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Laufberichte

Gib Gummi

28.04.13

Wenn man die Anmeldezahlen diverser Laufsportveranstaltungen sieht, wird klar: Laufen ist Volkssport. Massen von Menschen können etwas bewegen. Gemeinsame Bewegung direkt in Hilfe für Schwächere umzusetzen, ist das Ziel von Spendenläufen.

Mit am ersten hat man dies in der schwäbischen Kleinstadt Ditzingen erkannt. Bereits 1999 wurde der Ditzinger Lebenslauf zum ersten Mal veranstaltet. Ihm ist es zu verdanken, dass die seltene Krankheit Mukoviszidose auch in der Öffentlichkeit bekannt wurde.

Mukoviszidose (CF) ist die häufigste angeborene und unheilbare Stoffwechselerkrankung in Mitteleuropa. Zäher Schleim verstopft die Lunge, Bauchspeicheldrüse, Leber und Darm. Die Kinder leiden an Fieberschüben, Husten, chronischer Lungenentzündung und Atemnot. Sie benötigen täglich eine intensive Physiotherapie, Atemgymnastik und  Inhalation und müssen ständig Medikamente zur Bekämpfung von Infektionen einnehmen. Mit intensivster Betreuung haben Mukoviszidose-Erkrankte eine Lebenserwartung von mittlerweile 50 Jahren.

Der Mukoviszidose e.V. veranstaltet einige Events im Jahr, um auf die Krankheit aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln. Nur durch Forschung können neue Therapien und wirksamere Medikamente entwickelt werden, um den Patienten besser helfen zu können.

Der Lauf in Ditzingen wird als offene Jogging-Veranstaltung gesehen. Im Stadtpark und drum herum ist eine 2 km Runde sowie eine 1,5 km Verlängerung abgesteckt. Jeder Teilnehmer kann laufen so viel und solange er will. Viele Schulen und Firmen schicken schon seit Jahren Läufergruppen an den Start. In diesem Jahr sind es bereits 3300 vorangemeldete Gruppenläufer. Gruppen müssen sich vorher anmelden, Einzelläufer nicht. Es gibt keine Startgebühr. Dafür soll jeder Läufer Sponsoren suchen, die für die gelaufenen Kilometern spenden.
Das Herz des Laufes ist das Schulzentrum Glemsaue in Ditzingen. Dort ist Start und Ziel, Live-Musik, Grill und Kuchen für die Besucher, Startunterlagen, Information und Toiletten.

Seit Freitag ist ein 150 Mann starkes Helferteam damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen in der Glemsaue zu treffen. Die meisten der Mitarbeiter sind nicht zum ersten Mal dabei. Viele haben Nachbarn, Freunde, Bekannte oder Verwandte die an Mukoviszidose leiden. Einige sind sogar selber krank.

In der Nacht hat es geregnet. Um 7 Uhr 30 ist es noch recht frisch. An den Schaltern der Startnummernausgabe wird letzte Hand angelegt. Norbert und ich scheinen mit die Ersten zu sein.

Wir wollen um 8 Uhr starten, um die kompletten 8 Stunden Laufzeit auszunutzen. Irgendwie scheint das nicht vorgesehen. Der erste offizielle Start ist um 8 Uhr 30. Aber nun sind wir schon hier und der Gottesdienst, der jetzt stattfindet, ist keine wirkliche Alternative. Mit anderen Laufwilligen starten wir in einer kleinen Gruppe. Die Strafe folgt auf dem Fuß: es beginnt zu nieseln.

Nachdem wir das Schulgelände verlassen haben, führt unser Weg malerisch am Bächlein Glems entlang. Der Rindenmulch scheint heute gut belaufbar. Im letzten Jahr hatte ich schnell die Schuhe voll von dem losen Material, das ist heute besser. Nur an einer Stelle kommt unvermittelt eine matschige Rinne. Nach den Tennisplätzen geht es links über eine Brücke auf die Erweiterungsstrecke. Die Läufer, die die kurze Variante wählen, laufen hier geradeaus.

Es folgt in einer Schleife um ein paar Schrebergärten ein kurzer Feldweg, der hinter einer großen Pfütze gleich wieder auf die Straße mündet. Dann geht es auf die Felder und es kommt die einzige Steigung.

Nach der Steigung ist naturgemäß das Gefälle. Leider muss man hier ganz schön aufpassen, weil die Straße voller Schlaglöcher ist. Wir landen auf dem Hof der Gärtnerei Beiermeister. Hier stehen normalerweise Streckenposten, die jedem Läufer im Vorbeilaufen ein farbiges Gummiband ans Handgelenk fädeln. Anhand dieser Gummis werden am Ende die gelaufenen Kilometer ermittelt. Da wir zu früh gestartet sind, fehlen die Helfer noch. Hoffentlich gibt es nachher eine unbürokratische Lösung. "Umsonst" laufen wäre blöd.

Es geht rechts die untere Glemstalstraße entlang wieder Richtung Schulzentrum zurück. Die Straße ist halbseitig für die Läufer gesperrt; viel Verkehr gibt es hier eh nicht. Bald vereinigen sich auch die Läufer der kurzen Strecke wieder mit uns (da scheint tatsächlich auch schon einer zu laufen). Bevor wir die Gröninger Straße erreichen, geht die Strecke auf dem Fußweg weiter. Hier gibt es nun auch ein Gummiband. Gerade wird auch noch eine zusätzliche Getränkestation aufgebaut.
Nach einer Schleife auf Rindenmulch im Stadtpark (Vorsicht Matschloch) haben wir das Sportgelände des Schulzentrums erreicht. Über die Tartanbahn und hinten an der Schule vorbei, hört man schon die Musik des Gottesdienstes, später dann auch Livemusik, Ansagen und Startschüsse.

Wir sind einmal rum. Das Ziel lassen wir rechts liegen. Jetzt kommt das riesige Verpflegungszelt. Naturgemäß liegt es noch ruhig da.

Auf unserer zweiten Runde sind nun bereits weitere Läufer unterwegs. Die wollen sicher die noch leere Strecke ausnützen, um das eigene Tempo zu laufen. Wir sind gespannt, ob uns die Helfer bei der ersten Gummiausgabe glauben, dass wir schon mal da waren. Gar kein Problem: da die Gummis als Grundlage für die Spendenhöhe dienen, kann es den Helfern nur recht sein, denn je mehr Gummis desto höher die Spende.

Der Nieselregen wird stärker. Nach zwei weiteren Runden sichten wir das Angebot im Verpflegungszelt: Äpfel, Bananen, am Anfang noch verschiedene Riegel, Traubenzucker und Bonbons. Mineralwasser, Apfelsaftschorle, stilles Wasser und diverse Iso- und Vitamingetränke lassen keine Wünsche offen. Auch an Luftballons für die Kleinen ist gedacht.

Frisch gestärkt machen wir uns auf weitere Runden. Trotz des miesen Wetters wird es langsam voll. Jede halbe Stunde erfolgt ein offizieller Gruppenstart. Man muss sich konzentrieren, um die vielen langsamen Läufern und Geher vorsichtig zu überholen. Auch an den Nordic-Walkingstöcken unfallfrei vorbeizukommen, ist nicht einfach. Wenn dann noch 2 Kinderwagen nebeneinander unterwegs sind, ist ganz Schluss. Große begeisterte Gruppen sind im Gespräch vertieft und blockieren unbeabsichtigt die Strecke.

Die Stimmung ist einzigartig. Alle sind gut gelaunt, der Nieselregen hat aufgehört. Es ist immer noch bewölkt aber etwas wärmer. Optimales Läuferwetter. Die Hälfte der Aktiven auf der Strecke sind Kinder. Jedes Alter ist hier vertreten. Sie sind total motiviert und richtig stolz noch eine Runde zu schaffen. Kein Vergleich mit Kinderläufen bei anderen Laufveranstaltungen. Dort gewinnt nur einer und es fließen halt auch mal Tränen. Hier hat jeder gewonnen.

Ab 14 Uhr wird es wieder ruhiger auf der Strecke. Jetzt schlägt die Stunde der ambitionierten Läufer. An der Kleidung und am Laufstil zu erkennen, fressen sie Kilometer für Kilometer.

Für mich ist jetzt Schluss: ein verdächtiges Ziehen in der Leiste verhindert das Weiterlaufen bis zum Zielschluss um 16 Uhr. Norbert ist solidarisch. Ein super freundlicher Helfer zählt unsere Gummis: wir haben 14 Runden das sind 49 km. Als Bonus gibt es Erdinger alkoholfrei.

Der Mukolauf ist im wahrsten Sinne ein Läuferfest. Hier laufen Alt und Jung gemeinsam. Wer nicht laufen will oder kann, trifft sich mit Freunden und Bekannten. Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Live Musik rundet den Event ab.
3725 Läufer waren heute am Start. Das entspricht so ungefähr 50.000 km und einer Spendensumme von 125.000 Euro.

 

Informationen: Ditzinger Lebenslauf
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