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Laufberichte

Zweimal Holleridöh auf Troodelöh

27.03.10
Autor: Joe Kelbel

Eigentlich geht die Laufstrecke nur bergab, doch hinauf auf den höchsten Punkt Kölns. Und tatsächlich befinde ich mich urplötzlich bei km 7 auf dem Gipfel, dem Monte Troodelöh und eigentlich war das bis hierhin  theoretisch die Hochgeschwindigkeitsstrecke abwärts. Ich bin tranceartig-überwältigt von der Geschwindigkeit, da greift der Dirk nach mir und wir machen am Gipfelstein eine zünftige Gipfelparty. Während der gesamte Tross der Läufer an uns vorbeizieht, haben wir einen Riesenspass beim Eintrag ins Gipfelbuch, der kaum leserlich ist, weil ich nicht leserlich schreiben kann.Ein Vorläufer aber  schrieb schön sauebe einen  sehr treffenden Spruch:

Heute lief ich voller Möh
Auf den Monte Troodelöh
Während ich mich tu schwer plagen,
Andere dem Ziel entgegen jagen.
Zum mitgebrachten Glühewein,
lad ich alle meine Freunde ein!

Wir lachen uns schief und tatsächlich lockt unser Holleridöh eine Gruppe Wanderer an. Wir machen Fotos,  wir pellen  hartgekochte Eier und futtern Schinkenbrot und…? Ja! Es gibt Glühwein! Jaaaaa!Wäre nicht die globale Erwärmung, es wäre jetzt wie in Sölden oder St Anton: Musik, Glühwein, Tanz und ganz viel Holleridöh mit Anfassen auf dem Troodelöh.

Allerdings ist der Aufenthalt hier oben ohne Sauerstoffgerät  eine eher riskante Angelegenheit, darum müssen wir eiligst vor dem Eintreffen der wilden Tiere den Abstieg wagen. Etwa 70 gewagte Höhenmeter geht es nun im Höllentempo bergab, wahrlich kein Zuckerschlecken! Auf der absolut windgeschützten Strecke bläst uns ein starker, eisiger Wind  mit Regen entgegen. Da ich dem Wind mehr Widerstand biete, und mehr Regentropfen als Dirk abbekomme, muß ich nun auch ein bißchen Geschwindigkeit herausnehmen und lasse ihn mit den Eindrücken unserer Gipfeltouer einsam ziehen.

Dennoch rollen wir das gesamte Feld von hinten auf und begeben uns auf die brutele zweite Runde. 220 Marathonläufer verlieren sich nun auf 21 Kilometern und kämpfen ums Überleben. Manchmal bilden sich Grüppchen, doch meistens läuft man alleine. Ich empfinde das nach der aufregenden ersten Runde durchaus als angenehm, zumal ich nun damit beschäftigt bin, die eiskalten Regentropfen zu zählen, die auf meine  muskulösen Oberschenkel platzen. Ich passiere unsere ehemalige Partyzone, die nun einsam und verwaist hinter mir zurückbleibt, sprinte vorbei und stoße ein fröhliches Holleridöh aus.

Kilometerweit gibt es kein Fotomotiv, weil niemand außer mir da ist, und ich mich nicht schon weider selbst fotografieren möchte. Der Leser kennt mich ja mittlerweile besser als ich ihn. Also laufe ich fotolos duch die Gegend.

Da überholt mich plötzlich aus dem Hinterhalt Nadja aus Finnland. Daß sie aus Finnland ist, wusste ich bis dahin nicht, die Konversation gestaltet sich demnach auch unerwartet einseitig   Ich versuche noch an ihr daranzubleiben, doch sie zieht im Höllentempo an mir vorbei. Wie gesagt: es geht immer abwärts, bis auf die vielen Steigungen.

Ein Waldweg trägt die Bezeichnung Rennweg. Es gibt seriöse Erklärungen für die Namensgebung, aber diese hier klingt mir sehr  plausibl: Die Herzöge veranstalteten öfters eine Hetzjagd auf die Tiere des Waldes. Hierzu wurde der Rennweg beiderseits abgesperrt, so dass das Rennwild nicht entweichen konnte. Ja is klar, ne. Und ich hetzte jetzt einem finnischen Renntier hinterher!

Da schreit plötzlich Clemens und Joachim hinter mir, ich sei falsch gelaufen. Ich schreie zurück und schreie Nadja, der Finnin, die nix versteht,  hinterher und wir alle vier schreien uns gegenseitig und hin und her, und laufen  zurück, überwerfen uns, diskutieren, fuchteln in der Luft rum, rennen panikartig in verschiedene Richtungen,  links,  rechts, Wechselschritt Chatchatcha und Wiegeschritt, bis ich mich schlußendlich mit meiner absolut überlegenen Ortskenntnis  durchsetzen kann.

Was nun folgt ist eine finnisch-triple-deutsche Marathonschlacht, bis aufs Blut. Auf der Website steht ja auch, man solle seinen letzten Tropfen Blut geben. Also machen wir, was befohlen ist und wetzen  los: drei bekloppte, schwergewichte, alte Herren jagen einer  27jährigen leichtgewichtigen Finnin hinterher, heizen sich gegenseitig mit nicht zitierbaren Matchosprüchen ein, die Nadja zum Glück nicht versteht kann und quälen sich in unmenschlicher Geschwindigkeit über die Kilometer. Meter um Meter kämpfen wir uns an das Nordlicht ran.

Acht Kilometer dauert unsere Schlacht, unsere Lippen  schwabbeln  kraftlos um unsere Ohren, während wir gnadenlos, ohne Rücksicht auf Leib und Leben  kämpfen. Auf der Begegnungsstrecke, Nadja  liegt schon 20 Meter hinter uns,  mache ich ein Foto von Natja, müde und abgekämpft winkt sie mir wortlos  ins Objektiv, sie scheint endlich aufzugeben, das junge Wesen!

 Doch wir verlieren Joachim im Schlachtgetümmel. Dann  kämpft sich Günter mit seinen gewaltigen Schritten an die Front und ich verliere Zeit, indem ich über diesen Bericht nachdenke. Nadja  scheint verschwunden zu sein und endlich,  unter dem tosenden Beifall der auf der ansteigenden Zielgeraden befindlichen Massen flitzen Deutschland 1 und Deutschland 2 weit  vor Finnland 1 ins Ziel, während Joachim, also Deutschland 3  mit dem undankbaren 4ten Platz Vorlieb nehmen muss. Ein heroischer Kampf, der in den deutsch-finnischen Lehrbüchern Einzug halten wird, nimmt einen versöhnlichen Ausklang.

Zur Erklärung für Leser, die meine Ironie nicht verstehen: Es geht wirklich nur abwärt, da dieser Rundkurs aber zweimal durchlaufen werden muss, gibt es zwangsläufig auch Steigungen, die sich auf die ersten 4 und die letzten 3 Kilometer  beschränken.  Aber alles halb so wild. Und dieser Monte Troodelöh ist zwar die höchste Erhebung Kölns, liegt aber weitaus tiefer als die höchste Stelle der Strecke bei km 4.  Also alles locker-flockig und absolut empfehlenswert.

Marathonsieger

Männer

1 Nawrocki, Philipp Aachener TG  02:49:54 1
2 Skopnik, Manuel  TV Refrath  02:52:04
3 Leins, Sebastian Kölner Triathlon Team  02:55:07 3

Frauen

1 Meuser, Karin  TV Refrath  03:32:23
2 Stader, Claudia Team Campana 03:34:04
3 Staeves, Anne Trampeltier 03:36:50

12
 
 

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