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Laufberichte

Einfach Kult – der New York Marathon 2010

07.11.10

Manhattan – für die meisten reduziert sich das New York-Bild auf diesen Stadtbezirk. Hier leben zwar nur 20 % der New Yorker. Aber allein Manhattan schafft es, New York den Nimbus als einer der aufregendsten Städte der Welt zu verschaffen. Und eben diese Szenerie bestätigt einmal wieder jedes Klischee.

3,5 Meilen bzw. 5 km führt uns die First Avenue schnurgerade in stetigem leichten Auf und Ab nach Norden. Erst weiter im Norden, als die Häuser niedriger und die Umgebung etwas weniger propper wird, werden die Reihen der Zuschauer dünner. Aber auch hier sind es immer noch mehr, als bei einem „normalen“ City-Marathon an gutbesuchten Stellen üblich sind.

Bei Meile 18 / Km 29 steht ausnahmsweise einmal eine Versorgung mit Power-Gels auf dem Programm. Nur Wasser gibt es keines dazu, um das pappig süße, pur kaum genießbare Zeug dem Körper zuzuführen. Aber zum Glück ist die nächste Versorgungsstation nicht fern.

Etwa bei km 32 erreichen wir das nördliche Ende der First Avenue. Der Anstieg zur nächsten Brücke und der Zugang zum letzten borough unserer New York Lauftour steht an. Die Bronx erwartet uns. Die Willis Avenue Bridge über den Harlem River war früher berüchtigt für ihren Gitterboden und die darauf ausgelegten, unangenehm zu belaufenden Teppiche. Nach Renovierung ist die Brücke aber nunmehr asphaltiert. Nur der unvermeidliche Anstieg kostet weiter Kraft. 

 
The Bronx

 

Reich und arm, gut und böse, Himmel und Hölle, the beauty and the beast – zumindest imagemäßig ist die Bronx Manhattans Antipode schlechthin. Hier New Yorks Glanz und Gloria, dort der Inbegriff einer zerrütteten, verarmten und kriminalisierten Gesellschaft. Und wenn man von der Brücke aus auf das blickt, was einen auf der anderen Seite erwartet, wo werden optisch zunächst einmal alle Vorurteile bestätigt: Eine Siedlung vielstöckiger Wohnsilos, alle gleich braun, alle die gleichen kleinen Fenster breitet sich vor uns aus. Tristesse pur. Ein Cop auf der Brücke begrüßt uns scherzhaft mit “Welcome in the Bronx. Take care of your wallets!”.

Aber eine Tatsache ist auch: Genauso wie es in Manhattan herunter gekommene, triste Winkel gibt, gibt es in der Bronx Villenviertel. Mit 1,35 Mio. Einwohnern ist die Bronx immerhin so groß wie etwa München und im Übrigen der einzige Stadtbezirk New Yorks, der auf dem Festland liegt. Hier ist Süden der Bronx ist aber tatsächlich die Gegend, die man zu einer anderen Zeit wohl besser meidet.  Als Marathoni muss man sich aber heute nicht fürchten. Ganz im Gegenteil: Die Stimmung ist hier genauso ausgelassen wie in den anderen Stadtbezirken, wir werden ebenso euphorisch begrüßt, auch wenn die Leute einen etwas rauheren Charme haben mögen.

Viel Gelegenheit, in die Bronx hinein zu schnuppern, haben wir allerdings nicht: Gerade einmal 2 km währt unser Abstecher durch diesen Bezirk. Dann schon führt uns die Madison Avenue Bridge bei Meile 21 / km 33,5 über den Harlem River zurück nach Manhattan.

 

Durch Manhattan zum Central Park

 

Unser zweiter Eintritt in Manhattan führt uns sogleich auf eine der berühmtesten Straßen der Stadt: Die Fifth Avenue. Einen Namen hat diese Straße als Edelmeile in Sachen Shopping, aber auch als Adresse vieler Museen und Galerien, darunter weltberühmten wie dem Metropolitan Museum of Art, kurz „Met“ genannt, oder dem Guggenheim Museum. Aber wie so viele Straßen New Yorks ist auch die Fifth Avenue endlos lang und hat mehrere Gesichter. Im oberen Teil ist vom Glamour noch nicht viel zu spüren. Hier führt sie durch Harlem, vielleicht die bekannteste der „schwarzen“ Gemeinden der USA. Ein Gospelchor bietet uns hier die rechte Einstimmung.

Und wieder geht es über Kilometer weitestgehend geradeaus. Je weiter wir in Richtung Süden vorstoßen, desto größer werden die Häuser, wohlhabender wirkt das Umfeld und dichter werden die Zuschauerreihen. Richtig schön wird die Strecke, als wir das Nordende des Central Parks erreichen und an dessen Ostseite entlang laufen. Selten passt der Begriff „grüne Lunge“ so wie auf diese 340 Hektar messende, riesige Grünfläche im Herzen Manhattans. Der Park selbst ist mit seinen Spazierwegen, weiten Wiesen, Bäumen, Teichen gerade jetzt und heute, wo der Herbst sich von seiner goldenen Seite zeigt, besonders idyllisch – geradezu spektakulär wird er im südlichen Teil jedoch durch die Szenerie der ihn umrandenden und überragenden Wolkenkratzer.Hohe Bäume, deren herbstlich verfärbtes Laub im Sonnenlicht erstrahlt, säumen die Straße. Immer mehr verengt das Spalier der Zuschauerreihen die Lauftrasse, was so etwas wie ein Alpe d’Huez-Feeling aufkommen lässt.  

Noch intensiver wird das Naturerlebnis, als wir etwa auf Höhe der 90. Straße in den Park einbiegen und ihn auf einer breiten gewundenen Straße der Länge nach durchqueren. In stetigem Auf und Ab führt die Strecke dahin. Mittlerweile habe ich eine Vorstellung davon, wie es sein kann, dass beim New York Marathon angeblich insgesamt 390 Höhenmeter zusammen kommen. Offiziell bestätigt gefunden habe ich diese Zahl nicht. Realistisch erscheint sie mir nach den vielen nie steilen, aber häufig langen Anstiegen aber durchaus.

Zumindest von der Rückseite aus können wir einen Blick auf die mächtigen, modern-kühlen Gebäudetrakte des “Met” werfen. Ansonsten bekommen wir von den zahlreichen kulturellen Einrichtungen im südlichen Teil der Fifth Avenue aber nichts mit. Und offen gesagt: Mein Interesse dafür wäre im Moment ohnehin eher gering ausgeprägt.

 
 

Informationen: New York City Marathon
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