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Laufberichte

Unter weiß-blauem Himmel

10.10.10

Unsere nächsten Kilometer führen nun durch Wohngebiete. Bogenhausen, Oberföhring, Berg am Laim heißen die Stadtteile. Zwar sind da Streckenteile dabei, wo wenig Stimmung ist, aber solche Abschnitte hat wohl jeder Marathon. Umso mehr freut man sich dann auf die Musik, die links und rechts angeboten wird. Bis jetzt ist alles dabei: Blasmusik, Rock, ja und ein findiger Zeitgenosse hat seine Wohnzimmerfenster aufgerissen und seine Anlage bis zum Anschlag aufgedreht.

Ein weiterer Vereinskollege ist aufgelaufen. Markus Gabriel gehört noch der Jugendklasse an und läuft heute seinen ersten. Mutig ist er schon, der Bursch. Mit einem „Grüß Dich“ grinst er mich an. Trotz der gut 20 gelaufenen Kilometer schaut er noch gut aus. Ich hab’s da nicht so leicht und muss bei jedem Fotostopp wieder hinterher springen.

Als der Ostbahnhof hinter uns liegt, wird es interessanter. Nicht nur, dass wir den höchsten Punkt an der Rosenheimer Landstraße bezwungen haben, los geht’s mit den interessanten Motiven beim Müller’schen Volksbad. Das war ab 1901 das erste öffentliche Hallenbad in München. Den neubarocken Jugendstilbau hat der Ingenieurs Karl Müller der Stadt gestiftet.

Gleich in der Umgebung findet man das Deutsche Museum und die Ludwigsbrücke, die uns von Haidhausen in die Innenstadt bringt. Der Brückenstandort hat eine bewegte Vergangenheit. So hat Heinrich der Löwe 1158 den Salzhandel von der Isarbrücke bei Oberföhring zu seinem Hoheitsgebiet umgeleitet.

Den Schwung, den wir zur Isar herunter bekommen haben, den nehme ich jetzt mit zum Isartor. Die große Uhr zeigt 12.25 Uhr, Kilometer 29 wird gleich kommen. Das Isartor wurde im Rahmen der großen Stadterweiterung durch Ludwig dem Bayern 1337 fertiggestellt. Heute beherbergt der Bau das Karl-Valentin-Musäum. Ob der Eintritt immer noch 2,99 EUR kostet, weiß ich nicht. Freien Eintritt sollen 99jährige in Begleitung ihrer Eltern haben.

Das nächste Highlight ist natürlich der Marienplatz und das Neue Rathaus, der zentrale Platz in der Altstadt. Den verlassen wir gleich wieder über Oberanger Richtung Sendlinger Tor. Parallel dazu geht nun der Kurs wieder zurück zum Marienplatz. Durch meine Fotoarbeit sind nun der 3.30-Pacer mit seiner Gruppe und auch der Markus auf und davon. Die werde ich nicht mehr sehen.

Der Klaus hat in einem seiner Berichte in München viele Geschichten, darunter auch die von den Weißwürsten erzählt. Nur, wie man diese Dinger isst, wollte er später sagen. Ich meine, er kann das gar nicht wissen, denn er ist ja kein Bayer. Wie isst man nun die Weißwurst? Der gemeine Bayer zuzzelt diese aus dem Darm. Dieses Zuzzeln ist einem Saugen nicht unähnlich. Dazu wird die Wurst mit süßem Senf und Brezen gefuttert. Kein Brötchen, auch keine Semmel, sondern ausschließlich Brezen gehören dazu. Und Weißbier passt als Getränk ideal. Jetzt, wie ich um halb eins über den Marienplatz laufe, würde ich keine Weißwurst mehr kriegen. Warum? Das Zwölfeläuten dürfen die Würste nicht hören. Wie sagte schon Volksschauspieler Gustl Bayrhammer: „Die müssen da gefressen sein!“

Nationaltheater und Odeonsplatz sind die nächsten Punkte, die wir anlaufen. Dann folgt wieder die Partymeile auf der Ludwigstraße, wo jetzt deutlich mehr Zuschauer stehen. Etwa auf halber Strecke biegen wir nach links ab in die Maxvorstadt. Mehrmals kann man hier die vor uns laufenden oder die Verfolger beobachten. Mit Kilometer 33 erreichen wir den Königsplatz: Diesen Ort konzipierte König Ludwig I. mit seinen Architekten Leo von Klenze. Bauten des Klassizismus wie die Glyptothek, die staatliche Antikensammlung mit seinem wuchtigen Portal und die Prophyläen lassen uns immer wieder links und rechts der Strecke schauen.

Am Karolinenplatz (Kilometer 34) sehen wir den Obelisken, den Leo von Klenze 1833 als Denkmal für die 30000 in napoleonischen Russlandfeldzug gefallenen Bayern geschaffen hat. Der Rückweg zur Partymeile ist bekannt.

Kilometer 37. Urplötzlich ist wieder der Markus vor mir. Er kämpft mit sich und den letzten Kilometer. Doch jedes Mal, wenn ich die Kamera schwinge, zeigt er mir das Victory-Zeichen. Ich beschließe, ihn auf den letzten Kilometern noch zu begleiten.

Wir verlassen die Partyzone, es geht in die Franz-Joseph-Straße. Von einem geöffneten Fenster in einem Geschoss ist der Bayerische Defiliermarsch zu hören. Der wurde 1850 vom bayerischen Militärmusiker Adolf Scherzer in Ingolstadt komponiert. Traditionsgemäß wird der Marsch beim Auftritt politischer Prominenz gespielt. Und heute passt das bei Kilometer 38 wie die Faust aufs Auge. Den Defiliermarsch hörte unser ehemaliger Ministerpräsident „äääh“ Edmund S. besonders gern.

Ein paar Meter weiter servieren vollbusige Männer Weihenstephaner Bier. Ich hole mir eine Halbe und sehe noch, dass sich der Marcus auch eine genehmigt. Ist er überhaupt schon 18? Und darf er schon Bier trinken? Ich sehe mich der Gefahr eines Anschisses durch seine Eltern ausgesetzt. Sappradi.

Kilometer 40, letzte V-Stelle. Noch einen Schluck Iso. Überhaupt gibt es an der Verpflegung nichts zu meckern. Wasser, Iso, Riegel, Bananen, Äpfel. Und Bier habe ich mir auch schon zwei Mal erbettelt.

Es geht in die Ackermannstraße. Der Olympiaturm ist zu sehen. Ich gehe nach Kilometerschild 41 nach vorne und will noch zwei, drei Aufnahmen im Discotunnel machen. Nur, die Kamera spielt dort wegen der Lichtverhältnisse verrückt.

Dann geht es ins Stadion. Letzte 300 Meter auf der Tartanbahn. Der Markus zieht sogar noch an. Sein Vater hebt auf der Tribüne die Hand. Und dann geht es für uns durch den Zielbogen hindurch. Geschafft. Respekt, Bursch, bei meinem ersten war ich deutlich langsamer.

Überhaupt, ich war heute der schlechteste. Markus PB in 3.34. Stefan PB auf 3.12. Und Paul auch PB in 3.45. Bei mir zeigt die Uhr 3.36.

Der olympische Rasen gleicht einem Heerlager. Nur dass die Niedergelassenen nicht unter Waffen stehen, sondern für Rivella, Brezen und Münchner Bier 42 Kilometer gelaufen sind. Das Marathonvolk ist halt eigenartig. Mir san mir!

Teilnehmer:
Bei allen Bewerbe über 18000 Meldungen.

Streckenbeschreibung:
Kurzweilige und flache Runde durch München, alles asphaltiert. Ruhige Teile im Englischen Garten und im Osten. Stimmungsvoll in der Altstadt und auf der Partymeile in Schwabing. Viele Musikdarbietungen.

Zeitnahme:
ChampionChip.

Auszeichnung:
Urkunde aus dem Internet. Medaillen für alle.

Drumherum:
Laufmesse in der EventArena. Duschzelt bei und Massage in der Linde-Halle.

Verpflegung:
Wasser, Iso, Cola, Obst, Riegel, Bier bei Kilometer 38 und im Ziel.

Anreise:
Stadtnummer/Meldebestätigung genügt für den Wettkampftag als Nachweis für die Benutzung des ÖPNV im MVV. Kostenpflichtiges Parken (4 EUR) auf der Parkharfe im Olympiapark.
 

Die Sieger des 25. München Marathon:

 

Männer

1. Andrej Naumow (Ukraine)   2:18:24 Std.
2. Hermann Achmüller (Italien)   2:23:46 Std.
3. Andreas Sterzinger (TV Immenstadt)  2:26:12 Std.

Frauen

1. Bernadette Pichlmaier (LAG Mittlere Isar) 2:35:26 Std.
2. Birgit Lennartz (LLG St. Augustin)  2:58:40 Std.
3. Mary Oleary (FC Perlach)   2:59:52 Std.

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