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Laufberichte

Die Legende lebt

21.03.10
Autor: Klaus Duwe

Vor den Läuferinnen und Läufern starten die Handbiker. Unter ihnen Alessandro Zanardi, der Ex-Formel 1-Pilot, der 2001 auf dem EuroSpeedway Lausitz schwer verunglückte und beide Beine verlor.  Er ist zwar weiter im Motorsport aktiv und fährt für BMW die Tourenwagen-WM, nimmt aber auch  an solchen Rennen teil, sehr erfolgreich sogar. Hier in Rom ist er nicht zu schlagen und gewinnt.

Endlich sind wir an der Reihe. Wir (Dietmar, Otto, ein Extremläufer aus Österreich, Veranstalter des Burgenlandlaufes über 218 km und ich) stehen ziemlich weit vorne und wollen zusammen laufen. Wenn wir den Start überleben und uns das Feld nicht bereits an der Piazza Venezia mit dem gleichnamigen Palazzo platt gemacht hat. Aber wir laufen äußerst rechts und behindern so niemanden. Für die Statuen der Römischen Kaiser rechts und links der Fori Imperiali haben wir aber keinen Blick.

Die vielen Zuschauer sind sowieso ganz aus dem Häuschen.  Und als sie Dietmar entdecken und dass er barfuß läuft, legen sie noch eine Schippe drauf. Das kann ja heiter werden. Vom Palazzo, den die Römer nicht so mögen (sie behaupten, von ganz oben habe man die beste Aussicht über die Stadt – weil man den Protzpalast dann nicht sieht), geht es mit Musik eine kurze Steigung hoch, dann leicht abwärts  zum Circo Massimo, jener gigantischen Arena, die fast 400.000 Zuschauern fasste.  „Ben Hur“ und das legendäre Wagenrennen fällt mir ein. Fotos kann ich keine machen, ich bin auf der falschen Seite und ein Wechsel ist bei dem Verkehr nicht möglich. Ich hole es am Ende des Laufes nach. Dann kommen wir hier noch einmal vorbei.

Weiter geht’s, bis wir die Porta San Paolo erreichen, einst Teil der Aurelianischen Mauer. Dann erhebt sich, fremd und exotisch anmutend, die Cestius-Pyramide gen Himmel. Sie ist das Grab des Caius Cestius, von dem heute kein Mensch mehr reden würde, hätte er sich nicht dieses Grabmahl (12 v. Chr.) an der schon damals verkehrsreichen Straße nach Ostia (Via Ostiense) errichten lassen.

Dieser Straße folgen wir bis zur Basilika di San Paolo, eine der vier Patriarchalkirchen Roms. Gerade einmal 6 Kilometer sind wir gelaufen und die Eindrücke, die Stimmung und die Atmosphäre sind bereits jetzt überwältigend. Noch nie standen  in Rom so viele  Zuschauer an der Straße.  Der Pumuckl ist in seinem Element, feiert mit den Römern,  verteilt Bonbons und verliert dabei nie meine orangene Mütze aus den Augen, die er mal hinter mal vor sich sieht. 

Die nächsten Kilometer führen durch typische Wohngebiete ohne besondere optische Reize.Spannend und richtig laut wird es wieder, als wir kilometerweit entlang des Tiber laufen. Natürlich fällt Dietmar mit seiner roten Perücke überall sofort auf. Ich kann beobachten, wie die Leute entzückt auf ihn zeigen, sich über seine Verkleidung freuen und entsetzt aufschreien, wenn ihr Blick endlich seine nackten Füße erreicht hat. „Der Pumuckl in Rom, ich glaub es nicht.“ Aus Regensburg kommen die Läuferinnen, die den Spaßläufer natürlich kennen. Für die Römer ist er ein Clown. „Aber das ist nächstes Jahr anders“, hofft er zumindest.

Der Prachtblick links auf die Engelsburg (km 15) veranlasst mich immer wieder zu einem Fotostopp.  Ursprünglich  war die Burg  ja als Mausoleum für Kaiser Hadrian und seine Nachfolger gedacht. Erst später machten verschiedene Päpste daraus eine Festung.  Über die Ponte Cavour wird der Tiber gequert. Trotz des kalten Windes sind auch auf der Brücke etliche Zuschauer. Durch Häuserschluchten erreichen wir die Piazza Cavour (km 16) und ich bereite Dietmar und Otto auf einen der schönsten Momente des ganzen Laufes vor. 

Wenn man nämlich wenig später aus einer relativ schmucklosen Straße rechts in die Via della Conciliazione einbiegt und plötzlich den Petersdom vor sich sieht, bleibt einem unweigerlich für einen kurzen Moment die Luft weg. Das Bild auf der Titelseite unserer Terminliste 2010 ist genau hier aufgenommen.  Musik spielt,  viele Zuschauer stehen an der Straße und auf dem Platz. Man möchte bleiben, aber 25 km sind noch zu laufen.

An den Säulen des Petersplatzes und später an den Mauern des Vatikans entlang geht es weiter. Kurz bevor die Halbdistanz erreicht wird, sind wir am Tiber. Rechts erkennt man das Olympiastadion, das für die Fußball-WM 1990 umgebaut wurde. Die folgenden, mit den Olympischen Ringen geschmückten Gebäude sind noch so wie zu den Olympischen Spielen 1960. Spätestens jetzt holen uns deren Geschichten wieder ein. Abebe Bikalas sowieso, aber auch an Armin Hary muss ich denken, der Gold über 100 m und in der 4 x 100 m Staffel gewann, an Carl Kaufmann, der Silber über 400 m holte und an den Italiener Livio Berutti, der mit seinem Weltrekord und seiner Goldmedaille über 200 m zum Helden wurde.

Wer kennt noch Wilma Rudolph? Die Amerikanerin konnte als Kind wegen Kinderlähmung nur mit Krücken gehen und gewann als 20jährige in Rom über 100 m, 200 m und in der 4 x 100 m Staffel Gold. „Schwarze Gazelle“ nannte man sie wegen ihres eleganten Laufstils. 1994 starb sie an einem Hirntumor. Muhammad Ali kennt jeder. Als Cassius Clay gewann er im Halbschwergewicht in Rom die Goldmedaille und begründete seine Weltkarriere.

 
 

Informationen: Maratona di Roma
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