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Laufberichte

Kein Aprilscherz in der friesischen Karibik

01.04.12

Die Unterstützung durch die freiwilligen Helfer ist perfekt. Sabine Siefert, die nette OK-Chefin, betonte im Vorgespräch, ein solches Sportereignis sei überhaupt nur mit der Unterstützung einer großen Anzahl von Freiwilligen durchzuführen. Rund 160 Helfer würden am Veranstaltungstag benötigt, wobei die Betreuung der Läufer im Start- und Zielbereich, die Begleitung des Lauffeldes auf dem Fahrrad, die Ausgabe von Verpflegung auf der Strecke und die Arbeit als Streckenposten zu den Aufgaben gehörten. Ein Genuß ist die Durchquerung der Wyker Haupteinkaufsstraßen Sandwall und Königsstraße, hier stehen viele Passanten und geizen nicht mit freundlichem Beifall. Das tut gut! Nach etwa 7 km durchlaufen wir den Hafenbereich und ein weiterer schöner, aber windanfälliger Abschnitt beginnt: Der Deich im Osten.

Hier bekommen wir einen ersten ernsthaften Vorgeschmack auf das Kommende: Wind. Volle Möhre bläst er uns entgegen. Erst versuche ich es heimlich mit Windschattenlaufen, aber der Bringer ist das leider nicht. Jaja, Helden werden bei Sturm am Strand gemacht! (so „Hautlappen“, Co-Moderator im Forum der Runner’s World). Ablenkung bringt das Auflaufen auf Anke Rohwer vom Ostroher SC. Sie habe ich nicht vergessen, als ich seinerzeit beim Wyker Stadtlauf ein zierliches, blondbezopftes Persönchen mit energischem Schritt vor mir und beschlossen hatte, mich an sie heranzusaugen, um sie dann zu überholen. Bei der Absicht blieb es dann, keine Chance. Zäh ist sie, die Dame! Und schnell. Das erzähle ich ihr heute und wir haben was zu lachen. Über im wahrsten Sinne des Wortes beschissene Wege (von Möwen) kommen wir nach einigen kräftezehrenden Km zum nördlichsten Punkt der Strecke.

Am Windpark biegen wir nach Westen ein, eine weitere Verpflegungsstelle mit Wasser, Tee und Obst (später kommt noch Cola hinzu) sorgt für den nötigen Nachschub. Einen zweiten Vorgeschmack auf die folgende Hälfte bekommen wir den nächsten Km übers freie Feld, auf denen wir der Witterung weitgehend ungeschützt ausgesetzt sind. Langsam nähern wir uns wieder Midlum, um den ersten Kreis der liegenden „8“ in Richtung Halbmarathonziel (= Start) zu vollenden; hier werden wir knapp die Hälfte der Läufer verlieren. Ganz im Gegensatz zu sonst haben wir nämlich nicht ein Verhältnis von 1:6 bis 1:7 zwischen Marathon- und Halbmarathonläufern, sondern die Zahl der Volldistanzler überwiegt heute sogar! Einige gemeldete Teilnehmer hatten übrigens wohl schon im „Föhr“feld aus verschiedenen Gründen abgesagt, daher konnten deren Plätze per Newsletter nochmals angeboten werden, nachdem die Warteliste abgearbeitet war. Sogar die entrichteten Startgebühren wurden erstattet! Das ist schon ein fast einmaliger Service.

In der Mitte der liegenden „8“ in Midlum steht, wie bestellt, mein persönlicher mobiler Fanblock, Knips, Knutsch, weiter geht’s. Ich überschreite das Halbmarathonziel und liege mit gut 1:52 Std. zwar super in der Zeit, aber es ist völlig klar, daß das in der zweiten Hälfte nicht ansatzweise durchzuhalten sein wird. Es zieht sich immer weiter zu, Regen kündigt sich an und der eiskalte Wind kommt häufig von vorne und bremst brutal. Warm ist es wirklich nicht. Das im Rheinland mit Temperaturen bis knapp über der 20°-Marke fast zwei Wochen lang traumhafte Wetter hat sich leider verflüchtigt bzw. ist hier im Norden kaum angekommen. Satte 4° hatte es noch morgens, die sich bis mittags auf stolze 6° katapultieren werden. Aber man sollte nicht meckern, schließlich könnte auch Regen, und zwar quer kommen. Und der Wind noch deutlich heftiger sein.

Die nächsten 9 km führen uns durch Felder und Wiesen. Und es kommt, wie es kommen mußte: Es beginnt zu regnen, und zwar quer, mit Eis vermischt, unter heftigen Böen. Echt knackig. So vergehen die km 24 und 25. Dann wird es zumindest teilweise wieder trockener und plötzlich haben wir zur Rechten einen markanten Erdhügel. Ich wette, der ist außer den Einheimischen kaum jemandem aufgefallen. Dabei ist die kreisrunde Lembecksburg ein archäologisches Denkmal mit Besiedelungsspuren schon aus der Zeit von 2.500 v. Chr. Letztlich ist sie eine Wikinger-Wallburg aus dem 9. – 11. Jhdt., die im 14. Jhdt. ihre heutige Gestalt erhielt.

Den Nordrand von Borgsum streifend, kommen wir zum Marathon-magischen km 30, der am Rand von Süderende liegt. Den hiesigen Verpflegungsposten betreibt die Süderender Feuerwehr. „Nächstes Jahr seid Ihr dabei!“, rufe ich zwei Kameraden zu. „Jou, dann üben wir schon mal!“, kommt’s zurück, und schon hetzen sie hinter mir her. Sehr gut, Spaß muß sein. Hier steige ich auf Cola um. Mit der Kraft ist es logischerweise nicht mehr zum Besten bestellt, aber ein englisches Sprichwort sagt: Wenn Dein Wille bereit ist, sind die Füße leicht. Und der Wille ist ungebrochen. Auch wenn ich im heftigen Gegenwind merklich Zeit verliere, hat mein Schnitt insgesamt nicht erheblich nachgelassen. Geht heute doch was?

Ein letztes Mal nach Süden kommen wir durch Witsum und Goting. Letzteres ist insoweit bedeutend, da sich hier die einzige Steilküste der Insel befindet. Das Gotinger Kliff ist 1,7 km lang und bis zu 9 m hoch, leider sehen wir es auf unserem Weg nicht. Was vermutlich auch den meisten entgangen sein wird, ist die Godel. Dies ist der einzige Fluss auf Föhr. Fast anderthalb Kilometer schlängelt er sich seinen Weg durch die sogenannte Godelniederung. Ja, die „8“ ist mit Bedacht gewählt. Denn man wollte uns möglichst viel Unterschiedliches von der Insel zeigen: Die Inseldörfer, Strand, Deich, Marsch, Stadt, Vogelschutzgebiet, Godelniederung. Euer Plan ist voll aufgegangen, Ihr Föhrer!
Km 35, es geht wieder in Richtung Norden, ich beginne das Ziel schon fast zu riechen. Eine ganze Zeit lang nehmen wir jetzt einen teils schmalen Feldweg. Das ist gar nicht schlimm, denn so muß ich mich auf den Boden konzentrieren und das lenkt erfolgreich von der Anstrengung ab. Quasi auf die Zielgerade geht es jetzt nach Nordosten, zunächst noch durch Alkersum.

Was ist das wirklich Schöne am Marathonlaufen? Für mich ist das der Augenblick, wo ich merke, daß ich mitnichten abfalle, sondern noch ausreichend Kraft in den Beinen habe, und das Tempo nicht nur hochhalten, sondern sogar noch eine Schippe drauflegen kann. Anderthalb km vor dem Ziel kommt eine scharfe Rechtskurve und über die Schulter sehe ich Anke, keine 100 m hinter mir. Heute, Anke, kriegst Du mich nicht! Ich blase Attacke und laufe deutlich unter einem Fünferschnitt aufs Ziel zu, und dies nach über 40 km. DAS ist geil am Marathon!

Alle Mühen, die man auf sich nimmt, werden irgendwann belohnt (Judy Parker). Und so taucht endlich der Zielbogen auf, den ich wiedermal mit großer Freude und Genugtuung unterquere. Man hängt mir eine schöne Medaille um – endlich gibt’s mal wieder eine! – und ich realisiere meine Zeit von 3:42:57 Std. Wow, da ist sogar noch ein negativer Split herausgekommen! Dieses Ergebnis hatte ich mir zwar in etwa erhofft, aber beim heutigen Wetter für absolut unrealistisch gehalten. Kurz hinter mir kommt Anke als Nächste ins Ziel, umarmt mich und ist Gottseidank keine Spur böse. Großer Sportgeist!

HaJo Meyer hat erfreulicherweise Marathon Nr. 1.400 hinter sich gebracht und auch der Sturmvogel Sigrid war wieder mal erfolgreich. Logischerweise waren beide auch am Samstag Marathon gelaufen. Als Letzter, aber deshalb nicht weniger lobenswert, läuft der Midlumer Bürgermeister, Helmut Marczinkowski, ein. Großer Respekt, da kann sich der  Helgoländer Kollege mehrere Scheiben abschneiden!

Im Festzelt können verbrauchte Kalorien in flüssiger, gegrillter und/oder gebackener Form schnell wieder zugeführt werden und auch die Siegerehrung des Marathons lässt nicht lange auf sich warten. Kuriosum dabei: Der Sieger des Marathons, Jens Hollmann,  hätte mit seiner Durchgangszeit auch den Halben gewonnen, denn der offizielle Erste war erst eine Minute nach ihm zuhause. Am Abend erwartet uns dann eine Abschlussparty in der Nationalparkhalle, zu der man sich im „Föhr“feld hatte anmelden können. Wir haben das getan und genießen das Buffet in vollen Zügen. Mit einem Paukenschlag also hat sich die Insel Föhr erstmals auf der Marathonbühne gemeldet, ich habe keine Pannen feststellen können. Es wird künftig hoffentlich weitergetrommelt werden.

Streckenbeschreibung:

Einrundenkurs in Form einer liegenden „8“ über die Insel mit Start/Ziel in der Mitte.  

Rahmenprogramm:

In der Grundschule Midlum erfolgt am Vortag von 16-18 Uhr und am Lauftag ab 7.30 Uhr die Ausgabe der Startunterlagen. Dort werden auch Einführungen in die Laufstrecke angeboten. Kostenlose Massage in der Sporthalle.

Startgebühr

25 € Marathon, 18 € Halbmarathon

Auszeichnung:

Medaille, Urkunde übers Internet.

Logistik:

Perfekt, alles sehr nahe beieinander.

Verpflegung:

Verpflegungsstellen alle 5 km mit Wasser, Tee, Obst und später Cola.

Zuschauer:

Gute Stimmung v.a. an den bewohnten Punkten durch Einheimische und mitgereiste Fans.

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Informationen: Föhr-Marathon
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