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Laufberichte

Am Tag als der Regen kam

 

Ein Marathon an der Cote d'Azur von Nizza nach Cannes verspricht auch im November schönes Wetter. Sonne und Meer genießen anstelle trüben Novemberwetters zuhause, danach steht mir der Sinn.  Für schlappe 300 € buchen wir Flüge nach Nizza und haben 6 Übernachtungen im Viersternehotel direkt am Ziel in Cannes. Und schönes Wetter umsonst dazu.

Wir  haben Freitag und Samstag Traumwetter. Am Freitag fahren wir nach Nizza und holen unsere Startunterlagen ab. Die Startnummernausgabe ist direkt am Meer. Ein wahrlich beeindruckendes Panorama. Über die Ausläufer der Seealpen fahren wir zurück nach Cannes. Dort ist am Samstag Strandtag angesagt.
Hektik am Morgen

Der Marathontag beginnt hektisch. Um 6.11 Uhr fährt unser Zug zum Start nach Nizza. Unser Wecker steht auf 4.30 Uhr – und bleibt ganz ruhig. Um 5.28 Uhr werde ich wach und schaue auf die Uhr. Jetzt heißt es sich beeilen. Wir kriegen den Zug noch. Aber nur weil unser Hotel direkt am Bahnhof in Cannes ist.
Kurz vor 7 Uhr sind wir in Cannes und gehen in aller Ruhe zum Startbereich. An einem großen Platz stehen die LKWs für die Kleiderabgabe. Alles schön nach Startnummern sortiert. Wir geben unsere Beutel ab und nehmen die letzten Meter von Place Massena bis zum Start an der Promenade des Anglais in Angriff und suchen unsere Startkorridore.

Gestartet wird auf einer breiten vierspurigen Straße. Auf den beiden zum Meer gelegenen Fahrspuren stehen vorne die Favoriten aus Kenia und Äthiopien. Insgesamt nehmen 14.000 Starter den Marathon im Einzel oder den beiden Staffelwettbewerben in Angriff.

 

Flair der Cote d'Azur


Entgegen der Wettervorhersage ist es noch trocken. Die Temperaturen sind nicht zu kühl. Am Himmel zeigen sich jedoch schon die ersten Wolken. Die Frage ist für mich nur, wann kommt der Regen?

Der Start erfolgt pünktlich und was sich uns jetzt bietet, ist schon Extraklasse. Wir laufen Promenade des Anglais mit dem Meer zur Linken. Die St4raße ist breit, dazu kommt die großzügige Strandpromenade, auf der ich wie viele andere auch laufe. Rechts stehen Luxushotels in Reih und Glied. Das hat einfach Flair. Ich bin total begeistert und mache ein Foto nach dem anderen.

Auf dem Balkon eines Hotels steht eine Frau im Bademantel und schaut zu. Viele Zuschauer gibt es nicht. Es ist ja auch noch früh am Morgen. Aber auch später werden uns bei unserem Lauf von Nizza nach Cannes keine Zuschauermassen anfeuern.

Es macht auch ohne richtig Spaß. Hier zu laufen hat was. Die Cote d'Azur hat einen eigenen Charme, den wir in uns aufsaugen. Ein Wahnsinnshotel nach dem anderen steht auf der rechten Laufseite. Was hier wohl ein Zimmer kosten mag? Ein Prachtexemplar von einem Hotel liegt gerade rechts von mir. Es ist das Le Negresco. Im Restaurant des Hotels könnte ich mir noch nicht einmal eine Suppe leisten.
Ich will jetzt auch keine Suppe sondern Laufspaß. Und den habe ich.  Links liegen schöne Strände wie Neptun Plage oder Florida Beach. Allerdings hat es hier anders als in Cannes keinen Sandstrand sondern Kiesel. Das Meer sieht aber verlockend aus. Einzelne Frühschwimmer sind schon zu sehen. Angler haben ihre Ruten ausgeworfen. Wir laufen weiter und weiter.

 

Laufen am Wasser


Nach Km 3 werden die Läufermassen auf die seeseitige Fahrspuren der Promenade des Anglais vereint. Die Promenade ändert kurz darauf ihren Namen und wir nähern uns dem Flughafen von Nizza. Er liegt direkt am Meer. Einmal kurz die Landebahn verfehlt und schon gibt‘s nasse Füße.

Bei Km 5 kommt die erste von vielen guten Verpflegungsstellen. Es gibt Wasser, Iso, später auch Cola, dazu Früchte, Zucker und auch Schokolade. Die Versorgung ist Klasse. Wie auch die gesamte Organisation gut ist. Es fehlt an nichts.

Durch das Umlaufen des Flughafens sind wir eine Weile vom Meer verdrängt. So ganz scheint mir die Werbeaussage mit den 95% Laufen am Wasser nicht zu stimmen. Aber 80% erscheinen mir realistisch und die sind beeindruckend.

Viele Musikgruppen gibt es an der Strecke. Da ich ja auf Trommeln und Trompeten stehe, sind die Harmonie Fanfare Nicoise meine ersten Opfer. Wir überlaufen den Var und verlassen Nizza. Laurant du Var nimmt uns auf. Km 7 liegt hinter uns.
Immer wieder gibt es Schwammstationen. Die werden heute aber gar nicht so gebraucht. Die Sonne, die sich anfangs noch in Nizza zeigte, ist verschwunden und es gibt mehr und mehr Wolken.

 

Wann kommt der Regen?


Diese bange Frage drängt sich auf. Ich darf gar nicht daran denken, wie der Lauf auf uns bei Sonne wirken würde, wo wir doch auch so viel Spaß haben. Vor dem Regen kommt der erste Staffelwechsel. Eine riesige Fahne wird rechts geschwenkt, links grüßt das Meer.

Wir durchlaufen Gagnes sur-Mer. Auch hier spielt wieder eine Musikgruppe. Das gefällt nicht nur mir richtig gut. Die Straße ist schön breit. Trotz der Läufermassen gibt es keine Behinderungen.

Bei Km 10 ist eine Zeitmessmatte zu überlaufen. In der Startnummer ist ein Chip und der sollte jetzt piepen. Tut er es nicht an allen Matten, wird man disqualifiziert. Schummeln ist nicht. An einer Uhr sehe ich, dass ich gemütlich unterwegs bin. 1.10 Std. Für 10 Km, das ist lockeres Laufen und Genießen. Und so gedenke ich weiter zu halten.

Auf breiter Straße laufen wir auf gewaltige Betonburgen zu. Wir nähern uns Villeneuve. Bevor wir es erreichen, laufen wir an der Pferderennbahn auf der rechten Seite vorbei. Km 12 bleibt hinter uns, wir verlassen Ganges zur-Mer und überqueren einen Fluss. Auf der anderen Flussseite sind wir in Villeneuve Loubet.

 

Der Betonklotz von André Minangoy


Bevor wir die André Minangoys Betonklötze erreichen, laufen wir eine Schleife. Erst nach Km 14 liegen die Klötze vor uns. Mann, was sind das für Bauten? In geschwungener Form sind hier 1970 unmittelbar am Meer mehrere hohe Betonburgen hochgezogen worden. Wir laufen zunächst landseitig daran vorbei. Auf einer Wendepunktstrecke kommen uns Läufer entgegen. Stellenweise laufen wir dreilagig aneinander vorbei.

Mittlerweile ist die Regenfrage geklärt. Es regnet. Und es windet. Das Meer ist ordentlich aufgewühlt. Von Hitze kann keine Rede sein. Nach dem Wendepunkt kommen mir Alain und Karl-Heinz entgegen. Die beiden lassen es noch gemütlicher als ich angehen.

Es geht um die Betonklötze herum ans Meer. Hier liegen viele Boote vor Anker. Sieht gut aus – auch im Regen. Eine Musikgruppe später nimmt das Meer uns wieder auf. Links das Meer, rechts die Eisenbahn. So geht es gut 3 Km lang. Im Hintergrund ist das markante Fort Carré zu sehen.

Ich treffe Nomac. Er schreibt für Courir le Monde und erzählt mir, dass er mich kenne. Ein charmanter Mann. Er schwindelt ohne rot zu werden. Nomac weist mich auf eine Gruppe von Läufern hin, die einen behinderten Freund von ihm auf einem fahrbaren Untersatz befördern. André und seinem Team macht das Ganze sichtbar Spaß. Es sind im Übrigen einige solcher Teams unterwegs. Eine schöne Sache.

 

Halbmarathon im Regen


Kurz vor Fort Carré wird die Halbmarathonmarke überlaufen. Hier ist der Wechsel für die Halbmarathonstaffeln. Zuschauer sieht man jetzt fast nur noch mit Regenschirm. Im Regen laufen wir am Fort Carré und dem Fußballstadion von Antibes vorbei.
In Antibes liegen im Hafen viel kleine und große Yachten vor Anker. Was hier an Millionen liegt, frage ich mich und passe auf meine Mütze auf, dass sie ob des starken Windes nicht abhebt.

Durch ein Tor in einer Mauer laufen wir in das alte Antibes und haben eine kurze knackige Steigung zu bewältigen. Es folgt der für mich schönste Teil der Strecke. Wir umlaufen das Cap d'Antibes. Im böigen Wind geht es direkt am Meer entlang in Richtung des Caps. Das Meer einige Meter unter uns ist stark aufgewühlt. Die Wellen brechen sich an den Felsen. Einfach gigantisch.

Km 24 wird passiert. Hier kann man zum Picassomuseum abbiegen. Wir laufen weiter hart im Wind am Meer entlang. Nach den historischen Mauern kommen die modernen Mauern von Antibes auf den nächsten Km. Ich entdecke einen Läufer, der mir schon beim Marathon in Palma de Mallorca  letzten Monat auffiel. Martin Richard aus Großbritannien ist wieder im roten Rooney-Shirt unterwegs. Wir quatschen ein wenig und verabreden uns dann für nächstes Jahr wieder.

Wieder ein Hafen und Meer direkt zur Linken. Man kann sich kaum satt sehen. Es wird schon was fürs Auge geboten hier.


Höhepunkt Cap d'Antibes


Um das Cap d'Antibes zu umlaufen, müssen wir einige Meter aufsteigen. Es geht um eine Ecke und wieder kommt eine neue Bucht. Leider macht der Regen viele Fotos zunichte. Bei Km 28 spielt wieder eine Musik und eine längere Steigung zum Schlußteil der Cap d'Antibes Umrundung nimmt uns auf. Hier oben stehen einige Supervillen und natürlich auch exklusive Hotels. Nix für meinen Geldbeutel.
Ein erster Blick auf die Bucht hinter dem  Cap d'Antibes taucht auf. Leider ist alles im Regendunst. Es geht abwärts. Km 30 hinter einer Kehre bringt wieder Musik.
Was sich jetzt links dem Auge bietet, ist einfach nur schön. Vor dem Hintergrund der Berge  und der Orte auf der gegenüberliegenden Buchtseite zeigt das Meer seine raue Schönheit. Ich bin total begeistert und vergesse fast die Anstrengungen des Laufes.

Wir passieren Juan-les-Pins und Golfe-Juan. Wieder tauchen hohe Bauten rechts auf. Links liegt die Ile Saint Marguerite. Das markante Fort ist deutlich zu sehen. In der aufgebrachten See tummeln sich Segler, Surfer, Kite-Surfer … Sie haben jetzt guten Wind.

 

Cannes kommt näher


In Golfe-Juan ist wieder eine VS, eine Musik spielt und es heißt nochmals steigen. Der Verkehr stockt auf der nicht gesperrten rechten Straßenseite in Richtung Cannes. Es riecht nach Abgasen und ich laufe links auf dem Fahrradstreifen. Der Regen geht mir jetzt auf den Geist. Ich will nur noch am Hotel Carlton ins Ziel laufen und ab in mein Hotel. Im Regenschutz  einer Tankstelle spielt eine Gruppe wieder super Musik. Gleich danach zeigt das Ortseingangsschild das Ziel Cannes an. Es ist nicht mehr weit.

Wir umlaufen Pointe de la Croisette mit dem Casino Palm Beach. Links von uns liegt der Bijou-Plage, wo wir uns gestern noch die Sonne auf den Läuferkörper haben scheinen lassen. Vorbei geht‘s am Jardin D'Armenie und dem Square de Verdun. Im Port  Canto liegen weitere schöne Yachten.

Endlich sehen wir die Plage de la Croisette links von uns. Und wir laufen auf der Croisette. Die letzten Meter ziehen sich irgendwie, aber das Ziel auf der weltberühmten Croisette rückt näher. Und hier sind auch Zuschauer und feuern uns an.

Auf dem Boden erinnert eine Palme an die bekannten Filmfestspiele von Cannes. Der Filmpalast war ja auch schon hinter dem Ziel zu sehen.

 

Blauer Teppich


Die letzten Meter laufen wir über einen blauen Teppich. Nach etwas mehr als viereinhalb Stunden ist der Spaß für mich vorbei. War richtig schön, hat total Spaß gemacht. Aber jetzt ist genug. Mir ist kalt und ich will ins Hotel zum Duschen.
Rasch die Medaille und den Finisher-Rucksack abholen, Verpflegung abgreifen und den Kleiderbeutel holen. Allerdings ziehe ich mir keine Wechselkleidung an sondern gehe schnurstracks in mein nahe gelegenes Hotel.

Herrlich, wie eine warme Dusche einem Marathoni wieder zu neuen Kräften verhilft.
Und dann geht es ab zu Brad Pitt und George Clooney zum Abendessen. Schade, dass die beiden nur als Foto an der Wand hängen. 

 

Fazit


Wer dem Novemberblues entfliehen möchte hat hier eine exzellente Gelegenheit, dies mit einem Marathon in wunderschöner Umgebung zu verbinden. Gute Organisation, interessante Strecke, Flair ohne Ende.
Für uns ist klar: Wir kommen wieder, um diesen Lauf einmal in Sonne zu erleben und nach dem Ziel an der Plage de la Croisette zu baden. Und das im November!

 

Siegerliste Marathon

 

Frauen

1. Rose Chepchumba 2.33,52
2. Emily Rotich  2.35,21
3. Abdi Tigisit   2.37,30

Männer

1. Hailu Shumi  2.09,26
2. Barnabas Kiptum  2.10,28
3. Edwin Kemboi  2.10,38

6822 Finisher

 

Informationen: Marathon des Alpes Maritimes Nizza-Cannes
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