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Laufberichte

Hart und traumhaft: Laufreise zu den Glocknerseen

23.07.16

Im Banne der Kapruner Hochgebirgs-Stauseen

 

Näher und näher rücken die Staumauern und entfalten erst jetzt allmählich ihre beeindruckenden Dimension. Kurz nach 14 Uhr ist es, als ich nach 33 km die Staumauer des Mooserboden erklimme und dort stehe, wo ich schon immer einmal stehen wollte. Und erst hier, aus dieser Perspektive, offenbart sich so richtig die Grandiosität dieses Meisterwerks der Baukunst, die Schönheit des von ihm aufgestauten Sees und die aufregende Kulisse der bis in 3.500 m Höhe aufragenden Bergriesen, die all das rundherum umschließt.

 

 

Im Mooserboden sammelt sich auf 2.045 m üNN ein Großteil des Schmelzwassers des Pasterzengletschers. Der Stausee entstand durch Bau zweier bis zu 112 m hoher Talsperren schon in den Jahren 1947 bis 1955. Eine breite Straße führt über den Kamm der beiden durch einen Felssockel getrennten und touristisch bestens erschlossenen Dämme. Diese ist auch Teil des Laufkurses. Ich lasse mir Zeit und pendle von der einen Staumauerseite zur anderen, hin und her. Gar nicht sattsehen kann ich mich. Durch einen Felstunnel werde ich von der ersten zur zweiten Staumauer gelotst. Und von hier blicke ich aus der Vogelperspektive auf den nicht minder schön eingebetteten, 350 m tiefer liegenden Stausee Wasserfallboden.

Ganz entspannt genießen kann ich die Szenerie auch von dem am Ende des zweiten Damms in traumhafter Lage positionierten zweiten Verpflegungsposten. Gemütlich trinke ich zwei Becher Kaffee und lasse auch sonst nichts aus dem Angebot aus. Schwer fällt es mir, mich von diesem Ort zu verabschieden, aber ein paar Regentropfen machen die Entscheidung leichter.

 

Der lange Abstieg nach Kaprun

 

16 km liegen noch vor mir. Und zunächst ein überaus spannender Weg hinab zum Wasserfallboden. Ein wunderschöner, üppig grüner wie blütenbunter Pfad entlang eines Kräuterlehrpfads macht den Anfang. Dazwischen immer wieder im Blick: Der große türkisfarbene Farbklecks des Sees unter und die mächtige Staumauer des Mooserbodens über uns. Kurz überlege ich mir, auf der idyllisch gelegenen Fürthermoaralm einzukehren, bin dann aber doch nicht so spontan.

 

 

Auf kleineren Passagen folgen wir immer wieder der schmalen, asphaltierten Straße, auf der Postbusse die Touristen von der Bergstation des Lärchwandschrägaufzugs zu den Stauseen karren. Dort, wo die Straße, wie häufig, in düster-feuchten Tunnels verschwindet, werden wir auf teils abenteuerlichen Wegen hoch über dem See durch die Bergflanke geleitet. So schmal ist der Pfad bisweilen und steil der Abhang gen See, dass der Weg stahlseilgesichert ist. Vorbei kommen wir an einer großen, von einem Bach ausgehöhlten Schneehöhle. Island-Erinnerungen werden da wach. Und klettertechnisch werden wir an einer anderen Wegstelle gefordert, wo wir über Klammereisen und seilgesichert eine Felswand empor steigen müssen und als Zugabe das Wasser über den Fels rinnt und spritzt.

Wir erreichen die Staumauer des Wasserfallbodens und kurz darauf die Bergstation des schon erwähnten Schrägaufzugs. Er besteht aus einer riesigen, offenen Plattform, die, vom Talschluss des Kapruner Tales aus, per Seilzug auf einer Länge von 820 Metern stolze 431 Höhenmeter überwindet. Durch fast schon tropisch üppige Natur führen die Schienen der Bahn. Und dieses Grün ist jetzt auch unser Laufrevier. Jäh und meist blickdicht geht es in Sepentinen in die Tiefe, vorbei an vermoosten Felsen, riesenblättrigen Stauden und Farnen. Geradezu feuchtheiß ist es und ich bin froh, am Mooserboden meine Getränkevorräte aufgestockt zu haben.

 

 

Im Tal angekommen flacht der Weg allmählich ab. Die Nähe der Straße ist bisweilen zu sehen, aber das Rauschen der Kapruner Ache übertönt alle Fremdgeräusche. Auf Naturwegen bleiben wir meist nahe am Bach. Noch immer liegen einige Kilometer vor mir. Und die ziehen sich hin, auch wenn man zumeist entspannt und ungehindert dahin traben kann. Kurz blinkt die Talstation der zum Kitzsteinhorn führenden Gondelbahn durch das Geäst der Bäume.

Weiter geht es zum idyllischen Klammsee, dessen Ufer primär von den Clans Sommerfrische suchender arabischer Touristen belegt sind, die im Juli und August auch im Übrigen das Straßenbild Kapruns exotisch bereichern. Am Ende des Sees strömt das Wasser über eine breite, fast senkrecht abfallende Rampe in die Tiefe. Das Bild erinnert an einen riesigen weißen Wandteppich. In der Folge verschwindet das Wasser tosend in der nur wenige Meter breiten, aber 32 m tiefen Sigmund Thun Klamm. Auf Holzstegen kann man die Klamm durchwandern. Ich muss mich mit einem Blick von der Klammbrücke aus begnügen, aber auch dieser hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck von der Wildheit der Klamm.

 

Zieleinlauf im Herzen Kapruns

 

Nun weiß ich aber: Kaprun ist nahe. Vom riesigen Umspannwerk am Ortsrand aus liegen noch 1,5 km ins Ortszentrum vor mir. Die muss ich zwar auf Asphalt zurücklegen, aber zum Auslaufen ist das nicht schlecht. Vorbei an den zahllosen Hotels und Appartements der Tourismusmetropole geht es bis zum Salzburger Platz im Zentrum. Zaungäste am Wegesrand spenden den eintröpfelnden Läufern Beifall und besonders nett ist der persönliche Empfang im fahnengesäumten Zielkanal.

 

 

Wow, denke ich mir, das was ein hartes Stück „Laufarbeit“. Und zugleich fühle ich: So viel Spaß hat diese Arbeit selten gemacht. So viele wundervolle Eindrücke und Erlebnisse, und das auf „nur“ 50 km, für die ich immerhin gut 10 Stunden benötigt habe, doppelt so viel wie der österreichische Sieger Markus Stock (4:48:21). Völlig schleierhaft ist mir, wie man das bei dieser vielfach schweren Strecke schaffen kann. Andererseits bin ich mir sicher: Mehr „Erlebnis“ nehme ich mit nach Hause. Ich will kein Prophet sein: Aber für die dritte Austragung im nächsten Jahr sollte man mit einer Anmeldung nicht zu lange warten. Denn das Starterlimit dürfte dann schneller erreicht sein als in diesem Jahr.  

Zum Abschluss noch ein Tipp: Wenn man einen solch tollen Lauf genießt, sollte man sich ein entsprechendes Pendant beim Quartier gönnen. Das 4 Sterne-Hotel „Active by Leiter's“ in Kaprun hat nicht nur einen besonderen Namen, sondern ist auch sonst etwas Besonderes – viel ausgefallenes Design, Holz und Öko, schicke Zimmer mit Hängematte auf der Terrasse. Und ein Essen, früh wie abends, das Sternequalität hat. Und das hat man sich nach so einem Lauf auch verdient.

 
 

Informationen: Großglockner Ultra-Trail
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