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Laufberichte

Juwel im Norden

26.06.10
Autor: Klaus Duwe

Vuvuzela – kein Mensch kannte hierzulande bis vor ein paar Wochen die nervenden Tröten und schon sind sie im hintersten Bauernhof im Hasetal im Einsatz. Aber auch hier ist nicht Public Viewing Grund des Menschenauflaufs, sondern Marathon live. Begeistert werden die schwitzenden Gestalten beklatscht und ermutigt, durchzuhalten.

„Noch 3 Kilometer“ brüllt Dirk Schelze an der Schelmkapper Brücke in sein Megaphon. Schön wär’s, drei Kilometer und dann das Ganze noch einmal, das trifft es schon eher. Aber Dirk hat schon recht. Die meisten laufen eine Runde. Trommler und viele Zuschauer begleiten uns über den Fluss, dann geht es auf dem Hasedeich in Richtung Löningen. Das Tal zeigt sich hier von seiner schönsten Seite. Ich genieße den Lauf entlang des ruhigen Wassers und die Sonne, die längst nicht mehr unangenehm einheizt.

Mitten auf den Deich das nächste Fest. Die mit bunten Fähnchen geschmückten weißen Partyzelte auf beiden Seiten der schmalen Laufstrecke sind rammel voll mit gutgelaunten Menschen. Für jede Läuferin und jeden Läufer macht man die Welle. Es ist einfach herrlich.  Und dass die gleiche Strecke jetzt noch einmal zu laufen ist, hat überhaupt nichts Erschreckendes.

Die Marathonis werden so rechtzeitig auf eine separate Strecke geführt, dass ihnen  zunächst der Marktplatz mit dem Zielbogen erspart bleibt. Dem einen oder anderen Wankelmütigen mag so ein spontaner Ausstieg erspart bleiben. Die Straßen sind wie ausgestorben. Klar, im Ziel werden in Kürze die Sieger erwartet.  In einer kleinen Gruppe bewährter Kämpfer mache ich mich auf in die zweite Runde.

Es soll ja etliche Läuferinnen und Läufer geben, die einen Zwei-Runden-Kurs ablehnen. Ich sage dazu immer, dass ich lieber eine schöne Strecke zweimal laufe, als mich auf einer großen, teilweise öden Runde zu langweilen. Man muss auch sehen, dass viele Veranstalter eine große Runde organisatorisch und  personell gar nicht stemmen können. Und bevor die dann darauf verzichten, uns einen Marathon anzubieten, sollen sie es machen, wie hier. Die Laufszene ist arm dran, wenn es solche Veranstaltungen nicht mehr gibt. Der Hasetal Marathon passt in keine Schublade. Ich kann nicht sagen, er ist wie der oder jener. Er ist ein Original. Schön, dass ich den Weg nach Löningen gefunden habe.

Ah, noch eines fällt mir ein. Immer mehr Lauffreunde bringen ja nur noch dann einen Halben oder einen Marathon zustande, wenn sie jemand auf dem Rad begleitet, ihnen zuredet und die Flasche reicht. Zu einer echten Seuche hat sich das entwickelt. Beim Hasetal Marathon habe ich nicht einen Biker auf der Strecke gesehen.  Auch das habe ich genossen.

Den Schatten im kleinen Wäldchen bei km 23 – 25 nutze ich zu einem für meine Verhältnisse intensiven Lauf, bei dem ich einige Kameraden überholen kann. Alle Streckenfeste sind noch voll im Gange, nur die Reihen haben sich etwas gelichtet. Das Bier und die Hitze, ich verstehe …

Manchmal geht ein leichter Wind und die klatschnassen Klamotten kühlen den erhitzten Körper. Es ist jetzt tatsächlich ein völlig anderer Lauf. Die immer tiefer stehende Sonne zaubert komplett andere Landschaftbilder und Eindrücke. 

Ich bewundere ja die meist jungen Leute an den Verpflegungsstellen. Unermüdlich füllen sie die Getränkebecher nach, bringen sie den Läufern entgegen, behaupten, Du siehst gut aus und seist ein Held. In Angelbeck  rennt mir der Sprecher mit dem Mikrofon entgegen. Weil ich Nachmelder bin, stehe ich nicht in der Teilnehmerliste. Er will wissen, wer ich bin, woher ich komme und wie es mir gefällt. „Hey Leute, da kommt einer aus Baden-Baden zu uns!“ Applaus und Jubel, als hätte ich ein Tor für Deutschland geschossen. 

An der Schelmkapper Brücke ist  jetzt km 38 erreicht. Ich sehe offenbar schlecht aus. Eine Frau hakt sich bei mir unter und rennt neben mir her, mich ziehend und  immer kräftig in ihre Trillerpfeife pustend. Nach 200 Metern lässt sie von mir ab. Glück gehabt, viel weiter hätte ich es nicht mehr geschafft. Ich muss erst mal durchatmen.

Auf dem Deich ist es jetzt, wo wir gegen die tief stehende Sonne laufen, noch schöner. Trotzdem habe ich nichts dagegen, als endlich Löningen erreicht ist. Fast gespenstisch muten die menschenleeren Straßen in der Dämmerung an. Sind denn alle schon zu Hause? Die 42km-Tafel steht in einer einsamen Nebenstraße, kein Mensch ist zu sehen. Nur der Gerd, der 78jährige Berliner aus Stuttgart, der mit 60 den Marathon noch unter 3 Stunden gelaufen ist, ist vor mir.

Als wir so um die letzte Kurve biegen und den Zielbogen vor uns sehen, bricht ein wahrer Jubelsturm los. Ich kann kaum glauben, was ich sehe und höre. Hinter den Absperrungen drängen sich die Menschen und feiern die letzten Marathonis wie die ersten. Sagenhaft. Immer wenn  der Sprecher den nächsten Finisher ankündigt, wird das Bierglas abgestellt, geklatscht und gegrölt. Die ganze Stadt ist auf den Beinen, die Marathon-Night-Party  auf dem Marktplatz ist voll im Gang.

Schnell etwas erfrischen, umziehen und sich unter’s Partyvolk mischen. Die Kartoffelpuffer sind lecker, der Backfisch auch. Wer das nicht mag und auch Grillsteak, Brat- und Currywurst verschmäht, findet in den Kneipen und Restaurants ein erweitertes Angebot, Live-Musik von der Show-Bühne inklusive.

Nach der Siegerehrung (Marco Diehl gewinnt im fünften Anlauf!) gibt es noch ein großes Feuerwerk. Nach Hause geht man dann aber noch lange nicht.

Kompliment an das Orga-Team und die vielen Helferinnen und Helfer. Der Hasetal-Marathon ist ein echtes Juwel. Ich komme bestimmt wieder.

Marathonsieger

Männer

1  Diehl, Marco  GER  1    LaufArena-LaufkultTour  02:36:19   
2  Andonov, Aleksandar  BUL     02:48:46   
3  Schlüter, Gregor  GER    Spiridon Haltern  02:50:53  

Frauen

1  Kulgemeyer, Christin  GER    TV Georgsmarienhütte  03:02:47   
2  Bolkhovitina, Elena  RUS     03:05:11   
3  Stanienda, Bianca  GER   SVE Hiddestorf  03:12:08 

162 Finisher

Streckenbeschreibung
Flacher, abwechslungsreicher Rundkurs (21 km) durch die Landschaft und Orte des Hasetals. Die Wege sind mit einer kleinen Ausnahme asphaltiert oder gepflastert.

Zeitnahme:
Neuer Einwegchip von davengo

Auszeichnung:
Urkunde, Medaille und schickes Finisher-Shirt (Funktion), Geldpreise für die Gesamtsieger, Sachpreise für die Altersklassensieger

Infrastruktur
Großer Parkplatz in der Nähe von Start und Ziel, Kleiderdepot, Dusche und Schwimmmöglichkeit im Wellenbad, Massage, kostenlose Übernachtung in der Sporthalle, Zelt- und Stellplätze für Camper und Wohnmobile ebenfalls kostenlos, Frühstück am Sonntagmorgen für 5,00 Euro

Verpflegung:
8 Getränke- und Verpflegungsstellen auf dem 21km-Rundkurs

Zuschauer:
Erstaunlich viele Zuschauer beim Start, in den Orten und auf der Strecke.  Großes Fest mit Feuerwerk beim Zieleinlauf auf dem Marktplatz.

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Informationen: Remmers-Hasetal-Marathon
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