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Laufberichte

Mein Frankfurt

30.10.11
Autor: Joe Kelbel

"Es will mehr net in mein Kopp enei. Wie kann nor e Mensch net von Frankfort sei"

Samstags um 10:30, der Brezellauf, das ist der Hit. Bei den 5 km steht Spass ganz oben.  Start, Ziel und Kleideraufbewahrung vor der Messehalle.

Dieses Jahr waren unsere Nachbarn aus Krakau der Hingucker, aber auch unsere westlichen Nachbarn unter Führung von Michél machen eine Riesen Gaudi. Letztes Jahr gab es 4 oder 5 deutsche Stars zum Anfassen, diesmal gibt es Fauja Singh, der mit seinen 100 Jahren eh jeden deutschen Star aussticht. Er hat den typischen Ultrablick, müde aber weitblickend.

Er läuft nicht allein, seine Begleiter, auch der Sikh-Religion angehörig, was man am Turban erkennt, begleiten ihn, denn Fauja spricht kein Englisch. Nun ist mir ja bekannt, dass es in Indien Männer gibt, die 40 Jahre lang nichts essen, also frage ich einen seiner Begleiter, ob er wirklich 100 Jahre alt ist. Meine Halloweenmaske weist mich eindeutig als Guru und Fakir aus, und so zückt er auf meine Frage hin im Nu  Fauja´s  Pass,  Geburtsdatum 1911, tatsächlich.

Herbert Steffny akzeptiert auch meine coole Maske, seit unserem gemeinsamen Frühstück weiss er ja, dass ich anders bin. Einzig Lothar Leder, der 1996 als erster weltweit die 8 Stunden-Marke auf der Ironman-Distanz durchbrach, ist ein sich bisschen unschlüssig, sich mit so einer Gruselfigur fotografieren zu lassen.

Nun, der Samstag war Spass, am Sonntag aber wird es ernst.

Vor 11 Jahren lief ich hier meinen ersten Marathon, und tatsächlich habe ich den Frankfurt Marathon nie so konzentriert erlebt. Hauptursache ist, dass die Staffelläufer später starten, wir Marathonläufer sind also unter uns, kein Gehopse, keine Wetterprognosen, niemand, der noch in die Anlage pinkeln muss. Wir warten ruhig auf den Start, wobei die Blöcke nicht alle Starter aufnehmen können. Ist aber kein Problem, man geht halt, wenn sich der Knoten auflöst. Kein Auflaufen, wenn der Zug plötzlich stoppt, niemand, der sich vorbeidrängelt, kein Tritt in die Hacken, keine Panik, das gefällt mir sehr gut.

Ich höre auch keine aufpeitschende Musik, vielleicht bin ich zu weit hinten, es ist aber sehr angenehm, ein Stadtmarathon mit professioneller Ruhe, sehr gut. Erst nach dem Startschuss dröhnt das „Keep on Running“ aus den Boxen. Rechts an der Friedrich-Ebert-Anlage steht die umkämpfte Mathäuskirche, dahinter das alte, leerstehende Verwaltungsgebäude der DB, so wie all die Jahre.  Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Doch sobald das Urban Center an der Messe, die größte Mall Europas, fertiggestellt sein wird, wird auch hier ein Bürocenter entstehen.

Auf der Mainzer Landstraße kommen uns die schnellen Läufer entgegen. Ich habe 10 Minuten gebraucht, um aus meinem Block über die Startlinie zu kommen, frei laufen kann ich noch nicht, aber wenigstens gibt es keine Panikläufer um mich rum. Wir umrunden die Taunusanlage, Teil der ehemaligen Wallanlage. Nachdem die Nutzlosigkeit des Befestigungswalls  zum wiederholten Male durch die französischen Truppen bewiesen wurde, entschloß man sich Ende des 18.Jahrhunderts die Wallanlagen abzubrechen, um eine Gartenanlage zu bauen.

Die längste Zeit meines Lebens habe ich in dieser Stadt verbracht, im Bankenviertel hat es angefangen, Ich laufe schneller und die Erinnerungen werden wach. Früher war es das BfG-Hochhaus, jetzt die EZB.  Das Zeltlager „ Occupy Frankfurt“. Neue Zelte, neue Revolution. In den letzten Tagen war ich mehrfach dort, sass am Lagerfeuer, hörte den Gitarrenspielern und den Thesen zu, doch es sind keine Thesen, nichts Gehaltvolles,  nur ein erhobener Zeigefinger von Menschen, die eh im Freien übernachten.

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Informationen: Mainova Frankfurt Marathon
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