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Laufberichte

Wie fühlt sich ein Marathon an?

28.09.14

Schneller als gedacht nähern wir uns Urbach und damit dem Ziel des Halbmarathons, für mich Halbzeit und Gelegenheit zur Bestandsaufnahme. Gut entzerrt hat man hier die Läuferschar, links die Marathoner, rechts die Halben, und dahinter erst der Staffelwechsel.

2:08 Std. sind vergangen, damit bin ich recht gleichmäßig unterwegs und bewege mich in seit vier Monaten nicht mehr erlebtes Terrain, denn 21,1 km waren in dieser Zeit tatsächlich mein längster Lauf gewesen. Ist Grund zum Optimismus vorhanden? Nun ja, ich laufe meinen, wenn auch gemächlichen Stiefel herunter, merke meine Beine zwar, aber noch nicht dramatisch. Wirklich Sorge bereitet mir das völlig vernachlässigte Training des Fettstoffwechsels. Was wird sein, wenn die Kohlehydratspeicher erschöpft sind? Nach wie vor halte ich mich, ohne groß darüber nachzudenken, an den Verpflegungsstellen nur an Wasser.

Auf der zweiten Hälfte setzt sich der Wechsel zwischen durchaus netten Abschnitten und solchen mit überschaubaren Reizen fort, wobei die zweiten Cheerleader in Plüdershausen eindeutig in die erste Kategorie gehören. Zum wiederholten Male überqueren wir nicht nur die Rems, sondern auch die autobahnähnlich ausgebaute B 29, eine Hauptschlagader des nach und von Stuttgart führenden Verkehrs. Flüsterasphalt wurde hier in den vergangenen Wochen aufgetragen, was trotz Sommerferien für lange Staus sorgte, wie man mir erzählte. Ups, da kommt doch tatsächlich eine kurze Wendepunktstrecke! Vermutlich gleicht diese ein paar bei der Vermessung aufgefallene fehlende Meter aus.

Nach 27 km verspüre ich immer noch keine Ausfallerscheinungen, erste Zuversicht macht sich breit, obwohl meine Hufen zunehmend schmerzen.

Ein Marathon fühlt sich gleichzeitig schlecht und gut an.
Vor allem, wenn Dir alles weh zu tun beginnt, Du aber Grund zur Annahme hast, es aus- und durchhalten zu können.

Bei der dritten Zeitnahme an km 30 (3:01 Std.) beginnt sich das gute Gefühl zu verstärken. Ich kann das Tempo einigermaßen halten und beginne, übermütig zu werden. Bisher habe ich nur Wasser getrunken und alle Alternativen stehenlassen. Ich erinnere mich an das, was Laufcoach Andreas Butz gebetsmühlenartig wiederholt: Zur Ernährung während des Marathons genüge Wasser, sonst sei nichts erforderlich. Das hat ja schon mal bis hierher funktioniert. Soll ich? Ich beschließe ein Selbstexperiment bei meinem 90. Lauf über 42,195 oder mehr km und auf jegliche Kalorienzufuhr zu verzichten.

Ein Marathon fühlt sich interessant an.
Vor allem, wenn Du als erfahrener Läufer spontan Neuland betrittst, auf das Ergebnis gespannt bist und noch intensiver in Dich hineinhorchst.

Die km schreiten voran. Gut, sie fliegen nicht unbedingt an mir vorbei, aber doch folgt Markierung auf Markierung. Lorch. Noch neun km, keine Stunde mehr, wenn alles so bleibt, wie es ist. Es wäre schon schön und meinem Ego zuträglich, wenn alles wider Erwarten glatt liefe. Die Beine allerdings werden schwerer und schwerer. Ist das anders als sonst? Es fällt tatsächlich schwer mich zu erinnern, wie es sich sonst anfühlt, unangenehme Dinge verdrängt man doch ganz gerne. Obwohl gefühlt immer langsamer werdend, bin ich nur noch am Überholen. Die Temperatur dürfte sich bei etwa 25° eingependelt haben, weite Abschnitte liegen in der prallen Sonne und ich bin wieder einmal froh, Hitze gut zu vertragen.

Ein Marathon fühlt sich anstrengend an.
Vor allem, wenn er 42,195 km lang ist.

Noch sieben km, Schwäbisch Gmünd ist fast schon zu riechen. Vertraute Namen stehen an den Hinweisschildern, das Wäscherschloß erinnert mich an meinen Auftritt beim Albmarathon vor sieben Jahren. Je mehr ich mich dem Ziel nähere, desto mehr nimmt die Zahl der unfreiwilligen Geher zu. Da haben sich doch viele über- und die Strecke und Bedingungen unterschätzt, die Ausfallrate dürfte ungewöhnlich hoch sein. Dann ist die immer wieder heiß ersehnte (daran erinnere ich mich!) 40 km-Markierung da, und der Rest, so hart er auch ist, Schaulaufen. Auch wenn ich die Beine mittlerweile kaum noch spüre. Kurz dahinter findet ein Großeinsatz des DRK statt, so dicht vor dem Ziel muß noch manch einer aufgeben. Bitter.

Noch 1.000 m, Erleichterung macht sich bei mir breit. Ich werde durch ein Tor geleitet und auf den offensichtlich zentralen Bereich der gerade stattfindenden Landesgartenschau geleitet. Wow, was wurde hier im wahrsten Sinne des Wortes bewegt, wie viel hat sich verändert! Für mich im Vorbeilaufen nur zum Positiven, das ist ein toller letzter km. Applaus begleitet mich im Zulauf auf das rote Zieltor und dann kommt der Hammer. Wie nennt man einen weiblichen Conférencier? Conférencieuse? Keine Ahnung, egal, die Frau ist klasse! Was die für einen Alarm macht, und das für jeden Läufer, für jede Staffel, das ist einfach großartig. Zwei hübsch kostümierte Damen verteilen ebensolche Medaillen, ich aber setze mich nach drei Bechern Bouillon (ich habe unterwegs tatsächlich ausschließlich Wasser getrunken, das geht also) an den Zaun, warte auf Thorsten und genieße mit wachsender Begeisterung die Frau am Mikro und als Thorsten da ist, die Zielverpflegung mit gut gekühlten (!) Getränken.

Ein Marathon fühlt sich geil an.
Vor allem, wenn man im Ziel und ein Empfinden überhaupt noch möglich ist.

Mit letztlich 4:17 Std. bin ich bis zum Ende recht gleichmäßig unterwegs gewesen. Interessant, sicher auch für die heutigen Bedingungen, sind meine Altersklassen-plazierungen bei den jeweiligen Meßpunkten: 47 (10 km), 38 (HM), 32 (30 km) und 27 (Ziel). Da sind viele einfach zu schnell angegangen.

Es verkehrt zwar ein Bus zur Sporthalle, in der die Gepäckrückgabe stattfindet und auch geduscht werden kann, wir aber bevorzugen hinzugehen und die feste Muskulatur etwas zu lockern. Wie immer ist das zwar schmerzhaft, der Erfolg aber am Folgetag spürbar bzw. eben weniger spürbar. In der Dusche erfolgt noch ein weiterer DRK-Einsatz, selbst hier gibt’s noch Kreislaufprobleme. Es ist halt ein wirklich warmer Tag. Für die Rückfahrt nach Waiblingen wird ebenfalls ein Bus angeboten, der allerdings für die rund 40 km fast anderthalb Stunden benötigt, weil er an jedem Misthaufen anhält. Ich meine, daß die meisten wohl an den Start zurückwollen und empfehle daher für das nächste Jahr den direkten Weg zu nehmen. Wir haben Glück, Thorstens Frau liest uns auf und nimmt uns mit zurück. So kommen wir auch noch in den Genuß, den zentralen Marktplatz Schwäbisch Gmünds wiederzusehen, den sie ganz toll herausgeputzt haben.

Die Premiere ist als Erfolg zu werten, das ist überhaupt keine Frage, Organisatoren und viele, viele Freiwillige haben aus meiner Sicht für einen reibungslosen Ablauf gesorgt. Wir dürfen uns aufs nächste Jahr freuen, denn der Marathon fühlt sich sehr gut an.

Streckenbeschreibung:
Punkt-zu-Punkt-Kurs entlang der Rems von Waiblingen nach Schwäbisch-Gmünd, durchgehend asphaltiert.

Startgebühr:
Je nach Anmeldezeitpunkt 30 bis 45 €.

Rahmenprogramm:
Heimattage Baden-Württemberg 2014 in Waiblingen und die 25. Landesgartenschau Baden-Württemberg in Schwäbisch Gmünd.

Weitere Veranstaltungen:
Marathonstaffel und Halbmarathon.

Auszeichnung:
Medaille, Shirt, Urkunde (online).

Logistik:
Gepäcktransport zum Ziel, Rücktransport zum Start.

Verpflegung:
Ca. alle 5 km Getränke (nach der Halbmarathonmarke alle 2-3 km) und alle 10 km reichhaltig zu essen.

Zuschauer:
Mehr als erwartet, durchweg gutes Interesse.

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Informationen: Remstal Marathon
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