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Laufberichte

Einer der Großen

 

Natürlich habe ich vom Einstein-Marathon schon gehört. Aber wo liegt eigentlich der Einstein? Ich kenne den Lilienstein, den Aggenstein – aber den Einstein kenne ich nicht.

Zum Glück gibt es Marathon4You, da schaue ich kurz mal nach und was erfahre ich? Der Einstein ist gar kein Berg! Sondern das ist der mit der Relativität, der wurde am 14. März 1879 in Ulm geboren und nach ihm wurde der Marathon benannt. Aber Vorsicht, liebe Lauffreunde -  wer denkt da, wie doof ist denn der Schmidt? Der weiß nicht mal wo Einstein geboren wurde! Ich bin nicht doof, ich bin Ossi – und Ossis wissen auch nicht alles…

Eigentlich laufe ich prinzipiell nicht im Westen. Aber da muss keiner in den gebrauchten Bundesländern beleidigt sein, ich laufe auch nicht im Norden, Osten oder Süden. Für einen Marathon mehr als 200 Kilometer zu fahren, das ist mir einfach zu viel. 

Bis Ulm sind es zum Glück nur reichlich hundert Kilometer. Nein, nicht von Sachsen aus, sondern von meiner Tochter. Die hat es nach Baden-Württemberg verschlagen, wir besuchen sie immer dann, wenn in ihrer Gegend Marathonläufe stattfinden. Dass das Zufall ist, daran glaubt nicht mal meine Frau. Und unsere Tochter Yvette natürlich auch nicht – schließlich läuft sie selbst Marathon. Nur diesmal in Ulm nicht, weil sie in den letzten Wochen nicht viel trainieren konnte. Wenn es danach ginge, könnte ich am Sonntag auch gleich im Bett bleiben…

Unser Schwiegersohn Frank läuft nicht Marathon, dafür fährt er gerne Auto. Solche Leute sind auch wichtig für einen Marathon. So brauche ich ihm nur so ganz nebenbei zu erzählen, dass ich am Samstag mit dem Zug nach Ulm fahren will, um die Startunterlagen zu holen. Und schon sagt er: Quatsch, ich fahre dich! So hatte ich mir das eigentlich auch gedacht.

Bei der Anreise von der Autobahn aus ein erster Blick auf Ulm. Die haben eine ganz schön große Kirche… Da fällt mir ein, die heißt Münster - Ulmer Münster. Habe ich schon gehört. Aber dass der Kirchturm der höchste Kirchturm der Welt ist, erfahre ich erst von Frank.  

Die Startunterlagen gibt es in der Donauhalle. Da gibt es auch eine Marathon-Messe, viele Anbieter und viele Leute. Was mich sehr überrascht, denn das ist doch nur der Einstein-Marathon. Einer der vermeintlich kleinen. 

Auch die Ausgabe der Startunterlagen erinnert eher an einen der kleinen Läufe. Alles übersichtlich und stressfrei. Sehr nett auch die Dame, die mir meine Unterlagen aushändigt. Yvette erklärt sie sogar auf deren Frage, wo man sich nachmelden kann. Nein, das ist jetzt aber nicht wahr…

Doch, ist es – kurze Zeit später füllt sie ein Formular aus und hat nur noch eine Frage an mich: Hast du Geld dabei? Habe ich. Ich würde es auch wiederbekommen, sagt sie dann noch. Wie immer.

Die Meldegebühr liegt zwischen 30 und 45 Euro. Nachmelder und Leute wie ich, die zufällig Geld dabei haben, zahlen 50 Euro.

Der Einstein-Marathon steht unter einem bösen Vorzeichen. Mein Stirnband ist weg! 62 Marathons bin ich bisher gelaufen, nie ohne Stirnband. Und nun ist es weg. Die Waschmaschine steht im Verdacht, es „gefressen“ zu haben. Das ist sehr schlimm! Denn ich trage das nicht, damit ich besser, sondern weil bei mir nach einem Kilometer mehr Schweiß über meine Denkerstirn gelaufen ist als bei den meisten Läufern nach 42 Kilometern.  

Ich mache mich an den zahlreichen Messeständen auf die Suche nach einem Ersatz. Da gibt es alles, nur ein Stirnband finde ich nicht. Warum nur nicht? Yvette hat die Erklärung: Wer trägt denn heute noch Stirnband? Das ist ein Relikt aus den 80er Jahren, vielleicht versuchst du es mal auf einem Trödelmarkt.

Sonntag. Heute wird es ernst, heute fällt der Startschuss zum 10. Einstein-Marathon. Unser Schwiegersohn fährt uns wieder gern nach Ulm und lässt uns vor der Donauhalle aus dem Auto. Es ist neblig und verdammt kalt, vor allem für jene, die keine Jacke dabei haben – wie wir. Aber halb so schlimm, es gibt ja die Donauhalle. Und die ist schon gut gefüllt. Für so einen kleinen Lauf sind das ganz schön viele Läufer.

9.10 Uhr soll der Start erfolgen. Wir begeben uns etwa 15 Minuten vorher in die Startaufstellung. Und da stehen wir nun. Die Spitze des Starterfeldes sehen wir nicht. Viel besser sieht es Richtung Schluss auch nicht aus. Dafür gibt es eine Erklärung – den Nebel! Das ist aber nur die halbe Wahrheit, so dicht ist der nicht. Nein, es sind einfach wahnsinnig viele Läufer, die in wenigen Minuten über die Halbmarathon- und Marathonstrecke an den Start gehen wollen. Wollen  - aber nicht können, weil es auf der Strecke einen Unfall gegeben hat. So bekommen wir es zumindest mit.

Der Start verzögert sich um eine reichliche halbe Stunde. Komisch, ich habe es schon oft bei Bahnreisen erlebt, wenn Leute weitaus kürzer warten mussten als hier. Da dauert es nicht lange, bis der erste feststellt: Schei… Bahn! Schei… Marathon sagt heute keiner!

Zuerst geht es auf einer breiten Straße entlang der Donau. Nach Kilometer 4 müssen wir über den Fluss, die Läuferkarawane zieht zurück Richtung Ulm. Es gibt eine erste Getränkestelle. Und wir spielen Landschaftslauf entlang der Donauauen.

Kilometer 10. Der Lauf hat sich zum Stadtlauf, naja, Stadtrandlauf gewandelt. Mehrmals sind mir schon Leute an der Straße aufgefallen, die auf Töpfe trommelten, um uns voranzutreiben. Gute Stimmung in Ulm, wer anderes behauptet, der lügt. Jetzt schaue ich auf die Uhr und mir wird bewusst: Eigentlich müssten die jetzt langsam anfangen, in den Töpfen das Mittagessen zuzubereiten. Oder haben die keinen Hunger? Ich schon, da könnte langsam mal die erste Verpflegungsstelle kommen! Oder finde ich endlich mal etwas, über das ich in Ulm meckern kann? Nein, nicht mehr weit, da gibt es etwas zu beißen. Und über die Verpflegung kann man auch später nicht meckern.

Yvette schimpft. Ihr tut alles weh. Ich möge doch bitte etwas langsamer laufen. Ich versuche es. Und so erreichen wir Ulm. Ich würde euch nun gern die Strecke in der Stadt beschreiben – kann ich aber nicht! Dass einem das Läuferfeld auf einer Straße entgegenkommt, das gibt es bei vielen Veranstaltungen. Aber hier trifft man es immer wieder. Mal kommt es von links, mal von rechts, biegt ab, biegt in unsere Richtung ein. Die da von links kommen, sind die nun vor oder hinter uns? Und die auf der anderen Donauseite? Die laufen ja gleich auf zwei Etagen, die einen direkt am Fluss, die anderen etwas weiter oben in der Gegenrichtung. Kein Mensch blickt hier durch! Wer hat nur dieses wahnsinnige Durcheinander organisiert?

So kann man es sehen. Aber bevor nun jemand falsche Schlussfolgerungen zieht, man kann es auch anders sehen: Ich bin noch nie so begeistert durch eine Innenstadt gelaufen wie hier, noch nie hat mir das so viel Spaß gemacht. Wenn es  so etwas wie einen Oscar für innerstädtische Marathonstreckenführung geben würde, der Einstein Marathon hätte ihn verdient!

Und noch etwas. Auch wer Musik liebt, kommt in Ulm auf seine Kosten. Von der Blaskapelle bis zum Solosänger, die Veranstalter haben alles an die Strecke gestellt, was Musik machen kann. Man läuft, hört noch den Ohrwurm der Band, an der man gerade vorbeigelaufen ist und sieht vor sich schon die nächsten Musikanten. Die Musikantendichte beim Einstein-Marathon ist mehr als rekordverdächtig!

Natürlich sehen wir auch den Turm vom Münster. Etwa die Hälfte davon ist im Nebel verborgen. Ist das Zufall? Glaube ich nicht. So einfallsreich die Ulmer Organisatoren sind, wollen sie uns damit sagen: Leute, etwa die Hälfte habt ihr geschafft!

Dort, wo wir Ulm verlassen, verlassen uns auch die Halbmarathonis. Das Läuferfeld lichtet sich. Es geht unmittelbar an der Donau entlang, zwei bis drei Kilometer – und wieder zurück nach Ulm. Nun sind es noch etwa 5 Kilometer bis Neu-Ulm. Denke ich mir so.

Wir laufen auf einem Rad- und Wanderweg. Immer an der Donau. Also wieder Landschaftslauf. Flach, wie fast die gesamte Strecke. Aber wann kommt nun endlich Neu-Ulm? Ich frage Yvette. Die schaut mich etwas verwundert an. Neu-Ulm? Da waren wir doch schon!

Sie erklärt mir, dass ich in dieser Richtung bis zur Donauquelle laufen könnte, nach Neu-Ulm würde ich aber nicht kommen. Ulm und Neu-Ulm sind wie eine Stadt, nur von der Donau getrennt. Wusste ich nicht. Wie schon gesagt: Ossis wissen auch nicht alles. Aber sie sind lernfähig. So lerne ich von Yvette, dass Ulm zu Baden-Württemberg gehört und Neu-Ulm zu Bayern. Mal sehen, wie lange ich mir das merken kann.

Entlang der Donau und entlang der Iller führt uns die Strecke. Mit Klosterdurchquerung. Ich würde euch auch sagen, wie das Kloster heißt, aber ich weiß es nicht. Internet? Gute Idee - schaut mal nach. Yvette hat gerade den Anbieter gewechselt, am 7. Oktober wird der neue Anschluss freigeschaltet…

Yvette tut mir leid und gleichsam bewundere ich sie. Sie schwächelt – aber sie arbeitet sich durch. Bis etwa Kilometer 40. Dort, wo wir Neu-Ulm erreichen. Da spielt eine kleine Band - und was macht Yvette? Sie tanzt! Frauen sind schon komische Wesen…

Ich sage ihr, laufe los, dann kommst du noch unter 4.50 Stunden an. Und sie läuft los und sie schafft es. Ich quäle mich mehr oder weniger über die letzten zwei Kilometer, komme aber auch an. Am Münster, dessen Turm sich jetzt in seiner ganzen Schönheit zeigt. Und unglaublich, was im Ziel noch los ist, denn mit uns kommen die 10-Kilometer-Läufer an. Das nenne ich perfekte Organisation! 

Im Ziel schnell noch einige Bilder, unterwegs habe ich mich mit dem fotografieren sehr zurückgehalten. Zielschluss ist nach 5.20 Stunden, da wollte ich kein Risiko eingehen. Ich suche mir einige schönen Motive. Suche nicht nur, finde sie auch. Wie zum Beispiel die drei Männer auf einer Bank. Ich sage ihnen auch, wo sie das Bild im Internet finden. Hätte ich mir vielleicht sparen können: Einer von ihnen ist Anton Lautner. Ja genau, der schreibt bekanntlich auch für diese geile Seite. Sehr gut, da könnt ihr bei ihm lesen, was bei mir fehlt…

Anton sagt mir, dass ihm der Marathon sehr gefallen hat. Mir auch - für mich ist der Einstein Marathon einer der Großen! Yvette wird im nächsten Jahr, wenn der 11. Einsteinmarathon stattfindet, wieder Besuch bekommen…  

 

Siegerliste Marathon

 

Männer

1 Schumacher, Richard  BKK-Team AST Süßen 02:28:30
2 Brown, Clive  BSG Boehringer Ingelheim  02:36:41
3 Strecke, Michael  SSV Ulm 1846  02:42:42

Frauen

1 Lienhart, Laura  TSG Soeflingen  03:06:12
2 Schneider, Nicole  WMF BKK-Team AST Süßen 03:08:59
3 Ahrendts-Konold, Silke  LT Herbrechtingen  03:15:36

686 Finisher

 

Informationen: Einstein-Marathon
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