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Laufberichte

Sprung auf, marsch marsch zum Marterhorn!

07.07.12

Den smaragdgrünen See unter mir könnte ich immerzu nur anschauen, muß aber auf den Weg achten, um nicht auf die Schnauze zu fallen. Dazu später mehr. Mühsam schleppt sich der Tross weiter, Km 33, Ziegen, friedliche, zum Glück. Der Weg wird zunehmend schwieriger, immer wieder muß ich dicken Steinen ausweichen, darf nicht umknicken. Die Japaner, nee, so etwas habe ich noch nicht gesehen. Das Matterhorn muß nach dem Fuji San der zweitheiligste Berg Japans sein, so viele von denen treiben sich hier herum. Dankbares Marathonpublikum, immer wieder stehen sie am Rand, strahlen und applaudieren mit behandschuhten Händen. Gibt es ein marathonverrückteres Volk als die? Andrea und Kay haben es vorgemacht, ich glaube, auch da muß ich noch hin. Eng ist der Weg, aber das ist hier kein Problem. Ganz im Gegensatz zur Jungfrau, so schön sie ist, so überlaufen ist sie auch, was unvermeidlich an manchen Stellen zu Staus führt. Klare Sache, hier und heute 812 Finisher plus 370 Staffelläufer sind schon etwas anderes als eine Jubiläums-Doppelveranstaltung am Samstag und Sonntag mit je 4.000 Gemeldeten!

Bei der nächsten Tränke an Km 35 laufe ich überraschend auf unseren Co-Trainer Rüdiger auf. Sicherlich läuft der nicht volle Kanne, aber offensichtlich komme ich gut vorwärts. Klar warte ich auf Dich, es ist schön, wenn wir zusammen weiterlaufen. Und sinnvoll. Denn wenig später ist es passiert. Sonnenbrille auf, ständiger Wechsel zwischen hell und dunkel, aufs Fotografieren konzentriert. Nein, Ihr Schlauberger, ich verlaufe mich nicht, sondern fliege auf die Fresse, und das nicht zu knapp. Kleiner Finger, Handgelenk, Uhr, linke Seite, die Fixpoints, die die Startnummer halten, fliegen umher und das linke Jochbein bremst den Rest. Aua. Gott sei Dank ist der Schreck größer als der Schaden, die Fixpoints finde ich wieder, befestige die Startnummer provisorisch und laufe weiter, nachdem Rüdiger mich wieder auf die Beine gestellt hat. Mit solch leichten Blessuren hat man dann am Ende doch noch mehr vorzuweisen…

Die Kamera streikt ab sofort, hat also doch etwas abbekommen, Mist. Akku rein-raus, Chip rein-raus, nichts hilft. Aus, ein, keine Chance. Klar, wenn man beim Sturz das Rädchen auf Filmen dreht, kann sie auch nicht auslösen, Schwein gehabt. Weiter. Viel geht es abwärts zwischen den Km 32 und 37, rund läuft es sich trotzdem nicht mehr vollständig, aber es geht immer weiter. An der Station Riffelalm stehen Elke und Barbara, schön, Euch zu sehen, insbesondere, wenn mit einem noch gar nicht gerechnet wurde. Die Kapelle hat natürlich Pause, wie alle anderen auch, dafür kann sich ein Kurgast auf einer Liege bei der Ruhe einen Wolf schnarchen. Weiter aufwärts geht es, immer weiter, Schritt für Schritt unter der gnadenlosen Sonne.

Und dann muß ich einfach mal stehenbleiben, zoomen und dem Berg der Berge den ihm gebührenden Tribut zollen. Was haben wir für ein Glück! Gestern bei der Streckenerkundung war es noch komplett nebelverhangen und nicht einmal zu erahnen gewesen, heute erstrahlt es in voller Schönheit, nur die Spitze von einem leichten Wolkenschleier umgeben. Bleibt es heute das Matterhorn oder wird es mir zum Marterhorn? So, wie es derzeit aussieht, darf es seinen Namen behalten, denn ich fühle mich trotz der Anstrengung gut und versuche, das grandiose Panorama in mir aufzusaugen, leider kann ich es ja nicht mit nach Hause nehmen.

Und dann, kurz vor Km 40, sehe ich sie erstmals aus der Perspektive des Fußgängers: Die Rampe! Sagenumwoben wie die „Wand“ nach Wengen beim Jungfrau-Marathon, zieht sich die gegen Steinschlag und Lawinen eingehauste Bahnlinie steil zum Riffelberg hoch. Rechts von ihr führt uns nun der Weg auf dem vermeintlich finalen Anstieg nach oben, zunächst noch auf Schotter, begleitet von aus dem Zug lärmenden Fans, die uns lautstark Anerkennung zollen. Der Schotter- geht in einen breiten Bohlenweg über, der gegen Absturz durch große Netze gesichert ist. Das sind die Bilder, die man immer wieder im Vorfeld gesehen und sich darauf gefreut hat, jetzt darf man hier höchstpersönlich durch und weiß, daß das Ende naht. Das des Laufs, wohlgemerkt!

Auf der Bergspitze am höchsten Punkt des Wegs sehe ich einen aufgeblasenen Bogen, weiß aber aufgrund der Vorbesichtigung, daß dies nur ein Werbebogen ist. Wehe dem, der hier den Zielstrich vermutet! Peter, der es schon längst geschafft hat, kommt mir entgegen: „Hau rein, Du Sau!“ Ich unterstelle, daß er es nicht wörtlich meint und klatsche ihn nur ab. Wieder leicht abwärts, eine kleine Brücke, „Ziel 500 m“, sagt das große Banner. Fertigmachen zum entspannten Zieleinlauf! Und wieder sind einige kleine An- und Abstiege über ganz schmale Pfade zu nehmen, aber die Beine sind angesichts des nahen Finales erstens leicht und zweitens macht Überholen eh keinen Sinn mehr. Km 42, jetzt nur nicht noch mal hinlegen beim letzten Bergabstück und dann, nach 5:13 Std., 10 min. früher als bei der Jungfrau, is et eröm mit der Springerei. Ehrlich – den Gornergrat hätte ich jetzt noch gerne drangehängt. Das Sahnehäubchen zum Ultra mit weiteren 500 Höhenmetern auf 4 Km aber gab es nur im letzten Jahr zum zehnjährigen Jubiläum. Und wird aufgrund des großen Erfolgs im kommenden Jahr erneut angeboten.

Schlangestehen zur Chiprückgabe, Huldigung der Fans entgegennehmen, vor Margot posen, nur noch genießen. Klasse war’s! Ich erhalte eine schöne Medaille, bekomme während des Wartens (!) schon eine Verpflegungstüte gebracht und bediene mich dann großzügig am Flüssigkeitsnachschub, denn der ist dringend notwendig, auch wenn ich unterwegs gut nachgefüllt habe. Stimmung wie bei der Jungfrau 2011: Sommer, Sonne, Heiterkeit, man kann im warmen Gras liegen und es sich gutgehen lassen.

Die Siegerehrung nehmen wir noch mit, die zu recht zufriedene Chefin Sabine strahlt in die Kamera, genau so wie die Sieger und Plazierten. Einer der beiden gestarteten Kenianer hat den Lauf in sagenhaften 2:59 Std. gewonnen und platzt fast vor Freude über den Scheck in Höhe von 2.500 Fr. Die beiden gehören zu einem Laufcamp, das der Verein run2gether in Kenia betreibt. Dort können rund 30 Athleten umsonst trainieren und leben und werden von Zeit zu Zeit nach Österreich gebracht, um dort, in Italien oder der Schweiz zu starten. Vom Startgeld darf er den Löwenanteil behalten (das reicht in jedem Fall für den Kauf einer Kuh, ein Reichtum für die Familie), der Rest wird zur Finanzierung des Camps abgegeben. Wir hatten uns am Vorabend in unserem Hotel kennengelernt und einige Zeit geplaudert, schließlich kenne ich mich mit den Brüdern ja mittlerweile aus. Mein Freund Henry ist für die beiden natürlich auch ein Begriff und sie strahlen mich vom Podest aus an. Nette Kerle!

Tja, welcher der beiden von mir gelaufenen Bergmarathons (Jungfrau, Zermatt) ist nun der bessere? Ich übe mich da in vornehmer Zurückhaltung, denn erstens wäre das Urteil nicht objektiv und zweitens konkurrieren die Veranstaltungen auch nicht miteinander, da ja zwei Monate zwischen den Terminen liegen. Wer jetzt aber meint, er könne sich zur Jungfrau noch anmelden, der hätte früher aufstehen müssen, denn der doppelt (Sa/So) ausgetragene Jubiläumslauf ist mit je 4.000 Teilnehmern seit Monaten ausgebucht. Diesen Vorteil allerdings kann dem Zermatt-Marathon also keiner nehmen: Hier kannst Du Dich noch kurz vor dem Start anmelden und bist herzlich willkommen.

Ein letzter Gedanke noch zu einem evtl. Zermatt-Halbmarathon, den manche wohl gerne hätten. Angesichts der angebotenen Zweierstaffel halte ich den für so überflüssig wie einen Kropf. Denn die Staffel teilt die Gesamtstrecke in zwei gleich lange, aber stark unterschiedlich schwere Hälften, sodaß auch unterschiedlich starke Läufer ein schönes gemeinsames Lauferlebnis haben und sogar gemeinsam ins Ziel einlaufen können. Also, worauf wartet Ihr noch?

 

Marathonsieger


Männer

1. Michieka Paul Maticha, Immensee 2:59.54,9
2. Wieser Patrick, Aadorf 3:07.58,6
3. Dupont Jean-Christophe, F-St Jean de Sixt 3:11.36,1

Frauen

1. Gassmann Bahr Daniela, Siebnen 3:29.13,1
2. Camboulives Aline, F-St Jorioz 3:33.39,1
3. Nunige Jasmin, Davos Platz 3:43.51,8

802 Finisher


Startgeld:
95 €, für den Staffelmarathon 145 €.

Streckenbeschreibung:
Von St. Niklaus über Zermatt zum Riffelberg, 1.944 positive, 444 negative Höhenmeter. Sollzeit 6:20 Std. mit Maximalzeiten in Zermatt, Sunegga und Riffelalp.

Rahmenprogramm:
Sehr kleine Messe in St. Niklaus, Pastaparty (gegen Bezahlung – 5 Fr. mit, 10 Fr. ohne Startnummer) in Zermatt.

Auszeichnung:
Funktionelles Finisher-T-Shirt, Medaille, persönliches Foto mit dem Matterhorn im Hintergrund (online), Sachpreise für die drei Kategorien-Besten, Rangliste im Internet, Diplom.

Logistik:
Alle Teilnehmenden (Läufer) fahren am Laufwochenende, Freitag, 6. Juli 2012 bis Sonntag, 8. Juli 2012, gratis auf folgenden Strecken: Brig - Zermatt (MGBahn), St. Niklaus - Grächen (Postauto), Zermatt - Gornergrat (GGB) und Zermatt - Sunnegga (Standseilbahn Zermatt Bergbahnen). Die Läufer erhalten zusammen mit der Startnummer das Bahnbillett und dieses berechtigt zur Gratis-Fahrt auf den obengenannten Strecken.

Für den Transport der Teilnehmenden (Läufer) am Marathon-Tag an den Start nach St. Niklaus resp. vom Ziel zurück nach Zermatt / St. Niklaus-Brig gelten die Bahnbillette. Die Startnummer gilt nicht mehr als Bahnbillett, die Läufer müssen auch am Renntag das Bahnbillett vorweisen.

Für die Anreise von Visp nach St. Niklaus resp. von Zermatt nach St. Niklaus (gültig am Freitag und Samstag) zum Abholen der Startunterlagen gilt die Quittung der Einzahlung des Startgeldes als Fahrausweis.

Alle Teilnehmenden erhalten im Rennbüro, zusammen mit der Startnummer, einen Gepäcksack, welcher mit der persönlichen Startnummer gekennzeichnet wird. Es werden nur die offiziellen Gepäcksäcke ins Ziel transportiert. Abgabe bis spätestens 15 Minuten vor dem Start direkt im Startgelände.

Verpflegung:
Wasser, Iso, Cola, Tee, Bouillon, Bananen, Riegel, Gel – also perfekt.

Zuschauer:
In den Orten ganz ordentlich, schön ist die Unterstützung durch die vielen Wanderer unterwegs.

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