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Laufberichte

Am Ende war die Luft raus

 

In der jetzigen Saure-Gurken-Zeit mit überschaubarem Langstreckenangebot wird es für mich immer schwieriger, in akzeptabler Entfernung noch etwas Neues zu finden. Mit meiner Teilnahme am Pulheimer Staffellauf schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen habe ich zum Ort des Geschehens in etwas mehr als einer Stunde nur knapp 90 km zurückzulegen, zum anderen lerne ich endlich mal einen weiteren regionalen Staffelmarathon im Vergleich zu unserem Waldbreitbacher und der Ahrkreisstaffel kennen. Weiterbildung schadet bekanntlich nie.

Für durchaus beachtliche 30 € (keine Preisstaffelung) ist man als Einzelläufer dabei und legt, DLV-vermessen und damit bestenlistenfähig, nach 2,195 km Anlauf einen 5 km-Rundkurs achtmal zurück. Allerdings wird das Ziel schon nach 4:30 Std. geschlossen, Schlurfschritt ist also nicht. Unterwegs und im Ziel werden Obst und Getränke gereicht. Am Ende sind für die ersten Drei m/w Sachpreise, für den Rest eine Urkunde ausgeschrieben. Logistisch ist alles in und um das Geschwister-Scholl-Gymnasium Pulheim optimal nah beieinander. Die Startzeit um 10:40 Uhr ist für mich ideal, da ist zuhause noch ein gemütliches Frühstück zu nicht nachtschlafender Zeit drin.

Nachdem unser Klaus Klein schon mehrfach als Zuschauer von außen berichtet hat und der Joe im letzten Jahr wettertechnisch durch Schnee- und Eischaos ausgebremst wurde (das Rennen konnte am Lauftag aus Sicherheitsgründen kurzfristig nur in stark verkürzter Form durchgeführt und mußte dann sogar ganz abgebrochen werden), erfolgt also zum ersten Mal ein LAUFbericht inkl. schweißgetränkter Bilder auf M4Y.

Das große Foyer der Schule bietet ausreichend Platz für die gesamte Organisation als auch für die Masse der Teilnehmer. Wer etwas mitzunehmen vergessen hat, kann dieses an einem der Verkaufsstände ersetzen und/oder ein zweites Frühstück zu sich nehmen. Und sich warm unterstellen, bis er/sie als Staffelläufer dran ist. Heute ist dies jedoch gar kein Thema, bei Anfangs 6° und später 9° läßt es sich mit einer warmen Jacke draußen gut aushalten. Später wird sogar die Sonne zeitweilig scheinen.

Erstmals kommt werbetechnisch unser neues Rollup, insbesondere für den Staffelmarathon am 3. Oktober (Einzelläufer ab 10 €), zum Einsatz, auf dem auch unser Markus beim Wiedtal-Ultratrail in seinem selbstlosen fotografischen Einsatz für Trailrunning.de verewigt ist. Ich nutze noch die Gelegenheit, mit etlichen Sportkameraden ins Gespräch zu kommen, bevor es mich nach draußen zum Start des Halbmarathons zieht, der zehn Minuten vor dem des (Staffel)Marathons erfolgt. Vom Start weg gut motiviert durch die immer flotten Sprüche unseres Freundes Jochen Heringhaus, a.k.a. VanMan, zischen 102 Läuferinnen und Läufer nur so an mir vorbei. Zumindest die vordere Fraktion inkl. des bereits deutlich in der M 60 laufenden Udo Lohrengel, der lediglich hochrespektable knapp 1:42 Std. benötigen wird.

Ich will mich mit ein paar Lauffreunden noch ablichten lassen und bitte einen neben mir stehenden Kameraden um Unterstützung. „Würde ich ja gerne, aber ich kann nicht“, sagt er und zeigt mir seine beiden handamputierten Unterarme. Selten habe ich mich so geschämt, aber Peter nimmt es mir glücklicherweise nicht krumm.

Um 10:40 Uhr dürfen wir, das sind 56 Einzelläufer sowie 133 Erwachsenen- und 5 Jugendstaffeln (daran müssen wir in Waldbreitbach noch arbeiten), nach dem Countdown aus dem Science-Fiction-Film Raumschiff Orion los. Unsere heutige Aufgabe beginnt nach Unterquerung des Start-/Zielbogens – dazu am Ende noch mehr! - mit dem 2,195 km langen Anlauf durch Anwohnerstraßen, danach betreten wir erstmals die 5 km-Runde, ein langgestrecktes Rechteck mit eine Wurmfortsatz als kurzer Wendepunktstrecke, genau so wie auf der alten Runde in Kevelaer. Zunächst aber gilt es erst, den Hinweg zu meistern. Der ist, wie überhaupt die gesamte Strecke, durchgehend geteert bzw. betoniert, also optimal zu belaufen.

Neu in diesem Jahr ist das entschärfte Procedere in der Wechselzone für uns Einzelläufer, denn man führt uns auf der parallel verlaufenden Straße links an der Wechselzone vorbei. Damit bleibt uns das übliche Geknubbel des Staffelwechsels erspart und wir brauchen unsere Meditation beim Rundendrehen nicht zu unterbrechen. Der erste lange Teil der Runde führt ins offene Feld hinaus, links ist eine Streuobstwiese angelegt und ein Naherholungsgebiet am alten Rhein am entstehen, über das man auf der Gegenseite bereits den Rückweg erkennen kann. Nach etwa drei Vierteln ginge es nach links, aber zunächst ist der Wurmfortsatz, die kurze Wendepunktstrecke, zu absolvieren. Wie immer ist es fein, die entgegenkommenden Läufer zu beobachten und zudem für mich eine gute Möglichkeit, diese abzulichten.

Am Wendepunkt steht zwar ein Streckenposten, aber es liegt keine Zeitmeßmatte aus, rein theoretisch hätte man also vorher abbiegen können. Die Läufer sind jedoch fair, zudem wäre das wohl kaum unbemerkt geblieben. Auf der Querung merke ich zum ersten Mal leichten Seitenwind, der vorher als Rückenwind unbemerkt geblieben war. Ich spüre auch die leichte Steigung, die zur Gegengeraden hochführt, und schätze sie auf etwa fünf Höhenmeter, das paßt auch zur Beschreibung der Strecke als flach. Sehr überrascht bin ich später, vom Zweitplazierten Frank, dem Moengel, zu hören, daß er insgesamt 140 Höhenmeter gemessen hat, GPSies wirft deren 18 pro Runde aus.

Der Rückweg im Gegenwind führt über einen parallel zur Landstraße verlaufenden Radweg. Gut vorstellbar, daß gerade dieser Weg im vergangenen Jahr kaum passiert werden konnte, nachdem der Schnee von der Fahrbahn hierauf verschoben worden war. An seinem Ende leuchtet die Reklame der Jet-Tankstelle und ich kann mir ein inneres Grinsen nicht verkneifen. Hier nämlich kämpften sich im vergangenen Jahr ein paar Runden lang Joe und Dirk durch und dachten sich: Wer Treibstoff verkauft, verkauft auch Treibstoff. Beim einen beträgt die Mindest-Abgabemenge bekanntlich 2 Liter, beim anderen werden auch schon weißblechummantelte 0,5 Liter abgegeben. Kein Wunder, daß die Stimmung nach vier Runden gut war und der Dirk heute nur starten durfte, nachdem er seiner Frau versprochen hatte, nüchtern heimzukommen!

Die zweite Querung bringt ein paar Bergab-Höhenmeter, auf denen einen die Schwerkraft nach unten zieht. Streckenpostengesichert – diesbezüglich ist hier alles mit kaum zehn Personen ohne Feuerwehr und/oder Polizei zu stemmen – geht’s links um die Kurve wieder in den Start-/Zielbereich. Wir bleiben geradeaus, die Staffelläufer wechseln parallel nach rechts. Diese dürfen übrigens - was natürlich Sinn macht, wenn man schnell sein möchte – keine zwei aufeinander folgenden Runden laufen. Der Zeitmeßchip (einer pro Staffel) wird vom ankommenden an den startenden Läufer übergeben.

An der Verpflegungsstelle reicht man mir einen Becher Iso (warm!) an. Als ich dankend auch nach Wasser frage, höre ich: „Haben wir leider nicht.“ KEIN Wasser!!! Sofort steigt vor meinem geistigen Auge als Schreckgespenst das Erlebnis meines Freundes Hans-Peter auf, der vor Jahren beim Mittelrhein-Marathon deutlich zu dick angerührtes Iso bekam und sich mangels Dixi über qualvolle 15 km mit zusammengepreßten Pobacken ins Ziel schleppen mußte. War es mein entsetztes Gesicht? Wie auch immer, beim zweiten Mal höre ich ungefragt zu meiner Freude: „Hier ist Dein Wasser!“ Fein, daß Ihr das so flott hinbekommen habt.

So drehe ich die nächsten zwei, drei Runden und stelle fest, daß ich nach 22,2 km bei etwa 2:09 Std. durchkomme. Unter vier Stunden sollten es heute schon werden, da kann es keine Ausrede geben. Irgendwie komme ich aber nicht richtig in die Pötte. Gut, der vorher von Dirk ausgegebene Kaffee sorgt insgesamt für stolze vier Boxenstops, aber trotzdem werde ich nicht schneller. Als die viertletzte Runde auch fast dreißig Minuten dauert, packe ich die Kamera weg und meine, direkt einen Zahn zuzulegen. Das ist aber höchstens ein Milchzahn von einer halben Minute. Als es zur letzten Runde geht, bei der ich, wie schon auf der Vorrunde, zu Cola wechsele, steht die Uhr bei über 3:33 Std., die vier Stunden sind also kaum noch realistisch. Dann beruhigt es am Ende, daß ich doch noch etwas zulegen kann und unter Mobilisierung der Reserven gelingt mir es mir, nach einer 26er Runde die 4 Stunden letztlich haarscharf zu unterbieten. Puh! Zur Belohnung erfreut man mich mit einer überraschenden Medaille, die nicht ausgeschrieben war.

„Alles klar, Wolfgang?“ fragt der VanMan. Logo, Jochen, alles im Lot. Ich verweile noch ein paar Minuten zum Fotografieren und das sollte sich lohnen. „Der Strom ist weg!“ ruft Jochen laut und inspiziert sein Mikro. Tatsächlich gelingt es ihm – höchst ungewöhnlich – mal drei Minuten am Stück die Klappe zu halten. Und dann: „Der Zielbogen!“ Dem geht ganz langsam die Luft aus. „Schnell zwei Mann hin!“ „Ja, aber zwei ganz Große!“ lautet mein wertvoller Beitrag. Als er einen Durchlass von nur noch etwa zwei Metern aufweist, schlüpfen gerade noch Peter und Florian unter allgemeinem Gelächter darunter durch. Dann ist der Strom erneut da und der Bogen bald wieder so, wie er sein sollte.

Die wunderbar warmen Duschen in der Sporthalle bringen die Lebensgeister rasch zurück, ebenso das reichhaltige kulinarische Angebot in der Schule. Insgesamt also ein Lauf, der – insbesondere bei der heutigen tollen Witterung – Spaß macht.

Wer jetzt die Lust noch nicht verloren hat, den sehen wir vom VfL Waldreitbach gerne am 3. Oktober beim StaffelMarathon in der Gruppe oder einzeln auf unserer attraktiven 2 km-Runde. Nähere Informationen hier.

Streckenbeschreibung:
Durchgehend befestigte, gut zu belaufende, aber stark windanfällige 5 km-Runde mit 2,2 km Anlauf und insgesamt 140 Höhenmetern.

Zielzeit:
4:30 Std. (!)

Startgebühr:
30 € für den Einzelstart plus ggf. 6 € Ummeldegebühr (auch für Staffeln).

Zeitnahme:
Champion-Chip.

Logistik:
Sehr viele Toiletten in der Schule, Umkleiden und warme Duschen in der benachbarten Sporthalle. Näher beieinander und besser geht’s nicht.

Weitere Veranstaltung:
Einzel- und Staffelmarathon (auch eine spezielle Jugendwertung), Halbmarathon, 5 km.

Auszeichnung:
Medaille und Online-Urkunde für alle, Sachpreise für die jeweils drei erstplazierten Frauen und Männer.

Verpflegung:
Nach jeder Runde Wasser und Iso (angewärmt), Cola, Bananen und Riegel. Getränke und Obst im Ziel.

Zuschauer:
Nur im Start-/Zielbereich.

 

 

Informationen: Pulheimer Staffelmarathon
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