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Laufberichte

Frank Shorter ist schuld

09.10.11

München ist mir wohlbekannt und die Olympischen Sommerspiele von 1972 sind mir in guter Erinnerung. Bei all meinen späteren Besuchen in München war ich immer gerne im Olympiagelände und dem berühmten Olympiastadion mit seinem einzigartigen Zeltdach. Die Münchner haben ein wahrlich schönes Erbe von den Spielen erhalten.

Den olympischen Marathonlauf habe ich interessiert verfolgt und Frank Shorter als Sieger ins Olympiastadion einlaufen gesehen. Ich war fasziniert, obwohl damals Marathon für mich etwas Undenkbares war. Seitdem wollte ich auch einmal durch das Marathontor ins Münchner Olympiastadion einlaufen. Hat zwar was gedauert, aber den Wunsch habe ich mir endlich 2011 erfüllt.

 

München im Regen

 

Ich entschließe mich erst spät zur Teilnahme und reise daher kurzentschlossen mit dem Auto an. Nach 557 KM und etlichen Baustellen komme ich am Freitag um 17 Uhr in der Stadt an und nehme Quartier in einem Hostel, gleich bei den Wiesn. Es regnet. Meine Stimmung beim abendlichen Stadtbummel ist leicht säuerlich. Noch ein Regenlauf nach Monschau? Egal, das Bier schmeckt am Abend dennoch. Ist zur Abwechslung ist es nicht bleifrei.

Der Samstag beginnt mit Regen. Es schüttet und ich leg mich nach dem Frühstück noch einmal hin. Auf München im Regen hab ich keine Lust. Doch was ist das? So sehr ich auch lausche, das heftige Prasseln des Regens hat aufgehört. Meine Motivation steigt und ich stürze zur U-Bahn. Die Linie 3 bringt mich rasch zum Olympiagelände. Unterwegs erfahre ich, dass der Wetterbericht für den Rennsonntag trockenes Wetter vorhersagt. Gelegentlicher Sonnenschein nicht ausgeschlossen. Das sind doch Aussichten und meine Stimmung steigt.

 

Olympia läßt grüßen

 

Nach Verlassen der U-Bahn liegt das Olympiagelände vor mir. Auf der anderen Straßenseite befindet sich das BMW-Werk. Direkt links liegt die BMW-Welt, das markante BMW-Hochhaus grüßt herüber. Von noch weiter oben grüßt der Olympiaturm. Olympia ist allgegenwärtig. Turm, Dorf, Schwimmhalle, Eissportzentrum, Stadion. Alles hier hat Olympia im Namen. Auch einen Olympiaberg mit 564m Höhe hat es hier. Doch bevor ich den besteige, gehe ich am Stadion mit dem berühmten Zeltdach vorbei zur Eventarena. Am ehemaligen Olympischen Dorf grüßt eine Aufschrift "Oly-Zoo. Sichtbetongehege. Homo sapiens". Gefällt mir.

Die Startunterlagen gibt es – nein mal nix mit Olympia – in der Eventarena hinter dem Stadion. Hier ist auch die Nudelparty. Für 5 € kann man Nudeln essen und natürlich fehlt das Getränk aus dem Münchner Norden nicht. Mache ich alles, aber erst einmal gehe ich meine Startunterlagen holen. Alles ist in einer Tragetasche. Aufkleber mit Startnummer drauf und schon ist der Kleiderbeutel fertig. Ich schlendere über die Messe. Viele andere Marathonveranstalter werben hier für ihren Marathon. Auch Sonja aus Triest ist hier. Wir plaudern über den Marathon  im Mai und ich erinnere mich gerne an den Lauf. Er ist nicht nur gut organisiert und schön, er hatte auch Sonne pur.

 

Gestärkt auf den Olympiaberg und durch die Stadt


Ich genehmige mir Nudeln und bleifreies Weizen und lausche der Blasmusik vor der Eventarena. Derart frisch gestärkt mache ich mich auf zur Besteigung des Olympiaberges.

Von dort oben hat man eine gute Aussicht über das gesamte Olympiagelände und die Stadt. In der Ferne sieht man sogar den Neubau des Münchner Fußballtempels in Fröttmaning. Vor der Fahrt in die Stadt sehe ich mich noch in der BMW-Welt um. Interessant, aber für mich nicht erschwinglich.

Vom Marienplatz aus drehe ich meine Runden durch die Stadt. Viktualienmarkt, Frauenkirche, Rathaus u.v.a.m. Kenne ich alles schon, ist aber immer wieder schön zu sehen. Neu für mich ist der Besuch der Bavaria an der Theresienwiese. 1850 fertig gestellt ist die kolossale Statue mit 18m Höhe und 70 Tonnen Gewicht ein Wahrzeichen der Wiesn. Auf das Ersteigen des Kopfes über 121 Stufen verzichte ich. Ich bin schon schlapp vom vielen Umherlaufen und richtig müde. Schnell noch ein Foto vom Abbau der Zelte der am letzten Wochenende zu Ende gegangenen Wiesn, dann ab in die Kiste. Regenerieren für den Marathon. Na, ein Bier darfs noch sein. Als Einschlafhilfe.

 

Kalt – aber trocken

 

Der Sonntag ist recht frisch. Aber es bleibt trocken. Dazu ist es windstill, so dass die Kühle nicht noch gesteigert wird. Ich gehe von der U-Bahn zum Olympiastadion. Dank der Startzeit 10 Uhr geht alles ohne Eile. Auf dem Olympiagelände sind alle Marathonwege gut ausgeschildert. So komme ich bequem zur Kleiderabgabe unter dem schützenden Zeltdach des Olympiastadions. Nun heißt es noch etwa einen Kilometer zum Start zu gehen. Auf dem Weg dorthin sehe ich Dietmar Mücke. Er läuft wieder als Pumuckl verkleidet barfuß. Es sind einige weitere verkleidete Läufer zu sehen, einige im bayerischen Outfit. Auch Michel, den laufenden Clown aus Frankreich sehe ich , ihn werde ich beim Lauf auch noch einmal treffen. Wie Pumuckl barfuß zu laufen wäre mir heute zu kalt. Es hat höchstens 10 Grad. Gute Bedingungen eigentlich für schnelle Zeiten.

Neben mir im Startblock steht Comedian Wigald Boning. Er trägt einen Sonnenhut. Frage: Sonnenschutz oder potentieller Regenschutz? Egal, Wigald ist ein routinierter und guter Läufer, den ich auch schon beim schweren Alpin-Marathon in Oberstaufen gesehen habe.

Viele Läufer tragen Mützen, Handschuhe, Plastikumhänge usw. als Schutz gegen die Kühle. Ich ziehe im letzten Moment ein altes Shirt aus und versuche dann beim Laufen auf Temperatur zu kommen.

Zeitgleich mit den Marathonis starten im Übrigen auch die Halben an der Halbmarathonmarke. So geht man Kollisionen in München aus dem Weg. Gute Lösung. Zum Gesamtangebot des Laufes zählen auch noch ein Zehner, der S'COOL RUN und natürlich der traditionelle Trachtenlauf, bei dem ich Pumuckl und Michel schon am Samstag in Aktion sehen konnte. Zum Marathonangebot gehört auch eine Marathonstaffel mit vier Läufern. Vorbildlich finde ich, dass jeder Staffelläufer an einem Rückenschild mit der Aufschrift "Staffel" sofort zu erkennen ist. Das beugt möglichen Kollisionen an den Wechselpunkten vor.

 

Siegestor zum Ersten

 

Punkt 10 Uhr böllert es zum Start und alle Läufer versuchen auf Betriebstemperatur zu kommen. Zeitgleich mit uns starten die Halben, halt nur einen Halben von uns entfernt. Auf der Ackermann- und der folgenden Elisabethstraße zieht sich das Feld schon auseinander. Die Straßen bieten genügend Raum für die fast 5.000 Läufer aus 99 Nationen. Die folgende Ludwigstraße ist als Prachtstraße eh breit angelegt. Ins Gehege kommt man sich hier nicht.

Noch vor dem Siegestor kommt uns schon die Spitze mit dem späteren Sieger Richard Friedrich entgegen.

Der Triumphbogen des Siegestores mit einer Bronzeskulptur der Bavaria mit vier Löwen ist schon von Weitem zu sehen. Vor dem Siegestor spielt schon die erste Musikgruppe, nach dem Tor muntert uns eine Gruppe von Cheerleadern auf. Auf halbem Weg vom Siegestor zur Feldherrnhalle drehen wir und laufen die Ludwigstraße zurück.

Wieder am Siegestor vorbei geht es nun in den Englischen Garten. Hier ist es ruhig. Auf asphaltierten Wegen laufen wir zwischen KM 7 und 15 durch den Park. Mir gefällt es hier sehr gut. Ich genieße die Ruhe und freue mich, dass es bei mir rund läuft. Ein Schild der Leichtathletik Gemeinschaft Passau fällt mir auf. Die Passauer wünschen Viel Glück auf den noch zu laufenden 31,7 KM.

 

Ein Weizen muss sein

 

Was ist mir beim Marathon nicht schon alles angeboten worden. Kölsch in Kölle, Pilsken in Duisburg, Sekt in Hamburg. Klar, in München ist nun ein Weizen dran. O.k., es gibt das erfrischende Getränk im Pappbecher, aber Stilbruch hin und her, es schmeckt. Danke und Prost! Es geht entlang der Oberföhringer Straße am Herzogenpark vorbei nach Bogenhausen.

Mehrere Musikgruppen heizen uns unterwegs stimmungsvoll ein. Die Verpflegung mit Wasser und Iso ist auch gut und kommt in kurzen Abständen. Dazu gibt es ab KM 13 Bananen und Riegel, auch Gels sehe ich und greife gerne zu, denn ich habe Hunger! Frühstück um 7 Uhr und Start um 10 Uhr ist zwar entspannend, macht mich aber hungrig. Aber es gibt ja genug. Ab KM 8 gibt es zwischen den Verpflegungsstellen noch Erfrischungsstellen mit Wasser. Die Versorgung ist ausgezeichnet. Wie überhaupt die Organisation bestens ist. Kompliment an die Veranstalter.

 

Halbmarathon geschafft

 

Ich bin unverändert gut drauf. Die Halbmarathonmarke erreiche ich knapp unter 2 Stunden. So langsam keimt der Gedanke auf, dass ich zum Abschluss des Laufjahres noch einmal unter vier Stunden würde laufen können. Mögen täte ich ja schon, ob‘s aber auch körperlich reicht?

Ich sage mir, ein Marathon wird im Kopf entschieden und mental fühle ich mich stark heute. Den letzten Schliff habe ich mir noch vor 6 Tagen beim Staffelmarathon in Waldbreitbach geholt. Von Wolfgang B. und seiner Truppe vom VFL Waldbreitbach bestens organisiert konnte ich hier noch einmal richtig Tempo (haha) bolzen. Das lässt mich heute hoffen.

Ich halte das Tempo, fotografiere wegen des zumeist trüben Wetters weniger als sonst und erfreue mich der Sehenswürdigkeiten Münchens.

 

Das Auge läuft mit

 

Vorbei am Ostbahnhof, KM 28 wird erreicht. Zwei Drittel sind geschafft. Nun geht es leicht hinab über die Isar vorbei am Deutschen Museum auf der Museumsinsel. Hier hab ich schon einige Stunden verbracht. Voraus liegt das Isartor. Als einziges Münchner Stadttor ist auch sein Hauptturm erhalten und überragt als Mittelturm die gesamte Anlage. Das Tor trennt die Isarvorstadt von der historischen Altstadt.

Es geht nun in die Altstadt. Linker Hand sind es nur wenige Meter zum Viktualienmarkt, da war ich gestern schon. Also weiter vorbei am Alten Rathaus mit Spielzeugmuseum auf den Marienplatz, Münchens urbane Mitte. Seit Heinrich der Löwe 1158 München gründete, ist der Marienplatz das Zentrum und Herz der Stadt. Der Platz darf nicht bebaut werden, so hat es 1315  Kaiser Ludwig der Bayer verfügt, als er München die Marktfreiheit gewährte.

Auf dem Platz begegnen uns die Läufer, die die Schleife Richtung Sendlinger Tor schon absolviert haben. KM 30 wird passiert und durch das Hackenviertel laufe auch ich ein zweites Mal auf den Marienplatz zu. Wieder genieße ich den Blick auf das Neue Rathaus und den  Rathausturm.

 

Siegestor zum Dritten

 

Und dem Auge wird weiterhin Schönes geboten. Über den Odeonsplatz laufen wir Richtung Siegestor. Wieder kommen uns Läufer entgegen. Teilweise wird es sogar dreispurig. Ich bin auf dem Weg zum Abzweig von der Ludwigstraße zur Maxvorstadt/Universität. Von dort laufen Marathonis wieder ein Stück die Ludwigstraße Richtung Altstadt um am ersten Wendepunkt nach KM 4 – lang ist es her – zu drehen und sich dem Ziel im Olympiastadion zu nähern.

Ach wäre ich doch schon bei der letzten Wende. Mein Rücken schmerzt wieder gehörig, dazu muckt auch mein Magen auf. Egal, ich bin mental stark und lasse mich nicht aus der Ruhe bringen. Nunmehr scheint die Sonne öfters von Himmel. Dies hat zur Folge, dass ich sofort vermehrt Fotos mache. Da muss ich halt etwas schneller laufen. Es gibt aber auch reichlich Motive, wie den 29m hohen Obelisken am Karolinenplatz. Vor dem Amerikahaus sorgt die Band Running Choke für gute Musik, nicht nur die Augen haben was von Lauf, auch die Ohren kommen nicht zu kurz.

 

Königsplatz in der Sonne

 

Ein Höhepunkt folgt nun dem anderen. Vom Obelisken laufen wir über die Brienner Straße zum Königsplatz. Hier ist das einzigartige Ensemble mit Propyläen, Glyptothek und Antikensammlung zu bewundern. Es folgen die Pinakotheken. Ich verliere fast den Überblick. Zurück auf der Ludwigstraße bin ich wieder voll im Bild. Staatsbibliothek und Ludwigskirche kommen mir bekannt vor, einmal noch den Wendepunkt nehmen und ab über die Ludwigstraße vorbei am Siegestor.

An der Ecke Ludwigstraße/Franz-Joseph-Straße komme ich genau zum Startschuß des S'COOL RUN. Die Schüler rennen los, gut dass ihre Laufstrecke die ersten Meter von den Marathonis mit Gittern abgetrennt ist. Ich finde die Idee gut, Schülern und Lehrern auf den letzten 5 Kilometern der Original-Marathonstrecke mit Zieleinlauf im Olympiastadion Marathongefühl zu vermitteln. Gute Nachwuchsarbeit!

 

Olympiastadion voraus

 

Mir tut nun alles weh. Aber das Ziel kommt näher. KM 40 wird erreicht, das Olympiagelände ist schon zu sehen. Über das Startgelände an der Ackermanstraße geht es hinein in den Spiridon-Louis-Ring. KM 41, der große, weiße BMW-Ballon und das Olympiastadion voraus im Blick – Läuferherz was willst du heute mehr. Die Sonne lacht vom Himmel. Wer hätte das am Morgen gedacht.

Es hat schon was am Olympiastadion vorbei bis zum Großen Marathontor zu laufen. Am Samstag hatte ich es mir noch ehrfurchtsvoll von draußen angeschaut, nun darf ich hindurch laufen. Ich genieße diesen Moment. Es ist ein tolles Gefühl durch das Marathontor ins Olympiastadion zu laufen. Der Blick hinein in die Kulisse des weiten Stadions ist Klasse. Wir haben noch etwas mehr als 300 Meter auf der Bahn zu laufen. Wer ist hier bei Olympia 1972 nicht schon alles gelaufen. Ich denke nur an das denkwürdige Finale der 4x100 Staffel der Frauen, das Heide Rosendahl gegen Renate Stecher für das bundesdeutsche Quartett entscheiden konnte.

 

Genuss pur

 

Das Gefühl, nun selbst über die Olympiabahn zu laufen, ist herrlich. Ich genieße jeden Meter. Auf dem Rasen liegen schon viele Läufen mit weißer Wärmefolie  und bleifreiem Weizenbier. Hinten in der Kurve ist ein Übergang vom Innenraum zum Ausgang zu den Oberrängen des Stadions aufgebaut. Läufer gehen hinüber, wir laufen unten auf der Bahn die letzten 100m zum Ziel. Und das alles in schönster Sonne. Herrlich. Dazu noch in 3.57 Stunden im Ziel, geht doch.

Nun aber ran an mein geliebtes bleifreies Weizen, aber erst bitte noch die Medaille in Herzform. Es ist schön in der Sonne die glücklichen Läufer im Innenraum zu sehen. Auf der Gegengeraden kämpfen noch viele Läufer  mit den letzten Metern und mich zieht‘s zur Verpflegung. Es gibt Brezeln und Äpfel. Kommt beides gut.

Ich hole meine Wechselkleidung und begebe mich in die benachbarte Olympische Schwimmhalle. Dort, wo schon Mark Spitz 1972 triumphierte,  dürfen alle Marathonis frei duschen. Wer die Badehose dabei hat, darf auch ins Schwimmbecken.

 

Übrigens:

Sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern blieb das Podium in deutscher Hand. Das Konzept der Münchner, auf die Verpflichtung schneller Ostafrikaner zu  verzichten gefällt mir. Wenn es nur andere große deutsche Marathonveranstalter den Münchnern nachmachen würden.

Fazit:

München ist immer eine Reise wert – und der München Marathon auch. Gut organisiert, zeigt viele Schönheiten der Stadt, einmaliges Flair im Olympiagelände.

Sieger

Frauen
1. Bernadette Pichlmaier    2.38,00 Std.
2. Julia Wagner    2.47,42 Std.
3. Monika Heiß     2.47,09 Std.

Männer
1. Richard Friedrich  2.19,05 Std.
2. Dennis Pyka     2.22,28 Std.
3. Carsten Presser       2.26,38 Std.

 


 
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