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Laufberichte

Hitzeschlacht am Dreigestirn

19.07.14

Auf der hinter uns liegenden Talseite konnten wir noch einmal sehen, was wir schon alles geleistet hatten. Der Blick zeigte uns noch einmal das Plateau der Schynigen Platte und die Querung des Steilhangs in Richtung Burglauenen. Nach mehr als einem Kilometer wechselte der breite Weg wieder in einen Trail. An der Spätenalp (1551 m) vorbei ging es nur noch wenig ansteigend nach Wengen, bis wir oberhalb des Ortes an die ersten Häuser herauskamen. Von hier aus konnten wir auch das Lauterbrunnental und die Staubachwasserfälle erblicken, unsere spätere Kulisse beim Aufstieg auf den Männlichen. In Wengen befand sich die VP im Zentrum an der Hauptstraße (km 61,3/1280 m/Zeitlimit 20:30 Uhr).

Der Aufstieg auf den Männlichen war mit „Gemsenweg“ beschildert. Ich fühlte mich aber nicht mehr wie eine Gams, die hier leichtfüßig den steilen Pfad hinauf springt. Vielleicht wurde dieser steile Pfad auch nur deshalb so genannt, weil es im oberen Teil des Männlichen Gemsen zu bewundern gibt?! Uns begleiteten wunderschöne Blumenwiesen entlang des steilen Pfades. Oberhalb der Baumgrenze trafen wir dann auf die Lawinenverbauungen unterhalb des Männlichengipfel (2342 m), die im Sommer den Steilhang gegen Steinschläge und im Winter gegen Lawinen schützen. Kurz unterhalb des Gipfels querten wir den Hang, um direkt zum Berghaus Männlichen (VP10/km 67,8/2224 m/Zeitlimit 23:00 Uhr) hinüberzugehen. Beim vorabendlichen Briefing wurde die Streckenänderung mit der großen Steinschlaggefahr begründet. Dadurch war die Strecke insgesamt 400 Meter kürzer und hatte 80 Höhenmeter weniger als auf dem Plan!

Verdächtig dunkle Wolken zogen auf und wir fragten uns, ob es bald regnen würde. Besorgte Helfer wiesen uns darauf hin, dass sie gleich einen Regenschauer erwarten würden. Der kühle Wind am Berghaus Männlichen ließ uns dann auch unsere Regenjacke anziehen, so wären wir für den bevorstehenden Regen gerüstet! Der Panoramweg Männlichen-Kleine Scheidegg schlängelte sich ziemlich eben am Hang entlang, unterhalb des 2521 m hohen Tschuggen und des 2125 m hohen Honegg. Hier konnten wir einen entspannten Laufschritt wählen, da es kaum Steigungen oder Gefälle gab und der Weg recht breit und gut ausgebaut ist.

Die dunklen Regenwolken hatten sich verzogen, wir hatten nur drei Tropfen abbekommen. Unter der Regenjacke wurde es dann auch gleich zu warm, also weg damit. Bis Rotstöckli sollte es so weiter gehen. Schon von weitem konnten wir die Hotels und das Bahnhofsgebäude auf der Kleinen Scheidegg sehen. Und eigentlich wären es nur noch 10 Minuten bis hinunter zur Scheidegg gewesen, aber wir sind ja hier, um möglichst viele Höhenmeter und auch Kilometer zu sammeln.

Also hinauf aufs Lauberhorn, bis zum Starthäuschen der berühmten Lauberhornabfahrt, über deren grüne Wiesen – aber nicht im Schuss! – wir dann auch hinunterrannten. An der Bahnstation Wengernalp hatten wir den tiefsten Punkt zwischen Männlichen und Kleine Scheidegg erreicht. Nun ging es auf einem steilen Fahrweg an der Bahntrasse entlang hinauf zur Passhöhe Kleinen Scheidegg (VP/km 77,8/2061 m), wo die VP im windgeschützten Lokschuppen der Wengernalpbahn untergebracht war.

Noch wenige Meter fehlten bis zur Passhöhe, bevor es dann wieder bis Haareg hinunter auf die Strecke des Jungfrau Marathons ging. Hier oben blies ein fürchterlich starker Wind und er sollte uns auf der Eigermoräne fast wegblasen. So waren wir hier mehr damit beschäftigt, gegen den Wind anzukämpfen als vorwärts zu kommen. Unsere Windjacken hatten wir wieder übergestreift, Mütze und Stirnlampe hatten wir auch schon aufgesetzt, denn so ganz allmählich wurde es dunkel. Nur langsam erreichten wir das obere Ende der Eigermoräne, begleitet von tosenden Windgeräuschen.  Die Strecke des Jungfrau Marathon zweigte schon viel früher zurück zur Kleinen Scheidegg ab.

Die Station der Jungfraujochbahn „Eigergletscher“ (2320 m) war auf diesem Steckenabschnitt dann der höchste Punkt. Der  Kontrollposten kurz hinter der Bahnstation notierte  im Vorbeigehen unsere Startnummern. Und nun ging es auf den Eigertrail, der sich über 6 Kilometer unterhalb der Eigernordwand entlang schlängelt. In der Nacht erschien uns die Nordwand noch viel mächtiger als am Tag, schwarze und teils überhängende Felsen waren über unseren Köpfen. Immer wieder ging es über Schneefelder und durch rauschende Gebirgsbäche. Zuerst versuchten wir noch im Trockenen durch das kalte, rauschende Nass der Bäche  zu kommen, doch irgendwann war es unmöglich, das tiefe Wasser trockenen Fußes zu queren. Glücklicherweise hatte es in der Nacht nicht sehr abgekühlt und das kalte Gebirgswasser war so eher eine erfrischende Abkühlung für die Füße.

Noch ein kurzer Abstieg nach Alpiglen, unserer nächsten VP (km 86,7/1615 m/Zeitlimit 4:30 Uhr), wo uns freundliche Helfer mit guter Laune begrüßten. Dort ließ ich mir die Batterien  meiner Stirnlampe wechseln, bevor wir weiter durch die Nacht liefen. Nur noch 15 Kilometer sollten es bis ins Ziel sein! Auch wenn das Lichtermeer von Grindelwald zum Greifen nah war, mussten wir uns noch einen letzten Berg, das 1392 m hohe Pfingstegg, hinauf quälen. Doch zunächst ging es einer steilen Schotterstraße, dann auf Pfaden bergab bis zu den ersten Häusern von Grindelwald. Im Wald waren es dann auch noch schwer zu laufende Wurzelwege im Wechsel bergauf und bergab.

Wo waren wir nur? Keine Sicht im dunklen Wald, einzig der Lichtkegel unserer Stirnlampe erleuchtete den Pfad. Wann kam endlich der Aufstieg zum Pfingstegg? Nur das laute  Rauschen des Gebirgsbachs konnten unsere Ohren wahrnehmen, bis wir auf einem Schild lasen, dass hier die Gletscherschlucht ist. Vorbei am Marmorbruch, wo es noch eine zusätzliche Getränkestelle gab, kam dann endlich der 2 km lange steile Aufstieg auf das Pfingstegg (VP/km 94,8/1392 m).

Noch 5 Kilometer ins Ziel, davon 3 auf steiler Schotter- bzw. Asphaltstraße, kamen wir mit langsamen Schritten den Lichtern näher. Dann ein flacher Kilometer und noch einer  den Berg hinauf in Richtung Kongresszentrum. Dort erwartete uns der lang ersehnte Zieleinlauf von der Hauptstraße weg über einen steilen Weg hinunter zum Schulsportgelände.

Endlich geschafft, total kaputt, aber überglücklich. Zum Abschlusswurde uns ein Eigerstein umgehängt und das Finisher-Shirt überreicht. Wir waren bereits kurz nach 2 Uhr im Ziel, Zielschluss war um  8:30 Uhr.

Am Sonntagmorgen versammelten sich alle Läufer noch einmal auf dem Finishergelände zur Siegerehrung um 10 Uhr, die mit einer Trychelzug (Gruppe von traditionell gekleideten Männern mit großen Kuhglocken) eröffnet wurde. Die ersten fünf Gesamtsieger und die drei Altersklassensieger wurden aufs Podest gebeten. Das Läuten der Trycheln untermalte stimmungsvoll die Ehrungen der Sieger der beiden Ultrastrecken. Damit fand der zweite Eiger Ultratrail ein würdiges Ende.

Hier noch eine kleine Statistik:  Bereits bei der Siegerehrung erwähnte der Veranstalter die hohe Finisherzahl beim  E101. 72,7% aller Starter blieben im Wettkampf rund um Grindelwald, eine sehr hohe Quote für einen so anspruchsvollen Bergultra!  Ganz besonders sei an dieser Stelle erwähnt, dass bei den Frauen sogar 82,7% das Ziel nach  101 Kilometer und 6900 Höhenmeter erreichten. Also 10 % mehr als beiden Männern. Bei der E51-Strecke kamen sogar fast 95% aller gestarteten Trailläufer über die 51 Kilometer und 3100 Höhenmeter ins Ziel.

Dies alles spricht für die Veranstaltung und zeigt, dass sich die Trailläufer in und um Grindelwald wohl fühlten. Eine super Organisation, gut eingeteilte Verpflegungsstellen und eine vorbildliche Streckenmarkierung trugen zum Erfolg dieses Events bei. Auch wenn die Leuchtstäbe in der Nacht nicht besonders hell waren, war es kein Problem, den richtigen Weg zu finden. Zusätzliche Markierungen auf Steinen oder auf dem Boden in Leuchtsprühfarbe halfen zusätzlich der Orientierung.

Ein besonders großer Dank gilt den Helfern an den Verpflegungsstellen, die immer hilfsbereit zur Stelle waren, besorgt um das Wohl der Läufer. Vor allem die VPs auf der zweiten Hälfte des E101 mussten viele Stunden ausharren, von Samstagnachmittag bis spät in die Nacht bzw. bis zum frühen Morgen.

Für mich war dieses Wochenende ein besonderes Erlebnis, bei dem ich das einzigartige Panorama in den Bergen um Grindelwald genießen konnte. Auch wenn der Eiger Ultratrail über 101 Kilometern und 6900 Höhenmeter ein sehr anspruchsvoller Bergultra war, werde ich bestimmt 2015 wieder kommen.

 

Hier findet Ihr Bernies Laufbericht vom E 51

 

Siegerliste

 

E 101

 

Männer

1. Jenzer Urs, Frutigen                       11:56.42,4 
2. Collé Franco, I-Gressoney Saint Jean (AO)  12:11.05,7 
3. Dippacher Mathias, D-Oy-Mittelberg         12:22.03,3

Frauen

1. Canepa Francesca, I-Aosta (AO)            13:33.20,9
2. Wermescher Ildiko,  H-Budapest             14:25.41,7
3. Zimmermann Denise, Mels                   14:27.20,3

491 Finisher

 

E 51

 

Männer

1. Paris Thomas, F-Til Chatel                5:38.04,9
2. Philipp Anton, D-Weitnau                  5:45.15,9
3. Schedler Martin, D-Eppelborn              5:46.53,3

Frauen

1. Schlump Regine, D-Immenstadt              6:38.23,4
2. Eggerling Brigitte, Chur                  6:49.18,2
3. Schibel Gitti, D-Rettenberg               7:02.05,8

514 Finisher

12
 
 

Informationen: Eiger Ultra Trail
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