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Laufberichte

Wüsten-Stadt der 1001 Superlativen

25.01.13

Km 31 – 33 Wir sind zurück bei der italienisch angehauchten Mall mit der Fassade im Renaissance Stil. So oft es geht schlüpfen wir in den Schatten der Häuser. Auch entlang des Dubai Zoos finden wir willkommenen Sonnenschutz. Deutlich riecht es hier nach wilden Tieren. Frisch versorgt mit Wasser und Erfrischungs-Schwämmen gelangen wir zur Jumeirah Moschee. Die schmuckvollen Verzierungen treten im Sonnenlicht nun deutlich hervor. Doch wir haben nur noch Augen für das Ende der Gerade. Die Flagge der Emirate ist schon zu sehen! Es wird gleich definitv zurück Richtung Downtown Dubai gehen!

Km 34 - Die 25 Kilometer auf der Jumeirah Beach Road sind geschafft! Andreas' Koffein-Gel wirkt! Mit gutem Flow nehmen wir die Kurve auf die Diyafah Street unter die Füsse. Wir ziehen am Union House vorbei und laufen direkt der Sonne entgegen. Der Asphalt glänzt. Der Weg zum World-Trade-Center-Kreisel scheint tatsächlich sanft aufwärts zu verlaufen. Das helle Licht wirkt aber wie ein zusätzlicher Energiespender. Und wir kommen gut voran.

Km 35 - Auf dem Weg durch Al Satwa scheinen uns Flügel zu wachsen. Es herrscht Feststimmung. Die Zuschauer bieten den Läufern Schokolade an. Viele Kinder strecken die Hände zum Abklatschen aus. Und wir verpflegen uns mit Wasser und eigenem Gel.

Km 36 – Andreas Gel liegt einen Kilometer lang wie ein Ziegelstein im Magen. Dann funktioniert der Energiefluss wieder wie er sollte. Ich fühle mich immer noch sehr gut. Kein Muskel zwickt, und die Fusssohlen bleiben diesmal entspannt. Doch die Füsse brennen wie Feuer vom Laufen auf der bestimmt glühend heissen Autobahn. Die Vorfreude auf die funkelnden Hochhaus-Riesen im Finanz-Distrikt überdeckt alle Mühen! 5:02 Min./km stoppen wir beim 36 km Schild vor dem World-Trade-Center.

Km 37 - Gnadenlos sticht die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Unsere Schatten sind ganz kurz geworden. Wir  müssen eine Weile ohne Schatten von Bäumen oder Wolkenkratzern auskommen, erreichen das Portrait der Staatsoberhäupter und biegen beim WTC auf die 312th Road ab. Jetzt gleissen und strahlen die Fassaden der vielen Türme vor uns in den verschiedensten Farben. 

Km 38 - Atemberaubend schön wirken die Wolkenkratzer vor dem stahlblauen Himmel. Die üppige Grünzone davor lässt vergessen, dass wir in einer Wüsten-Stadt rennen. Trotz der Mittags-Hitze und der Anstrengung erfassen uns Wellen des Glücks. Welch ein Finale der Dubai Marathon uns bietet! Nach dem Nebel-Morgen ist der Anblick der riesigen Wolkenkratzer doppelt so faszinierend!

Die dreieckigen Emirates Towers ziehen uns besonders in ihren Bann. Während wir an den 350 Meter hohen Hotel- und Büro-Gebäuden vorbeilaufen, scheinen sie mit uns zu spielen. Ihre Gestalt verändert sich mit dem Betrachtungswinkel. Mal erscheint die Fassade des einen Turms ganz flach, mal wendet sie uns eine scharfe Kante zu. Und der Zwillingsturm verhält sich immer gegengleich.

Die Fürsorge auf diesem Kilometer ist rührend. Zuschauer reichen den Läufern Gummibärchen, Orangen und Schokolade auf Papptellern. Und die Helfer feuern uns begeistert an. Sie scheinen sich ehrlich mitzufreuen: „Awesome job", "you look great" und "you will do it", hören wir. Und wir glauben es! Der Mittelstreifen der Strasse ist mit Rasen und Palmen begrünt. Wir machen uns ein Spiel daraus, die Palmenschatten in ihrem grössten Durchmesser zu durchlaufen und sammeln so viele Schattenflecken wie es geht. Schwups ist wieder ein Kilometer vorbei. 

Km 39 – Das Schild 6 KMS des 10 km-Rennens verkündet, dass es wirklich nicht mehr weit ist! Wir tauchen in den Schatten der Strassenschlucht zwischen den Türmen ein. Nicht nur kühle Architektur prägt das Bild. Wunderschön gewachsene Palmen stehen zwischen den Fahrspuren. Die faszinierenden Damac-Towers mit ihrer geschwungenen, blauglänzenden Tannzapfen-Schuppen-Fassade ist zu sehen. Und der besonders schlanke Turm mit der spitzen Silberkrone, das Rose Rotana Hotel, macht in der Schönheitskonkurrenz der Hochhäuser mit. Wie winzige Ameisen scheinen wir neben diesen Giganten. Wir fühlen uns aber gar nicht klein. Nein, die atemberaubende Kulisse, lässt uns laufen wie in einem Rausch.

Km 40 - Wir kommen an unserem schönen, gut gelegenen rosa Hotel vorbei. Dahinter schwingt sich der elegante Burj Khalifa mächtig hoch in den Himmel. Das segelförmige, beige Hotel The Address Dubai Mall versucht es ihm nachzumachen. Der Schatten unter der beigen Stelzenautobahn vor der Dubai Mall ist sehr willkommen. Zum Rechnen haben wir nach 3:27:35 Stunden zu wenig Energie. Es wird uns nur bewusst, dass wir viel schneller als letztes Jahr im Ziel sein werden.

Km 41 - Zum letzten Mal schnappen wir uns beim Verpflegungsposten einen Schwamm. Nach Gebrauch stecke ich ihn als Andenken unter meinen Trinkgurt. Frisch benetzt laufen wir zurück an die Mittagssonne auf den Sheikh Mohammed Bin Rashid Boulevard. Wir umrunden die Dubai Mall, lassen uns vom eleganten, weissen Address Hotel Downtown Dubai anziehen und treffen auf singende und tanzende äthiopische Fans. Während wir einen vorsichtigen Endspurt anziehen, befallen mich wie letztes Jahr zwiespältige Gefühle. Ich freue mich riesig darauf, bald im Ziel zu sein. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass der Lauf durch diese sensationelle Stadt, die atemberaubende Mischung aus 1001 Nacht und Science-Fiction noch nicht enden möge - doch wir fliegen immer schneller dahin - 4:54 Min./km.

Km 42 - Der letzte Kilometer übertrifft das Schluss-Bouquett jedes Feuerwerks. Anspornender Applaus und Jubel mischt sich mit den Bildern des märchenhaften Palace Hotels. Wir erhaschen einen kurzen Blick über den türkisblau schimmernden Lake Dubai, dahinter grüsst das grazile, schlanke Turm-Wunderwerk aus Glas und Aluminium. Und ich kriege Gänsehaut, als ich höre: "Yeah, you are home now - guys"! Auf der Gegenfahrbahn sind Tausende von 3 Kilometer-Fun-Läufern unterwegs, welche um 10:30 Uhr gestartet sind. Mit Kind und Kegel sind die „Expats“ und Dubai’in unterwegs. Väter rennen mit Söhnen und Töchtern, Mütter schieben gemütlich spazierend Kinderwägen. Ganze Gruppen verschleierter Frauen nehmen die Strecke wandernd unter die Füsse. Mit 4:51 Min. schlägt unser letzter Kilometer zu Buche. Nach 3:38:07 Stunden laufen wir Hand in Hand überglücklich, stolz, begeistert und auch ein bisschen erleichtert ins Ziel. Hugo erwartet uns ebenso überglücklich über seinen gelungen, fünf Minuten schnelleren Lauf.

Dubai Marathon 3:38:07 Stunden / 5:10 Min./km / Puls 150
1. Halbmarathon 1:50:15 Stunden / 5:13 Min./km
2. Halbmarathon 1:47:52 Stunden / 5:07 Min./km
+/- 15 hm (laut Pulsuhr) / 12° und feuchter Nebel bis 22° im Schatten und gleissende Wüstensonne
7. von 61 W45 / 53. von 559 Frauen / 383. von 2411 Finishern

 

Marathon Village im Burj Park auf der Raseninsel im Lake Dubai

 

Im Finisher-Beutel steckt alles, was unsere Körper nach der grossen Anstrengung begehren. Wasser, Iso-Getränk, Banane und Dattel-Mandel Riegel. Die wohlverdiente Medaille ist sorgsam verpackt. Sie ist - wie könnte es anders sein - mit knapp 120 g schwerer und grösser als andere Marathon-Finisher-Medaillen. Ihr Band glänzt wie Seide und entspricht den Farben der Flagge der Emirate.

Wir schlendern mit Hugos Frau zum Marathon-Village. Es wurde im Burj Park auf der Rasen-Insel im Lake Dubai eingerichtet. Auf dem Spaziergang dorthin kommen wir mit vielen anderen Läufern ins Gespräch. Mehrmals werden wir von Indern angesprochen. Sie bewundern uns für unsere Leistung, und erzählen stolz von ihrem 10 Kilometer Lauf. Da sie auch mal Marathon laufen wollen, vielleicht schon im nächsten Jahr, werden wir gefragt, wie man das Training umgestalten müsse, um diese grosse Distanz zu schaffen.

Das JW Mariott Hotel betreibt einen Imbisstand. Hier finden wir die ersehnte Hamburger-Belohnung. Obwohl wir vom grosszügigen Gebrauch der Schwämme patschnass sind, wird uns nicht kalt in der Mittagshitze. Wir verweilen lange auf der Insel. Und wir lassen die exotischen Tanz-, Gesangs- und Schauspieldarbietungen auf uns wirken. Dabei sprudeln wir beinahe über beim Berichten von unseren Erlebnissen und können uns nicht satt sehen am unfassbar hohen Glitzerturm, der mit uns um die Wette strahlt.

 

Die Äthiopier dominieren den Marathon der Rekorde

Männer
1. Desisa Benti, Lelisa (ETH)  2:04:45
2. Shiferaw Tolcha, Berhanu (ETH)  2:04:48
3. Tola Woldegeberel, Tadesse (ETH) 2:04:49
4. Negesse Shumi, Endeshaw (ETH) 2:04:52
5. Kiprop Koech, Bernard (KEN)  2:04:53
Frauen
1. Tsegaye Beyene, Tirfi (ETH)  2:23:23
2. Kiros Reda, Ehitu (ETH)  2:23:29
3. Gobena Gemeda, Amane (ETH) 2:23:50

2‘411 Finisher

Unter dem Patronat von Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum schaffte es der Dubai Marathon unter die fünf führenden Marathons der Welt. Der an Spitzenleistungen reichste ist er schon, seit letztes Jahr gleich vier Männer unter 2:05 und drei Frauen unter 2:20 Stunden ins Ziel liefen. In den letzten beiden Jahren wurde der Dubai Marathon mit dem Gold Label des IAAF ausgezeichnet. Er ist heute der grösste Breitensportanlass im Mittleren Osten. Sportförderung ist relativ neu in Dubai. Der Dubai Sport Council (das Sport Ministerium) wurde erst Ende 2005 gegründet und unterstützt seither den Dubai Marathon nicht nur finanziell. Man ist um Breiten- und Spitzensport bemüht. Die Jugend soll sportlich und kulturell gefördert und ansprechende nationale, regionale und internationale Resultate ermöglicht werden. 

 

Sightseeing Marathon nach dem Marathon

 

Im Hotel entspannen wir uns eine Weile am Pool. Das Thermometer zeigt 24 Grad im Schatten und 40 % Luftfeuchtigkeit an. Der Sog der facettenreichen Stadt ist aber gewaltig. Schnell fühlen wir uns fit genug für weiteres Stadtbummeln in den alten Stadtteilen. In Bur Dubai begann die Geschichte des Emirates. Vor 200 Jahren liess sich ein Beduinenstamm unter der Führung von Scheich Maktoum Bin Buti Al Blofas hier nieder.

Wir besuchen das Museumsviertel Bastakiya. Es ist aus Korallensteinen und Lehm erbaut. Im Innenhof eines alten Windturmhauses gibt’s unter einem luftig weissen Baldachin den ersten Kaffee des Tages. Darauf lockt der Creek. Wir wagen uns erneut in die engen Ladengassen des ältesten Souks der Stadt. Es gibt keinen anderen Weg zur Wassertaxistation. Eine Abra-Fahrt kostet nur einen Dirham (ca. 20 Euro-Cent)!  Genau 20 Personen nehmen links und rechts auf den alten Holzbooten Platz. Man sitzt auf der Abdeckung des Dieselmotors quer zur Fahrtrichtung. Und während der schaukelnden Fahrt kann man das Creek Ufer vorbeiziehen sehen, entweder die modernere Skyline von Deira oder die nachts bunt beleuchteten 1001 Nacht-Bauten von Bur Dubai. Ein günstiges und sehr erlebenswertes Vergnügen! Wir wollen die Dhaus besuchen. Mit solch hölzernen Dreiecksseglern fuhr schon Sindbad zur See. Motoren ersetzen heute die Segel. Ansonsten werden die Boote nahezu unverändert gebaut, um Waren nach Pakistan oder Iran zu bringen. Zum Abendessen machen wir es uns auf einer Terrasse direkt über dem Wasser gemütlich und schlendern darauf durch einsame Gassen zum Gewürz- und Gold-Souk von Deira.

Ein Taxi bringt uns zurück in die Science-Fiction Welt Dubais. Lange verweilen wir im 63. Stock des Hotel Address Downtown Dubai in der Bar „Neos“. Die Aussicht auf das Lichtermeer um den Burj Khalifa ist magisch. Sie verzaubert uns. Verklärt vom tollen Marathonerlebnis erscheint uns die Stadt wohl noch sensationeller als sie ist. Wir können uns ihrem Bann erst gegen Mitternacht entziehen. Auch in der Märchenstadt wie aus 1001 Nacht gehen ganz besonders einmalige und glückliche Tage einmal zu Ende.

Noch bleibt uns ein Tag. Wir besuchen die zauberhafte Jumeirah Moschee. Auf der Treppe beim Eingang stehen aussergewöhnlich viele Laufschuhe! Den futuristischen Burj Al Arab möchten wir noch ganz aus der Nähe sehen. Gut gelingt dies im Madinat Jumeirah, einer faszinierenden Kombination aus Hotel, Restaurants und Souk im traditionellen Windturmhaus-Stil. Nachgebaute Abras fahren auf Kanälen. Die Fahrt ist 70 x teurer als am Creek. Das Essen ist aber wie fast überall günstig und sehr gut. Fünfstern-Aussicht auf den Burj Al Arab gibt’s gratis dazu. Und im Markt können wir ungestört schlendern. Wir staunen, wie es sich in der Mall oft the Emirates bei -3 Grad rodeln und skifahren lässt. Dann nehmen wir bei libanesischem Essen in Downtown Dubai vorerst Abschied von der verrückten Stadt.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir wieder nach Dubai reisen werden. Vor und nach einem weiteren Marathon könnten wir das andere Dubai zu suchen. Das stillere Dubai in den Parks, am Strand und in der Wüste.
Bis dahin nehmen wir den Leitspruch zum Bau des Burj Khalifa mit auf unseren (Marathon-)Weg. Mit Vertrauen und Entschlossenheit ist nichts unmöglich.

„The word impossible is not in the leaders’ dictionaries. No matter how big the challenges, strong faith, determination and resolve will overcome them.” His Highness Sheik Mohammed bin Rashid Al Maktoum

 
 

Informationen: Dubai Marathon
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