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Laufberichte

Im lieblichen Tal der Valnerina

 
Autor: Joe Kelbel

Am 14. Februar 269 wurde St Valentin (der Bischof von Terni) hingerichtet, weil er römische Soldaten getraut hatte. Das war verboten. Man wusste schon damals, dass sich Männer unmittelbar nach der Heirat hängen lassen. Ist deswegen das Römischen Reich untergegangen? Wird meine dritte Reise nach Terni meine Untergangstheorie bestätigen?

Anreise: Flug nach Rom Ciampino: 22 Euro. Shuttlebus zum Hauptbahnhof Termini: 3,90 Euro. Zugfahrt Rom-Terni: 6,95 Euro, oder Mietauto für 4 Tage: 42 Euro + ca 7 Euro Autobahngebühr. Terni, in Umbrien, ist 100 km von Rom entfernt. Startnummernausgabe und Pastaparty: 100 Meter vom Bahnhof Terni.Vor dem Bahnhof ist ein Infostand der Organisation.

Den ganzen Samstag fahren kostenlos Busse zu den Sehenswürdigkeiten. In Ferentillo, Arrone, Narni und natürlich bei den Wasserfällen von Marmore gibt es kostenlose Führungen. Ich werde die Bilder des Samstags in meinen Laufbericht einarbeiten, also nicht erstaunt sein, wenn es plötzlich Tote gibt.

Meinen Bericht beginne ich zunächst mit einer Entdeckungstour durch die  Basilika von Terni, wo die Reliquien des Hl. Valentin aufbewahrt werden. Die Basilika wurde 1606 auf dem Galgenhügel der Stadt erbaut. Der Leidensweg des gegeißelten Valentin wurde gut dokumentiert, es war am 63ten Meilenstein der Via Flaminia, die in Rom am Piazza Navona endet.

Valentin wurde am 14. Februar in der Nacht hingerichtet, als er dem Kaiser Aurelian ein Götteropfer verweigerte. Drei Freunde von Valentin brachten den Leichnam in Sicherheit, wurden dafür auch hingerichtet und auch hier begraben. Der 14. Februar ist auch der Gedenktag der römischen Göttin Juno, der Schutzpatronin für Ehe und Familie. Kein Zufall. Schon zu römischer Zeit wurden an diesem Tag Blumen verschenkt, St Valentin nahm die Blumen aus dem Kirchengarten.

Als ich die Basilika betrete, laufen gerade die Proben für den heutigen Festgottesdienst (festa della promessa), bei dem Ehepartner ihr Bündnis bestärken.  Die gewaltige Baritonstimme eines Ordensbruders erfüllt die heilige Halle. Der Glassarg des Hl Valentins strahlt in der Frühlingssonne. Gesicht und Hände der Bischofgestalt sind aus Silber nachgebildet, am rechten Arm ist ein Beutel mit den verbliebenen Gebeinen. Sie wurden 1605 aus einem Bleisarg geborgen, der sich in einem Marmorschrein unterhalb der Vorgängerkirche befand.

Unterhalb des Altarraumes gibt es Reste des Vorgängerbaus zu sehen, dort ist jetzt die stille Krypta. Hinter Panzerglas ist ein Stückchen Schädeldecke des Heiligen ausgestellt. Valentins Kopf wurde im 12. Jahrhundert geraubt. Es war die Zeit des Reliquienhandels. Alleine in Deutschland gibt es mehr als 20 Orte, an denen Reliquien vom Hl. Valentin aufbewahrt werden. Vor dem Panzerglas liegen Körbe mit Bittbriefchen, leider die meisten in einer Schrift, die ich nicht lesen kann.

Sonntag, 9:30 Uhr ist für Valentinspaare eine angenehme Startzeit. Shuttlebusse holen die Läufer von den Partnerhotels ab. Ich laufe die Startblöcke auf dem Corso del Popolo entlang.

Gleich starten hier etwa 500 Marathonläufer und 2000 Halbmarathonläufer, es gibt noch Kurzstrecken. Nur die Pacemaker stehen mit ihren bunten Luftballons unterm Startbogen, der Rest der Meute steht in der wärmenden Frühlingssonne vor dem mächtigen und  eindrucksvollen Palazzo Sparda (16.Jahrh). Das einstige Kaufmannskontor ist jetzt Sitz der Stadtverwaltung. Im Inneren des Kontors, wo einst die Waren nach oben gezogen wurden, ist die Abgabe der Kleiderbeutel. Man darf jede Art Behältnis abgeben. Beeindurckend ist ein Blick nach oben zu den Fresken aus dem 16. Jahrh. Direkt über dem Eingang im Halbdunkel ist Phaeton ( der Strahlende) zu sehen, wie er gerade von Jupiter bestraft wird. Daneben ist die Schlacht von Lepanto dargestellt, der Sieg der Heiligen Liga über das Osmanische Reich (1571).

Neben dem Palazzo gibt es Umkleidezelte und Dixiklos. Der Zielbogen, ein großes, rotes Herz, ist 100 Meter vom Startbogen entfernt. Nach dem Startschuß ist genug Platz für einen Sprint. Es geht leicht abwärts zum Fluß Nera.

Die Läuferschlange ist gut sichtbar, wie sie sich über die Viale (= Allee) Filippo Turati (Politiker) nach Süden schlängelt. Nach 1,5 km kommen wir zur Via San Valentino und laufen hinauf auf den ehemaligen Galgenhügel, nun der Basilikahügel. Niemand geht das relativ steile Stück, es ist Pflicht, hier hinauf zu laufen. Streng schauen uns die römischen Soldaten an. Sie beschützen die Reliquien.

Schnell geht es nun auf der Via M.L.King hinab, vorbei an der Uni. Dann kommen wir in das Industriegebiet von Terni. Die Wasserkraft der Nera hat Terni zum Produktionsort für Edelstahl gemacht. Thyssen-Krupp ist größter Arbeitgeber. Doch Italiens Wirtschaft schwächelt, und Thyssen-Krupp will Arbeitskräfte loswerden. Ein großes Banner erinnert an den Besuch des Papstes, der sich solidarisch mit den 2500 Arbeitnehmern zeigte. Nun wird ein Käufer für das defizitäre Werk gesucht.

Keule holt mich ein, verdrängt mich von Platz eins der internen deutschen Wertung. Es folgen Industrieruinen, die mit ihrem morbiden rostrot ein verlockendes Trailrevier abgeben. Diese Anlagen, 1945 von den Allierten zerbomt, darf man im Rahmen von Führungen des Locale Antenna in der Via D. Mascio besichtigen.

Die Nera hat ihren Ursprung im Nationalpark der Sybillischen Berge. Sibilla war eine göttlich inspirierte Wahrsagerin, zu der die Menschen pilgerten. Für uns heisst es jetzt 20 km laufen, dann sehen wir die schneebedeckten Berge der Sibilla.

Hinter der Porta della Valnerina, dem Eingang zum Tal der Nera, befinden wir uns schon auf der 220 v Chr. fertiggestellten Via Flaminia nach Spoletium (heute Spoleto). Dass die Laufstrecke ansteigt, sieht man nicht, man spürt es. Umso schneller werden wir den Rückweg laufen können.

Die gesamte Laufstrecke führt über Ashalt, autofrei und landschaftlich top. Über uns nun Papigno, eine verschachtelte Terrassenstadt aus dem 13. Jahrhundert. Gleich neben dem Weg ist die römische Brücke Ponte del Toro, über uns die Autobahnbrücke.

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Informationen: Maratona di San Valentino
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