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Laufberichte

Marathon auf hanseatisch

27.04.08

Es gibt zwei Handvoll Städte-Marathons, die man auf jeden Fall gelaufen sein sollte. Neben so illustren Namen wie New York, Boston, Chicago, London, Rom, Paris und Berlin wird immer auch Hamburg genannt. Viele meiner Lauffreunde zählen den Marathon in Hamburg zu ihren schönsten Lauferlebnissen. Warum es dann doch so lange gedauert hat, bis auch ich in Hamburg lief, liegt wohl an der Entfernung zu Stuttgart. Dieses Jahr aber war es soweit, bei der 23. Auflage des Marathons war ich  dabei.

Über die Freie und Hansestadt Hamburg als eine der beliebtesten Städte Deutschlands gäbe es viel zu berichten, was ich mir hier aber verkneifen werde. Dazu gibt es im Internet viel ausführlichere Informationen. Empfehlenswert ist es aber natürlich, ein paar Tage vor dem Lauf anzureisen und sich die Stadt anzusehen.

Ich selbst reiste am Mittwoch mit dem Flugzeug an und ging bereits am Freitag zur Startnummernausgabe und Marathonmesse auf dem Messegelände. Zwar war die Messe auch an diesem Tag gut besucht, kein Vergleich aber zum Samstag, wo sich sehr viel mehr Menschen durch die Hallen drängten. Wer beabsichtigt, sich an den Ständen der großen Anbieter genauer zu informieren oder beraten zu lassen, geht besser bereits freitags zu den Messehallen.
Die Abholung der Startunterlagen selbst klappte problemlos und schnell. Selbst am Lauftag konnte man die Unterlagen früh morgens vor dem Start im Läuferdorf bei Start und Ziel noch bekommen.


Hamburg hat ein perfektes Verkehrssystem aus S- und U-Bahnen, so dass die Anreise zum Start problemlos möglich ist. Bereits um 7.15 waren Angelika und ich im „Läuferdorf“ auf dem Heiligengeist-feld und nur ganz langsam füllte sich das Gelände. Der Himmel war wolkenlos, es war zwar noch etwas kühl, versprach aber schönes Laufwetter. Bereits 45 Minuten vor dem Start wurde aber deutlich, dass es ein warmes Laufwetter sein würde.

Im Gegensatz zu den Vorjahren, fand dieses Jahr ein gemeinsamer Start statt. Alle etwa 20.000 Läu-ferinnen und Läufer stellten sich eingangs der Reeperbahn in 13 hintereinander liegenden Blöcken (A bis N) auf. Wir waren, gemäß unserer angegebenen Zeit von etwa 4:40h im Startblock G und harrten der Dinge.
Um 8.45 wurden die Rollis auf die Strecke geschickt und um 9 Uhr war Start für die Läufer und Wal-ker. Pünktlich um 9.00 Uhr startete der Bürgermeister der Stadt, Ole von Beust, mit einer für eine Ha-fenstadt passenden Schiffsglocke, den Lauf. Der genaue Grund für das originelle Startsignal ist damit begründet, dass es auf St. Pauli ein absolutes Schusswaffenverbot gibt. Eine Menge von ca. 20.000 Leuten in Bewegung zu setzen dauert jedoch seine Zeit. Viele Minuten dauerte es noch, bis unser Startblock frei gegeben wurde, sich gemächlich in Richtung Start in Bewegung setzte und ich dann um 9.12 Uhr über die Zeitmatten an der Startlinie laufen konnte.


Endlich wieder ein Lauf, bei dem ich mitten in der Läufermenge war und noch viele tausend Läuferin-nen und Läufer hinter mir kamen. Den ersten Kilometer liefen wir auf der weltberühmten Reeperbahn. „Lass Dich nicht ablenken von den Damen“, hatte mir ein Mitglied der Organisation am Morgen in der S-Bahn noch mit auf den Weg gegeben. Auf meinen Einwand hin, dass die „Damen“ wohl um diese Zeit noch nicht tätig seien, meinte er, dass die sich daraus einen Spaß machen würden.

Erstaunlich viele Zuschauer standen auf den ersten beiden Kilometern in St. Pauli, klatschten, feuerten uns an und verabschiedeten uns auf die lange Strecke. Ich achtete auf die besagten „Da-men“, sah aber keine. Allerdings lief ich am linken Streckenrand, die einschlägigen Lokale lagen jedoch auf der rechten Seite.
Egal, es war beeindruckend genug, wie sich die dichte Läuferschlange die Straße hinab bewegte. Von Beginn an konnte man zwar störungsfrei laufen, da alle etwa dasselbe Tempo hatten, ein Überholen wäre mühevoll gewesen. Von daher sollte man bei der Anmeldung eine realistische persönliche Zielzeit angeben, um nicht im falschen Startblock zu landen und entweder Bremsklotz für die anderen zu sein, oder selbst gebremst zu werden.


Die Strecke in Hamburg ist nicht ganz flach. Auf dem ersten Kilometer geht es unmerklich abwärts, steigt dann bis Kilometer fünf um 25 Meter auf 40 Meter, nach den Hafenanlagen bei Kilometer 15 ist man dann nahezu auf Meereshöhe und die restlichen 25 Kilometer verlaufen in sanften Wellen von max. 10 Höhenmetern. Wir Hobbyläufer spüren diese wenigen Höhenmetern kaum an unserer Zeit, für einen Weltrekord jedoch wird die Strecke kaum in Frage kommen. Trotzdem werden auch in Ham-burg beeindruckende Zeiten um die 2:07 h bei den Männern und 2:24 h bei den Frauen gelaufen.

Von Anfang an versuchte ich, die Zugläufer 4:30h nicht aus den Augen zu verlieren. Durch das ständige Fotografieren jedoch verlor ich die bald und wurde sogar einmal vom Zugläufer 4:45 h überholt. Fortan beeilte ich mich und konnte ihn dann auch wieder abschütteln. Zwar war das Feld die ganzen 42 Kilometer recht dicht, bis auf die ersten Kilometer nach dem Start gab es aber immer genügend Platz, so dass man, ohne Zickzack laufen zu müssen, ungestört laufen und meist auch problemlos überholen konnte. So gelang es mir, nach jeder Fotopause, wieder zu Angelika aufzuschließen.

Bei Kilometer fünf kam die erste Wasserstelle, bei Kilometer 7,5 die erste Verpflegungsstelle. In Ham-burg waren die Tische ausschließlich am rechten Streckenrand aufgebaut. Wer also ohne Stopp durchlaufen wollte, konnte das ganz ungehindert auf der linken Seite tun.

Da es aber bereits von Anfang an warm war, ließ ich keinen Stand aus, trank alle 2,5 Kilometer zumindest einen Becher Wasser, der meist von Helfern gereicht wurde. So war ich stets nach wenigen Sekunden wieder auf der Strecke. Bis zur Verpflegungsstelle waren wir nach Westen gelaufen, danach kam eine Wende und es ging auf der Elbchaussee zurück Richtung Osten.


Bei Kilometer 9 näherten wir uns dem Hafen. Waren auf den letzten Kilometern weniger Zuschauer an der Strecke, änderte sich das ab jetzt dramatisch. Entlang dem Fischmarkt und den Landungsbrücken standen tausende Zuschauer dicht an dicht in mehreren Reihen und zum ersten Mal kam auf diesen zwei, drei Kilometern die Stimmung auf, für die dieser Lauf berühmt ist.


Die Zuschauer wurden danach wieder etwas weniger. Rechterhand lag jetzt die Speicherstadt in der man u.a. auch die weltweit größte Modelleisenbahn anschauen kann. Etwas später passieren wir das Chilehaus und kommen dann in einen Tunnel, den wir nach vielleicht 700 Metern wieder verlassen. An dem kleinen Anstieg nach dem Tunnelausgang sah ich bereits den einen oder anderen gehen.

Oben wurden wir wieder von Zuschauern empfangen und hatten bald die Binnenalster erreicht, die wir auf dem Ballindamm und dann dem Jungfernstieg umrunden. Hier ist auch an ganz normalen Tagen schon viel los, heute aber ist hier Party angesagt. Die Stimmung ist großartig und mancher lässt sich dadurch verleiten, etwas schneller zu laufen, als ihm gut tut. Vorne auf unseren Startnummern ist jeweils der Vorname aufgedruckt und immer wieder werden die Läuferinnen und Läufer mit Vornamen angefeuert, oder aufgemuntert.


Fünfzehn Kilometer lagen hinter mir, ich fühlte mich noch gut, machte Bilder und war guter Hoffnung, das Tempo bis zum Schluss durchzuhalten, obwohl es seit einigen Kilometern viel zu warm war. Die  Sonne stand jetzt recht hoch und heizte mir ganz schön ein. Glücklicherweise war ich mit meinen kur-zen Hosen und dem kurzärmligen Hemd richtig gekleidet. Manchen aber sehe ich in langen Hosen und Jacke schwitzen. Die haben sich alle von der Kühle vor dem Start täuschen lassen.

Auf der Kennedybrücke überquerten wir das Wasser und liefen anschließend der Außenalster entlang nach Norden. Auf diesem Abschnitt saßen die Zuschauer, passend zu den herrlichen Häusern, stilvoll an Tischen und genossen ihr Frühstück mit Kaffee und vereinzelt wohl auch mit Sekt. Ich beobachtete die Zuschauer und die Läufer um mich herum, wunderte mich über die vielen Läufer, die bereits hier gingen, machte meine Bilder und genoss immer noch den Lauf.
Bei Kilometer 19 verließen wir die Alster und erreichten am Ende der Beethovenstraße die Halbmara-thonmarke. Der Sieger des Laufes, David Mandago, war schon längst im Ziel, als ich nach 2:18 h die Hälfte der Strecke absolviert hatte. Für meine geplante Zeit von 4:40 h lag ich aber noch richtig, ich musste nur das Tempo halten. Zwar ging es mir noch bestens, die Wärme aber machte mir zu schaf-fen. Aus Erfahrung wusste ich aber, dass ich mit solchen Temperaturen gut klar komme, wenn ich genügend trinke. Das aber war bei diesem Lauf überhaupt kein Problem, denn alle 2,5 km kamen im Wechsel ein Verpflegungsstand mit Wasser, Iso und Bananen, oder eine reine Wasserstelle.
Auch auf dem weiteren Weg standen viele Zuschauer am Straßenrand, andere picknickten auf dem Grünstreifen neben der Straße, Kinder hielten die Hände hinaus und wollten abgeklatscht werden und dann wieder machten ein paar Leute Musik für uns Läufer und die Zuschauer.


Auf der Saarlandstraße ging es weiter hoch nach Norden, vorbei am Stadtpark von Winterhude, über die Fuhlsbüttler- und Hebebrandstraße, vorbei an der City Nord und weiter über die Hindenburgstraße, die Bebelallee und die Rathenaustraße bis Kilometer 30 bei der S-Bahnstation Olsdorf.

Die Stimmung an der Strecke wurde immer besser, sie erleichterte mir das Laufen, das jetzt nicht mehr so leicht und locker war, wie noch vor einer Stunde. Ich musste mich mehr anstrengen, um mein Tempo zu halten. Manchmal lief man durch ein dichtes Spalier von Zuschauern, die uns begeistert anfeuerten, dann wieder saßen sie beinahe aristokratisch vor ihren Häusern auf dem Grünstreifen neben der Strecke und zelebrierten ihren Imbiss. Dann wieder saßen sie gemütlich beieinander und beobachteten wohlwollend die vorbeiziehende Karawane und eine weitere Kategorie Zuschauer hatte es sich auf dem Grünstreifen gemütlich gemacht, grillte, ließ es sich gut gehen und vertrieb sich die Zeit, indem sie uns zuschauten.


In Ohlsdorf hatte man den nördlichsten Punkt der Strecke erreicht und über Maienweg, Alsterkrug-chaussee und Lehnhartzstraße ging es wieder Richtung Süden. Die Zuschauer wurden beinahe noch zahlreicher, die Stimmung noch besser.

Die Strecke war immer noch so voll, wie am Anfang, allerdings überholten wir jetzt ständig. Viele waren langsamer geworden, andere mussten sogar gehen. Zwar fiel auch mir es immer schwerer, das Tempo annähernd zu halten, noch aber gelang es.

Ganz auffallend für mich war, dass ich mit kaum jemanden ins Gespräch kam. Viele hatten Kopfhörer auf und signalisierten dadurch ihr Desinteresse, andere waren deutlich langsamer und nur ganz weni-ge liefen annähernd unser Tempo. Wolfgang lief heute seinen ersten Marathon. Er sah noch gut aus, er fühlte sich auch gut und würde auf keinen Fall ins Gehen übergehen, wie er auf Nachfrage versicherte.


Ab Kilometer 38 lief man ca. zwei Kilometer lang auf der Rothenbaumallee, vorbei an der weltbekann-ten, gleichnamigen Tennisanlage. Dicht gedrängt standen hier die Leute an der Strecke und feuerten uns an, die Stimmung hatte hier einen weiteren Höhepunkt erreicht. „Ihr seid jetzt auf der vier Kilome-ter langen Zielgeraden“, rief uns ein Zuschauer zu.

Ganz stimmte das mit der Zielgeraden natürlich nicht, da war ja noch der Schlenker über die Esplana-den (km41) und den Gorch-Fock-Wall, wir streiften noch die Messehallen, bis wir dann tatsächlich die letzten fünfhundert Meter auf der kerzengeraden Glacichaussee bis ins Ziel liefen.

Die letzten Kilometer waren mir schwer gefallen, war auch etwas langsamer geworden, hatte aber mit 4:40:22 h meine vorgegebene Zeit genau eingehalten.


Der Rest war Routine: Verpflegungstüte und Bier abholen, ausruhen, umziehen und dann mit der S-Bahn nach Hause in unser Quartier.


Von den eingangs erwähnten Städtemarathons hat sicher jeder seine Vorzüge und Highlights. Ganz eindeutig aber punktet Hamburg mit einer schönen Strecke und vor allem dem phantastischen Publi-kum, das besonders ab der zweiten Hälfte eine tolle Stimmung an der Strecke macht und dadurch manchen ins Ziel bringt, der ansonsten längst aufgegeben hätte.

Statistik

Finisher insgesamt 15.785, davon 12.602 Männer und 3.183  Frauen -  800.000 Zuschauer, sommerliches Wetter

Ergebnis

Bittere Ergebnisse für Ulrike Maisch und Martin Beckmann – mit den Olympia-Tickets wird es wohl nichts werden. Auch der „König“ von Hamburg, Julio Rey, 4maliger Gewinner der 42 km durch die Hansestadt, musste eine bittere Niederlage einstecken: Platz 16 in 2:13:20. Strahlender Gewinner: David Mandago aus Kenia in 2:07:23 und die Russin  Irina Timofejewa (2:24:14).

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Streckenbeschreibung

Flacher, teilweiser etwas welliger Rundkurs, sehr gut zu laufen.

Zeitnahme

Champion-Chip, Zwischenzeiten alle 5 km, jeder Kilometer ist angezeigt.

Rahmenprogramm

Marathonmesse ab Freitagmittag mit Ausgabe der Startnummern.
Ökumenischer Gottesdienst am Samstag.

Weitere Veranstaltungen

Rollis und Hand-Biker, das Zehntel 

Auszeichnung

Medaille, Urkunde (auch Sofort-Urkunde) 

Logistik

Großes Läuferdorf, Mengen von Toilettenhäuschen, Kleiderabgabe übersichtlich

Verpflegung

Alle 5 km Verpflegung (Bananen) und Getränke (Wasser, Iso, Ultra-Buffer), ab 7,5 km zusätzlich alle 5 km Wasserstellen.

Verpflegungsbeutel im Zielbereich, Erdinger Freibier

Zuschauer:

800.000 machen eine tolle Stimmung auf der Strecke

 

Informationen: Haspa Marathon Hamburg
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