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Laufberichte

Grund zum Jubeln

 
Autor: Klaus Duwe

Der Leipzig Marathon gehört mit seinen 40 Austragungen zu den ältesten Marathons in Deutschland. Aber nur, weil man mit der Zählweise 1977 beginnt. Ab da wird der Marathon regelmäßig ausgetragen. Marathon gelaufen wird in Leipzig aber schon sehr viel länger.

Man lese und staune: 1897, am 5. September, gehen morgens um 6.00 Uhr 18 Läufer am Neuen Gasthof in Paunsdorf auf eine genau vermessene, 40 km lange Wendepunktstrecke. Nach 3:35:31 Stunden heißt der erste Marathonsieger Theodor Schöffler. Im folgenden Jahr schreiben die „Sportbrüder Leipzig“ den Lauf offiziell aus und so findet am 3. Juli auf gleicher Strecke der erste offizielle Deutsche Marathonlauf statt. Gewonnen hat unter 13 Teilnehmern der Berliner Arthur Techtow in 3:19:50 Stunden. Zuvor gab es Marathonläufe nur bei den Olympischen Spielen 1896 in Athen und am 19. April 1897 in Boston.

In diesem Zusammenhang sei noch einmal erklärt, dass damals für einen Marathon keine fixe Länge vorgeschrieben war. Je nach den örtlichen Gegebenheiten  waren es so „um die“ 40 km. Dass die spleenigen Engländer für die heute gültige  krumme Zahl von 42,195 km verantwortlich sind, ist typisch. Und natürlich hat es mit der Königin zu tun, die bei den Olympischen Spielen in London wollte, dass der Marathonlauf vor Windsor Castle gestartet und vor der Königlichen Loge im Stadion beendet werden sollte. Das entsprach einer Distanz von genau 26 Meilen und 385 Yards, was nach Adam Riese 42 Kilometer und 195 Meter sind.  Von dieser Zahl träumt heute jede Läuferin und jeder Läufer.

Damals war das nicht ganz so, jedenfalls wurden in Leipzig in der Folgezeit nur sporadisch Marathonläufe ausgetragen. Insgesamt sind aber trotzdem  mehr als 70 Marathonläufe dokumentiert.  Außer den Bertlicher Straßenläufen, die 3mal im Jahr stattfinden, gibt es in Deutschland keinen Marathon, der damit aufwarten kann.  Bescheiden, wie man in Sachsen ist, zählt man aber nur die Läufe ab 1977, denn da beginnt für den Leipziger Marathon eine neue Zeitrechnung.

Die Sportgemeinschaft der Universität veranstaltet als Alternative zu den leistungssportlichen Veranstaltungen und Eliterennen ihren ersten Marathon mit Volkslaufcharakter. 184 Läufer und 6 Läuferinnen nahmen teil, insgesamt kamen 98 ins Ziel. 1989, beim letzten Marathon vor der Wende, war die Teilnehmerzahl auf 859 angewachsen.

Mit der Bahn als Sponsor wurde 1990 der erste Marathon nach der Wiedervereinigung mit 1.943 Teilnehmern ausgetragen. Zusammen mit einem 10 km-Lauf und Walking kam man fast auf 3.000 Teilnehmer. Danach gingen die Zahlen zurück, die Bahn stieg als Sponsor aus und die Veranstaltung war praktisch am Ende.

Ohne Budget war ein Citylauf nicht die stemmen. Also zog man in den Auenwald (die 100 km-Läufer kennen das Gebiet) und lief dort auf 4 Runden von 1993 bis 1997, wobei 1997 mit 159 Teilnehmern das größte Läuferfeld am Start war.

Als man 1998 „100 Jahre Leichtathletik in Deutschland“ feierte, ging es mit viel Polit- und Medienrummel zurück in die Stadt. 735 Läuferinnen und Läufer (davon 333 Marathonis) starteten zum Jubiläumslauf vor dem Alten Rathaus. Gelaufen wurde auf einer 10,549 Kilometer langen Runde durch die Innenstadt.

In der Folgezeit wechselten Strecke (2- und 4-Rundenkurs) und Start und Ziel mehrfach. Einmal (2004 – 1132) wurde die 1000er Marke übertroffen, ansonsten bewegte man sich in den letzten Jahren zwischen 500 und 900 Teilnehmern für den Marathon. Durch weitere Wettbewerbe stieg die Teilnehmerzahl auf ca. 10.000 an.

An diese Zahl kann man auch im Jubiläumsjahr anknüpfen, die Teilnehmer kommen aus 77 Ländern.  Ca. 1.000 laufen den Marathon, fast 3.000 den Halben.

 

 

Grund zum Jubeln. Und wie feiert man das Jubiläum? Man lädt sich Gäste ein. Unentbehrlich, wie Politiker und Sponsoren bei der Verwirklichung einer Mammutveranstaltung wie einem Marathon sind, die Hauptrollen übernehmen bei der offiziellen Feier die Läuferinnen und Läufer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es der Leipzig Marathon bei seiner Feier sogar zu einer Weltbestleistung bringt. Oder ist es schon einmal gelungen, den Sieger des ersten Laufes 40 Jahre später wieder an die Startlinie zu bringen? Und das nicht, um den Startschuss abzugeben oder eine Staffeletappe zu laufen, sondern den Marathon?

Wenn ich verrate, wer den ersten Leipzig Marathon 1977 in 2:37:02 gewonnen hat, werden sich  Insider darüber kaum wundern.  Vollbart und eine verschlissene Mütze aus den 1960ern sind das Markenzeichen des inzwischen 69jährigen Roland Winkler aus Berlin, geboren in Leipzig und bekannt wie ein bunter Hund. In ein paar Wochen tritt er zum 42. Mal beim Rennsteiglauf an – zum Supermarathon (72 km).  

Gleich 6 x hat Klaus Goldammer den Leipzig Marathon gewonnen. Beim Jubiläumslauf begnügt er sich mit dem Halben. Viele weitere berühmte Namen findet man in der Siegerliste. Jörg Peter (1985) zum Beispiel. Erst im letzten Jahr ging sein Name durch die nationale Presse. Denn erst da wurde sein Deutscher Rekord (2:08:47), gelaufen 1988 in Tokyo, in Frankfurt von Arne Gabius unterboten. Oder Uta Pippig (geboren in Leipzig), die Berlin-, Boston- und New York-Siegerin gewann 1986 und 87 in Leipzig.

Es hat Tradition in Leipzig, dass man auf nationale und regionale Spitzenkräfte setzt. Nur einmal machte man eine Ausnahme. Leipzig hatte sich für Olympischen Spiele 2012 beworben und lud 2004 zwei Weltstars ein, um sich zu präsentierten. Die Zeiten von Christopher Cheboiboch (Kenia, 2:10:16) und der zweifachen Marathon-Weltrekordlerin Tegla Laroupe (Kenia, 2:29:40) sind noch heute Streckenrekord und werden es auch noch lange bleiben.

Dass sich am bewährten Konzept etwas ändert, ist nicht abzusehen. Es wird zwar oft behauptet, dass klangvolle Namen und schnelle Zeiten die Anmeldezahlen in die Höhe treiben, erwiesen ist das aber nicht. Und nationales oder gar internationales Medieninteresse bekommt man auch nur mit absoluten Spitzenleistungen. Und die sind eine Frage des Geldes.

Kein Marathon-Jubiläum ohne Frank und Steffen Gottert, Leipziger Lauflegenden. Frank ist der Schnelle (Marathonzeit: 2:21), Steffen der Erfolgreiche (Marathonmeister der DDR 1969). Mit dem Leipziger Marathon sind sie eng verbunden, die aktiven Teilnahmen haben sie nicht gezählt. Frank hat alle Einzelheiten, Histörchen und Anekdoten aus der Geschichte des Laufs zusammengetragen und in dem Buch „Marathon-Mekka Leipzig“ veröffentlicht.  Man kann es direkt bei Frank Gottert per Mail bestellen: frankgottert@gmx.de

Grund zum Jubeln gibt es auch am Sonntag. Es ist herrlich zu erleben, wie tausende Zuschauer im Zielraum unterhalten und über den Rennverlauf informiert werden und wie man dem Finale entgegenfiebert. Kein Wunder, man kennt die Sportlerinnen und Sportler. Sie kommen aus der Stadt oder aus der Region.

Man freut sich mit Marc Werner und Per Bittner, zwei Triathleten, die kurz nacheinander ins Ziel laufen und später mit der erst 20jährigen Laura Clart, die gleich ihren ersten Marathon gewinnt und sofort verkündet, dass das ab sofort ihre Lieblingsdisziplin ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wegen einigen ostafrikanischen Läufern, die 25 Minuten schneller laufen, mehr Zuschauer an die Strecke kommen. Und bezüglich des Medieninteresses muss ich erleben, dass eine gute Fotoposition beim Zieleinlauf genauso hart erkämpft werden muss, wie bei anderen  großen  Rennen.  

In der Wirtschaft spricht man vom unverzichtbaren Mittelstand. Zum Glück haben wir diesen Mittelstand in der Laufszene auch.  Gemeint sind Veranstaltungen wie der Marathon in Leipzig und in vielen anderen Städten und Regionen. Hoffen wir, dass wir noch viele Jubiläen mit ihnen feiern und Grund zum Jubeln haben.

 

 

 

 

Impressionen vom 40. Leipzig Marathon

 

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 

MARATHONSIEGER

 

Männer

1. Marc Werner    GER LFV Oberholz    2:39:29        
2. Per Bittner    GER Triathlonfüchse Osterburg    2:39:56        
3. Robert Klein    GER BMW-DHfK Leipzig    2:45:27    

Frauen

1. Laura Clart      GER SC DHfK Leipzig    2:53:47        
2. Patricia Rolle GER LG Nord Berlin Ultrateam    3:03:28        
3. Carina Schipp  GER SC DHfK Leipzig    3:05:50    

801 Finisher

 

Informationen: Leipzig Marathon
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