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Laufberichte

169 trinkt kein Bier

18.06.16 Mozart 100
 

 

Kann ich helfen?


Die Schwarzmühlstraße bringt uns zum Säge- und Hebelwerk Enzinger. Hier liegt jede Menge Holz und einige Burschen mühen sich mit Sägen an den schweren Hölzern ab. Der Hobbywaldarbeiter in mir kann sich nicht bremsen und schon habe ich eine Säge in der Hand. Eine nette Abwechslung im anstrengenden Lauf. Danke Jungs!

Gut gelaunt trabe ich in der Hitze weiter. The Wall steht an. Sieht wirklich aus wie eine Mauer, der Aufstieg. Aber auch dieser lässt sich Schritt für Schritt aufwärts bewältigen. Wir sind wieder in Hof. Diesmal in Hof Nord, vorhin kamen wir durch Hof Süd. Die  Verpflegungsstelle brauche ich dringend.

Schnell noch über die Zeitmessmatte laufen und schon steht der Labe nichts mehr im Wege. Freundliche Helferinnen bieten mir Köstlichkeiten zur Stärkung an und bauen mich moralisch auf. Ich verspreche, auf der zweiten Runde wieder vorbei zu schauen und mache mich auf den Weiterweg.

Bevor es auf eine weite Ebene hinaus aus Hof geht, wird Km 30 passiert. Noch nicht einmal ein Drittel denke ich. Puh!



Salzburgring


Links und rechts sind Wiesen. Motorenlärm dröhnt mir schon eine Weile in den Ohren. Zunächst denke ich, es sind aber viele Raser hier unterwegs. Dann merke ich, dass der Lärm von einer Rennstrecke kommt. Und da fällt mir ein, hier gibt es doch den Salzburgring (oder heißt der jetzt auch Roter Bullen Ring?).

Hinter dem kleinen Ladau stoße ich auf die Rennstrecke. Hier findet gerade ein Qualifying für ein Tourenwagenrennen statt. Ich genieße die Atmosphäre. Schließlich war ich als Kind oft am Nürburgring. Es ist mir ein wirkliches Vergnügen, unmittelbar nur durch den Metallzaun getrennt am Salzburgring entlang zu laufen. Toller Streckenteil, zwar keine Natur, kein Singletrail oder Bergpfad, aber die Passage hat was.

Nach Km 35 laufen wir durch eine Unterführung unter der B 158. Es geht an einem Museum vorbei, vor dem ein Jet in den Farben des Roten Bullen steht. Wir bewegen uns zur nächsten Labe in Unterkoppl. Koppl, eine energieeffiziente Gemeinde steht auf dem Hinweisschild. An der Labe fülle ich meinen roten Becher wieder mit bleifreiem Bier, genehmige mir noch zwei Rote Bullen Cola und Schnittchen mit Rosinen.

Jetzt ist es nicht mehr weit bis Salzburg, mache ich mir Mut. Selbstbetrug kann man es auch nennen. Erstmals seit längerem sehe ich an der Labe auch wieder andere Läufer. Im Wald überhole ich Matthew aus England. Er ist zwar auch schon etwas müde, aber trotzdem gut drauf.

Vor einer Straßenquerung überlaufe ich Km 40. Bald darauf sehe ich mit Stuart einen weiteren Läufer aus England. Auch er ist guter Stimmung. Kein Wunder, führt der Lauf doch durch eine  sehr abwechslungsreiche, wunderschöne Landschaft. Und das bei noch schönstem Sonnenwetter.

 


Kapuzinerberg


Noch einmal geht es unter der B 158 auf die andere Talseite. Durch Wald, über schmale Wege, einen Steilstich hinauf und entlang eines asphaltierten Wirtschaftsweges. Der Weg zieht sich, aber das Ende der ersten Runde kommt mit jedem Schritt näher.

Da endlich taucht das Ortsschild Salzburg auf. Die ersten Häuser sind zu sehen. Eine Unterführung bringt uns in den Gnigler Park. An ihm vorbei und wenige Straßenzüge weiter müssen wir eine Kreuzung überwinden. Obacht, es gilt die Straßenverkehrsordnung. So steht es in der Rennausschreibung. Ampeln sind zu beachten. Wie gut, dass ich passenderweise Grün habe. Ich laufe auf die andere Seite, halte mich nach links und schon geht es nach einem lang gezogenem Gebäude rechts zum Kapuzinerberg.

Das Gemäuer sieht von hinten wirklich nicht schön aus. Eine Hinweistafel zeigt die Wege auf dem Kapuzinerberg. Über 400 Treppenstufen warten auf uns. Peter hatte mich schon vorgewarnt. Beruhigend fand ich seine Bemerkung, auf der zweiten Runde tun die Stufen rauf und runter nicht mehr weh. Nach einer gefühlten Ewigkeit komme ich oben am Franziskischlössl an und lasse den herrlichen Blick über Salzburg auf mich wirken.

Obwohl ich es ja vorher wusste und ich mich auch wegen des Kapuzinerbergs für den Mozart 100 entscheiden habe: Live dabei empfinde ich den Berg als reine Schikane. Wir hätten doch so schön außen herum laufen können. Mir kommt der Gedanke, den Berg zu sprengen für die zweite Runde. Aber wäre der Mozart 100 dann noch der Mozart 100? Der Kapuzinerberg muss bleiben!

Oben haben wir 45 Km hinter uns und ich mache mich auf den Abstieg. Es geht steile Wege hinunter. Da freuen sich die Muskeln über die beschwerliche Bremsarbeit. Durch die Bäume hindurch sehe ich das Ziel in der Altstadt unterhalb der Feste. Ein Trog mit Wasser bietet mir willkommene Abkühlung.

Auf den steilen Asphaltweg hinab folgen Stufen. Allerdings sind diese anders als im Aufstieg mit seinen wechselhaften Stufen gut zu laufen.



Große Krise


Im Gegensatz zu heute Morgen ist in der Stadt richtig was los. Ich überquere die Salzach unter Beachtung der Verkehrsregeln, laufe durch eine Unterführung und habe den schwierigsten Streckenteil bis zum Residenzplatz vor mir. Es geht durch die Fußgängerpassage der Altstadt.

Mein Gott, was sind hier für Menschenmassen unterwegs. Ich schlängele mich die wenigen hundert Meter durch und laufe zum ersten Mal vorbei an dem großen Public Viewing Zelt durchs Zielbanner.  46 Km liegen hinter mir, 56 Km noch vor mir. Unmittelbar vor mir liegt die Ziellabe. Da mache ich Halt. 7.11 Std. für die erste Runde. Ich liege noch deutlich vor dem Zeitlimit.

Gleichwohl fühle ich kein Gefühl der Stärke. Im Gegenteil, ich bin schlapp. Aber ich denke nicht eine Sekunde ans Aufhören. Kommt nicht in Frage. Also weiter, durch den abgesperrten Korridor vorbei am Mozart und hinunter zur Salzach.

Die Km entlang der Salzach fallen mir sehr schwer, egal, ob wir links oder rechts des Flusses. Der Kapuzinerberg hat mich am Ende der ersten Runde doch mächtig Körner gekostet und ich muss nun büßen. Mir fehlen einfach lange Läufe infolge einer hartnäckigen Grippe im Frühjahr. Ich bin mitten in einer dicken Krise.

Da muss ich durch, denke ich mir und zwinge mich, die flache Passage bis Elsbethen zu laufen. Was bin ich froh, als es wieder leicht nach oben geht und ich einen Vorwand zum Gehen habe. Km 52 passiere ich gehend. So mache ich mit kleinen Unterbrechungen weiter, durch die Glasenbach Klamm bis zur Labe in Hinterwinkl bei Km 57.


Geht doch!


Die Labe ist meine Rettung. Ich greife zu, was das Zeug hält. Vor allem nehme ich meinen Rucksack ab und setze mich für wenige Minuten. Das reicht zur Erholung. Immer noch habe ich reichlich Luft bis zum Zeitlimit. Gut gelaunt und frisch gestärkt mache ich mich auf den bekannten Weiterweg.

Ich bin mir sicher, das Rennen erfolgreich beenden zu können und genieße jeden Meter. Ich muss es hier wiederholen. Die Strecke ist wirklich sehr schön und abwechslungsreich. Allerdings schlägt jetzt langsam das Wetter um. Schien in Hinterwinkl noch die Sonne, kommen nun immer mehr Wolken und es gewittert sogar.

Kurz vor der Labe Hof Süd fängt es an zu regnen. Ich sehe, wie die Helfer schnell alles greifen und in ein Häuschen bringen, schnappe mir schnell noch was und laufe hinterher. Hier sitze ich einige Minuten Rote Bullen Cola trinkend. Und tatsächlich, der Regen wird schwächer. Bedenklich ist nur der Donner. Der Geograph in mir hat jedoch schon seit einiger Zeit aufmerksam die Wolken und ihre Richtung beobachtet und sagt, dass ich Richtung Fuschl dem Gewitter davonlaufe.
Also raus aus dem Häuschen. Einige böse Gewitterschläge weiter die B 158 queren und diesmal rechts abbiegen. Die freundlichen Helferinnen stehen gut beschirmt im Regen.



Regenbogen


Und wie das in den Bergen so oft passiert, so ist es auch jetzt. Eben noch im Regen gelaufen, scheint gleich darauf wieder die Sonne. Schloss Fuschl sehe ich in der Sonne, nunmehr von der anderen Seite. Ein Regenbogen liegt über dem See, was will man mehr?

Die Strecke führt nun komplett um den Fuschlsee herum. Im stetigen leichten Auf und Ab führt sie uns nach Fuschl am See, einer gesunden Gemeinde, so das Ortseingangsschild. In Fuschl am See ist hinter Edenbergers Cafe am See unmittelbar nach Km 77 eine weitere Labe. Sie ist direkt am See gelegen und es ist schön, hier zu sitzen.

Nach meinem Kurzaufenthalt am See mit Cola und Schnittchen mache ich mich auf den Weiterweg um den See herum. Herrlich, wunderschön hier zu laufen. Schlapp bin ich noch immer, aber die große Krise ist vorbei, ich laufe.

 

Mit Bedienung


Leider geht die Sonne nun wieder weg,  aber es bleibt trocken. Kurz nach Km 82 stoße ich auf den inzwischen bekannten Weg, was ihn allerdings nicht kürzer macht. Im Sägewerk ist Feierabend. The Wall meistere ich ein zweites Mal, weiß ich doch direkt danach um die Labe Hof Nord.

Dort werde ich mit einem großen Hallo begrüßt. Ich bin einer der Letzten, die dort noch vorbeilaufen. Ich steuere direkt eine Bank an, lasse mich nieder und ziehe den Rucksack aus. Diese kleinen Pausen an der Labe sind für mich heute lebenswichtig. Man baut mich auch hier wieder auf. Was möchtest Du? Ein Bier? Mit oder ohne Alkohol? Angesichts der bereits bewältigten Strecke nehme ich zur Abwechslung mal ein richtiges Bier, dazu werden mir Schnittchen mit Tomaten auf einem Holzbrettchen serviert. Service pur! Ich sage herzlichen Dank.

Der Mozart 100 ist absolut top organisiert und bietet alles, was das Läuferherz begehrt. Ich finde es schade, dass nur so wenige den 100er in Angriff nehmen. Der Lauf und das Helferteam hätten einen größeren Zuspruch verdient. Nach der Stärkung an Leib und Seele geht es weiter.


Er sitzt hier!


Am Salzburgring schweigen mittlerweile die Motoren. Ich bin in guter Stimmung und sicher, den Lauf innerhalb der Sollzeit zu beenden - trotz schon länger anhaltender muskulärer Probleme. An Steigungen bekomme ich an den Aduktoren und der hinteren Oberschenkelmuskulatur Krämpfe. Die meistere ich durch Dehnen, Seitwärts- und Rückwärtslaufen und Ignoranz.

Dazu kommen die Pausen und die Unterstützung an den Labestationen. Die letzte vor dem Ziel steht an. An der Labe in Unterkoppl gab es einen Personalwechsel. Ich werde von den beiden Helferinnen frenetisch angefeuert, sobald sie mich erblicken. Wieder sinke ich auf eine Bank und werde individuell betreut. Da geht das Mobiltelefon. Am Apparat die vorherige Labe Hof Nord. Man tauscht sich aus. Wo ist 169? 169 bin ich. „Der sitzt hier.“ „Trinkt der auch bei Euch Bier?“ „Nein, der sitzt hier und trinkt kein Bier.“ Ich bin wieder bei Cola und Schnittchen. Das Bier hebe ich mir auf für’s Finish.

 


Finale


Frisch gestärkt mache ich mich auf zum Finale. Ich nehme einen langen Anlauf zum Kapuzinerberg. Bis dahin überhole ich noch zwei Pärchen. Ich mühe mich hinauf, lasse es aber runter so richtig krachen. Von oben kann ich schon die Liveübertragung des EM-Spiels Österreich-Portugal aus dem Public Viewing Zelt neben dem Zieleinlauf hören. Ein großes Ah und Oh begleitet jede Spielsituation.
Ich bin zu faul, die Stirnlampe aus dem Rucksack zu holen und achte sehr auf den Weg. Gottlob ist dieser asphaltiert und die Stufen gut zu sehen. Die Altstadt hat mich wieder. Bei Grün geht’s über die Ampel, keine  Menschenmassen bremsen mich mehr ausl. Glücklich überquere ich die Ziellinie meines Zweiten dreistelligen Laufes. 16.41 Stunden, damit habe ich noch reichlich Luft zur Sollzeit von 18 Stunden gelassen.

Jetzt brauche ich erst einmal ein Bier. Ich bekomme ein kühles bleifreies und lasse es mir schmecken. Man, tut das gut. Ich bin total begeistert. Aber mir wird kalt. Da ich im Ziel aufgrund von Magenproblemen nichts essen kann, hole ich mir im Rennbüro meinen Kleiderbeutel und das Finishergeschenk. Das ist ein gerahmtes Foto meines Zieleinlaufes. Die Überraschung ist geglückt.

Glück habe ich auch mit dem Obus 1. Der lässt mich nur eine Minute am Herbert-von-Karajan-Platz warten. In Minuten bin ich im Hotel unter der Dusche, abgekämpft, kaputt, aber total happy. Der Mozart 100 ist geschafft.

 

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Fazit


Ein Superlauf. Schöne abwechslungsreiche Strecke. Perfekt organisiert. Teilnahme sehr empfohlen.

 

Einen weiteren Laufbericht mit vielen Bildern
gibt es hier auf Trailrunning.de

 

Sieger

 

Männer

1. Gabor Muhari     HUN   9.14,33 Std.
2. Marco Sturm    GER   9.43,40 Std.
3. Daniel Oralek    CZE    9.44,58 Std.

Frauen

1. Francesca Canepa ITA   10.58,13 Std.
2. Ulrike Strieding    AUT    11.03,38 Std.
3. Fiona Hayvice    NZL    11.12,22 Std.

12
 
 

Informationen: Mozart 100
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