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Laufberichte

Mehr als nur ein Marathon

09.05.10

Eine der schönsten Passagen des Kurses liegt vor uns. Über Kopfsteinpflaster durchkurven wir den inneren Kern der Altstadt mit ihren vielfältigen mittelalterlichen Fassadenformen. Überall in der Altstadt haben sich kleinere und größere Zuschaueransammlungen gebildet, die die Läuferschar auf ihrem Galopp durch die Gassen anfeuern.

Mittendrin passieren wir mit dem Carolinum den zentralen Bau der bereits im 14. Jh. als älteste Universität Mitteleuropas begründeten Karls-Universität. Wenig später signalisiert der wie ein Monolith mächtig und und düster vor uns in den Himmel ragende Pulverturm den nahen Platz der Republik. Im Pulverturm (15. Jh.), einst einer der Zugänge zur Altstadt, wurde früher zeitweise – nomen est omen – das städtische Schießpulver gelagert. Seine Sprengkraft hat es aber zum Glück nie innerhalb der Turmmauern entfaltet. Das pompöse Gemeindehaus (Obecni Dum) gleich daneben entstand in schönstem Jugendstil erst Anfang des 20. Jh.. Es beherbergt einen der großen Konzertsäle Prags und das bereits oben erwähnte gleichnamige Cafe. Brünnlein plätschern hier in kitschig- plüschigem Ambiente, die Torten werden in einer Rollvitrine durch die Tischreihen geschoben – ein nettes Plätzlein zum Verweilen (nur leider eben nicht im Moment).

Eine steile Rechtskurve bringt uns auf die Na Přikopje, eine breite Geschäftsstraße, wo nun auch große Kaufhäuser residieren. Sie markiert gleichzeitig den Übergang der Altstadt in die  (historischen) Prager Neustadt, deren Mittelpunkt wir kurz nach km 13 erreichen: Den Wenzelsplatz (Vaclavske namesti). Der in seinen Ausmaßen (750 x 60 m) gewaltige Platz, benannt nach dem im 10. Jh. regierenden Fürsten und Landesheiligen Wenzel, ist heute nicht nicht nur eines der großen Shopping-Areale aus Ausgehzentren Prags, sondern vielmehr nationales Symbol. Hier setzten 1968 russische Panzer dem „Prager Frühling“ ein Ende und hier läuteten Ende der 90er-Jahre Großdemonstrationen den Übergang zur Demokratie ein.

Wir queren den Platz an seiner schmalen Nordseite und erleben ihn daher letztlich nur für wenige Momente. Weiter geradeaus folgen wir der Nationalstraße (Narodni), einem breiten Boulevard mit herrschaftlichen Bürgerhäusern, der noch ein Stück prächtiger als die bisherigen Geschäftsstraßen ist, bis zur Moldau. Ins Auge sticht die schon etwas angestaubt wirkende  glaswabenbedeckte Fassade der „Nova Scena“, Wirkungsstätte der berühmten avantgardistisch und multimedial agierenden Theatertruppe Laterna Magika. Gleich daneben, bereits an die Moldau grenzend, folgt als mächtiges klassisches Gegenstück mit in der Sonne goldglänzendem Dachaufsatz der prunkvolle Neorenaissancebau des Nationaltheaters (19.Jh.). Wunderschön ist der Ausblick auf die in der Verlängerung der Narodni über die Moldau führende Most Legii, die Brücke der Legionen, und die jenseits des Flusses 150 Meter hoch ansteigenden Grünanlagen des Laurenziberges.

Bei km 14 ist es soweit: die Moldau ist - wieder einmal - erreicht. Gleichzeitig markiert dieser Punkt so etwas wie den läuferischen Abschluss unserer zweiten Passage durch das alte Prag. 

Der lange Weg durch Prags Süden

Ein sinniger Spruch besagt: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Beim Prag Marathon ist das in gewisser Weise anders herum. Die nächsten 17 km dürfen wir jeweils beweisen, dass wir außer gucken auch laufen können. Zu erleben gibt es auf unserer läuferischen Reise durch Prags Süden aber dennoch Einiges.

Wir folgen der Moldau stromaufwärts in südlicher Richtung. Stattliche Bürgerhäuser säumen die breite Uferstraße und weisen sie als bevorzugte Wohngegend aus. Der Km 14,5 hält ein sehr spezielles architektonisches Kunstwerk der Moderne für uns bereit: Das sogenannte „Tanzende Haus“ (1996), ein Bürogebäude, dessen beiden Elemente in eigentümlicher Weise wie zwei Tänzer einander zugewandt scheinen. Nicht zufällig trägt es daher auch nach dem legendären amerikanischen Tanzpaar den Spitznamen „Ginger und Fred“, wobei sich vor allem die Kurven „Gingers“ jeglicher baulicher Konventionen zu entziehen scheinen.

Weiter der träge dahin fließenden Moldau folgend ist am Horizont schon bald ein steil aus der Stadt  aufragender mauer- und kirchturmgekrönter Hügel auszumachen: Vysehrad. Vysehrad ist Prags zweiter Burghügel. Bereits im 8. Jh. soll auf dem hoch über die Moldau aufragenden Felssporn eine erste Burg gestanden gehaben. Heute ist der Hügel mit seinen historischen Gebäuden, Kirchen und Resten alter Befestigungsanlagen inmitten eines weitläufigen Parks vor allem ein beliebtes Ausflugsziel der Prager.

Bevor wir den Burghügel erreichen, wird unser Run entlang der Moldau jäh unterbrochen. Eine Zusatzschleife führt uns bei km 15,5 von der Moldau weg 3 km weit durch das Nusle-Tal zu Füßen des Festungshügels. Am Rande einer lauschigen Parkanlage mit dem Botic-Bach geht es entlang, dann durch ruhige Wohnstraßen mit vielen alten Häusern. Nur selten ist uns zwischen den Häuserfronten ein Blick auf den Hügel und die Festungsmauern vergönnt. Mehr ins Blickfeld rückt da schon die das Tal in 40 m Höhe wie von einem anderen Stern überspannende Nuselske-Straßenbrücke. Akustisch bekommt man aber kaum etwas von ihr mit. 

 
 

Informationen: Prague Marathon
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