man oben am Rennsteig ist und diesen dann nicht mehr verlässt.

Kaum ist der erste Kilometer vorbei, fühle ich mich an den Artikel vom Mount Everest erinnert: Es läuft nichts mehr. Der Weg ist matschig und schmal und den Läuferscharen nicht gewachsen. Das Feld steht. Das ist fast die nächsten 2 km noch so. Da hat man dann Zeit, sich den Blick zurück nach Eisenach zu gönnen und sich etwas näher mit dem Burschenschaftsdenkmal auf der rechten Seite des Weges zu beschäftigen.

Zeit für nette Gespräche ist auch. Die „Strafe“ folgt dann auf der Uhr: 3 km in 34 Min; auch ein Rekord.

Aber ab hier geht’s dann besser. Der Weg wird breiter und das Feld verteilt sich. Bei Km 6 eine tolle Aussicht, die viele Läufer wohl verpassen, weil man dazu mal zurückschauen muss. Da liegt die vielgerühmte Wartburg. Wirklich toll.

Wie kaum eine andere Burg Deutschlands ist die Wartburg mit der Geschichte Deutschlands verbunden. 1211 bis 1227 lebte die später heiliggesprochene Elisabeth von Thüringen auf der Burg. 1521/22 hielt sich der Reformator Martin Luther als „Junker Jörg“ hier versteckt und übersetzte während dieser Zeit das Neue Testament der Bibel („Septembertestament“) in nur elf Wochen ins Deutsche. Johann Wolfgang von Goethe weilte mehrfach hier, erstmals im Jahr 1777.

Am 18. Oktober 1817 fand auf der Burg mit dem ersten Wartburgfest das Burschenschaftstreffen der deutschen Studenten statt. Das zweite Wartburgfest wurde im Revolutionsjahr 1848 veranstaltet. So ist es nicht verwunderlich, dass die Burg bereits im 19. Jahrhundert als nationales Denkmal galt, und dies bis heute ist. Seit 1999 ist sie übrigens Weltkulturerbe. Ein Besuch lohnt sich immer.
Also weiter auf der Strecke. Die erste Getränkestelle naht. Trotz der kalten Temperaturen von 6 Grad muss man viel trinken, was ich auch tue. Die Handschuhe, die ich an diesem Tag wieder mal trage, scheinen langsam zur deutschen Sommerbekleidung zu werden und haben mir in diesem Jahr schon gute Dienste erwiesen. Da wir uns gerade langsam den Inselsberg hinaufarbeiten und damit fast an den 1.000 m kratzen, bleibt es bei  max. 6 °. Also hier kein Vergleich zum Mount Everest mit -25°.

Immer wieder gibt es schöne Ausblicke auf die umliegenden Hügel. Manchmal muss man aber auch ein paar Schritte abseits laufen, um diese genießen zu können. Die Zeit sollte man sich aber nehmen. Es lohnt sich. Zeit ist beim Rennsteig sowieso „relativ“. Das ewige auf und ab kostet nicht nur Kraft, sondern auch Sekunden und Minuten.

Bei km 24 sind wir dann oben am Inselsberg. Der Inselsberg ist der höchste Berg der nordwestlichen Hälfte des Mittleren Thüringer Waldes und nach dem Großen Beerberg (983 m), dem Schneekopf (978 m) und dem Großen Finsterberg (944 m) der vierthöchste (eigenständige) Berg Thüringens. Als Landmarke ist er von Norden und Westen in einem Umkreis von etwa 30 bis 50 Kilometer, wegen der Türme,  gut zu erkennen. Der Berg markiert seit über 1000 Jahren historische Grenzverläufe, denen wir auf dem Rennsteig ab hier recht häufig begegnen, bis hin zum Grenzadler in Oberhof. Die Bergspitze selber ist eigentlich eine Enttäuschung, viel Beton und Technik.

Dann geht es sehr steil direkt wieder runter, zur ersten echten Verpflegungsstelle. Hier gibt’s viel zu essen, auch Griebenschmalzbrote mit Salz, Würste, den berühmten Schleim und ich kann sogar einem Helfer ein Bierchen abschwatzen. Danke. Die Verpflegung ist wirklich toll und soll es auch auf dem Rest der Strecke bleiben. Kurz nach den nächsten Verpflegungsstellen, wo dann auch die Walker und die Marathonis auf die Strecke stoßen, werde ich wieder mal an den Mount Everest Artikel erinnert, diesmal der Müllberge wegen. Aber keine Sorge, das Rennsteigteam macht alles weg, und einige Spaziergänger mit denen ich spreche sagen sogar, dass der Rennsteig nach dem Lauf immer viel sauberer ist als vorher. Also nochmals Dank an die vielen Helfer. Als Organisator des Röntgenlaufes kann ich sehr gut nachempfinden wie viel Aufwand das wirklich ist, besonders wenn wie hier noch viel mehr Läufer am Start sind.

Weiter geht’s.  Es sind noch ein paar schöne Aussichtsfelsen zu finden, die man erklimmen kann, um noch etwas mehr zu sehen, als der „normale“ Rennsteigläufer.

Später dann am Beerberg, mit 974 m der höchsten Stelle des Laufes finde ich auch noch kleine Schneereste und muss mir sagen lassen, das es am Brocken am Vortag sogar 13 cm Neuschnee gegeben hat -  eine Woche vor Sommeranfang!

Aber dann doch etwas zu früh gefreut. Kaum 20 Minuten hinter dem Beerberg geht ein heftiger Graupelschauer nieder und es kühlt sich nochmals ab. Das Wetter ist hier unberechenbar, wie am Mount Everest?

Danach lässt die Teilnehmer der dann einsetzende Regen nicht mehr los und wir traben Richtung Schmiedefeld weiter. Höchster Punkt der Strecke heißt ja eigentlich, ab hier geht’s bergab. Leider weit gefehlt, irgendwo finden sich noch ein paar Höhenmeter, insgesamt sind es stattliche 1.490. Die letzen 4 km gehen dann aber doch noch schön bergab und man sieht den Zielort bald vor sich liegen. Gefälle haben wir übrigen nur gut 800 m, da Schmiedefeld deutlich höher liegt als Eisenach.

Es geht um eine Ecke und ich sehe schon den Zielbogen; Irrtum, ohne Brille kann ich die Botschaft nur ganz schlecht lesen: Noch 1.083 m bis zum Ziel. Naja, die schafft man dann auch noch.

Dann ist das wahre Ziel da, man bekommt seine Medaille umgehängt und ist glücklich. Aber die Arbeit ist noch nicht ganz getan: Erst Finisher-Shirt abholen. Es regnet immer noch. Dann Kleidersack auf der Gepäckwiese abholen. Wieder fast 1 km zu gehen. Der Untergrund ist matschig. Dann wieder hoch zum Duschzelt, noch 1 km. Duschen, umziehen, Köstritzer Bier abholen und zum Schuttlebus-Parkplatz gehen (1,3 km aber nur bergab). Dann ist es geschafft.

Der Bus ist da, Ticket hatte ich schon bei der Anmeldung gekauft (10€), und dann beginnt die rasante Rückfahrt. Mein Busfahrer ist wohl verwandt mit Nicki Lauda. Trotz des Tempos brauchen wir 1 Stunde und 20 Minuten bis Eisenach passieren dabei auch nochmal ein paar Punkte von der Laufstrecke, und ich kann sehen, dass wirklich jetzt schon alles aufgeräumt ist.

In Eisenach immer noch bei Regen schnell ins Hotel. Dort genieße ich  mit meiner Frau ein tolles Abendessen. Es ist ihr Geburtstag. Auch an Sie vielen lieben Dank, dass sie mir den Lauf ermöglichte.

 

Hier sind die Links zu weiteren  Laufberichten
mit vielen Bildern:

Marathon - weitere Bilder von Klaus Duwe auf MARTHON4YOU.DE

Supermarathon - Laufbericht von Birgit Fender auf TRAILRUNNING.DE

 

Siegerlisten


Supermarathon (72,7 km)
Männer


1 Seiler, Christian (GER) GMRV Zeulenroda-Trie 05:10:25
2 Stegner, Carsten (GER) SV Amberg 05:27:07
3 Kühne, Karsten (AUT) Team RuN Sport 05:30:50

Frauen

1 Hajek, Branka (GER) 06:15:45
2 Schiebel, Gitti (GER) Uni Augsburg 06:29:31
3 Kern, Karin (GER) LAV Tübingen 06:33:23

Marathon (43,5 km)
Männer

1 Bräutigam, Marcel (GER) GMRV Erfurt 02:37:44
2 Schwarzbach, Dirk (GER) TSV Kirchdorf 02:42:31
3 Liston, Chunky (GER) Team Salomon 02:44:21

Frauen

1 Berthold, Anne (GER) LAC Erdgas Chemnitz 03:03:31
2 Herzberg, Anna (GER) KS-Sportsworld 03:10:37
3 Jakob, Anja (GER) Klingenthal 03:14:00

 

Informationen: GutsMuths-Rennsteiglauf
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