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Laufberichte

Laufgenuss im Biospährenreservat

 

Eine noch schönere, aber auch etwas längere und anspruchsvollere Strecke? Diese Ankündigung in der Ausschreibung lockt mich, nun schon zum dritten Mal bei einer der schönen Veranstaltungen der Vosgirunners zu starten.

In den letzten Jahren haben sich die Trail-Läufe in Niederbronn-les-Bains mit der stetig wachsenden Auswahl an Disziplinen zu einem erfolgreichen und beliebten Event entwickelt. An diesem Wochenende starteten insgesamt etwa 1600 Leute auf den unterschiedlichen Strecken. Da Niederbronn nur etwa 30 Minuten entfernt von der A5-Ausfahrt Baden-Baden auf der französischen Seite der Rheinebene liegt, kommen auch viele Läufer aus Deutschland. Die hervorragende Organisation und die schöne Strecke sind inzwischen weit über die Grenze hinaus bekannt.

Klassiker sind die Läufe am Sonntag, die seit drei Jahren um eine längere Strecke am Samstag sowie Kombinationswertungen ergänzt werden. Am meisten Teilnehmer hat der MAC6 mit 26 km und laut Ausschreibung 1100 Höhenmetern (660 Finisher), gefolgt von La Vosgigazelle mit 10,6 km und 250 Hm (214 Finisher). Ich starte mal wieder bei der Grand Défi des Vosges, die jetzt erstmals um 4 km und etliche Höhenmeter auf 58 km mit 2200 Hm erweitert wurde. Außerdem wird am Samstag zum dritten Mal die Défi des Seigneurs mit 74 km und 2700 Hm  (288 Finisher) angeboten, zusätzlich gibt es Kombinationswertungen für Läufer, die sowohl Défi des Seigneuers als auch MAC6 (97 Finisher) oder Défi des Seigneurs und Défi des Vosges (32 Finisher) schaffen. Die GPS-Messungen der Höhenmeter, die auf der Homepage neben dem Höhenprofil stehen, sind jeweils deutlich niedriger als die in der Tabelle der Ausschreibung genannten Werte und meiner Meinung nach auch realistischer. Die Startgebühr ist, wie im Elsass üblich, ausgesprochen gering. Je nach Anmeldezeitpunkt kostet die Défi des Vosges 16 bis 30 Euro.

Niederbronn-les-Bains wurde 48 v. Chr. von den Römern gegründet. Die bereits damals genutzten Heilquellen gerieten aber nach dem Untergang der römischen Siedlung für viele Jahrhunderte in Vergessenheit, bis sie ab dem 16. JH erneut genutzt wurden und auch heute noch ihre gesundheitsfördernde Wirkung entfalten.

Wer nach dem Wettkampf noch Zeit für einen kleinen Ausflug hat, der kann oberhalb von Niederbronn die Wasenburg besichtigen, eine ausgesprochen schöne Ruine.

 Bei wolkenlosem Himmel, Windstille und idealer Lauftemperatur starten wir um 8 Uhr am Sportplatz in Niederbronn. Schon nach wenigen hundert Metern verlassen wir die Rheinebene und steigen auf Waldwegen bergauf. Bald kommen wir an den ersten neuen Streckenabschnitt. Im Gegensatz zu früher verlassen wir hier den parallel zur Rheinebene führenden Waldweg, steigen auf einem Trail bergauf und laufen einige Zeit später wieder abwärts. Danach folgen wir lange Zeit einem breiten Waldweg mit nur leichter Steigung aufwärts. Durch diese neue Route entzerrt sich das Läuferfeld sehr schnell. Zuerst kommen Trail-Freunde zum Zug, danach Läufer, die flache, schnelle Aufstiege bevorzugen. Mir das aktuelle Update. 

Da es seit langer Zeit nicht geregnet hat, ist der Sandboden extrem trocken. Im Gegenlicht kann ich deutlich die von den Läufern vor mir aufgewirbelte Staubwolke sehen. Auf dem Foto mit den Baumstämmen erkennt man sie ein bisschen.

Schöner kann ein Frühlingstag nicht sein! Die Sonne scheint, der Wald leuchtet in frischem Grün und wir dürfen endlich wieder in Shorts und mit kurzen Ärmeln laufen. Rings umher zwitschern die Vögel. Mich wundert es, dass ich dennoch einige Läufer sehe, die sich mit Kopfhörern und MP3-Playern von der Natur abschotten.

Zum ersten Mal seit Jahren laufe ich heute mit Flaschengürtel statt mit Rucksack. Da zum Gurt nur eine 0,5 l Flasche gehört, wir heute aber mindestens einen Liter Wasser mit uns führen müssen, wobei mehr dringend zu empfehlen ist, habe ich eine zusätzliche 0,7 l Flasche lose zwischen Gurt und Bauch gesteckt. Blöde Idee! Während der ersten drei Kilometer muss ich mich mindestens zehn Mal bücken, um die Flasche aufzuheben, zweimal sogar den Weg verlassen, weil die Flasche neben mir den Abhang hinab kullert. Während der restlichen 55 km trage ich sie dann meist in der Hand. Nie wieder ohne Rucksack!

Den ganzen Tag über wechseln wir häufig zwischen breiten, bequemen Waldwegen und nicht allzu schweren Single-Trails. Bergauf dominieren flache Aufstiege, bergab geht es oft recht rasant über steile Pfade. Bei Jaegerthal kommen wir an der Ruine einer alten Eisenschmiede vorbei. Schon 1890 endete die Zeit dieser Schmieden. Danach folgt ein Aufstieg durch ein schönes Tal, anschließend geht es ordentlich bergauf. Im Wald treffen wir mehrmals auf kleine Bunker.  Diese zählen zur Ligne Maginot, einer 1930-1940 erbauten Kette von Bunkern und anderen Verteidigungsanlagen, die damals die Grenzen Frankreichs schützen sollte.

Dann laufen wir auf dem bisher meiner Meinung nach einzigen nicht so spannenden Streckenabschnitt ein paar Kilometer auf breiten Waldwegen. Dieser Bereich ist normalerweise recht ereignislos. Doch dieses Mal ist er mit einem herrlichen Hindernis-Parcours garniert. Auf einigen hundert Metern liegen sehr viele gefällte Bäume über den Weg. An manchen Stellen liegt das Gehölz so dicht, dass man unmöglich drüber steigen kann und sich einen Weg oberhalb am Steilhang suchen muss. An anderen Stellen kraxelt man über die Stämme oder kriecht unter ihnen durch. Welch ein Spaß!Diese grandiose Streckenverbesserung begeistert mich. Von mir aus könnte man Holzfällarbeiten zum festen Bestandteil der Vorbereitung von Lauf-Veranstaltungen machen.

Doch eigentlich genügt mir schon die idyllische Natur zum Glücklichsein. Heute laufen wir fast ausschließlich durch den Wald des von der UNESCO geschützten, grenzüberschreitenden Biosphärenreservat Nordvogesen / Pfälzerwald. Nur selten sehen wir Häuser oder Straßen. Unser Weg führt meist durch hellen Laubwald, vereinzelt mit Kiefern dekoriert. Nur ab und zu geht es über Wiesen. Der Asphaltanteil ist minimal. Die Trails und Waldwege führen meist über bequem laufbaren Sandboden. 

Nach 2:40 Stunden erreiche ich die erste Verpflegungsstelle. Inzwischen hat sicher jeder Läufer kapiert, warum mindestens ein Liter Wasser Pflichtausrüstung ist. Bei der trockenen Luft heute kann man sogar mehr brauchen. Es wird weitere 2,5 Stunden dauern, bis ich VP 2 erreiche. Die Helfer an den Verpflegungsstellen sind routiniert und hilfsbereit. Sobald jemand mit offener Flasche oder Trinkbeutel auftaucht, greifen sie zu und füllen Wasser nach. Außer Wasser gibt es an jeder VP genügend Cola, außerdem Bananen, getrocknete Aprikosen, Orangen, Rosinen, kleine Salzbrezeln, Salami, Käse und Schoko-Kekse. 

Die erste VP ist unterhalb der Burgruine Vieux-Windstein (oder auf Deutsch Alt-Windstein). Diese Burg wurde bereits zur Zeit der Staufer erbaut und 1201 erstmals urkundlich erwähnt. Im 14. JH plagten die Burgherren ihre Landsleute als Raubritter, was mit einer zehnwöchiger Belagerung und anschließender Zerstörung der Burg bestraft wurde. Bald darauf wurde sie neu aufgebaut, zerfiel dann aber Mitte des 17. JH endgültig. Heute ist dies eine der faszinierendsten Ruinen der Region, allerdings sind momentan die Zugänge teilweise gesperrt. Nur kurz erhaschen wir zwischen den Bäumen hindurch einen Blick auf den Burg-Felsen.

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Informationen: Grand Défi des Vosges
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