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Laufberichte

Merhaba İstanbul

11.11.12

Apropos: Alle fünf Kilometer gibt es auch mobile Toiletten und 300-ml-Wasserflaschen, außerdem Äpfel und Zuckerwürfel. Ein Selbstversuch mit einem Apfelstück bringt nicht die notwendige Energie. Das Wasser schmeckt sehr fade. Dazwischen alle 5 km nur Wasser und Schwämme. Es gibt genug Tische mit mehreren Metern Abstand. Nachdem das alle kapiert haben, gibt es keine Staus mehr. Die Jungs tragen meist dunkelgrüne Regenmäntel, obwohl die Sonne scheint. Stimmung machen nur die vereinzelten Helferinnen. Türkinnen sind einfach begeisterungsfähiger. Was ich leider nicht herausbekomme, ist der Grund für die roten und weißen Fahnen der Streckenposten. Meistens ist die rote eingewickelt.

Auf einmal verstehe ich die Telefonwerbung am Straßenrand: Da geht es immer um den Marathon. Vodafone ist Titelsponsor. Somit sieht man in der ganzen Stadt Marathonwerbung.

Vor einem Hotel eine Reisegruppe, die Stimmung macht. Ich: „Danke“ Sie: „Wir sind extra für euch aus Hannover angereist“. Na dann...

Zu sehen gibt’s dann noch das Ende der gut erhaltenen 5,6 Kilometer langen Stadtmauer, die ab dem 5. Jahrhundert für 1000 Jahre die Stadt geschützt hat und die Hunnen bewogen hat, statt des  Ostens lieber den westlichen Teil des römischen Reichs anzugreifen. Danach beschäftige ich mich mit dem Ermitteln der Ideallinie. Fühle mich fit und gebe leicht Gas. Am Wendepunkt gibt es wieder einige Häuser an der Strecke und einige Zuschauer.

Der Rückweg wird uns durch einen starken Gegenwind vermiest, beim Hinweg habe ich den Rückenwind nicht so mitbekommen. Eine traditionell gekleidete einheimische Dame läuft ein Stück in Socken mit. Jetzt sieht man nach den Verpflegungsstellen viele Flaschen mit Energiegetränken in blauer und neongrüner Farbe am Boden. Da für uns Läufer im „Mittelfeld“ leider keine Iso-Getränke mehr zur Verfügung stehen, diskutieren Judith und ich, ob wir die aus den angebrochenen Flaschen trinken sollen. Die Versuchung ist groß und Judith greift schließlich zu.

Weiter in Kürze:

Kilometer 31- Schöner Blick auf die Hagia Sophia: das Ziel ist nahe. Judith hat mich, wohl beflügelt vom Energiedrink, eingeholt und läuft lächelnd an mir vorbei. Das lasse ich mir nicht bieten. Nehme ein wenig Fahrt auf und optimiere die Ideallinie.

Kilometer 35: Auf der Gegenseite der letzte Läufer (das Ziel ist 5:30 Stunden geöffnet, auf den Ergebnislisten tauchen aber später auch noch Läufer mit 6:30 auf). Ein ganz kurzer Nieselregen beginnt. Judith ist unverschämt und lässt eine Wasserstelle links liegen.

Kilometer 37: Die Pendelstrecke ist zu Ende. Jetzt geht es noch um die Halbinsel Sultanahmet herum. Die asiatische Seite kommt näher. Leider immer noch Stadtmauer auf der anderen Seite. Dafür immer mehr Zuschauer.

Kilometer 39: Das Ziel ist nur noch 200 Meter entfernt. Wir dürfen aber nicht den direkten Weg nehmen. Judith ist noch in Sichtweite. Ich habe meine Beutelchen mit Energie-Gel schon verbraucht und freue mich auf Zuckerwüfel. Psychologie ist alles. Wann sehe ich endlich den Galata-Turm?

Ich überhole die junge deutsche Marathon-Debütantin aus dem ersten Teil. Sie ist total am Ende. Aber läuft man dafür nicht Marathon? Ihr Vater am Straßenrand feuert sie an. Die Baustelle für den Eisenbahntunnel unter dem Bosporus liegt rechter Hand. Eröffnung wahrscheinlich 2013. Verzögerung, weil man einen antiken Hafen fand. Die Jahrhunderte alten Boote werden in einem neuen Meeresmuseum ausgestellt. Ein Tunnel für die Wasserversorgung ist  schon fertig. Eine Seilbahn über den Bosporus ist in Planung.

Kilometer 40: Endlich Zuckerwürfel und Wasser. Danach beginnt der vorletzte Anstieg. Steil über die Eisenbahn, danach in einen schönen Park unterhalb des Topkapi-Palastes. Das gibt’s doch nicht: Es geht wieder bergab. Kann Judith sehen, habe aber keine Kraft mehr für einen Aufholversuch. Dann durch ein Tor der Topkapi-Mauer. Jetzt ist die Strecke  weniger steil,  Menschenmassen feuern uns an. Den 200 Meter langen Anstieg bewältige ich grandios. Schilder zählen die letzten 500 Meter abwärts. Links die Hagia Sophia. Rechts ein Pavillon: der deutsche Brunnen, ein Geschenk Kaiser Wilhelms aus dem Jahre 1898. Die letzten 200 Meter laufen wir auf dem ehemaligen Hippodrom. Mich überholt jetzt keiner mehr!

Im Ziel: wieder dunkelgrüne Regenmäntel. Alle schwach aussehenden Läuferinnen und Läufer müssen sofort in die Massagezelte. Ich werde weiter geschickt. Habe also noch Reserven. Judith ist schon 43 Sekunden da. Unsere Zeit: zwischen  4:07 und 4:08 Stunden. Damit bin ich in der ersten Hälfte der Männer-Wertung. Wenigstens etwas. Die Strecke war wegen der Höhendifferenz und des Windes nicht leicht zu bewältigen, was aber wohl nicht die einzige Erklärung für das eher bescheidene Endergebnis sein dürfte...

Es gibt eine Plastiktüte mit Getränken, Schokolade, Finisher-Tişört, Regenumhang. Es ist sonnig und schön warm. Fliegende Händler verkaufen Granatapfelsaft. Die Kleidersäcke gibt’s am Bus hinter einem Obelisken. Wir kaufen uns einen Döner und Ayran, ein leicht salziges Buttermilch-Getränk. Wo gibt’s das sonst auf der Welt nach einem Marathon?

Das Hotel liegt 100 Meter entfernt und nachmittags sich wir schon wieder auf  Tour. Viele Reisende haben ihre Medaillen umgehängt. Die Händler beim Großen Bazar nutzen das als Einstieg in ein Verkaufsgespräch.

Noch zwei Tage bei schönstem Wetter, dann Rückflug nach München, diesmal ohne die Niederbayern. Nach dem Start fällt uns erst auf, wie groß diese Stadt mit 13 Millionen Einwohnern wirklich ist. Im Flieger ein Berliner, der 2:59 Stunden gelaufen ist. Sauber sog i.

Kurzum: Gut organisierter Marathon mit interessanter Strecke. Viele Hauptstraßen sind gesperrt, da sehr hoher Stellenwert des Laufs. Viele ausländische Teilnehmer: Über ein Fünftel von 2.500 Startern kommen aus Deutschland. Leider kommt im Streckenverlauf der asiatische Teil zu kurz, dafür einige Langeweile am Marmarameer. Verpflegung verbesserungswürdig. Wenig Zuschauer. Günstig.

In Kombination mit Sightseeing in Istanbul absolut empfehlenswert: Wie sind die Türken im Heimatland? Wenig Kriminalität (da Islam). Wenig aufdringliche Anmache (auch in den Bazaren nicht).

Achtung: Anmeldeschluss war sechs Wochen vorher. Aber es gab die Möglichkeit auf der Messe per Charity-Nummer nachzumelden. Rechtzeitig informieren.

MEN -
1. Stephen Chebogut, KEN   2:11:05
2. Kiprotich Yegon, KEN    2:15:34
3. Evans Kiplagat, KEN     2:16:43
4. Megersa Bacha, ETH      2:20:10
5. Nicholas Kemboi, QAT     2:20:40
WOMEN -
1. Koren Jelela, ETH    2:28:05
2. Amane Gobena, ETH    2:28:38
3. Sultan Haydar, TUR   2:29:41
4. Alemitu Abera, ETH   2:30:14
5. Ummu Kiraz, TUR      2:36:15

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Informationen: Istanbul Marathon
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