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Laufberichte

Schau zweimal hin

11.04.10
Autor: Klaus Duwe

Nur weil ich gestern hier bummeln war, entdecke ich rechts die kleine, mit riesigen Lampenschirmen geschmückte Straße. Es ist die Via Monte Napoleone, eine der luxuriösesten Einkaufsstraßen weltweit. Alles was in der Modewelt Rang und Namen hat, ist hier vertreten. Mehr Porsche, Ferrari, Januar und dicke Mercedes  wie in dieser kleinen Straße sieht man nirgendwo. 

Corso Venezia, ein paar Plätze, kleine Straßen, dann Corso Emanuele und plötzlich, fast aus dem Nichts, taucht der Dom vor uns auf, eines der berühmtesten Bauwerke Italiens. Ein großer Moment, das Laufen wird zur Nebensache. Ende des 14. Jahrhunderts wurde mit dem Marmorbau begonnen, 1858 wurde er fertig gestellt. 3400 Türme hat der Dom, alle mit einer Statue gekrönt. Den höchsten Turm (106,5 m) ziert eine 4 Meter hohe goldene Marienstatue.

Rechts sehen wir die Galleria Vittorio Emanuele II, die überdachte Einkaufsstraße aus dem 19. Jahrhundert mit dem Triumphbogen als Eingangsportal. Seit 2007 gibt es hier das erste zertifizierte 7-Sterne-Hotel (Town House Galleria) weltweit. Es gibt aber auch eine Espresso Bar (Espresso für 95 Cent!) und ein Ciao-Restaurant mit köstlichen Nudel-, Salat- und Dessert-Buffets zu ganz normalen Preisen. 

Die Strecke führt uns um den ganzen Dom und über den Corso Europa und Corso Venezia wieder in ruhigere Bezirke. Alle 5 km gibt es eine Verpflegungsstelle mit Wasser und Iso, Bananen, Äpfel, Orangen, Rosinen und manchmal Gel. Zwischen den Verpflegungsstellen gibt es Wasserschwämme, man kann nicht meckern. 

Jede Straßenkreuzung ist doppelt und dreifach überwacht, nur wenn es absolut gefahrlos möglich ist, lassen die Polizisten ein Auto passieren. Für Italienische Verhältnisse läuft das ziemlich ruhig ab.

Auch in Mailand blüht der Frühling. Eine ansonsten eher langweilige Wohnsiedlung wird durch eine ganze Allee blühender Kirschbäume aufgepeppt. Ein Gutes haben die relativ niedrigen Temperaturen ja: der Aufbruch der Natur vollzieht sich langsam, man hat mehr davon.

Ihr habt es vielleicht schon bemerkt, hier in Mailand reihen sich die Sehenswürdigkeiten nicht so aneinander wieder anderenorts (Stichwort: Rom). Und wenn man dann noch welche übersieht, kann man leicht zu dem Trugschluss kommen, es gäbe keine. Wer sieht dem schmutzigen Kanal bei km 32 auch schon seine historische Bedeutung an?

Man muss wissen, Mailand liegt nicht wie die meisten Großstädte an einem Fluss. Deshalb wurden schon im 12. Jahrhundert Kanäle angelegt, die die Stadt mit den umliegenden Flüssen Po, Ticino, Adda und Lambro verbinden. Um einen solchen Kanal (Naviglio)  handelt es sich hier. Es ist der 35 km lange Naviglio Pavese, der von Milano über Binasco und Pavia in den Po und weiter in die Adria fließt.

Ein weiterer Kanal ist der Naviglio Grande, der die Stadt mit dem Lago Maggiore verbindet. Auf ihm wurden unter anderem riesige Mengen Marmorblöcke für den Bau des Domes transportiert. Damals reichte die Wasserstraße bis in die Innenstadt. Die Straße hinter dem Dom heißt noch heute Via Laghetto (Straße am Teich). Am Naviglio Pavese gibt es übrigens eine alte Schleuse (Conchetta), deren Hydraulikmechanismus eine Erfindung von Leonardo da Vinci ist.

Heute befinden sich in den historischen Häusern entlang der Kanäle und auf Schiffen Künstlerateliers, Cafés und Restaurants, die besonders bei der Mailänder Jugend sehr beliebt sind.

Noch einmal gibt es fetzige Rockmusik, eine belebte Kreuzung wird gefahrlos überquert und die Verpflegungsstelle ausgiebig genutzt.

Ich denke, es ist kein Zufall, dass man uns bei km 38 um ein eher unscheinbares, einer Arena gleichendes Gebäude führt. Ich erkundige mich und erfahre, dass es sich um das Velodromo Vigorelli handelt. Das ist keine beliebige Radrennbahn, sondern in mehrfacher Hinsicht eine ganz besondere. 1935 wurde sie hier errichtet. Zuvor stand sie in Rom und war 1932 Schauplatz der Weltmeisterschaften. Weil sie so schnell war (verschiedene, auf ihr erzielte Weltrekorde sind noch heute gültig), nennt man sie „Pista magica“. Hier befindet sich auch die berühmte Manufactur Masi, mit deren Produkten Eddi Merckx vor 50 Jahren viele Erfolge hatte. 1965 traten in dem Stadion die Beatles  auf.

Die Bahn wurde übrigens von der Architektenfamilie Schürmann aus Münster geplant, die bis heute den Ruf genießt, die besten und schnellsten Bahnen zu bauen. Auch die Olympische Radrennbahn in Peking wurde von ihr geplant.

 
 

Informationen: Milano Marathon
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