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Laufberichte

Im Regen sich regen

28.08.10

Wieder ein neuer Lauf für mich. Aber ganz neu ist der Karwendelmarsch nicht. Der hatte vor vielen Jahren schon eine eigene Tradition, da müsste man nur Jürgen Teichert fragen, der ist nämlich schon im Schüleralter auf diese Strecke gegangen. Gleiches gilt für den Klaus, der das Karwendel in der Vergangenheit auch schon fünf Mal durchschritten hat.

Neu belebt wurde der Karwendelmarsch im Jahr 2009 von der Olympia Region Seefeld und dem Achensee Tourismus. Und jetzt kennt man schon fast die Strecke. Es geht von Scharnitz unweit Mittenwald quer durch das Karwendel bis nach Pertisau am Achensee.

Marschieren wäre für uns vielleicht etwas langweilig, aber die 52 Kilometer haben es in sich, es müssen nämlich drei „zart“ lange und noch längere Steigungen geschafft werden. Das ganze kann im Wandersschritt, mit den Stecken und auch im Galopp mit Zeitmessung hinter sich gebracht werden. Wem die 52 Kilometer zu lang sind, der kann nach 35 Kilometer aussteigen. Oder gleich im Bett liegenbleiben.

Über die Geschichte des Traditionsmarsches wird uns Klaus berichten, der weiß das eh besser als ich, deshalb beschränke ich mich auf das, was ich mit meinen Sinnen wahrnehmen kann.

Aufstehen in aller Frühe, heißt es am Wettkampftag, denn um 06.00 Uhr ist Start. Wer da zuvor noch anreisen muss, der kann schier die Nacht durchmachen. Wir haben es nur ein wenig besser, denn in der Unterkunft wirft uns der Wecker um 04.00 Uhr aus der Kiste. Einen gescheiten Frühstückshunger habe ich da noch nicht. Zwei Kollegen in der Unterkunft haben schon kalte Nudeln mit Tomatensoße hinuntergewürgt. Mich schüttelt es da vor dem Gedanken.

Gut 30 Minuten vor dem Startschuss sind wir vor Ort. Da laufen gerade die Nachmeldungen auf Hochtouren, es wird Gepäck abgegeben, das zum Ziel transportiert wird und es wird gefachsimpelt. Viele Bekannte sehe ich nicht, denn die Marschierer sind deutlich in der Überzahl.

Nachdem im Vorjahr rund 1000 Teilnehmer gelaufen und marschiert sind, reicht es heuer nochmals für eine Steigerung. 1500 Sportler sollen es nach den Wünschen des Veranstalters schon werden, der sich aufgrund der naturverträglichen Durchführung des Events eine Teilnehmerbeschränkung von 2500 verpasst hat. Diese Grenze ist nicht in Gefahr, zumal der Wetterfrosch Regen angesagt hat. Aber in zwei, drei Jahren kann es mit einer kurzfristigen Teilnahme schon knapp werden.

Zehn Minuten vor Sechs werden wir aufgerufen, an dem Startbogen Aufstellung zu nehmen. Die Marschierer sollten sich dann hinter den Läufern einreihen. „Es werden eine ganze Reihe von Marschierern schon vor dem offiziellen Startschuss anfangen,“ berichtet mir Klaus. „Die kannst Du eh nicht aufhalten.“

Während es bist jetzt trocken war, fängt es kurz vor den offiziellen Grußworten zum Regnen an. Und das nicht zu knapp. Ich ziehe gerne meine Funktionsjacke an, denn am Start schon nass werden, das mag ich überhaupt nicht. Gut, dass der Startbogen, unter dem wir stehen, das meiste Nass von oben abfängt.

Dann werden wir nach dem Startsignal von den örtlichen Schützen losgelassen. Es geht aus der Startzone auf die für uns gesperrte Bundesstraße und dann biegen wir sofort links ab. Das Morgengrauen hat noch nicht eingesetzt, bei einigen bestimmt schon das Grausen vor dem langen Hatscher. Ich will heute betont defensiv angehen und mich nicht wie in Sonthofen bei den Gefällen vom Tempo anstecken lassen. Ich brauchte einige Tage Ruhe, bis der Muskelschmerz im vorderen Oberschenkel sich verdünnisierte.

Und damit wieder einer meiner Sprüche („hamma wieda was glernt“) wahr wird: Ist bekannt, dass unsere Laufstrecke auf weiten Teiles des Europäischen Fernwanderweges 4 führt? Der geht nämlich in einem großen Bogen von Zypern nach Südspanien und berührt auf österreichischem Gebiet auf der alpinen Variante Kaisergebirge, Kufstein, Rofan, Karwendel, ja sogar die Zugspitze, Arlberg und Bregenz.

Wir verlassen zusammen mit der Isar Scharnitz, lassen das Gewässer, das später in unsere bayerische Landeshauptstadt München fließt, rechts liegen. Es folgt ein kurzer Anstieg, der stellenweise auch schon den Wanderschritt erfordert. Die Steigung lässt dann wieder nach, wir können wieder laufen. Nachdem Petrus seinen Wasserhahn fast zugedreht hat, ziehe ich meine Jacke wieder aus und binde sie mir um die Hüfte.

Das Gewässer, das wir unten sehen, ist der Karwendelbach, und an dem laufen wir nun entlang. Neben dem E 4 ist der Wanderweg durchs Karwendel auch ein Teil der Via Alpina. Die verbindet Triest mit Monaco auf mehreren Routen. Die rote Variante, auf der wir jetzt rennen, ist mit 161 Tagesetappen die längste. Für die Via Alpina, ebenfalls für den E 4, wurden keine neue Wege angelegt, sondern die bestehenden Wege ausgenutzt. Eine nachhaltige Entwicklung ist hier die oberste Priorität. Die Natur im Einklang mit dem Menschen, gegenseitige Achtung und Rücksichtnahme, das sind keine leeren Phrasen, sondern Ziele, mit der Vielfalt der Natur bewusst umzugehen.

Langsam wir es jetzt heller, doch der Fotograf hat seine liebe Mühe, etwas Sinnvolles auf den Chip zu bekommen. Die Lichtverhältnisse sind noch bescheiden, die Sicht ist nicht viel besser. Ich probiere es immer wieder, ein paar brauchbare Bilder werden sich schon ergeben. „Du warst doch auch auf der Tour in Tirol,“ ruft mir einer in seinem Überholvorgang zu.

Unterhalb des Katzenkopfes (1471 Meter) führt uns der Weg dann nach rund 50 Minuten Lauferei zur ersten Labestelle bei der Larchetalm (1173 Meter). Etwa neun Kilometer sind bewältigt. Bei Sicht könnten wir jetzt auf die Pleisenspitze (2569 Meter) oder auf Westliche Karwendelspitze (2384 Meter) schauen. Aber wir haben Wetter „wia in da Waschkuchl“.

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Informationen: Karwendelmarsch
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