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Laufberichte

''Kennsch Du Karlsruh?''

20.09.09
Autor: Joe Kelbel

Zigmal habe ich das in rund 18 Stunden Karlsruhe gehört: Kennsch Du Karlsruh? Nein, bis jetzt kannte ich Karlsruhe nicht! „Awer ich bin gschponnd uff Karlsruh!“

Der „Badische Liberalismus“ bezeichnet keine Wahlkampfveranstaltung vom Guido, sondern einen demokratischen Zeitgeist, der 1818 in der Badischen Verfassung  verankert wurde. Das Großherzogtum Baden war das erste deutsche Land mit einem Parlament, das die Macht des Oberhauptes beschränken konnte (konstitutionelle Monarchie).

Mit der Märzrevolution, 1848/1849 ausgehend von Baden, wurde die konstitutionelle Monarchie als Staatsform in ganz Deutschland durchgesetzt. Sie bestand bis zum Abdanken des Kaisers (1918).

Als die erste Hauptstadt eines Landes mit demokratischer Verfassung und erstem  Parlament auf deutschem Boden trägt Karlsruhe in der Bundesrepublik Deutschland die Aufgabe, die Demokratie zu bewahren. Mit Sitz des Bundesgerichtshofes (oberste Instanz für Zivil und Strafverfahren) und des Bundesverfassungsgerichtes (das Grundgesetz betreffende Angelegenheiten) trägt Karlsruhe den Beinamen „ Residenz des Deutschen Rechtes“.

In den „Genuß“ der deutschen konstitutionellen Monarchie kam auch das Land, das dieses Jahr das vierte Mal in Folge den Sieger des Karlsruher Marathons stellt: Der Küstenstreifen Kenias war ab 1885 drei Jahre dem deutschen Kaiser als Protektorat unterstellt, ehe es von der Imperial British East Africa Company verwaltet wurde.

Der Kenianer Pius Ondoro (geb 1988) verlässt zum ersten Mal Kenia. Seine Eltern sind verstorben, er lebt bei seiner verheirateten Schwester. Er lief in Kenia seinen ersten Halbmarathon in 1:01:02. Sein Landsmann Jonathan Koilegei (geb 1979) läuft schon seit einigen Jahren in Deutschland und Österreich, aber auch er lebt mit seinen vier Geschwistern noch zu Hause in Kenia. Deren Schulgeld soll von seinen Preisgeldern finanziert werden. Er läuft seinen ersten Marathon.

Beide kommen aus dem kenianischen Hochland um Eldoret. Aus dieser Gegend im Rift Valley kommen die meisten Kenianischen Läufer. Sie trainieren hier ganzjährig in einer Höhe von 2400 bis 2700 Metern. Das High Altitude Training Center der IAAF in Eldoret steht auch Nichtkenianern und Nichtsportlern zur Verfügung.

Beide Läufer werden von der  deutschen Firma „Well Done“ (Kaiserslautern) gefördert. Im Gegensatz zu anderen „Rennställen“ verzichtet diese Gesellschaft auf eine Gewinnbeteiligung.Vermittelt werden die Läufer über sozial tätige Deutsche in Kenia.

Sozial tätig sind auch sieben verkleideten Läufer;  die im Rahmen des Marathons unter Führung des Pumuckls  für den Laufclub Down-Syndrom Marathonstaffel e.V. Spenden sammeln. Den Pumuckel kennt mitlerweile jeder, doch daß Dietmar Mücke dreimal Deutscher Meister im 24-Stundenlauf wurde, wissen wenige. Es steht halt nicht auf seinem T-Shirt.

Der  Baden-Marathon Karlsruhe ist nach Berlin und Frankfurt der Älteste in Deutschland. Seit 4 Jahren ist die FIDUCIA IT AG Hauptsponsor. Die Firma ist einer der größten Arbeitgeber in Karlsruhe, sie arbeitet hauptsächlich für die genossenschaftlichen Banken.

Der Start, die Laufmesse und die Startnummernausgabe ist an der Europahalle, der Karlsruher Ball- und Radsporthalle. Ziel ist erstmals  das neue Leichtathletikstadion neben der Europahalle, alles etwa 2 km vom HBF entfernt. Gelaufen werden wie immer zwei verschiedenen Runden, wer nach der ersten Runde aussteigt, erhält auf jeden Fall eine HM-Wertung.

Traditionell verbindet der Karlsruhe Marathon Kunst und Kultur mit dem Sport. Dieses Jahr wird der Lauf mit dem Tanz verbunden. 80 Tanzgruppen sollen sich auf die Marathonstrecke verteilen.

Beispielhaft für andere Stadtmarathons ist die Aktion „Pasta Genuss“, in deren Rahmen in verschiedenen Restaurants eine Woche lang Nudelgerichte für 5 € angeboten werden. Das gilt auch für Angehörige und Freunde. Wer seine Startnummer dabei hat, erhält sogar noch ein Getränk.

Interessant finde ich auch den „3daysiron“: der Triathlon wird auf drei Einzelevents aufgespalten, aber zusammen gewertet. Am 16.Mai war 3,8 km Schwimmen angesagt, am 4. Juli  180 km Radfahren, und heute der Marathon.

Der Innenraum der Europahalle ist gigantisch. Die etwa 7500 HM-Läufer sind schnell wieder daheim.Was bleibt ist ein harter Rest von Marathonläufern und als die Jungs vom Werbestand des Weinstrassen-Marathons ihr letztes Leergut in den Kofferraum geladen hatten fällt das erste Mal diese Frage: „Warsch Du scho emol in Karlsruh? Kennsch Du Karlsruh?“

Wie auf einer neuseeländichen Schaffarm zur Zeit der Rasur erfolgte ein promptes, einstimmiges „Nööö!“

Ein sonore Stimme weckt mich. Es ist die Stimme des Stadionsprechers. Hab ich ein Glück, daß das Stadion in Hörweite des Hotels Rio ist!  „EINS-ZWO, EINS-ZWO...TEST::TEST“ Nix eins, zwo! Acht Uhr fünfzehn ist es, in 45 Minuten ist der  Start, und hier in meinem Zimmer ist wohl ein Komet eingeschlagen!

Alle Bruchstücke des Kometen rein in die Tasche und los! Ich werde den zweiten Startblock nehmen, der startet 10 Minuten später.

Über die breiten Straßen Karlsruhe windet sich der Läuferstrom. Da ist die mächtige Kriegsstraße. Der Name sagt es: Sie wurde gebaut, damit die Truppen Napoleons (Baden war Verbündeter Napoleons) problemlos um das Stadtzentrum von Karlsruhe herum konnten. Oft genug kamen die Soldaten mit einer durchschnittlichen Tagesleistung von 40 km hier vorbei. Auch heute leitet sie die 10.000 Läufer auf schnurgeradem Weg nach Osten. Zwei Unterführungen hat die Straße, ideal für die Zuschauer, erste Bewährungsproben für die Läufer.

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Informationen: Baden-Marathon
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