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Laufberichte

Richtig gewürzt

15.05.11

Während zweier Jahrzehnte nächtigte ich jede vierte Nacht in fremden Betten. Berufshalber, alleine und in Hotels. So sehr ich die Vorteile der Sesshaftigkeit auch schätze, zwischendurch fehlt mir dann doch der Duft der großen, weiten Welt.

Da kommt es mir gelegen, dass ich meinen Doppeldecker an diesem Wochenende in einer Rundreise mit Übernachtung absolviere. So kommt zu den üblichen Zutaten eines Marathonmenus, Sport, Spaß und Bildung, noch eine Ingredienz dazu.

Obwohl ich vor Ort bin, gibt es früh Tagwache. Ab 06.30 Uhr können im Congress Centrum die Startunterlagen abgeholt werden. Bis dorthin ist es ein kurzer Sprung und die Receptionistin staunt, dass ich so schnell wieder zurück bin.

Beim anschließenden Frühstück werde ich von Gavin angesprochen, einem Südafrikaner, der sich eine Auszeit – ein „Mini-Sabbatical“- genommen hat und während dreier Monate Europa bereist, Freunde und Verwandte besucht und dabei einen Lauf nach dem anderen einsackt. Wir unterhalten uns so gut, dass ich fast zu essen vergesse. Da habe ich ihn also, den Duft der großen, weiten Welt. Es ist schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal in Südafrika war, und eines weiß ich nun: Wenn ich das nächste Mal dorthin reise, werde ich den „Comrades“ oder den „Two Oceans“ laufen. Gavin wird mir beim Organisieren helfen, ich übernehme das dann für ihn, wenn er im kommenden Jahr für ein paar läuferische Glanzlichter wieder nach Europa kommt.

Mit meinem Wochenendeprogramm hatte ich keine Möglichkeit, von den vielen Angeboten zu profitieren, die den Teilnehmenden zur Verfügung stehen. Marathon-Symposium mit interessanten Themen, Pasta-Party, Marathon-Gottesdienst, alles fand gestern ohne mich statt und auch heute werde ich der Marathonmesse keine Aufwartung machen können. Trotzdem werde ich mit Sicherheit ein wohlschmeckendes Laufmenu genießen. Man kann die Beilagen zwischendurch auch mal weglassen.

Die Annehmlichkeit eines Hotelzimmers in Startnähe behagt mir. Kein Schlangestehen bei der Toilette, sondern mit einem kleinen Umweg über die Kleiderbeutelabgabe direkt zu den Startblöcken, das nenne ich Verwöhnprogramm.

Darüber haben wir uns gestern nicht unterhalten, umso größer ist die gegenseitige Überraschung beim Zusammentreffen mit Anton und seinem Guide Günther. Keine 20 Stunden ist es her, seit ich sie auf der Marathonstrecke in Bad Waldsee fotografiert habe.

Bei der Startlinie wird Britta Petersen interviewt, welche bei der Wahl zum m4y-Hero auf einen der beiden Ehrenplätze kam und deshalb von Günter Hermann, dem OK-Chef zu diesem Wochenende in Würzburg eingeladen wurde.

Dann werden wir mit „Highway to Hell“ beschallt. Zugegeben, vom Drive und Groove her, also rein musikalisch ein zum Laufen passender Song. Mit dem Titel kann ich mich allerdings nicht anfreunden, Marathon ist für mich „Stairway to Heaven“.

Der Start ist ein echter Blockstart. Für mich bedeutet das, dass ich im Block C sieben Minuten nach der Spitze auf die Strecke gehe. So gibt es, obwohl Halbmarathon und Marathon gemeinsam starten, kein Gedränge und ein unverkrampftes Loslaufen.

Ganz kurz geht es über den Röntgenring. Der trägt seinen Namen nicht nur zur Ehre des Entdeckers der X-Strahlen; ein paar Häuser weiter sind in der Röntgen-Gedächtnisstätte das Originallabor, in welchem er diese bahnbrechende Entdeckung gemacht, und der Hörsaal, in welchem er gelehrt hat. Das erste Bildungshäppchen ist damit für heute schon gegessen.

Von der Brücke der Deutschen Einheit gibt es auf die linke Seite einen Blick auf die Stadt, rechts an den mit Reben bepflanzten Hang über dem Main, und dem Schlosshotel auf dem Würzburger Stein.

Weniger säuselnd als in einem Schlosshotel geht es am anderen Brückenkopf weiter. Klänge der härteren aber melodiösen Art heizen dem Läuferfeld ein.
Es geht ein Stück dem Main entlang und dann links ab in den Stadtteil Zellerau. Fundstücken zufolge war an dieser Stelle die erste Siedlung Würzburgs.

Nach einer Wasserstelle geht es auf einen Torbogen zu, durch den die Kirche des Karmelitinnenklosters Himmelspforten zu sehen ist. Während ich ganz profan am Marathon teilnehme, ist für die Würzburger Katholiken ein besonderer Tag, der Tag der Seligsprechung eines Sohnes der Stadt. Pfarrer Georg Häfner, 1942 im KZ Dachau als Märtyrer verstorben, war dieser Klosterkirche besonders verbunden und feierte da seine Primiz. Nach der Umbettung seiner Urne in die Kiliansgruft wurde dem Kloster der Grabstein des Waldfriedhofs später als Reliquie für seine Gedenkstätte übergeben.

Auf einem kurzen Begegnungsstück ist durch die Entgegenkommenden für zusätzliche Abwechslung gesorgt, dann geht es mit verschiedenen Abzweigungen weiter durch Zellerau. Kurz nach Km5 sehe ich bei der Verpflegungsstelle Brigitte und Sascha in auffälligem Spendensammler-Outfit. Eben will ich die freundlichen Helfer fragen, ob sie für Sascha nicht ein Bier hätten, da sticht er wie von der Tarantel gestochen auf die andere Straßenseite, wo an einem kleinen Tisch tatsächlich bereits alkoholfreies Weizen gereicht wird.

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Informationen: WVV Marathon Würzburg
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