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Laufberichte

Der kleine Düsseldorfer

06.11.05
Autor: Klaus Duwe

Einen "Schloßläufer" für jeden

 

Ein City-Marathon mit großem Läuferfeld, viel Musik und Stimmung ist nicht jedermanns Sache. Mancher läuft lieber für sich durch Wälder und Wiesen. Die Düsseldorfer haben für beide „Geschmäcker“ einen Marathon, den großen Metro-Group-Marathon im Mai und den „kleinen“, den Garather Schlossmarathon,  im Herbst. 


Lange wehrten sich die Garather gegen eine Eingemeindung. Sie wollten absolut nicht nach Benrath. Als man 1929 endlich zustimmte, war Benrath per Landesgesetz nach Düsseldorf eingemeindet und Garath plötzlich Düsseldorfer Stadtteil.


Um der Wohnungsnot nach dem zweiten Weltkrieg entgegen zu wirken, wurde in vielen Städten das Prinzip der „dezentralisierten Konzentration“ verfolgt. Demnach sollten die Stadtzentren entlastet werden und Stadterweiterungen mit Schulen und Kirchen, Sportanlagen und Einkaufsmöglichkeiten an der Peripherie geschaffen werden. In Düsseldorf war dafür unter anderem Garath ausersehen. Obwohl noch heute Wohnblocks und Hochhäuser aus jener Zeit das Bild von Garath dominieren, hat der Düsseldorfer Süden mit seinen vielen Grünanlagen, Wäldern und Feldern  auch sehr teure Wohnlagen, vor allem rund um das Schloss.


Im Schloss hauste im Mittelalter das Geschlecht derer von Garderode. Ende des 14. Jahrhunderts gehörte es den Rittern von Kalkum, danach wechselten die Besitzer häufig. Bedeutendster Schloßherr in Garath war wohl Rittmeister Albert von Burgsdorff (1857 - 1919). Er gründete zu Beginn dieses Jahrhunderts die weltbekannte "Garather Hühnerfarm" Zu dieser Zeit war Garath ein verschlafenes Dörfchen und zählte um die 170 Einwohner - aber, so warb eine Anzeige, 50 000 Hühner. Zum Eierkauf und „Höhnerschmaus“ kamen Gäste von weit her zur als "Eiertankstelle" bekannten Gaststätte "Garather Hof".


An diesem Sonntag haben aber die vielen Anreisenden anderes im Sinn. Wie ich wollen sie laufen. Die meisten haben sich für den „Halben“ entschieden, an die 200 haben sich für den Marathon eingeschrieben. Rund um das Start- und Zielgeländes auf der Bezirkssportanlage in der Koblenzer Straße gibt es genügend Parkplätze. Im Vereinshaus kann man sich nachmelden, Voranmelder erhalten hier ihre Startunterlagen und eine ganze Reihe Bons für: T-Shirt, Pastaparty, Gulaschsuppe, Getränk und Schlossläufer, ein köstliches Hefegebäck.

 

Es gibt Kaffee, Kuchen und Brötchen. Nur Gedränge, das gibt es nicht. Die meisten kommen aus der Region und kennen sich. Es ist fast wie bei einem Familientreffen. Würde es einen Pokal für den am weitesten Angereisten geben, ich wäre Favorit.

 

Das Wetter ist für November ungewöhnlich schön. Strahlender Sonnenschein und kein Wölkchen am Himmel. Nur frisch ist es noch in der Früh. Um die 10 Grad werden es sein. Das verleitet mich zu ¾ unten und lang oben. Jetzt Aufwärmöl einmassieren, Klamotten abgeben und dann auf zum Start in die Lüderitzstraße gleich gegenüber.

 

Wolfgang Lenz hatte letztes Jahr den Marathon gewonnen und vor vier Wochen wurde er in Essen in 2:35 Stunden Vierter. Er tauscht gerade seine Startnummer gegen eine standesgemäße „1“. Mit einer Rennprognose hält er sich zurück. Pünktlich erscheint Joachim Erwin, der Düsseldorfer OB. Er freut sich, dass nicht alle nach New York geflogen und insgesamt immerhin mehr als 1.100 Läuferinnen und Läufer nach Garath gekommen sind. Seiner Meinung nach eine gute Entscheidung.

 

Um 10:00 Uhr schickt er die ungefähr 200 Marathonis auf die Reise. Für die „Halben“ geht es eine ¾ Stunde später los. Nach ein paar hundert Metern biege ich  links ab und bin im Grünen am Urdenbacher Altrhein. Nach 2 Kilometern geht’s links steil eine Rampe hoch und auf Fußgänger- oder Radwegen zurück durch den Ort. Wir sehen die typischen Wohnblocks und Hochhäuser aus den 50er und 60er Jahren, kommen zum Bahnhof und biegen nach 4 Kilometern in die Schloßallee.

 

Dann laufen wir genau auf das denkmalgeschützte Schloss zu, das heute für Tagungen und Seminare vermietet wird. Im historischen Festsaal finden viermal im Jahr die Garather Schlosskonzerte statt. Weiter geht es auf einem schmalen Weg durch die gepflegte Parkanlage mit den uralten Bäumen und anschließend durch ein Neubaugebiet mit prachtvollen Stadtvillen.

 

Gleich darauf kommt die erste Getränkestelle mit Wasser und Apfelschorle. Von Läuferfeld kann schon lange keine Rede mehr sein, nur ein paar einzelne Läufer oder kleine Grüppchen sind in Sichtweite. Zuschauer sind hier keine. An einem Tag wie heute könnte ich mich in einen Rausch laufen. Es ist einfach herrlich, die Sonne, die Ruhe, die herbstlichen Wälder mit den bunten Bäumen und kleinen Bächen. Niemand stört meine Gedanken.

 

Ich bin immer noch auf dem Rad- und Wanderweg im Grünen, links ein kleiner Bach, rechts jetzt Ein- und Zweifamilienhäuser. Dann überquere ich den Bach und nach 6 Kilometern verlasse ich den Waldrand und laufe auf einem geteerten Wirtschaftsweg vorbei an Kraut- und Rübenäckern und an Gerstenfeldern, die leicht am jungen, frischen Grün zu erkennen sind.

 

Jetzt laufe ich auf Langenfeld zu, biege dann links ab und laufe entlang der Villenhäuser rechts und den Feldern links in der Sonne und genieße den Tag, der schöner nicht sein könnte. Mit meinem Langarmshirt komme ich ganz schön ins Schwitzen. Hinter einem Zaun und dichten Hecken entdecke ich links den Garather See und gleich kommt die zweite Verpflegungsstelle (km 10). Wieder gibt es Wasser und Apfelschorle. Ich würde mir jetzt schon mal eine Banane wünschen. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass es wichtig ist zu essen, bevor Hungergefühle auftreten. Deshalb habe ich auch immer meine eigenen Riegel bei mir und kann den Engpass überwinden.

 

Vor mir sehe ich  20 – 25 Läufer, aufgeteilt in 5 Gruppen. Alle laufen sie einen Schnitt von 6 Min. pro Kilometer. Die Abstände verändern sich kaum. „An den Gölden“ (km 10) heißt es hier, es geht links ab auf einem geteerten Weg entlang einer Bahnlinie Richtung Benrath. Mir fällt auf, dass insbesondere die Eichen noch viel grünes Laub tragen. Unser Wetterbauer zuhause leitet davon einen langen Winter ab.

 

Rechts geht es jetzt über ein Flüsschen und links immer dem Wasser entlang. Rechts sehe ich ziemlich weit weg die Hochhäuser von Hilden, dann einige Industriebetriebe und Schrebergärten. Dort ist heute kein Mensch zu sehen. Die meisten haben ihr zweites Zuhause schon winterfest gemacht. Über eine Brücke wechseln wir zum anderen Ufer und laufen dort genau so entspannt weiter.

 

Horster Mühle und Haus Horst sind die nächsten Stationen. Bei km 14 kommen wir zur Autobahn und am Bucholzer Busch geht es dann wieder links in einen Buchenwald, wo in einer Hütte die nächste Verpflegungsstelle eingerichtet ist. Ohligs wird erreicht und ich bin knapp 19 Kilometer gelaufen, als mich die ersten Halbmarathonläufer, die ja 45 Minuten später gestartet sind, überholen.  Links vom Waldrand stehen die ersten Hochhäuser mit ihren Waschbetonfassaden, „BRD-Plattenbauten“ sozusagen. Es geht über die Stettiner Straße und dann über eine Überführung zur Rostocker Straße. Links das Toyota-Autohaus des neuen Hauptsponsors Yvel, dann geht es rechts in die Koblenzer Straße zur Bezirkssportanlage. Hier gibt es kräftigen Applaus, als es zur halben Stadionrunde geht. Die Halbmarathonläufer sind im Ziel, wir verlassen kurz vor der Zeitnahme das Stadion, laufen in die Lüderitzstraße, um die zweite Runde in Angriff zu nehmen.

 

Jetzt stehen sogar ein paar Leute an der Straße und klatschen Beifall. Auf dem folgenden Abschnitt am Altrhein herrscht reger Gegenverkehr. Viele Spaziergänger und Radfahrer sind unterwegs. In der Bäckerei bekommen jetzt auch noch die Langschläfer ein Frühstück. Im Schlosspark und anschließend in den Wäldern ist am frühen Nachmittag Hochbetrieb. Immer mehr Jogger und Walker sind jetzt unterwegs. Mittlerweile dürften 15 Grad erreicht sein und ich bin mächtig am Schwitzen. An den Verpflegungsstellen gibt es jetzt überall Bananen, einen super Müsliriegel und Cola, Wasser und Apelschorle sowieso.

 

Beate Liebert läuft zu mir auf. Wir machen einen Schwatz und sie erzählt mir, dass sie ersten Marathon macht. Lange habe sie überlegt und rumgezockt: "Soll ich, soll ich nicht..." Jetzt ist sie hier und wird nach 4:30 Stunden ins Ziel laufen. Herzlichen Glückwunsch.

 

Die Strecke ist sehr abwechslungsreich und deshalb auch jetzt beim zweiten Durchlauf nie langweilig. Trotzdem bin ich nicht böse, als bei Kilometer 40 das Ende dieses Laufes abzusehen ist. Als ich ins Stadion einlaufe, sind die meisten Zuschauer gerade bei der Siegerehrung. Einsam drehe ich meine Runde und triumphiere beim Zieleinlauf still in mich hinein.

 

Noch einmal gibt es den köstlichen Müsliriegel, Cola, Wasser, Bier und Schorle und gegen den Bon den „Schloßläufer“.  Auch die Gulaschsuppe ist sehr gefragt, ebenso Kaffe und Kuchen. Wer will kriegt eine Massage. Die Atmosphäre ist auch nach dem Lauf familiär.

 

Ich kann das leider nicht so ausgiebig genießen, verabschiede mich von Bekannten und mache mich auf den Heimweg. Nur zwei Kilometer, und ich bin auf der Autobahn. Der andere Marathon beginnt.

 

Streckenbeschreibung

Flacher, sehr abwechslungsreicher Rundkurs durch Wälder, Felder und Wiesen, zweimal zu durchlaufen

 

Zeitnahme

Bib Chip, in Startnummer integriert

 

Auszeichnung

Medaille, T-Shirt, Urkunde aus dem Internet

 

Logistik

Parkplätze sind in der Nähe der Bezirkssportanlage ausreichend vorhanden. Kleiderabgabe möglich.

 

Verpflegung

Wasser und Apfelschorle, ab Kilometer 15 Müsliriegel und Bananen, später auch Cola

 

Weitere Veranstaltungen

Halbmarathon, 5 und 1 Kilometer 

 

Informationen: Garather Schlossmarathon
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