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Laufberichte

Schweizer Spezialität

20.11.11

Neue Rekordbeteiligung, eine tierische Begegnung, ein Messen mit einem Kollegen und vieles andere gibt es in meinen Bericht vom Frauenfelder Waffenlauf und Marathon. Die Veranstaltung lebt in der Bevölkerung, und wie!

Da immer neue Leser auf m4y stoßen, will ich kurz den Waffenlauf beschreiben: Sowas gibt es nur in der Schweiz und hat eine lange Tradition. Der Militärwettmarsch, so die offizielle Beschreibung, startet hier in Frauenfeld zum 77. Mal. Und mit Marschieren hat der Event schon lange nichts mehr zu tun, denn es gilt, die Marathonstrecke so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.

Es gibt für die Waffenläufer Regeln, die ausnahmslos zu akzeptieren sind: Tarnanzug, also Jacke und Hose als Bekleidung, wobei wohl viele darunter Funktionsbekleidung anziehen. Die Packung mit 6,2 Kilo Gewicht für Männer und 5,0 Kilo bei Frauen. Ein Gewehr muss auf der Strecke mitgeschleift werden, wobei dieses in die Packung (Rucksack) kommt und der Lauf herausschauen muss. Frauen haben es einfacher, ihnen ist das Mitführen der Waffe freigestellt. Wo bleibt denn da die Gleichberechtigung? Ach ja, nicht dass ein Kopfkissen die Packung schwer erscheinen lässt, das Gewicht wird kontrolliert. Und wer dagegen verstößt, der muss mit Konsequenzen rechnen. Ob es zu einer unehrenhaften Entlassung führt? Da muss ich mal nachfragen.

In den letzten Jahren sind die Waffenläufe leider weniger geworden. Einige Veranstalter haben das Handtuch geworfen. Die Frauenfelder haben schon frühzeitig die Weichen anders gestellt. Denn es ist seit zwölf Jahren möglich, als „Zivilist“ an ihrem Lauf teilzunehmen und zwar sowohl am Marathon als auch beim Halben. Und die Zivilklassen haben geholfen, dass die Zukunft gesichert ist. Pius Zuppiger, Verantwortlicher für das Meldewesen, berichtet mir vor dem Start von 1896 Meldungen, so viel wie nie. Wobei natürlich, wie anderswo auch, der Halbmarathon das Gros der Teilnehmer anzieht.

 

Vor dem Start/Ehrung der treuesten Waffenläufer

 

 

 

Unter den Teilnehmern sind dann natürlich wieder viele zu sehen, die ich persönlich kenne. Daniel Steiner, Reporterkollege, kann sogar einen militärischen Gruß fast fehlerfrei vorführen. Er lässt mir seine Packung probehalber auf den Rücken schnallen. Ich muss zugeben, dass diese gut angepasst ist und dass ich mir ein Rennen mit so einem Sack am Buckel gut vorstellen kann. Aber meine Barraszeit liegt 20 Jahre zurück. Den Rucksack hat Daniel mit ein paar eingesteckten Steinen beschwert. Der militärische Gruß von Klaus Neumann ist noch verbessungsfähig, aber deswegen ist er nicht in der Stadtkaserne erschienen. Dort ist das Hauptquartier der ganzen Laufinfrastruktur niedergelassen. Die Halbmarathonis können von nebenanliegendem Bahnhof nach Wil (Start des Halbmarathons) fahren. Fahrkarte ist die Startnummer.

Wer vor seinem Wettkampf noch was zum Beißen braucht, in der Kantine ist für 5 CHF ein Zmorgebufett (Frühstück) gerichtet. Um 09.30 Uhr wird angetreten. Es folgt ein kurzes Begrüßungswort vor der zahlreich erschienenen Militär- und Zivilprominenz. Im Anschluss werden einige Jubilare geehrt. Darunter sind einige mit 150 und 100 Waffenläufen und einer, der hier zum 40. Mal an den Start geht.

 

Mit großem Tamtam zum Start

 

 

Nach der Ehrung heißt es kurz und knapp „stillgestanden“ und dann geht es hinter der Fahne und der Musik im Gleichschritt zum nahe gelegenen Marktplatz. Daniel berichtet, dass es mit dem Gleichschritt bei den befreundeten Deutschen und Österreichern am besten klappe. Bei seinen Landsleuten wäre da noch Nachholbedarf.

Wettertechnisch schaut es ganz gut aus. Wir haben zwar noch Hochnebel, aber die Obergrenze dieser Suppe scheint heute Löcher zu bekommen, so sagt zumindest der Wetterfrosch. Kein Wind, Temperaturen so knapp um fünf Grad, gute Bedingungen für ein schnelles Rennen.

Die 15, 20 Minuten vor dem Start des Waffenlaufes um 10.00 Uhr nutzen viele für einen letzten Ratsch, wobei ich von der Unterhaltung auf Schwyzerdütsch kaum etwas verstehe. Daniel beeindruckt mich hier, denn er kann nach einem Satz in Hochdeutsch in null-komma-nichts auf Schweizer Dialekt switchen. Er hat nur eine Vorgabe: Er will vor mir im Ziel sein. Da hat er einen gewichtigen Vorteil, die halbe Stunde Vorsprung. Ich habe zwar kein Gepäck am Rücken, aber ich soll ja noch einiges Bildmaterial sammeln. Aber es wird knapp werden. Einer der deutschen Kameraden zieht sich noch die letzte Zigarette rein und stößt einen Rauch aus wie eine alte Dampflok. Ob der in den kommenden Stunden noch so einen Sargnagel will, ich weiß nicht.

Der Start der Waffenläufer ist sehenswert. Quer über den Platz ist eine Startlinie markiert und an der wird sich aufgestellt. So stehen fast alle in der ersten Reihe. Eine kurz vorher noch herbeigeschaffte Kanone markiert den Startzeitpunkt. Nach dem Böllerschuss sprinten die Waffenläufer quer über den Platz, um sich gleich eine gute Ausgangsposition auf der folgenden schmäleren Straße zu sichern. Einen Zweck in dem Spurt erkenne ich nicht, zudem gleich eine anspruchsvolle Steigung sich anschließt. Aber so was sollte man als Läufer schon mal sehen. Einige Soldaten haben den Start verschlafen oder gehen es gemütlicher an, denn sie zockeln der entflohenen Meute hinterher.

Eine halbe Stunde muss ich dann auf den Marathonstart der Zivilklasse warten. In einem Treppenaufgang einer Tiefgarage kann man sich noch ein wenig aufwärmen. Die Kapelle spielt noch ein paar Musikstücke. Dieter Fromme ist heute wieder als Weihnachtsmann unterwegs. Einige Kinder kommen interessiert angelaufen. Fünf Minuten vor 10.30 Uhr werden wir an den Start gerufen.

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Informationen: Frauenfelder Marathon
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