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Laufberichte

Stadt und Strand

22.10.06
Autor: Klaus Duwe

Klasse und Masse aus Deutschland

 

Über die missglückte Premiere  des Marathon Palma de Mallorca spricht man nicht mehr. Seit die TUI im letzten Jahr neben der Rolle des Haupt- und Titelsponsors auch die des Veranstalters übernommen hat und mit Steffi Eichels Eventagentur ein kompetenter Organisator gefunden ist, spielt, bzw. läuft man mit dem Insel-Marthon in einer anderen Liga.

 

Dass man nach der guten Presse im letzten Jahr auch bei den Teilnehmerzahlen wird zulegen können, war klar. Aber dass es annähernd 4.000 (fast 30 % plus) werden würden, überrascht doch. 3.778 Läuferinnen und Läufer haben sich für die 3. Auflage angemeldet, davon 1.156 für den Marathon, 1.934 für den “Halben“ und 688 geben sich mit 10 Kilometern zufrieden.

 

Damit der Erfolg nicht zur Eintagsfliege wird, ist der Marathon bei der TUI nach wie vor Chefsache. Bei Marketing-Direktor Michael Lambertz laufen alle Fäden zusammen und TUI-Chef Dr. Michael Frenzel ist auch in diesem Jahr vor Ort, um sich von der Qualität des jüngsten TUI-Produktes zu überzeugen.

 

Seit jeher zieht Mallorca Promis magisch an. Geht es um Sport, geben sich hier Weltmeister und Olympiasieger die Klinke in die Hand. Andreas Dittmer (dreifacher Olympiasieger im Einer-Kanadier) ist da, Lothar und Nicole Leder, erfolgreichstes Triathlon-Paar der Welt, Biathlet Peter Sendel (Weltmeister und Olympiasieger),  Mountainbike-Profi Mike Kluge, Olympiasiegerin Kathrin Boron (unter anderem 4 x Olympia-Gold im Rudern), Skilangläufer Andreas Schlütter (Silber 4 x 10 km Olympiade Turin) und Boxweltmeister Sven Ottke.

 

Schon am Samstag bei der Abholung der Startunterlagen an der Ronda Migjorn unterhalb des Ballearen-Museums, auf der sich anschließenden Marathonmesse im Parc de Sa Faixina und bei der Pasta-Party unterhalb der Kathedrale La Seu wird klar, der Marathon Palma de Mallorca ist ein „deutscher Marathon mit großer ausländischer Beteiligung.“ Einzelreisende, Gruppen und Vereine aus ganz Deutschland sind am Start.

 

Sie alle werden nicht enttäuscht, statt Nebel und Regen gibt es Sonne pur, mit 26 Grad für den einen oder anderen schon wieder zu viel. „Wer keine Sonne mag, sollte lieber in Hachenburg laufen,“ gibt einer treffend auf entsprechende Klagen zur Antwort.

 

Am Sonntagmorgen herrscht schon früh reges Treiben auf  dem Passeig de Sagrera, der breiten Küstenstraße. Letzte Gelegenheit für Kurzentschlossene, sich eine Startnummer für eines der drei Rennen zu sichern. Gleich nebenan gibt man die Kleiderbeutel ab. Die laute Musik wird in kurzen Abständen von Durchsagen unterbrochen, immer in spanisch, deutsch und englisch.
 
Auf der Starterliste vermisse ich Marc Jörgens. Letztes Jahr war er in Köln seinen ersten Marathon gelaufen. Vor lauter Begeisterung hatte er sich dann für den Marathon auf Mallorca angemeldet und wollte „unter drei Stunden“ laufen. Es wurden 2:39 und der zweite Platz. Vielleicht war es ihm zuviel, denn vor zwei Wochen war er wieder in Köln, lief mit 2:34:38 persönliche Bestzeit und war damit zweitbester Deutscher auf Platz 9.

 

Die Startblocks füllen sich. Marathon und Halbmarathon werden um 9.00 Uhr gestartet, der 10 km-Lauf eine Stunde später. Die Stimmung ist phantastisch. Als Dr. Frenzel den Startschuss abgibt und wir auf einer sieben Kilometer langen Wendepunktstrecke Richtung Porto Pi laufen, passieren wir eine riesige, jubelnde Menschenmenge.

 

3,5 Kilometer geht es am Hafen mit prachtvollen Yachten entlang, links stehen nicht minder imposante Hotelpaläste. Auf der Gegenbahn kommen uns die Ersten entgegen und ich halte Ausschau nach bekannten Gesichtern. In einer fünfköpfigen Gruppe erkenne ich am markanten Kurzhaarschnitt Marc Jörgens und feuere ihn an. Er winkt und gibt Gas.

 

Kurz hinter dem Stadtturm kommt das Einkaufszentrum Porto Pi und danach die Wende. Jetzt laufen wir direkt an der Hafenmauer entlang. Die riesigen Kreuzfahrtschiffe erinnern mich an die zufällige Begegnung gestern mit Denis und Iris Ivanov vom Saarbrücken Marathon, die gerade mit einem solchen “Kahn“ unterwegs sind und in Palma Landgang hatten. 

 

Als wir zum Startgelände kommen, herrscht dort eine Stimmung, wie sie bei keinem Citymarathon besser sein kann. Kastagnetten und immer wieder “venga, venga“-Rufe erinnern daran, dass wir in Spanien sind – und natürlich das Wetter. Kaum eine Wolke ist am Himmel, mittlerweile liegen die Temperaturen bereits bei 24 Grad, 28 sollen es noch werden.

 

Rechts geht es jetzt ungefähr 200 Meter in eine Mole zu einem Wendepunkt. Das macht Sinn, denn auf dem Rückweg hat man einen Blick auf die Kathedrale La Seu, der einem fast den Atem raubt. Als König Jaume I. Mallorca von 400jähriger maurischer Herrschaft befreite, ließ er 1230 an der Stelle der arabischen Hauptmoschee mit dem Bau der Kathedrale beginnen. Erst 1576 wurde sie fertig gestellt.

 

Wieder kommt eine kurze Wendepunktstrecke, und wieder geht es darum, uns das Wahrzeichen von Palma de Mallorca von seiner besten Seite zu zeigen. Dann geht es in die Altstadt von Palma, die mit ihren vielen als Weltkulturerbe geschützten Denkmälern zu den größten und besterhaltenen in ganz Europa gezählt wird.

 

Der Passeig del Born, bekannt für seine Modegeschäfte, ist eine einzige Baustelle, denn die Grünanlage zwischen den beiden Fahrbahnen wird gerade erneuert. Von dort kommen wir zuerst zum Placa Mercat, dann zur Rambla mit den vielen Blumenläden und schließlich nach einer ersten Schleife durch enge Altstadtgassen zuerst in die Geschäftsstraße Avinguda de Jaume III. und dann nach einem kurzen Anstieg zum Passeig de Mallorca. Viele Fangruppen haben sich hier postiert und sorgen für gute Stimmung. Die Einheimischen bevölkern die Straßencafés und verfolgen von dort das Geschehen.

 

Die Straßen in der Stadt sind meist schattig und es ist trotz der Wärme gut zu laufen. Fast als kühl empfindet man die schmalen, mit Steinplatten gepflasterten Altstadtgassen, die wir nach der Carrer de Sant Miquel erreichen. Es geht um viele Winkel und Kurven, kein Mensch kann sich die Namen der Straßen, Plätze und Kirchen merken. Zuschauer gibt es keine, dafür sind die Straßen auch viel zu eng. Nur von den Balkons gibt es hin und wieder Applaus und Musik. Dafür sind die kleinen, gut besuchten Plätze richtige Stimmungsnester.

 

Genussläufer kommen hier voll auf ihre Kosten. Wer Bestzeiten im Visier hat, wird die 9 Kilometer durch die Stadt nicht so mögen. Aber was wäre der Marathon Palma de Mallorca ohne die herrliche Altstadt?

 

Alle 2,5 bis 3 Kilometer sind Getränke- und Verpflegungsstellen eingerichtet, die oft von jungen Leuten betreut werden, deren gute Laune und Begeisterung auch die ansteckt, die angesichts des Flairs und des herrlichen Wetters nicht schon längst auf Wolken schweben.

 

Wir laufen über den Placa Major mit den vielen Cafés, wo uns zahlreiche Zuschauer beklatschen und sehen dann links das historische Rathaus (km 15). Als nächster Höhepunkt wird die Kathedrale passiert. Der Eindruck mit der mächtigen Kirche links, dem Königspalast Almudaina rechts und Ausblick geradeaus auf das Meer ist überwältigend. Viel zu schnell ist man vorbei und wieder in dunklen, kühlen Gassen verschwunden.

 

Am Placa d’Espanya erwartet uns dann ein Augenschmaus der anderen Art. Samba ist angesagt und jeder Läufer riskiert einen Blick auf die attraktiven Tänzerinnen. Klar, dass sich hier auch eine große Zuschauermenge aufhält. Danach laufen wir direkt auf die Küste zu, die Halbmarathon-Läuferinnen und –Läufer verabschieden sich nach rechts, die Marathonis folgen links der Küstenstraße, wo nach einem Kilometer die Halbdistanz erreicht wird.

 

Nach den vielen Eindrücken und Sehenswürdigkeiten und  der tollen Atmosphäre kommt jetzt ein Streckenabschnitt, der nicht soviel für’s Auge hergibt. Wer noch kann, drückt also etwas auf’s Tempo. Leicht fällt es keinem, denn die Temperaturen sind deutlich angestiegen und Schatten ist eher die Ausnahme.

 

Moderne Appartement- und Wohnanlagen wechseln sich mit Vierteln ab, die offensichtlich mehr von Einheimischen bevorzugt werden. Links sieht man auch mal auf freiem Feld einzelne Bauernhöfe und die für Mallorca typischen Windmühlen.

 

Jetzt laufen wir parallel zur breiten Straße, die zum Flughafen führt. Praktisch in Minutenabständen heben die Flieger ab. Langsam nimmt die Kneipendichte zu. Imbißstuben, Cafés und Bars wechseln sich ab. Aber die Lokale sind meist leer, die Saison ist vorbei. Kenner nutzen diese Zeit und genießen sommerliche Temperaturen und relative Ruhe zu angenehmen Nachsaisonpreisen.

 

Die Kneipen haben deutsche Namen, es gibt deutsches Bier, deutsche Wurst und deutsche Schnitzel. Auch die Zurufe und Anfeuerungen kommen auf deutsch, kein „venga, venga“ mehr.

 

Bei Kilometer 30 sind wir am Strand von Palma. Viele Menschen haben ihre schattigen Plätzchen verlassen, stehen an der Straße und empfangen die Marathonis. Jeder gibt sein Bestes und auch der müdeste Marschierer wird wieder zum Läufer. Links kommt der Applaus vom Strand, rechts aus den Kneipen, Biergärten und Cafés.

 

Die Mädchen an der Getränkestelle haben alle Hände voll zutun. Wer will, kriegt zwei Flaschen Wasser: eine in die Hand und eine über den Kopf geschüttet. Hier am Strand geht ein ziemlicher Wind, der zunächst von der Seite, später dummerweise von vorne kommt. Die damit verbundene Kühlung ist durchaus willkommen, eine Bremse hätte ich aber bei meinem ohnehin nicht allzu flotten Tempo nicht gebraucht.

 

Ich genieße den Lauf entlang des Meeres und beglückwünsche mich zu meiner Entscheidung, wieder am Marathon hier teilzunehmen. Es ist einmalig schön. Noch einmal fällt mir auf, dass trotz des herrlichen Wetters und obwohl es Sonntag ist und auch viele Einheimische am Meer sind, die meisten Plätze unter den Stroh gedeckten Schirmen frei sind.

 

Bei km 34 passieren wir an der inzwischen felsigen Küste die In-Dico “Purobeach“ und gleich darauf verlassen wir die Straße nach links in ein Naturschutzgebiet. Viele Spaziergänger und Radfahrer sind hier unterwegs, aber Probleme gibt es deshalb keine. Den Läufern gibt man heute respektvoll Vorrang.

 

Der wellige Kurs und die Hitze macht etlichen arg zu schaffen. Die Geher sind fast in der Überzahl. Wieder einmal freue ich mich über meine kluge Einteilung. Wenn nicht Unvorhergesehenes passiert, bin ich nach fast zeitgleichen Streckenhälften nach 4 ½ Stunden im Ziel.

 

Die Kathedrale rückt immer näher. Noch 3 Kilometer, die letzte Getränkestelle kommt wie gerufen. Jetzt heißt es, sich frisch machen für’s Finisherfoto, also trinken und Schweiß abwaschen. Wir kommen zum schon bekannten Passeo Maritimo, rechts ist der Parc de la Mar, ein Skulpturengarten und eine Palmenallee. Dazu der schon eingangs beschriebene Prachtblick auf die Kathedrale. 

 

Freunde und Angehörige nehmen bereits hier die Finisher in Empfang und mobilisieren bei denen so letzte Kräfte. Dann ist es geschafft, die Zuschauerreihen werden immer dichter, der Jubel lauter. Kaum zu glauben, wie viele Menschen hier die Marathonis im Ziel neben dem Balearenpalast feiern. Der Sprecher gibt sich Mühe, alle Finisher namentlich zu begrüßen und ist pausenlos am Reden.

 

Medaillen geschmückt kommt man zur üppig bestückten Verpflegungszone. Auch unter Mallorcas Sonne scheint das Erdinger gut zu schmecken, jedenfalls ist deren Stand dicht umlagert. Auch kaltes Cola, das man allerdings schon auf dem letzten Teil der Strecke gerne genommen hätte, ist gefragt. Es gibt auch Obst und Gebäck.

 

Jetzt treffe ich auch Marc Jörgens und seinen Freund Helmut „Na, wie ist es in diesem Jahr gelaufen?“ „Gut“, antwortet er, „ich habe gewonnen.“ Er strahlt und erzählt mir gleich den ganzen Rennverlauf. Auf der zweiten Hälfte hat auch er schwer gekämpft und gefürchtet, vom Vorjahressieger Ogazon Mari eingeholt zu werden. Dann hat es aber doch mit einer Minute Vorsprung zum ersten Marathonsieg gereicht. Seine 2:35:58 Stunden sind neuer Streckenrekord. Noch einmal herzlichen Glückwunsch.

 

Die Mallorca-Reise von Marathon-Siegerin Birgit Schönherr-Hölscher (3:10:08) war ein Geschenk ihres Mannes als Belohnung und zur Erholung von einem 100 km-Lauf  in Japan. Nie hat sie damit gerechnet, hier auf dem Treppchen zu landen. Als sie dann aber die Spitzte übernimmt, erkennt sie ihre Chance und verteidigt ihre Position bis ins Ziel.

 

Beide äußern sich auf der abschließenden Pressekonferenz sehr positiv zu der Veranstaltung und loben die perfekte Organisation, die Strecke und das mediterrane Flair. Das freut die Veranstalter, denn schon beginnen die Vorbereitungen zur 4. Auflage des TUI Marathon Palma de Mallorca am 21.Oktober 2007. Und da hat man 5.000 Teilnehmer im Visier.

 

Informationen: Palma de Mallorca Marathon
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