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Laufberichte

Dess wär' jetzt au g'schwätzt

18.09.11
Autor: Klaus Duwe

Zwei Kilometer misst die Genussstrecke, dann sind wir in Rüppurr ( km 12) und werden „symbadisch“ gelb/rot empfangen. Gleich geht es über eine steile Brücke. Hier kann man unauffällig eine Gehpause einlegen.  Karlsruhes südlicher Stadtteil hat heute zwar 10.000 Einwohner, aber noch immer einen dörflichen Charakter. Vielleicht ist es gerade deshalb als Wohngebiet so beliebt. Auf gepflastertem Weg geht es an der St. Nikolaus Kirche vorbei in den Ortskern mit alten Backstein- und Fachwerkhäusern. Und dass man auf dem Dorf zu feiern versteht, zeigen die Bewohner eindrucksvoll. Wenn das Wetter schöner ist, können sie es noch besser. Ich erinnere mich …

Der Weg nach Bulach führt zunächst über freies Feld, wo mich Friedbert und Heiko, die 4:30 Pacer einholen. Friedbert muss ein ganz großer m4y-Fan sein, denn er hat sich in alter Karlsruher Body-Painting-Tradition ganz orange eingefärbt. Zum Glück bleibt es trocken. Oder ist die Farbe wasserfest? Über den Belchenplatz erreichen wir ein kleines Waldstück, Gut Scheibenhardt (das Jagdschloss sieht man nicht, es liegt auf der anderen Straßenseite) und schließlich Bulach (km 18), über dessen Eingemeindung man sich 1929 in Karlsruhe sehr freute. Bulach war eine wohlhabende Landgemeinde, der man bis dahin manches Gelände für teures Geld abkaufen musste. 

Bulacher Schmuckstücke sind die vielen alten Fachwerkhäuser und die Kirche Cyriakus, auch Dom der Hardt genannt. In der Kirche gibt es noch eine alte Voit-Orgel, die seinerzeit in Durlach gefertigt wurden. Fast eine Kuriosität ist das Bulacher Wachthäusle, das der Nachtwächter bewohnte. Kurios deshalb, weil in Bulach noch 1926 in geheimer Wahl ein Nachtwächter aus 11 Kandidaten bestimmt wurde. Anderswo gab es diese Einrichtung schon lange nicht mehr. Ratet mal, wie man die Bulacher heute noch nennt. Richtig, dabei machen sie einen ganz ausgeschlafenen Eindruck, soweit ich das beurteilen kann.

Gleich sind wir an der Alb. Eine Guggenmusik (wurde auch Zeit) dreht voll auf und die „Halben“ gleich durch. Auf dem letzten Kilometer wollen sie die verbummelten zwanzig davor vergessen machen. Auf einer Tanzbühne wird gerockt und gerollt, Marathonis laufen gerade aus, die „Halben“ rechts Richtung Europahalle und Stadion ins Ziel. Ohne mit der Wimper zu zucken bleibe ich auf Marathonkurs.

Der Marathon setzt sich also aus zwei verschiedenen Halbmarathonstrecken zusammen. Der erste Teil verläuft in östlicher und südlicher Richtung, der zweite Teil in westlicher und nördlicher Richtung mit dem Schloss als Highlight. Man kann sich praktischerweise die Strecke auch mit einem anderen Läufer teilen, was neben der Marathon-Staffel eine weitere Option ist.

Durch die „Klotze“, wie die Günter-Klotz-Anlage kurz genannt wird, geht es der Alb entlang weiter. Günter Klotz war 1952-70 Karlsruher Oberbürgermeister und hat große Verdienste beim Wiederaufbau der Stadt. Der künstlich errichtet Berg ist im Winter Rodelbahn und im Sommer, beim legendären „Feschd“, Tribüne für tausende Rockfans.

Fast unberührt erscheinen einem die Natur und der Flusslauf in dem stadtnahen Gebiet. Blühende Sträucher, Spielwiesen und Ausflugslokale in schattigen Wäldchen wechseln sich ab. Die Biergärten und  vielen Rastbänke sind leer. Es ist zu kalt, außer man läuft. Nur ein paar Hardcore-Fans und Helfer sind an der Strecke, sonst ist es jetzt ruhig. „Landliebe“ hat sinnigerweise ein Laufkamerad auf seinem Shirt stehen. Ich mag es auch gerne ländlich.

Die Albkapelle hat eine bewegte Geschichte. 1759 wurde sie unweit von hier in Grünwinkel errichtet. Nach 150 Jahren stand sie plötzlich anderen Planungen im Weg und sollte abgerissen werden. Da finanzierte die dort ansässige Brauer-Familie Sinner den „Umzug“ der Kapelle hierher ans Albufer.

Als man das Bier noch mit Ochsen- und Pferdekarren in die Gasthäuser brachte, war der Weg entlang der Alb eine wichtige Verbindung. Noch heute kann man sehen, wo die Fuhrleute die Pferde in den Fluss führten, um sie zu waschen. Der Fluss war an dieser Stelle, dem Gaulsloch, etwas tiefer. Deshalb war es für die Kinder und Jungendlichen, die ja keinen Computer und keine Playstation hatten, ein beliebter Spielplatz. Sie lernten dadurch früher als die Kinder in anderen Stadtteilen das Schwimmen, was ein Privileg war. Ganz in der Nähe vom Gaulsloch wurde später sogar eine Militärschwimmschule errichtet, in der Soldaten das Schwimmen beigebracht wurde.

Was man auf einer Strecke so ganz ohne Tam-Tam alles erfahren und sehen kann!  Sogar die Kilometerschilder lohnt es sich, genau anzusehen. Auf jedem Schild sind Tiere aus der Region abgebildet, meisterhaft fotografiert von Norbert Daubner und Gaby Hufler. Eine gute Idee.

Km 26,  vorbei ist es mit der Landschafts-Idylle, wir sind am Rheinhafen. Vor uns steht das Heizkraftwerk. Schon seit 1951 versorgt es die Karlsruher mit Fernwärme versorgt. Das Bauwerk ist ein gutes Beispiel, dass Industriebauten nicht hässlich sein müssen. Ausgesprochen hübsch sind die Nachwuchstänzerinnen vom TSC Rheinstetten, die hier ihr Können zeigen. Ihre Kolleginnen in Mühlburg (km 27) kommen uns orientalisch.

Nordweststadt, St. Konrad-Kirche (km 29),  Verpflegungsstelle und Gartenfest. Weiter geht es zum alten Flugplatz (km 30). Die nächste Brücke bringt uns über den Adenauerring. Simon geht rückwärts hoch – der Kampf mit dem Krampf. Aber er hält durch. Der KSC auch? Zum Wildparkstadion ist es nicht weit.

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Informationen: Baden-Marathon
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