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Laufberichte

Zum Jubiläum ein Marathon: Fortsetzung erwünscht

18.05.08

Die heutige Reise führt mich zu einem Dino in Sachen Volkslauf. In Staufenberg, zwischen Marburg und Gießen gelegen, begann man 1969 mit dem Oberhessen-Volkslauf. Dieser Lauf fand bis heute jedes Jahr statt und man wird ihn sicher auch in der Zukunft weiter planen und durchführen. Mir fällt kaum Vergleichbares ein, lediglich in meiner Heimat fand dieses Jahr in Gundelfingen der 45. Nordschwabenlauf statt oder an Silvester geht man in Gersthofen zum 42. Mal an die Startlinie.

Wo liegt denn eigentlich Staufenberg? Nun, eine knappe Autostunde nördlich von Frankfurt, über die Sauerlandlinie oder die Bundesstraße 3 einfach zu erreichen. Mit einem Routenplaner sicher einfach zu finden.

Da ich immer wieder gerne von den eher familiären Läufen berichte, zieht es mich an diesem Wochenende nicht ins Ruhrgebiet oder an den Rennsteig, sondern in die hessische Provinz. Die beiden großen Läufe laufen mir sprichwörtlich nicht davon. Ob aber der Lumbatalmarathon eine Fortsetzung findet, war von vorne herein nicht klar und so ist meine Planung eigentlich schon im Frühjahr relativ eindeutig.

Staufenberg ist dieses Wochenende komplett mit der Veranstaltung belegt. Der Samstag gehört vollständig den Nordic Walkern, die  über 6, 10 und 16 Kilometer ihre Stöcke schwingen können. Am Sonntag werden dann neben dem Marathon auch ein Halbmarathon, ein 10-Kilometer-Lauf sowie ein Minimarathon (4,2 Kilometer) und Läufe für Kinder veranstaltet. Wer mit den Nordic-Stecken auf Kriegsfuss steht, kann am Sonntag auch über drei verschiedene Strecken wandern. Die Startgebühren sind günstig, der Marathon kostet 25 EUR, der Halbe 8 EUR und die kürzeren Strecken sind noch billiger zu haben.

Dafür erhalten wir nicht nur einen schönen Landschaftslauf an einem kühlen, aber lauffreundlichen Wettkampftag, sondern auch Medaille, Urkunde und Funktionsshirt (nur für Marathonis). Die Besten der Klassen erhalten Pokale und Sachpreise.

Am Vortag bin noch in Sachen IVV beschäftigt. Ich bin aber weniger am Laufen, eher schon als Beschäftigter der Deutschen Hammerwerke tätig – ich sitze nämlich am Stempeltisch und komme so erst am Abend weg. In der Nacht bin ich dann in Staufenberg vor Ort, der Autositz wird in die Liegestellung gebracht.

Verschlafen ist nicht möglich, denn schon um 05.30 Uhr dämmert es. Gegen 07.00 Uhr mache ich mich auf in die Stadthalle. Dort ist die Nummernausgabe großzügig aufgebaut, es gibt kein Gedränge. Ich erhalte in Kürze meine Unterlagen und lerne auch noch den „Laufchef“ Rainer Rachowski kennen. 

Wer noch nüchtern ist, so wie ich, der findet schon ein reichgedecktes Kuchenbufett aufgebaut. Ja, und herzhafte Sachen mit Käse und Wurst sind auch schon zu haben. Während ich einen Kuchen verdrücke, sehe ich Jürgen Teichert umherlaufen, der mich dann auch gleich entdeckt.

In der Halle ist noch ein Sportgeschäft mit einem Stand vertreten. Interessant ist auch die Ausstellung zum 40jährigen Jubiläum des Volkslaufs. So sind alle Medaillen und Teller, sowie Zeitungsberichte und Fotos zu sehen.

Gegen 08.15 Uhr mache ich mich auf zum Start, der in unmittelbarer Nähe der Stadthalle ist. Es ist jetzt bedeckt, es sind aber schon leichte Auflockerungen zu erkennen. Mit rund 12, 13 Grad und Windstille sind es gute Bedingungen.

Punkt 08.30 Uhr werden wir auf die Strecke losgelassen. Rund 150 Marathonis machen sich auf die Strecke, die, so beschreibt es die Ausschreibung, auf befestigten und asphaltierten Wegen durch Ortschaften, Felder und Wälder führen wird. Von Anfang an ist freies Laufen möglich.

Staufenberg (2600 Einwohner) und das angrenzende Mainzlar haben wir nach wenigen Minuten durchlaufen. Staufenberg selbst wurde 1233 urkundlich als „Stouphenberch“ erwähnt. Oberhalb der Stadt ist die gleichnamige Burg zu sehen, wo jetzt die sogenannte Unterburg als Hotel ausgebaut wurde. 

Wir laufen die ersten Kilometer durch freies Feld auf einer Landstraße, wo jetzt kein Verkehr zu sehen ist. Ob diese Straße für uns gesperrt wurde, weiß ich nicht. Ich glaube aber eher, dass in den Orten die Einheimischen noch auf der Matratze liegen. Fast keine Zuschauer sind zu sehen, nur ganz wenige Neugierige schauen aus den Fenstern. 

Kilometer 5 führt uns in die Stadt Lollar (10000 Einwohner), wo in der Nähe die Lumda, ein kleiner Fluss und Namensgeber des Marathons, in die Lahn fließt. Hier ist auch der tiefste Punkt unseres Kurses mit 165 Metern. Interessant ist das Wappen dieser Stadt. 1711 kostete die Brückenmaut für ein Pferd einen Kreuzer. So sehen wir auf dem Wappen einen Pferdekopf, eine Brücke und eine 1-Kreuzer-Münze. Ich fotografiere das Bürgerhaus, wo mich ein erster Läufer anspricht. „Es gibt schönere Bauten als das da“, sagt er. „Eine gewisse Funktionalität wird aber schon vorhanden sein“, entgegne ich.

Es geht jetzt im Lumdatal aufwärts, die zu bezwingende Höhe ist aber gegenstandslos. Nach dem Durchlaufen eines kleinen Waldstückes auf befestigten Wegen erreichen wir Daubringen. Das Marathonfeld ist bei Kilometer 8 noch relativ dicht beieinander. Wie bei meinen letzten Reportagen habe ich vor, am Anfang mehr Bilder zu schießen und dann später bei guter Verfassung Gas zu geben.

Wir durchlaufen Daubringen ein zweites Mal, aber auf anderer Strecke und tauchen dann abermals in ein Waldstück ein. Auf rund vier Kilometer sind jetzt 40 Höhenmeter verteilt. Es sind ein, zwei wenig steile Stücke dabei, wo ich mich als Bergläufer gleich wohlfühle und ein paar Mitstreiter überholen kann. Die laufen aber immer wieder vorbei, als ich für ein Foto stehenbleibe.

Ein Läufer sprintet von hinten heran. „Hast wohl den Start verpasst“, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Nein, ich war für ein kleines Geschäft im Gebüsch“, so seine Antwort. „Meine Partnerin ist weiter vorne.“ Nach Kilometer 10 verlassen wir das Waldstück. Ich überhole das Pärchen und sehe vorne auf seinem Trikot neben der Startnummer ein zweites Schild. Da steht: Hase für Renate. Aha. Der schnelle Mann hat einen Auftrag. Das lasse ich los, und alle lachen.

Mittlerweile sind wir in Treis angelangt und laufen parallel zu einer Bahnlinie. Der Ort zählt aufgrund seiner zahlreichen Fachwerkhäuser zu einer der schönsten Orte im Lumdatal. Viele Helfer stehen an den Einmündungen und regeln den kaum vorhandenen Verkehr. Das ist gut organisiert. Ja, bei der so langen Tradition des Oberhessen-Volkslaufs weiß jeder Helfer um seinen Auftrag und Aufgabe.

Die folgenden Kilometer eilen wir, zum Teil auf Begegnungsstrecken, nach Allendorf. So kann ich gerade noch einen Blick auf die zwei Führenden erhaschen. Wie weit die schon von mir entfernt sind? Zwei, drei Kilometer werden es schon sein.

Allendorf tangieren wir nur kurz. Die Stadt mit gut 4000 Einwohnern wurde bereits in den fuldaschen Schenkungsregistern als „alten Dorfa“ genannt. Wie in der Geschichte anderer Städte wurde hier mehrfach gezündelt, geplündert, gehungert und man plagte sich mit der Pest herum. Das Wappen zeigt den Hessischen Löwen. Es geht wieder zurück. Gerade auf den Begegnungsstrecken spricht man sich untereinander an. Der Jürgen kommt entgegen und lacht. Er hat Freude auf dieser Strecke, das sehe ich ihn an. Er läuft ja jede Strecke nur einmal, Wiederholungen gibt es für ihn nicht.

Kurz danach finden wir auch eine Verpflegungsstelle, die gleich zwei Mal angelaufen wird. Wasser, süßer Tee, Iso, später auch Cola und Bananen werden angeboten. Ja, da brauchen wir nicht meckern. Ich glaube, dass alle vier Kilometer dieser Service angeboten wird. Das reicht vollständig aus. Meist werden die Getränke gereicht.

Halbzeit feiern wir nach dem Ortsausgang von Trais. Hier werden wir noch informiert, dass auf den fließenden Verkehr geachtet werden muss. Ein paar wenige Fahrzeuge kreuzen nun unseren Weg. Die nächsten Kilometer laufen wir auf Splittwegen, zum Teil parallel zur Lumba.

Kilometer 24, wieder in Mainzlar, jetzt kommt der schwerste Teil der Strecke. Auf den nächsten drei Kilometern stellen sich 100 Höhenmeter uns in den Weg. Noch in der Ortschaft fällt mir ein Seniorenläufer des SV Staufenberg auf. Es ist Karl-Heinz Weil, der bereits der Fraktion 60 angehört und der einen starken Eindruck hinterlässt. Während wir uns in Mainzlar schon die beginnende Steigung hocharbeiten, kommen uns die Halbmarathonis bereits in Scharen entgegen. Die haben nur mehr wenige Kilometer bis zum Ziel. Für uns beginnt jetzt die Wahrheit.


Die folgenden 12 Kilometer laufen wir im Wald. Ich lasse jetzt meine Kamera in der Hüfttasche. Die Belichtung ist wegen der Laubbäume knapp. Es geht schier kreuz und quer durch den Wald. Mal rechts, mal links, man könnte fast die Orientierung verlieren. Unsere Strecke ist jedoch mustergültig ausgeschildert. Wie bei den IVV-Wandertagen sind Schilder mit Pfeilen angebracht, zusätzlich am Boden Pfeile aus Sägemehl und die nicht zu belaufenden Querwege sind am Boden abgesperrt.

Ich fühle mich sauwohl und will sprichwörtlich dieselbe herauslassen. An einer Verpflegungsstelle kommt wieder der Spaßvogel bei mir durch, ich verlange nach Bier. Ein Helfer hat ein alkoholfreies Weizen aus Erding in Kofferraum liegen und bietet es mir an. Bis er den Öffner am Taschenmesser zum Funktionieren und ich einen halben Becher abgepumpt habe, ist eine Minute „beim Deifi“ und ein Gegner aus Gießen über alle Berge. Gut, dass nach einer kurzen Schleife die gleiche „Waldwirtschaft“ wieder angelaufen wird und meine angetrunkenen Halbe noch auf dem Tisch steht. „Zum Wohl“, proste ich den zwei Helfern zu, bevor ich mich aus dem Staub mache.

Mir fällt noch einer vom Veranstalter auf. Udo Findt, hatte am Wochenende zuvor seinen Arbeitseinsatz beim Funktionärslauf. Heute darf er seinem Hobby nachgehen. Leider machen seine Beine nunmehr langsam zu, so seine Feststellung. Ich wünsche ihm ein gutes Finish und mache mich nach vorne davon.

Ab Kilometer 30 ist die Tendenz gefällig, wir laufen mehr bergab, jedoch sind noch drei giftige Gegenanstieg mit bis zu 30 Höhenmeter zu bewältigen. Einige Mitstreiter fallen schon in den Wanderschritt. Ich kann es dagegen laufen lassen. Bei Kilometer 38 verlassen wir den Wald, die Sonne scheint nun etwas. Ich kann noch einen Gegner überholen.

Kurz nach Kilometer 40 folgt eine Spitzkehre. Ich sehe schon vor mir den Weg rechts abknicken. Es geht bergab, hinein nach Mainzlar und am Friedhof vorbei. Ah, das ist die Friedhofsschleife, wo noch ein paar Meter geschunden werden, so hatte ich es mal in einem Bericht gelesen, wo die Läufer am Ziel vorbei noch durch einen Friedhof geschickt wurden. Hier ist es nicht so. Kilometerschild 41 ist am Friedhof angebracht. 

Rechtskurve, in einem Wohngebiet sehe ich linkerhand die Mainzlarer Kirche in einem Garten stehen. Das Bauwerk wurde erstmals 1566 im Salbuch von Kirchberg erwähnt. Ein paar Meter weiter hat sich eine Familie mit ihren drei Kindern an der Straße bequem gemacht. Auf zwei Tischen steht noch Wasser bereit. Die Kinder feuern mich an und klatschen. Ein Mädchen hat schon eine Medaille umhängen, sie wird wohl am Schülerlauf teilgenommen haben. Und er Hauptstraße laufen wir ein paar Meter bergab, bis wir nach einem kurzen ruppigen Stück im Industriegelände die Stadthalle vor uns sehen. Mit Schwung laufe ich ins Ziel, aber vorher bringe ich die Zuschauer noch mit einer angedeuteten La-Ola-Welle in Bewegung.

Als Zielverpflegung gibt das zweckmäßig Übliche. Ich wähle ein alkoholfreies Bier, angeboten wird aber auch ein Gebräu aus Weizen und Holunder (?), das ich als Autolenker aber wegen des Alk-Gehaltes lieber außen vor lasse. Nach meinen Lockerungsübungen, ich gehe nochmals einen Kilometer zurück, um interessante Aufnahmen zu bekommen, springe ich unter die warme Dusche. Das Kuchenbufett ist noch nicht weggefuttert. Eine Wurst mit Senf schmeckt ebenfalls. Bei der Siegerehrung bin ich überrascht. Für den Steigerungslauf mit 3.22.25 Stunden gelange ich auf Gesamtplatz 11, in der Altersklasse darf ich als Zweitschnellster sogar auf Siegertrepperl.

Lieber Rainer, ich hab’s schon auf dem Siegerpodest angekündigt, Du musst mit Deinen Helfern weitermachen mit dem Marathon. Vergleiche die Teilnehmerzahlen des bisherigen 30-Kilometer-Laufes mit den heutigen Marathonzahlen und versuche das ganze noch zu Optimieren. Ich habe aber keine Fehler gefunden bei dieser Premiere. Fortsetzung erwünscht, so ist auch meine erste Beobachtung während der Siegerehrung.

Streckenbeschreibung:
Landschaftsmarathon mit etwa 300 Höhenmetern. Etwa die Hälfte asphaltiert, nur ein kleines ruppiges Wegstück. Längste Steigung zwischen Kilometer 24 und 30.

Rahmenprogramm:
Kleine Sportausstellung. Preiswerte Verpflegung bei der Siegerehrung. Weitere zahlreiche Wettkämpfe für alle Klassen, Wandern, am Vortag Nordic Walking.

Auszeichnung:
Medaille, Funktionsshirt (bei frühzeitiger Voranmeldung), Urkunde zum Mitnehmen. Sachpreise für die Klassensieger.

Logistik:
Zahlreiche Parkplätze an der Stadthalle und den angrenzenden Geschäften. Viele Duschmöglichkeiten. Massagen ohne Wartezeit.

Verpflegung:
Zahlreiche Versorgungsstellen mit Wasser, Iso, Tee, Cola, Bananen. Alle vier Kilometer, zum Schluss noch häufiger.

Finisher:
Marathon 123, Halbmarathon 119. Insgesamt rund 700 Meldungen.

Zuschauer:
Nur wenig Zuschauer. In den Waldstücken und in der Natur praktisch keine.
 

 

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Sieger:
Männer:
1. Matthias Huppmann, LGV Marathon Gießen, 2.57.18;
2. Markus Hennig, Suchthilfe Hof Fleckenbühl, 3.02.33;
3. Heiko Sichau, LGV Marathon Gießen, 3.05.03.

 

Informationen: Lumdatal-Marathon
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