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Laufberichte

Wettervorhersage knapp daneben

11.06.05

Doch, man kann - manchmal muß man sogar.

 

Das halbe Dutzend ist voll. In der sechsten Auflage des LGT Alpin-Marathons Liechtenstein hätten die Veranstalter um OK-Präsident Hans Willinger gerne den positiven Finishertrend der letzten 3 Jahre fortgesetzt. Die Unbeständigkeit der Wettervorhersage machte wohl diesen Traum zunichte. Elf bis Siebzehn Grad, bewölkt, Regen, der Blick in die Wetterkarte war wenig verheißungsvoll. Erinnerungen ans Vorjahr wurden wach, als es 3 mal regnete: Am Start, in den Bergen und im Ziel. Erst am Freitag Entwarnung: Es soll ein schöner Tag werden.

 

Liechtenstein ist sowohl mit dem Auto als auch mit dem Zug sehr gut zu erreichen. Es gibt eine Jugendherberge, Unterkünfte stehen sowohl im Tal, als auch im Zielbereich in Malbun zu Verfügung. Nicht wenige Läufer übernachten am großen Parkplatz des Sponsors Malbuner im Auto oder Wohnmobil. Kurze Verwirrung beim Erhalten der Startkarten per Post: Malbuner heißt jetzt Ospelt, ansonsten ist alles gleich geblieben. Startnummernausgabe in deren Sozialräumen ab 17 Uhr. Eine gemeinsame Pastaparty ist nicht vorgesehen, 3 Lokale bieten für 15 Franken Pastagerichte an. Gemütlicher Treff ist das Pinocchio in unmittelbarer Umgebung des Startbereiches. Zur Feier des Tages hat man hier bis weit nach der offiziellen Schlusszeit um 21 Uhr auf der Sonnen verwöhnten Terrasse die Möglichkeit, Flüssigkeits- und Kohlehydratspeicher aufzufüllen, sowie mit Laufkollegen über vergangene und zukünftige Heldentaten zu schwadronieren.

 

Pressechef Armin Mathis, selbst unter 3h-Läufer, hat eine ausführliche Infomappe zusammen gestellt. Im Treppenhaus noch schnell ein Foto von OK Präsident Hans Wilinger und dem Mitfavoriten Markus Kellenberger, dem katholischen Pfarrer von Vaduz. Letztes Jahr war er Elfter, davor zweimal Dritter beim LGT (ganz international „el-schi-ti“ gesprochen). Auf die übliche Marathonmesse wird in Bendern verzichtet. Die Startnummern sind farblich hinterlegt, gelb für Liechtensteiner Läufer( Liechtensteiner Läuferinnen sind nicht besonders gekennzeichnet) rot für Läuferinnen, weiß für den Rest der Läuferschar.

 

Samstag Morgen, ab 6.30 hat die Startnummernausgabe geöffnet. Es werden Gipfeli (Bamberger oder Butterhörnchen) zu Kaffee, Tee Orangensaft oder Wasser gereicht, im Hintergrund läuft der Film des Jahres 2002. Das Wetter verheißt einen tollen Tag. Es hat jetzt schon 15 Grad, strahlend blauer Himmel. Medienchef Armin Mathis ist sichtlich enttäuscht über die geringe Zahl der Nachmelder, hatte sich bei diesem Wetter doch deutlich mehr erhofft.

 

Schon vor dem Start kann man sich hier die Muskeln bei einer Massage lockern, zwei weitere Besonderheiten an Start und Ziel: Obwohl mit dem Champion-Chip arbeitend, wird auf eine Zeitmessmatte am Start verzichtet. Ob das der Grund ist, warum sich selbst kurz vorm Start kaum ein Läufer unter dem Startbogen befindet, erst auf Aufforderung durch den Streckensprecher wagen sich die Läufer zur Starlinie vor. Im Ziel erwartet sie dann statt der üblichen Medallie ein Sujet aus der Kollektion des Sponsors Swarovski: Letztes Jahr war es eine Lokomotive mit Tender, dieses Jahr ist es ein Insekt.

 

Das Finishershirt aus hochwertiger Funktionsfaser, hält hier noch was der Name verspricht: es wird erst nach Passieren der Ziellinie überreicht. Nur wenige Läufer haben das Finishershirt  des Vorjahres an. Häufig zu sehen ist das Shirt des „härtesten Marathons der Welt“, 2800 Höhenmeter, Graubünden, Termin 2005 zwei Wochen nach Liechtenstein.

 

Zum Warmlaufen hat man im Fürstentum Zeit genug, die ersten 10 km verlaufen flach, meistens am Rheindamm entlang. Zwei unterschiedliche Strategien werden hier angewandt: Rennen was das Zeug hält, am Berg wird man automatisch runtergebremst, oder erst mal langsam angehen, Kräfte schonen für den Anstieg.

 

Raus aus Vaduz (Km 10), hoch nach Silum (Km 20), dann hat man schon mal die ersten 1.100 Höhenmeter hinter sich. Ich hab den Eindruck, die meisten entschieden sich heute für Variante 1, nach den Fotos am Start befinde ich mich sofort am Ende des Feldes, zusammen mit alten Bekannten der Läuferszene, die es wie ich heute erst mal ruhig angehen lassen wollen. Unter ihnen Thomas Wenning (568) und Claudia Weber(195). Claudia, am Morgen noch schnell nachgemeldet, will nächste Woche in Biel neue 100 km-Bestzeit laufen. Da bietet sich der LGT zur Vorbereitung geradezu an. Auf dem Heimweg nach Bocholt nimmt man noch schnell den Städtemarathon Erlangen-Herzogenaurach am Sonntag mit. So sind die zwei gut gerüstet für den Deutschlandlauf im September.

 

Joachim Langnickel(432), der auch kaum eine Herausforderung auslässt, ist das erste Mal in Liechtenstein. Auch er geht es relativ langsam an. Die Fahne zu tragen hat sich Mark Businger (663) im wahrsten Sinne des Wortes auf die Fahne geschrieben. Bewaffnet mit der Appenzeller Fahne macht er sich auf den Weg, die Nationalfahnen der Länder, die er Marathon laufender Weise schon erkundet hat, hängen auch noch mit dran. Es dürften so an die zwanzig sein. 

 

Bei km 5 die erste Verpflegungsstation, super bestückt, wie alle. Es gibt Wasser, Tee, Isotonische Getränke, später auch Cola, gereicht werden Orangenscheiben, Zitronenscheiben, Bananen, Riegel und Brot und gefüllte Chips. Die Zuschauer an der Strecke applaudieren höflich. Am Fußballstadion vorbei geht es nach Vaduz, zweite Verpflegungsstelle. Vor dem Kunstmuseum (mit einer der wertvollsten Sammlungen der Welt) spielt ein Alphornbläser. Er bläst zum Anstieg, der sich kurz dahinter ankündigt. 

 

Ich laufe mit Sonja Selenati (197). Die Züricherin, bei ihrem ersten Marathonversuch in Zürich am Cut von 5.00 h gescheitert, will es jetzt am Berg wissen. (Sie wird es schaffen, mit 15 Minuten Luft auf das Zeitlimit). Wir laufen auf Schloss Vaduz zu, der Residenz der Fürstenfamilie. In den Wäldern riecht es nach Bärlauch, der hier noch nicht geblüht hat.

 

Km 14, ein Drittel der Strecke ist absolviert. Ich bin eine Stunde und vierzig Minuten unterwegs und fühle mich pudelwohl. So kann es weitergehen. Von hinten kommt Anil Kumar (425) aufgelaufen, ein  in Wien lebender Inder. Wir sind beim Trollingermarathon ein Stück miteinander gelaufen. Er läuft seinen 94. Marathon, der Vollmondmarathon am 20. August soll sein 100ster werden. Er bedankt sich für den Tipp, es langsam angehen zu lassen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es für mich die richtige Strategie war. Ich empfehle Sonja mit Anil zu laufen, schmeiß mir noch zwei von den Wunder-Gel-Chips rein, sehe mich aber trotzdem gezwungen, mein Tempo zu reduzieren und genieße eben.

 

Bei Km 19 lauf ich auf Günther Wirsching (574) aus Eichstätt auf. Es sollte heute sein dritter Marathon werden, nach Vollmond und Siebengebirge 2004. Jetzt will er aufgeben. Ich kann ihn noch motivieren mitzulaufen. Ein Marathon ist wie eine Geburt, da kann man nicht mittendrin aufhören.

 

Doch, man kann. Manchmal muß man sogar. Spätestens dann, wenn man anfängt, seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Kurz vor der Verpflegungsstelle bei km 20 haben wir die Vorwärtsbewegung fast eingestellt. Kreislaufprobleme machen uns beiden zu schaffen. Wir werden den zweiten, schönen Teil der Strecke nicht mit machen. Mit Mühe hätten wir den Cut in Steg noch schaffen können, aber um welchen Preis. Also erst mal Rast in der bunten Bergwiese. Fleißige Helfer bringen uns nach Abbau der Verpflegungsstelle ins Ziel nach Malbun.

 

Dort sind die ersten 20 schon eingelaufen, es ist eine tolle Stimmung und super Wetter. Partystimmung auf 1.600m Höhe. Hier haben wir also jetzt noch eine Rechnung offen. Kurze Wege, Duschzelt, Gepäckaufbewahrung, alles nur wenige Schritte voneinander entfernt. Die Sieger werden geehrt. Die Liechtensteiner applaudieren besonders ihrem Pfarrer, der es noch auf den vierten Platz geschafft hat.

 

Im Ziel treffe ich auf Peter Protze (474) aus Karlsruhe, der mit mir am Vorabend Pasta-Party machte. Unser Lauffreund Günter Meinhold (vor dem Zelt auf der Bank rechts sitzend) hat seine Ankündigung wahr gemacht und die 5 Stundenmarke mit 4.57 unterboten. Steven Koch (416) aus Erfurt, vom 100 Marathonclub,  genießt die frisch gemachten Pommes, die es neben allerlei isotoischen Getränken für die Läufer gibt.

 

Fazit: Ein wunderschöner Berglauf, bei dem dieses Jahr 10% der Starter am Cut in Steg bei km 25 (12.45 Uhr) gescheitert sind. Nach Steg gab es kaum mehr Ausfälle. Die Strecke könnte noch einige Teilnehmer mehr vertragen, die Swarovski-Kristalle sind eine originelle Alternative zu den üblichen Medaillen. Liebevolle, professionelle Organisation. Es gibt keinen Grund, nicht wieder zu kommen.

 

Informationen: LGT Alpin Marathon Liechtenstein
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