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Laufberichte

Salz auf unserer Haut

16.02.13


Die durch die Hölle gehen


Die Hölle gilt als Ort der Qual und als Aufenthaltsort von Dämonen und Teufeln. Trockener Mund, Herzklopfen, Kopfschmerzen (wenn auch nur von der Kopfbedeckung) galten schon im 1600 Jahrhundert als sicheres Indiz für Besessenheit. Eberhard und Angelika scheinen ebenfalls geradezu „besessen" zu sein, denn die beiden gehören bereits zur eingearbeiteten Stammbelegschaft die das Tunnelsystem kennen und sich hier unten heimisch fühlen. In irgendeiner der dreizehn Runden überhole ich die beiden. Immer wenn ich Eberhard sehe muss ich daran denken, wie viel ich ihm zu verdanken habe. Er war es, der mich bei meinem ersten nicht ganz freiwilligen Ultralauf aufopferungsvoll über die ganze lange Strecke begleitete, das ist mittlerweile neun Jahre her.

Runde um Runde komme ich immer besser mit den veränderten Klimaverhältnissen zurecht und ich beginne Nachzudenken. Man kann  sich gut vorstellen, unter welchen brutalen Bedingungen die Bergleute von einst schufteten. Acht bis zwölf Stunden täglich, bei kargem Licht, minderer Belüftung und für kleines Geld. Die Trichter zur Sprengung wurden von Hand vertieft und die Bergmänner schaufelten die Schutthaufen von Hand in die Loren.

Es folgen Runde acht, neun, zehn. Wieso ich das so genau weiß? Dank dem Chip am Handgelenk. Nach so vielen Worten über das Klima und die Geschichte dieses Ortes, hier ein paar Eindrücke der Strecke. Die Wegmarken sind schnell beschrieben:

Der Rundkurs beginnt am Start-/Zielbanner. Der Länge nach durchqueren wir den Großbunker vorbei am Publikum. Dieses bewegt sich nur, wenn es sein muss. Einige schwenken Plakate für ihren persönlichen Helden, aber viele schauen auch einfach nur dem Schauspiel zu.

In der ersten Linkskurve lockt auch schon die erste Verpflegung. Aber Achtung! Wer hier den Mund zu voll nimmt, der wird es bei dem direkt folgenden steilen Anstieg höchstwahrscheinlich schnell bereuen und alles wieder ausspucken. Pfui, Teufel! Die Strecke ist in unbekanntes Licht getaucht. Einige Kurven später begegnen uns vereinzelt hüpfende Lichtpunkte. Sie stammen von den Stirnlampen der Läufer auf der gegenüber liegenden Seite und sind, so plötzlich wie sie auftauchten, auch wieder von der Dunkelheit verschlungen. Die Begegnungsstelle ist somit erreicht. Kurz darauf sind wir auch schon bei der Hälfte der Strecke und dem zweiten Verpflegungspunkt angekommen. Ich bilde mir ein, hier ist die Luft besonders staubig und trocken. Weiter geht’s rechts, links…

Plötzlich und unerwartet ein angenehmer Luftzug. So macht es uns auch nicht viel aus, dass es nun stetig leicht aufwärts geht. Während man noch im Halbdunkel dem Echo seiner Schritte zu lauscht, endet die Strecke in einer Linkskurve und es geht völlig unerwartet mit 15 % Gefälle rasend abwärts. Nicht jeder hat seinen Spaß daran. Jetzt sind wir an der Stelle angelangt, an der uns gerade eben noch die Läuferlichter entgegen kamen. Es geht weiter einige Kurven abwärts. Eine 180 Grad Kurve bremst uns ab. Nun heißt es wieder neuen Schwung aufnehmen und dann ist auch das letzte wellige Stück geschafft. Manch einer verschwindet nach dem Überholen so schnell, wie er aufgetaucht war. Von weitem sieht man schon die Beleuchtung des Großbunkers. Nun nur noch an einem Funpark vorbei und schon erscheinen der Name und die noch zu laufende Rundenzahl auf der Leinwand.


Überholen bringt Motivation


Für einige Läufer wird aus dem ambitionierten Frühstückslauf ein Nachmittagsspaziergang. Eine Minute bevor ich das Ziel erreiche, überhole ich an der letzten Verpflegung noch Doris. Sie war spontan aus der Nähe von Wien angereist und lag bis dato auf dem zweiten Platz der Frauenwertung. „Hol´s der Teufel“ denke ich mir und mit dem Sieg vor Augen, ziehe ich durch, schließlich verkaufte Homer von den Simpsons auch schon dem Teufel für einen Donut seine Seele.


„Diamonds are the girl’s best friend“


 Frauen lieben Kristalle. Die Freude darüber ist tatsächlich riesig. Es ist 16:00 Uhr als ich diesen mächtigen Kristall für den zweiten Platz überreicht bekomme. Am Ende des langen, dunklen Stollens, in einer nicht enden wollenden Dunkelheit tauchen noch immer winzige Lichter auf. Nur langsam nehmen sie Konturen an. An Stelle von Bergleuten mit Grubenlampen an den weißen Helmen, bahnen sich noch immer Läufer mit Lampen auf den bunten Radhelmen den Weg durchs Bergwerk.

Gleich haben auch sie die 42,25 Kilometer durch das verzweigte Labyrinth der Stollen und Schächte zurückgelegt. Für ein paar Stunden war wieder Leben im alten Kalibergwerk. Eine harte Schicht liegt hinter uns und auch die Frühschicht des Bergwerks Merkers hat Feierabend.

Was ist nun aber unser aller Lohn nach Stunden schwerster Arbeit in der Unterwelt?

Ein gesalzenes Vergnügen!

Was man noch wissen sollte:

Veranstalter: Triathlonverein Barchfeld

Wettbewerbe: Neben dem Marathon werden auch ein Halbmarathon (22,75 km bzw. 7 Runden) und ein Rennen über 10 km (9,75 km bzw. 3 Runden) ausgerichtet.

Streckenprofil: Marathon = 42,25 statt 42,195 und 13 Runden je 3,2 km, ca. +/- 60 Höhenmeter pro Runde = etwa 750 Höhenmeter.
Temperatur unter Tage: 21°C

Verpflegung: Zwei Verpflegungsstellen, also etwa alle 1,5 Kilometer einmal mit Banane, Apfel, Riegel, Schmalzbrot, Salzgurke, Wasser und Cola und einmal mit Getränken (Wasser, Cola und Bier)

Zeitmessung: Transponder der Fa. Sportident

Preise: Im Ziel erhält jeder sofort nach dem Zieleinlauf seine persönliche Gesamtlaufzeit und jede Rundenzeit ausgedruckt. Eine Medaille stilisiert als Fahrmarke. So eine Fahrmarke diente früher dem Bergmann zur Kontrolle beim aus- und einfahren in den Berg. Eine schöne Idee. Mit dem Ergebniszettel in der Hand, der Fahrmarkenmedaille um den Hals darf man sich auch gleich die reservierte Bockwurst abholen.

Ergebnisse gesamt Männer:

1. Marcus Baldauf, TV Barchfeld / Rennsteiglaufverein LG Süd, (M 35) 2:45:50 Stunden
2. Hannes Kranixfeld, MSC Rogner Bad Blumenau, (M 40), 2:51:44 Stunden
3. Oliver Hein, Vacha, (M 35) 2:56:24 Stunden

Ergebnisse gesamt Frauen:

1. Carola Gasa, SV Mihla, (W50) 3:43:33
2. Andrea Helmuth, marathon4you (W50), 4:05:50 Stunden
3. Doris Fischer, Askö Breitenau, (W45) 4:06:44 Stunden

Finisher: Marathon 125 Männer (+6 Aussteiger), 17 Frauen (1 Aussteigerin)

Angemerkt: Toll! Man kann die faszinierende Kristallhöhle auch ohne Marathon oder nach dem Marathon besichtigen und dieses Angebot sollte sich niemand entgehen lassen.

Resümee: Eine logistische Herausforderung wurde auch die 7. Auflage des Marathons unter der Erde auch für die Organisatoren vom Erlebnisbergwerk Merkers und dem Barchfelder Triathlon Verein. Aber sie boten uns ein eimaliges Erlebnis. Für alles war optimal gesorgt, für den reibungslosen Transport nach Unter- und Übertage ebenso wie für die Versorgung und die medizinische Betreuung. Herzlichen Dank dafür!

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Informationen: Merkerser Kristallmarathon
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