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Laufberichte

Es lächelt der See und lädt zum Bade ein

 

Nach der Seeumrundung geht es eineinhalb Kilometer   auf bekanntem Weg noch einmal durch das Wäldchen, bevor wir nach Süden abdrehen und abwechslungsreich durch Wald und Flur laufen. Die ersten großen Kuhherden tauchen auf. Auch auf der Herfahrt hatten wir schon viel Vieh grasen sehen. Auf Plakaten wurde gefordert, die Regierung müsse jetzt endlich die Milchbauern unterstützen, die hier nach Wegfall der Milchquote aufs falsche Pferd, bzw. Kuh gesetzt hätten. Wie verträgt man eigentlich Kuhmilch beim Marathon? Das haben wir noch nicht getestet.

 

 

Kilometer 15: Verpflegungsstelle und Staffelwechsel (gelaufen wird in Dreierteams) im dunklen Wald. Dann müssen wir ein paar Meter hinauf zur Straße. Der Anstieg wird uns durch vielfache Anfeuerung erleichtert und dann geht es ja auch wieder hinunter Richtung Füssen. Das Stadtwappen zeigt übrigens drei im Dreipass gestellte schwarze Füße (bayrisch für Bein) auf goldenem Grund. Laufschuhlos. Viele Spekulationen drehen sich um dieses Wappen aus dem 12. Jahrhundert. Seinerzeit soll der Name erstmals als Fuzin, Fießen oder Fuessen aufgetaucht sein und die Lage „zu Füßen“ des Gebirges bezeichnen. Wobei für uns die Sache doch eigentlich klar ist: Hier in Füssen ist ein Zentrum des Laufsports, seit 800 Jahren.

Ein Schlenker zum schönen, zwischen 1998 und 2000 erbauten Festspielhaus muss drin sein. Das Theater, ursprünglich gedacht, als am Originalschauplatz gelegener Aufführungsort für ein Musical über den „Märchenkönig“ und Neuschwanstein-Initiator Ludwig II, kann bereits eine wechselvolle  Geschichte vorweisen. Seit 2007 wird es als Bespieltheater an kommerzielle Veranstalter vermietet. Gestern Abend fand im angegliederten Barockgarten das Open-Air-Konzert des irischen Rockmusikers Rea Garvey statt. Die Neuauflage des König-Ludwig-Musicals ist vom 13. August bis zum 4. September geplant.

Wir kommen am Hotel Sommer vorbei, das heute seinen Namen zu Recht trägt. Viele Zuschauer auf dem Weg am Lech feuern uns an. Kurz vor der B16-Brücke queren wir den Fluss über ein Wehr. Der Halbmarathonpunkt ist erreicht. Mit 1:54 bin ich recht flott unterwegs und konnte sogar Judith etwas abhängen.

Viele schöne Bauernhöfe und Pensionen liegen am Forchenweg. Dazwischen eine Herde Lamas, die sich aber nicht für ein Foto anstrengen wollen. Meine Aufforderung „jetzt spuckt doch mal“ verhallt ungehört. Der Weg am Forggensee lässt immer wieder Ausblicke auf das andere Ufer zu. Wirklich schön heute. Der vom Lech durchflossene Forggensee, fünftgrößter See Bayerns, ist übrigens der flächenmäßig größte Stausee Deutschlands mit  8,7 km Länge und 2,8  km Breite. Im Winter soll der See recht leer sein und die Grundmauern von Häusern der gefluteten ehemaligen Weiler erkennen lassen.

 

 

Zusammen mit Matthias in seinem orangefarbenen Hemd überhole ich Läufer um Läufer. Ich bin heute bestens in Form und zügig und ohne große Anstrengung unterwegs. Bei km 26 Landzungen, dann ein Campingplatz: Einige Bewohner feuern uns an. Bei km 27 verlassen wir den See. Es bietet sich ein erster Blick auf das „Märchenschloss“ Neuschwanstein. Die B17 wird unterquert. Die Warnung „Vorsicht Überschwemmung“ kann heute durchaus ernst genommen werden. Wie mir Organisationschef Herbert Hiemer nach dem Lauf erklärt, war die Unterführung am Vorabend noch trocken, ein Abpumpen also nicht notwendig. Heute sieht das anders aus. Eine nette Rechenaufgabe fällt mir ein: Wie viele Laufschuhe samt Socken müssen hier durch und sich vollsaugen, bis das Wasser weg ist?

Beim Verpflegungspunkt Kilometer 30 lobe ich das rote Iso-Getränk. Schmeckt mir sehr gut. Ein Läufer mit DB-Firmenlaufhemd überholt Matthias und mich schnellen Schrittes. An Sankt Coloman vorbei. Die Kirche wurde zu Ehren des Heiligen Coloman, eines irischen Pilgers, errichtet, der vor allem als Schutzpatron für die Gesundheit von Mensch und Tier gilt. Ein besonderes Ereignis ist das Colomansfest, das jedes Jahr am 2. Oktobersonntag stattfindet und bei dem mehr als 200 prächtig geschmückte Pferde um die Kirche ziehen. Sind eigentlich Iren beim Marathon dabei? Meist stehen hier auch Autos von Reisenden, die ein schönes Foto von Neuschwanstein und Hohenschwangau aufnehmen wollen.

 

 

König Ludwig II. verbrachte Teile seiner Jugend im Schloss Hohenschwangau, das sein Vater Maximilian II. anno 1837 im romantischen Stil hatte umbauen lassen, und wollte gemäß dem Zeitgeist in der Nachbarschaft eine idealisierte mittelalterliche Ritterburg bauen. Zur Errichtung der heute „Neuschwanstein“ genannten Anlage mussten die Reste der Burg Vorderhohenschwangau weichen. Ludwig wohnte nur wenige Monate dort; die Fertigstellung seines 1869 begonnenen und heute berühmtesten Schlosses erlebte er nicht mehr. Das Gerücht aus dem Jahr 2008, die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung wolle Neuschwanstein nach den alten Plänen fertigstellen, erwies sich als Aprilscherz.

Auf einmal läuft mir Matthias davon, dem rasenden „Eisenbahner“ hinterher. Oder eher: Ich werde 11 km vor dem Ziel langsamer, mein flotter Lauf scheint zu Ende. Wir schwenken auf einen idyllischen Weg am Lussbach. Der plätschert entgegen der Laufrichtung. Ergo müssen wir hier leicht bergauf. Links von uns wäre die Station der Tegelbergbahn. Von dort kann man eine schöne Wanderung mit Blick auf Neuschwanstein unternehmen. Oder auch nach oben wandern? Außerdem führt ein bekannter Berglauf auf den Tegelberg.

Das Feld hat sich jetzt spürbar auseinander gezogen: Markierungen bestehen aus Hinweistafeln, rot/weißen Bändern und blauen Läuferabbildungen auf dem Boden. An den meisten Weggabelungen sorgen Streckenposten dafür, dass man sich nicht verläuft. Wasserstelle bei km 32,5. Dann geht es schwungvoll etwas hinunter. Sandhaufenweg heißt das hier. Rechts an einer kleinen Erhebung, dem Bullachberg, vorbei durch eine schöne Allee.

Komplett-VP-Punkt bei km 35, fast in Hohenschwangau. Dann ein kurzes Stück Wiesenweg, ein nasser Untergrund, der nicht gerade beflügelt. Judith kämpft sich an mich heran. Wir überqueren den Zufahrtsweg zu den Schlössern. Jetzt gilt es den Schwansee zu umrunden. Mein Gefühl sagt mir, dass es bergauf geht, aber das kann nicht stimmen, denn dann wäre der See ja ansteigend. Ich höre die Alphornbläser auf der anderen Seite des Sees. Die dortige Wasserstelle bietet einen willkommenen Anlass für ein kurzes Päuschen. Mein Zeitpuffer schwindet.

Noch drei lockere Kilometer. B17 unterqueren, dann Lechsteg. Eine Asiatin mit Hongkong-Traillaufhemd feuert mich an. Schnell noch zwei Cola für den Schlussakkord. Am Lech entlang. Vor uns die Burg, da müssen wir noch rum. So weit? Sankt Mang, das ehemalige Benediktinerkloster, ist zu sehen, benannt nach dem Heiligen Magnus, der um das Jahr 750 in Füssen wirkte.

Lesern des Kluftinger-Krimis „Seegrund“ ist der nahe gelegene Alatsee ein Begriff. Wir befinden uns jetzt auf der Alatseestraße und die führt nach oben. Noch 500 Meter zum Ziel,  ich fühle mich genötigt, ein paar kurze Gehpausen einzulegen. Unter vier Stunden bleibe ich auf jeden Fall. Viele Zuschauer spornen mich an, ich gebe mir Mühe. Objektiv geht es auf 200 Metern keine 20 Meter nach oben. Das wissen auch drei Verfolger, die hier vorbeiziehen. Oben ein künstlicher Einschnitt mit Fußbrücke darüber. Dann geht es zügig bergab. Ich ziehe an, versuche zu überholen. Die anderen lassen das aber nicht mit sich machen. Die junge Läuferin legt einen Spurt hin und lässt  die  beiden Herren noch hinter sich. Ich nehme mir die Zeit, die Sambaband abzulichten. Und dann lächelnd ins Ziel: 3:58:35 Stunden. Da freut sich aber einer. Die schöne goldglänzende Medaille überreicht mir eine junge Dame in Dirndl.

 

 

3:45-Pacer Dirk fällt mir um den Hals und gratuliert. Kurz nach mir kommt Judith ins Ziel. Wir genießen das alkoholfreie Bier der Brauerei Zötler und viele andere Getränke. Wer mich kennt, weiß, dass ich eigentlich nur laufe, um den leckeren Kuchen im Ziel zu ergattern. Die gute Stimmung ist wirklich ansteckend. Unentwegt kommen Sportler jubelnd ins Ziel, begleitet vom Kommentar des Zielsprechers und angefeuert von vielen Zuschauern. Eine italienische Laufgruppe aus Prato bei Florenz feiert ihre Finisher.

 

 

Wir gehen zum Duschen ins nahegelegene Bundesleistungszentrum für Eishockey und Curling. Vor uns auf der Eisfläche wird in merklich kühlem Ambiente dem Wintersport gefrönt. Diese Woche ist der frisch gebackene Stanley-Cup-Gewinner Tom Kühnhackl hier, um sich mit der deutschen Nationalmannschaft auf die Olympia-Quali vorzubereiten.

Die Duschen sind schön heiß. Zurück im Marathonzelt haben wir die Prämierungen schon verpasst. Ein Körbchen mit Brot, original Allgäuer Heumilchkäse und einer Flasche „Zötler alkoholfrei“ erhält Judith als Altersklassen-Erste trotzdem. Dann erwartet uns noch die Tombola: An der Verlosung diverser Sachpreise nimmt jede eingeworfene Startnummer teil. Die von Gabriele aus Prato deutet mit blauem Namensschriftzug auf einen männlichen Teilnehmer hin und beschert ihrem Besitzer den zweiten Preis: ein schönes Mountainbike. Damit könnte er eigentlich gleich heim nach Italien radeln, sportlich ist er ja... Der erste Preis, ein Aufenthalt im Wellnesshotel, geht dummerweise nicht an Judith oder mich.

Es ist noch relativ früh, so dass wir noch zum Schwimmen an den Alpsee fahren. Ein schönes Wochenende klingt allmählich aus.

 

Ergebnisse:

Marathon Männer

1. Frank Merrbach: 02:41:42
2. Marco Diehl (DVAG-Marathon-Team): 02:50:45
3. Andreas Lüring 02:57:20


Marathon Frauen

1. Maria MagdalenaVeliscu (Rumänien; Running Frenzy): 03:07:00
2. Karen Sobrino (Südafrika): 03:09:19
3. Doris Marquardt (Bonn-Bad Godesberg) 03:16:17

 
446 Marathon-Finisher
290 Halbmarathon-Finisher
196 Citylauf-Finisher (10 km)
6 Staffeln

Das Veranstaltungsprogramm umfasst am Samstag Kinderläufe, einen 10-km-Citylauf sowie einen Halbmarathon. Der Marathon am Sonntag sieht Einzel-, Staffel- und Vereinswertungen vor.

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Informationen: Königsschlösser Marathon
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