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Laufberichte

„Florenz liegt Euch zu Füßen“

29.11.09
Autor: Klaus Duwe

Schreibt man einen Laufbericht zum Florenz Marathon, ist die Gefahr groß, das Thema zu verfehlen.  Alleine mit den Eindrücken, die man auf  dem Startplatz auf dem Piazzale Michelangelo sammelt, kann man Seiten füllen. Der sonst wortreiche Sprecher bringt es, ganz untypisch für einen Italiener, auf den Punkt: „Florenz liegt Euch zu Füßen“. Der Blick von hier oben auf Florenz ist in der Tat atemberaubend: Alles, was die Stadt an Türmen, Kuppeln und Brücken zu bieten hat, auf einen Blick.

Von allen Brücken ist die 1333 erbaute Ponte Vecchio  (Alte Brücke) die auffälligste. Bereits seit 1345 gibt es die kleinen Läden auf der Brücke, die ursprünglich von Metzgern und Gerbern betrieben wurden. Seit 1593 sind laut Dekret nur noch Goldschmiede zugelassen. Der Gestank der Schlachtabfälle und Gerbmittel (u. a. Pferdeurin) wurde den edlen Herrschaften zu viel. Schließlich war die Brücke die direkte Verbindung zwischen dem Palazzo Vecchio und dem Palazzo Pitti.

Vor dem Start

Den Palazzo Vecchio erkennt man leicht am markanten, 94 m hohen Turm. Nach seiner Fertigstellung (1314) beherbergte er das Parlament, bis Cosimo I. in die direkt daneben liegenden Uffizien umzog. Cosimo gehörte zu den Medicis, jener Kaufmannsfamilie, die es verstand, mit Geschick und Intrigen zur politischen Großmacht aufzusteigen. Der Aufstieg von Florenz im Mittelalter zur europäischen Kunst-, Kultur- Wissenschafts- und Wirtschaftsmetropole ist eng mit dem Aufstieg der Medicis verbunden. Sie förderten die Künste und die Wissenschaften und so siedelten sich in Florenz viele Künstler und Gelehrte an, unter ihnen Donatello, Botticelli, Michelangelo, Leonardo da Vinci und Galileo Galelei.

Die Grabmäler von Michelangelo und Galilei befinden sich  übrigens in der Basilika Santa Croce, die von hier ebenfalls ganz leicht zu erkennen. Dort laufen die Marathonis früher oder später ins Ziel. Den Grundstein zur Kirche soll der heilige Franz von Assisi 1295 selbst gelegt haben. Sie gilt als eine der bedeutendsten Franziskanerkirchen Italiens. Geplant hat sie Arnolfo di Combio,  von dem auch der Plan zum weltberühmten Dom Santa Maria del Fiore stammt. Der prachtvolle Bau mit seiner gewaltigen, 114 m hohen Kuppel gilt als Meisterleistung der damaligen Baukunst und dominiert das Stadtbild noch heute. 1296 wurde mit dem Bau begonnen,  alleine der Bau der Kuppel dauerte 16 Jahre. Es wurden Aufzüge und Kräne entwickelt, die es zuvor nicht gab. Alles war den Florentinern recht, was ihre Vormachtstellung unterstrich, denn es gab viele Kirchenbaustellen in jener Zeit und der ihr Dom sollte der gewaltigste sein. Ursprünglich sollte der freistehende Campanile die Kuppel noch um einen Meter überragen. Aber der Baumeister Giotto starb vor dessen Fertigstellung und seine Nachfolger verwarfen die Pläne. Und so misst der Turm nur 85 m.

Das Aufzählen der Florentiner Sehenswürdigkeiten sprengt jeden Rahmen und ist immer unvollständig. Als die Altstadt 1982 zum UNESCO-Weltkulturerbe wurde, hieß es in dem Antrag, dass „eine Rechtfertigung lächerlich sei, da man auf die weltgrößte Ansammlung bekannter Kunstwerke verweisen könne.“  Eines der bekanntesten Kunstwerke überhaupt ist Michelangelos David, von dem hier auf dem Platz eine bronzene Kopie steht. Das Original befindet sich in der Kunstakademie. Eine weitere Kopie (aus Marmor) steht vor dem Palazzo Vecchio, seinem ursprünglichen Platz. Michelangelo hat die 5,48 m hohe Statue in dreijähriger Arbeit (1501-04) aus einem einzigen Marmorblock geschaffen.

Hier ganz in der Nähe, von den Läuferinnen und Läufern aber kaum beachtet, findet man eine der schönsten Kirchen Italiens, der Legende nach genau an der Stelle, wo der heilige Minias starb, nachdem er von Kaiser Decius enthauptet wurde und mit seinem Kopf unter dem Arm diesen Hügel hinauf lief. Nach ihm heißt die Kirche San Miniato al Monte, 1013 wurde mit dem Bau begonnen.

Mittlerweile sind fast alle Marathonis auf dem Platz versammelt. Nur vereinzelt kommen noch welche zu Fuß (es sind nur 15 Minuten von der Kleiderabgabe unten am Arno) oder mit den Shuttle-Bussen an. Der Florenz Marathon gehört zu den wenigen Veranstaltungen weltweit, die ständig steigende Teilnehmerzahlen vorweisen können. In diesem Jahr sind 10.104 Läuferinnen und Läufer aus 63 Nationen angemeldet. Die stärkste ausländische Fraktion stellen die Franzosen mit 588 Sportlern vor den Engländern (497), Deutschen (349) und Österreichern (295). Aus der Schweiz sind immerhin 74 Läufer angereist. Nach Rom ist Florenz damit der zweitgrößte Marathon in Italien. Der Lauf wird drei Stunden live im TV übertragen. Überhaupt, der Marathonlauf ist dabei, in Italien zum Nationalsport zu werden. Nur bei den Frauen scheint das lange Laufen (noch) nicht so gut anzukommen. 793 italienischen stehen 713 ausländische Läuferinnen gegenüber.

Start

Genug Schlaumeierei und Statistik. Mit etwas Verspätung wegen der Fernsehübertragung geht es um 9.20 Uhr auf die Strecke. Die Stimmung ist fantastisch, das Wetter auch - etwas Sonne und um die 14 Grad. Die Strecke lädt zu seinem schnellen Beginn ein, sie führt die ersten Kilometer nämlich leicht abwärts. Durch die Bäume hat man immer wieder schöne Blicke auf Florenz, links oben liegt die erwähnte Kirche San Miniato al Monte. Hätte man Zeit, könnten man einen Blick werfen auf den Giardino di Boboli, der hinter dem Palazzo Pitti (von dem gleich noch die Rede ist) liegt und mit seine vielen Brunnen und Skulpturen einer der bekanntesten Gärten aus dem 16. Jahrhundert ist.

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Informationen: Firenze Marathon
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