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Laufberichte

Von Spatzen und Spätzle

21.09.08
Autor: Klaus Duwe

12000 Läuferinnen und Läufer erobern Ulm 

Alle im Organisationsteam haben darauf hingearbeitet, jetzt zeichnet er sich ab, der ersehnte Rekord: Mehr als 12. 000 werden an diesem Wochenende bei den verschiedenen Läufen im Rahmen des Ulmer Einstein-Marathon an den Start gehen. Ganz genau sind 7672 Läufer und 4427 Läuferinnen angemeldet, darunter auch 3000 Jugendliche. Am Samstag  gibt es noch für die Kurzentschlossene die Möglichkeit, sich auf der Messe in der Donauhalle nachzumelden. Bleibt es bei der Wetterprognose, gibt es gute Bedingungen und damit bestimmt noch eine deutliche Aufstockung. Ein kleiner Wermutstropfen ist die Tatsache, dass nur etwa jeder 10. tatsächlich den ganzen Marathon laufen will. Der Teilnehmerzuwachs kommt vom Halbmarathon und von den Jugendläufen.

Davon lassen sich die Verantwortlichen aber die Freude an dem großen Zuspruch insgesamt nicht trüben: „Wir haben mit einer solchen Resonanz nie gerechnet“, sagt Markus Ebner, einer der Organisatoren des Einstein-Marathon. Alles passt, nur Stars sucht man vergebens. Wo es, wie hier in Ulm, kein Antrittsgeld gibt, ist das meist so. Ganz auf  Laufprominenz braucht man trotzdem nicht zu verzichten. Herbert Steffny (EM-Dritter 86) verstärkt das Liebherr-Team, eines von insgesamt 46 Firmenteams, die am Start sind.


An der Strecke sollen 36 Bands und Künstler für die richtige Marathon-Stimmung sorgen. In der Innenstadt werden wieder zigtausend Zuschauer den Marathonis zeigen, wie man in Ulm Feste feiert.

Die Strecke ist teilweise neu. Start ist wie immer an der Donauhalle. Entlang der Donau geht es Richtung Böfingen und Oberthalfingen. Nach dem Überqueren der Donau führt die Strecke zurück über Pfuhl nach Neu-Ulm, wo das Glacis-Gelände passiert wird. Danach wird wieder nach Ulm gewechselt, es geht durch die Stadt. Während die  „Halben“ am Münsterplatz im Ziel sind, laufen die Marathonis am Donaukanal entlang nach Wiblingen, am Kloster vorbei und zurück in die Stadt, zum Münsterplatz und dort ins Ziel. Eine ausführliche Beschreibung der Strecke mit vielen Bildern beinhaltet der Bericht von Eberhard.

Wer zum Einstein-Marathon kommt, sollte unbedingt Zeit für einen ausgiebigen Stadtbummel mitbringen, denn  die Stadt an der Donau hat viel mehr zu bieten, als den höchsten Kirchturm der Welt. Das Rathaus, die Bibliothek und die Altstadtgassen mit herrlichen Fachwerkhäusern, urigen Kneipen und exklusiven Geschäften sind echt sehenswert. Von vielen Hausfassaden grüßen überdimensionale, bunt bemalten Spatzen. Der Spatz ist das Wahrzeichen der Ulmer und das kam so:

Reiche Ulmer Bürger stifteten für das Hauptschiff des Münsters eine Friedenstaube, die einen Ölzweig im Schnabel hält. Schon damals waren die Schwaben äußerst sparsam und so fiel die Figur ziemlich klein aus. Aus einiger Entfernung kann man überhaupt nicht erkennen, dass der Vogel eine Taube sein soll und den Ölzweig sieht man erst, wenn man den Turm besteigt.
Spötter sprachen schon bald vom kleinen Spatz auf dem großen Münster.

Da die Schwaben auch ein Volk der Dichter und Denker sind, gab es schnell eine Geschichte dazu. Danach schleppten die Ulmer zum Bau des Münsters einen so großen Balken heran, dass er irgendwie nicht durchs Stadttor passte. Sie wollten schon das Tor einreißen, da sahen sie, wie ein Spatz mit einem Zweig im Schnabel längs durch eine Mauerlücke zu seinem Nestbau flog. Den Ulmern ging ein Licht auf und legten den Balken jetzt längs auf ihre Karre, statt quer. Ich kann mir vorstellen, dass die Ulmer diese Geschichte nicht so gerne hören.


Vom Spatz zu Spätzle ist es nicht weit. Klar, die Schwäbische Nationalspeise ist auch eine Schwäbische Erfindung (sagen die Schwaben). Sie waren von der Landbevölkerung mit eigenen Zutaten billig herzustellen und zusammen mit Linsen deshalb das Essen der armen Leute. Längst sind Spätzle auch außerhalb des Landes (z.B. in Baden, im Elsass und Teilen Österreichs) weit verbreitet. Linsen mit Spätzle und Saiten (das sind Wiener Würstchen)  sind in jedem gutbürgerlichen schwäbischen Gasthof ein Bestseller.

Nudelparty heißt in Ulm daher auch Spätzle-Party und den Carbo-Hammer gibt es auf dem Münsterplatz bis zum Abwinken. Dazu gibt es Musik und Informationen. Viele Läuferinnen und Läufer sind auch Erbaulichem gegenüber aufgeschlossen und so ist der 42minütige Marathon-Gottesdienst  im Münster die am meisten besuchte Veranstaltung dieser Art, die ich kenne – außer der Messe in der Gedächtniskirche anlässlich des Berlin-Marathon. Also Ulm hat schon was …

Das Ulmer Messegelände mit der Donauhalle bietet eine ideale Infrastruktur für eine Veranstaltung wie den Einstein-Marathon: Gute Zufahrtsmöglichkeiten, große Parkplätze und Ausstellungsflächen zum Beispiel. Händler und Veranstalter sind entsprechend zahlreich vertreten und die Läuferinnen und Läufer finden eine riesige Auswahl. Dabei fällt auf, dass die oftmals dominierende „Auslaufware“ so gut nicht vertreten ist. Dafür gibt es Rabatt auf aktuelle Modelle.

Am Sonntagmorgen, die Temperaturen liegen deutlich im einstelligen Bereich, ist die Halle noch einmal proppenvoll. Diesmal sind es nicht die Schnäppchen, die Kälte treibt die Aktiven in die warme Halle. Erst 20 Minuten vor dem Start füllen sich die Startblocks ganz allmählich. Bis dahin macht der bewährte Sprecher Arthur Schmidt zwar einen guten Job, aber mehr für sich als für das Volk. „No net hudla“, sagt der Schwabe, was so viel heißt wie „immer mit der Ruhe“. Sehr viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen aus der Region, entsprechend diszipliniert und ohne Hektik läuft alles ab.

Auch um vermeintliche Stars und Sternchen macht man sich in Ulm keinen Kopf. Wer laufen will, meldet sich an und bezahlt. Einladungen mit Antrittsgeldern gibt es nicht. 200 Euro bekommen die Siegerin und der Sieger, ein Mountainbike im Wert von 1000 € gibt es für  einen Streckenrekord oben drauf. Damit lockt man keinen Kenianer aus dem Busch.

Keinen? Doch, einer ist am Start: Wilson Chemweno. Aber das ist mehr ein Zufall. Er erhielt in Biberach keine Startberechtigung und entschied sich so spontan für den „Halben“ in Ulm. Pech für Lokalmatador Thorsten Kriependorf, der bei den drei Auflagen zuvor immer beim Marathon an den Start ging, und das sehr erfolgreich: Platz 1, 2 und vier. Er hält bis km 14 das Tempo des Kenianers mit, muss ihn dann aber ziehen lassen. In 1:10:35 Stunden, das ist unter dem alten Streckenrekord, wird er Zweiter. Siegerscheck und Mountainbike gehen aber an Wilson Chemweno, der sich bei seinem Rekordlauf (1:08:17) nicht sonderlich verausgabt. Er ist über diese Distanz auch schon eine 1:02 gelaufen. 

Mehr Mühe hat Richard Schumacher aus Süßen. Trotz Blase am Fuß läuft er nach 2:33:06 Stunden als Marathonsieger ins Ziel und ist über eine Minute schneller als bei seinem zweiten Platz im Vorjahr an gleicher Stelle. Bis km 40 ist der Metzinger Peter Keinath auf gleicher Höhe mit dem späteren Sieger. Mit gut einer Minute Rückstand wird er Zweiter, Tobias von Ghemen belegt den dritten Platz. Innerhalb von 95 Sekunden sind die drei Erstplatzierten im Ziel.

Gleich dreifach darf sich Dorothea Frey freuen: Mit 2:52:11 Stunden gewinnt die Leonbergerin  den Einstein-Marathon, läuft Streckenrekord  und persönliche Bestzeit. Die Strecke muss der Ultraläuferin liegen, denn zeitweise ist sogar eine wesentlich bessere Zeit möglich. Aber auf dem letzten Drittel kann sie den 4er Schnitt nicht mehr ganz halten. Der zweimaligen Siegerin Beate Roth bleibt diesmal „nur“ der zweite Platz bei ihrem Heimrennen. Schade, dass sie wegen einer Verletzung unter ihren Möglichkeiten bleibt. Sonst wäre es ein spannendes Rennen geworden. Bewundernswert aber, dass sie durchgehalten hat. Nicole Schneider aus Süßen wird Dritte.

Auf dem Münsterplatz wird gefeiert, aber die meisten der 977 gestarteten Marathonis sind noch unterwegs. Sie erleben einen Marathon wie aus dem Bilderbuch. Die Temperaturen sind ideal (max. 14 Grad) und es gibt strahlenden Sonnenschein. Der Einstein-Marathon ist ja eine Mischung aus Landschafts- und Citylauf mit vielen Höhenpunkten, nicht nur in der Stadt.

Lest dazu den ausführlichen Laufbericht von Eberhard Ostertag.

Hier noch einige Bild-Galerien:

An der Donau

Auf der Landesgartenschau

In der Stadt

Im Ziel

Sieger Marathon

Männer 

1  Schumacher, Richard (DEU)  AST Süßen 02:33:06
2  Keinath, Peter (DEU)    02:34:08 
3  van Ghemen, Tobias (DEU)  Pfizer 02:34:41

Frauen

1  Frey, Dorothea (DEU)  Team Leosport 02:52:12 
2  Roth, Beate  SSV Ulm 1846 03:06:24 
3  Schneider, Nicole (DEU)  AST Süßen 03:11:51  


Sieger Halbmarathon

Männer

1  Chemweno, Wilson (A)  LCC Wien 01:08:17 
2  Kriependorf, Thorsten (DEU)  SSV Ulm 1846 01:10:36 
3  Kirchenmaier, Bernd (DEU)  Team Liebherr 01:14:25 

Frauen

1  Knodel, Kathrin (DEU)  Justiz Ulm 01:25:30 
2  Scheffold, Sabrina (DEU) LT Furtwangen 01:26:26 
3  Schmid, Heike (DEU) Oehningen 01:26:57 

 

Informationen: Einstein-Marathon
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