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Laufberichte

Wasser, Wald und Berge

27.08.06

Faszinierende Landschaft mitten in Deutschland


Wasser, Wald und Berge sind die Markenzeichen eines der größten Stauseen Europas, des Edersees in Nordhessen. Der Edersee ist aber nicht nur ein Wassersport-Eldorado: Wer aus Richtung Kassel anreist, fährt auf dem Weg zum Start in Vöhl an einem schönen Stück des Sees vorbei und sieht die neu gebauten Fahrradwege. Aber an diesem Sonntag sind Biker eher Mangelware. Der Radweg ist für Fahrradfahrer gesperrt und nur den Läufer/innen vorbehalten.

 

Die Startnummern werden in der Henkelhalle in Vöhl ausgegeben, am Nordwestrand des Sees. Der Ort ist mächtig stolz auf den 1848 hier geborenen Gründer des Henkel-Konzerns, dessen Statue aus dem Kirschlorbeer vor der Halle herausragt: Auch das Freibad ist nach ihm benannt: Das Henkel-Erlebnisbad, wo sich die Läufer/innen nach vollbrachter Leistung entspannen können.

 

Zusammen mit der Startnummer gibt es ein schönes T-Shirt ohne Werbung mit einem dezenten Abdruck des Edersees. Das Shirt kann man tragen, ohne sofort als Litfaßsäule ausgemacht zu werden. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bekommt man hier geboten: Auch die Pasta-Party am Vorabend ist kostenlos.  Für viele steht hier bei einem Hefeweizen schon  fest: Entweder Jochen Kümpel, der zweifache deutsche Meister über 50 km, oder Heiko Kollas macht das Rennen. Und so sollte es auch kommen. Aber der Vorsprung von Jochen Kümpel mit mehr als 21  Minuten auf den zweiten Ultra Heiko Kollas war dann doch überraschend.

 

Alle Läufer starten gemeinsam um 9.00 Uhr. Trotzdem müssen die Marathonis unter ihnen schon um 8.00 Uhr da sein, denn sie werden mit dem Bus nach Waldeck gefahren, wo der Marathon gestartet wird. Ultras und Staffelläufer starten in Vöhl und laufen 1-mal um den ganzen Edersee.

 

171 Einzelstarter und 48 Staffeln gehen an den Start. Die Männer-, Frauen- und Mixedstaffeln beleben den Lauf ungemein. Gerade für Ultras konnte es sonst schon ein recht einsamer Lauf werden. Aber überhaupt nicht langweilig. Denn die Strecke ist sehr abwechslungsreich, und immer wieder präsentieren sich dem Läuferauge Highlights.  Aber vielleicht sollte ich kurz mit dem beginnen, was nicht unbedingt als Hightlight bezeichnet werden kann: Die Zuschauerbeteiligung. Wer auf der Strecke hin und wieder tosenden Beifall braucht, ist hier fehl am Platze. Die gefühlte Zuschauerzahl beträgt etwa 51. Und zwei Dritteln von denen ist es total egal, dass da einige mit einer Startnummer um den Hals herumlaufen. Aber dann gibt es doch wieder Ausnahmen: Zwei Mädel rufen mir auf dem vorletzten Teilstück mit nordhessischer Deutlichkeit entgegen: „Lauf zuuu! Der nächste ist nur 200 Meter entfernt!“ Ja, danke, es gelingt mir auch, ihn zu überholen, aber dummerweise ist es ein Marathoni und kein Ultra. Gut gemeint, aber keinen Platz gut gemacht.

 

Zunächst haben die Läufer/innen eine Runde durch Vöhl zu absolvieren. Schon hier merkt man, dass es keine ganz ebene Strecke ist. Noch geht es mehr ab als auf, doch das soll sich schon bald ändern, als der Weg Richtung Basdorf führt. Noch sieht man den Edersee nicht. Nach 8,5 Kilometern ist dafür aber der größte Anstieg geschafft, und auf den nächsten Kilometern kann man es jetzt herrlich bergab auf weichem Boden durch den Buchwald laufen lassen. Für mich ist dies einer der schönsten Abschnitte.

 

Und jetzt endlich, nach 10 Kilometern, ist der See in Sichtweite. Und er bleibt es für den Rest der Strecke (mit Ausnahme der letzten Kilometer). Zuerst geht es auf Rad- und Wanderwegen durch das gepflegte Niederwerbe, dann weiter Richtung Waldeck, wobei man die ganze Zeit einen unnachahmlichen Blick auf den See hat. Vorbei geht es an der Personenschifffahrt und dem Cafe Seeblick, wo die Marathonis gestartet sind. Bei Kilometer 25 ist die Sperrmauer erreicht, die nicht nur der Eye-Catcher für Touristen ist, die man hier auch reichlich sieht, sondern auch für die Läufer.

 

Auch sieht man jetzt die etwa 200 m über dem See thronende Burg Waldeck, das Wahrzeichen der Region, einst Stammsitz der Grafen von Waldeck, die hier bis ins 17. Jahrhundert residiert haben. Heute sind dort ein First-Class-Hotel und verschiedene Restaurants beheimatet.  Weiter geht es auf Waldboden Richtung Rehbach mit seinem Strand und Bootsanlegestellen. Eine traumhafte Kulisse zwischen zwei Bergen. Okay, für die, die gerade in den Alpen unterwegs waren, sind es eher Maulwurfshügel, aber trotzdem traumhaft schön. Die Hälfte der Strecke ist jetzt geschafft.

 

Weiter geht es durch Wälder, aber immer mit Seeblick, nur wenige Fahrradfahrer kommen den Läufern entgegen. Dann muss auf dem engen Weg plötzlich Platz geschaffen werden für den Notarztwagen. Später erfahren wir, dass sich nicht ein Läufer übernommen hat oder von einem Hund verfolgt wurde, sondern von Hornissen zu Fall gebracht wurde. Es ist zwar nichts Schlimmes passiert, aber gegen ein Hornissennest hat weder ein Ultra noch ein Marathoni eine Chance. Diese kleinen Viecher sind im Sprinten einfach besser.

 

Die nächsten Kilometer sind durch einen Wechsel von Asphalt und Waldboden gekennzeichnet, und immer wieder geht es auf und ab, was jetzt, wo die meisten Kilometer bereits in den Knochen stecken, deutlich spürbar ist. So kommen insgesamt 480 Höhenmeter zustande, heute ermittelt durch Thomas Mirz, 4. im Ultra-Zieleinlauf. Aber die haben - zugegeben - ja durchaus ihren Reiz. In Herzhausen, kurz nachdem die Brücke über den See passiert ist, sind endlich die 50 km geschafft. Alle 60 km-Läufer gehen automatisch auch als Teilnehmer in die Wertung für den  50-km-Lauf ein. Bevor das letzte Teilstück in Angriff genommen wird, können noch einmal ordentlich Kohlenhydrate nachgelegt werden. Die Verpflegungsstellen sind zahlreich und mit allem, was ein Läufer erwartet, ausgestattet. Da gibt es nichts zu bemängeln. Auf dem 60 km-Rundkurs waren viele Helfer/innen gern im Einsatz. Auch das war ein Highlight.

 

Auf den letzten Kilometern geht es noch einmal bergan. Dass der Streckenabschnitt über eine Straße führt, stört nicht, es kommen gerade mal zwei PKW entgegen. Ansonsten hat der Läufer die Straße für sich. Bisher wurden die zurückgelegten Kilometer jeweils in 5er Schritten angezeigt, jetzt (ab km 55) wird jeder Kilometer gezählt. Und nach dem Passieren des Ortsschildes geht alles sehr schnell. Noch eine Runde auf dem Sportplatz, und dann wird jede/r Ultra gebührend vom Organisationschef Karl-Heinz Stadtler empfangen.

 

Nach dem Lauf kann man bei einer Massage, Kaffee und Kuchen oder auch Weizenbier relaxen. Kaum einer fährt sofort nach Hause. Bei der Siegerehrung wird immer wieder die gute Organisation und die Durchführung der Laufveranstaltung gelobt. Bleibt nur zu sagen: Zu Recht. Auch das Wetter hat wieder sehr gut mitgespielt. Die Temperaturen waren geradezu ideal.

 

Fazit: Der Edersee-Supermarathon braucht die Konkurrenz in keiner Weise zu scheuen. Er ist ein hervorragend organisierter Lauf in einer faszinierenden Landschaft mitten in Deutschland. Ein Muss für Marathonis!

 

Informationen: Edersee-Super-Marathon
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