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Laufberichte

Herrliches Wadengondo

06.08.11
Autor: Joe Kelbel

Schratt, km 33, 1240 ü.M. Verpflegungsposten und Cut-Off Zeit, aber nicht für mich. Ich laufe und laufe, Schmerzen in den Waden und Oberschenkeln. Zwei Kilometer vor dem Zielort Ried-Brig erreichen wir die Saltina. Das kleine Flüsschen hat es manchmal in sich. 1993 hatte die Saltina mal wieder übertrieben. Geschiebe und Schwemmholz staute sich an der Brücke und 3 Meter hoch im Stadtgebiet. Da wir ja einen Naturgewalten-Gedächnislauf veranstalten, holen wir uns nun zum Gedächnis daran nasse Füsse beim Durchqueren der Saltina, am liebsten würde ich mich reinlegen.

Nach der Katastrophe wurde eine hydraulische Hubbrücke gebaut, die bei Hochwasser automatisch angehoben wird. Alle anderen Brücken sind nun demontierbar.

Dringend benötigter Verpflegungspunkt hinter der Abkühlung. Wer nun denkt, 2 Kilometer wären ein Klacks, der irrt. Es geht mal richtig eine Seitenmoräne hoch. Aber sowas von brutal, wie sich jemand, der jetzt vor dem PC sitzt, es sich gar nicht vorstellen kann. Der staubig-steinige Hang liegt voll in der Wüstensonne und brennt dir das Resthirn weg. Auf einem miesen T-shirt steht was von Pickeln oder so.

Die erste Etappe ist geschafft. Ziel Ried-Brieg(900 ü.M). Keine Menschen auf den Strassen, aber geniale Häuser, deren Erdgeschoß auf steinernen Stelzen stehen. Bier, Dusche, Klamotten trocknen, Rucksack vom Transferlaster holen, Bier, Massage, Schlafplatz suchen und mit Schlafsack belegen.

17:30 „Nachtessen“, Bier und Ende im Gelände. Die meisten schlafen im Bunker, andere im Freien (ungünstig da starker Regen in der Nacht), andere in den Gängen der Turnhalle. Wer heute seinen Schlafplatz strategisch ungünstig wählt, der hat verloren, so wie Monika, die in dem schmalen, schallverstärkenden Gang mein nächtliches Röcheln voll abbekommt. Aber wenigstens bleiben wir von Christoph´s  permantenten nächtlichen  „Nee, nee, nee“ verschont.


Sonntag, zweiter Tag 


 5:30  Schmerzen, die Waden brennen, die Oberschenkel glühen und die Blasen an den Füssen sind fürchterlich. Irgendwie zum Kaffee gekrochen. Birchermüsli geht heut nicht. Frühstück wird eh überbewertet und ist nur etwas für Luschen. Banger Blick zum Himmel. Es regnet. Werden wir heute laufen dürfen? Und wenn ja, wie weit? Es muss fürchterlich da oben in den Bergen sein - wir dürfen. Notfalls steht bei km 30 ein Bus für die Läufer bereit.

7:30 Uhr Start für mich. Die wenigen Schnellen durften früher los. Auf den letzten Drücker meinen Rucksack zum Transferlaster gebracht. Starke Unsicherheit. Regen, alle drücken sich irgendwie unter den Dächern rum. Skurrile Verkleidungen, unsichere Blicke.

Nass, alles klatschnass, aber die Beine sind wach, es läuft super. Ich bereue keine Minute dieses Abenteuers, dieser Lauf ist weltbewegend. Aufstieg zum Schallberg (1300 üM.). Die Linse des Fotoaparates ist blind vor Regen. Aber wir laufen! Unglaublich, die Steigungen werden im Laufen genommen! Anscheinend geht es den Anderen wie mir: Wir sind fit und laufgeil!

Über dreihuntert Meter senkrecht fallen die Felsen hier in die Saltinaschlucht. Auf schmalen Holzstegen führt der Weg hoch oben entlang. Ein unscheinbarer Stein mit der Gravur MGCG 1661 zeugt vom Erbauer Stockalper, mir wackeln die Knie, Übermüdung ist nicht günstig für die Höhenverträglichkeit, ein Sturz und du bist ganz weit unten.

Kann ja nur einer sein, der jetzt anfängt lauthals zu jodelt, aber ich muss meiner Begeisterung freien Lauf lassen. Aber da sind noch die zwei „verrückten Hühner“. So nennen sie sich. Die sind hier aus der Gegend und liefen gestern ihren ersten Marathon und heute ihren zweiten! Die jodeln auch noch wie die Weltmeister. Pure Lebensfreude. Wir sind laufend glücklich!

Ganterbrigga (Ganterbrücke1977-1980) ist das eindrücklichste Bauwerk der Simplon Pass-Strasse. Der Aufstieg bis hierhin ist mächtig. Dann wieder eine Brücke vom Napoleon.Verpflegungsstelle bei km 9 unterhalb der Ganterbrücke (1440 m). Unglaublich, wieviel Nahrung man für so einen Aufstieg braucht. Gel, Brezelchen und gutes Iso, Wasser, Cola, Boullion. Ich esse sonst nie Obst, jetzt stopfe ich mir Äpfel und Apfelsinen rein.

Junge, Junge, fragt mich nicht, aber wir haben gekämpft. Als wir oben an der Passstrasse sind werde ich schneller. Guter Grund: Vor zwei Tagen hatte Eric die Idee gehabt, hier unterhalb der Strasse in einem Wasserrohr 2 Flaschen schönstes deutsches Weizenbier zu bunkern. Zuerst ein Foto in den dunklen Kühlschrank. Hahaha, ein flacher Stein dient als Flaschenöffner für das im Regenwasser bestens gekühlte Bier. Und das Beste: Eric ist noch nicht da!
Rothwald (1740 üM) mit grandiosem Ausblick zurück über das Rhonetal, wäre da kein Nebel. Im Hintergrund das Wasenhorn (3245 üM). Neidische Blicke meiner Mitläufer auf mein Bier an der Verpflegungsstation (km 13). Da kommt Eric, freudestrahlend mit seiner Flasche in der Hand.

Im Tafernatal (1597 üM. Km 16 ) führen Holzbrücken über den Fluß. Als Stockalper hier sein Eisenbergwerk betrieb, belagerten Holzfäller und Köhler das Tal, um Material für den Schmelzofen zu produzieren. Diesen Verpflegungpunkt lasse ich aus.

 
 

Informationen: Gondo Marathon
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