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Laufberichte

Ausnahmezustand

29.04.12

In Ditzingen herrscht wieder Ausnahmezustand. Die schwäbische Kleinstadt in der Nähe von Stuttgart wird nun zum 14. Mal Austragungsort des Ditzinger Lebenslaufs.

Um das Schulzentrum Glemsaue und im angrenzenden Stadtpark ist eine 2 km Runde, und für die Profis eine Schleife Richtung Hirschlanden mit zusätzlichen 1,5 km abgesteckt. Jeder Läufer bekommt unterwegs Gummiringe in den Farben Grün (für die längere Strecke), Gelb und Rot. Nach dem Lauf werden die Gummis gezählt und so die gelaufenen Kilometer erfasst. Das ist wichtig, denn die Sponsoren sollen ja für jeden gelaufenen Kilometer ihre Spende machen.

Mitlaufen kann jeder. Vom Kleinkind, das zur Sicherheit seinen Wagen dabei hat, bis zum Senior; vom Nordic Walker, der mehr  oder weniger zügig seine Runden abspult, bis zum Kilometer fressenden Ultra.

Alle haben Sponsoren, meist Verwandte. Aber auch viele Firmen lassen es sich nicht nehmen, in Mannschaftsstärke hier anzutreten und kräftig zu spenden. Und natürlich die vielen Schulklassen, die sich schon Wochen vorher auf den Event vorbereiten.

Was sich zum Volksfest entwickelt hat, hat  einen ernsten Hintergrund:
Mukoviszidose, auch Cystische Fibrose (CF) genannt, ist eine unheilbare Erbkrankheit. Noch vor 30 Jahren erlebte nur einer von 100 Betroffenen seinen 18. Geburtstag. Heute ist es fast die Hälfte. Die Lebenserwartung der Betroffenen beträgt 50 Jahre.

Kennzeichen der Krankheit: quälender Husten, Verdauungsstörungen und chronisches Untergewicht. In den Organen wie Lunge, Leber und Bauchspeicheldrüse wird zäher Schleim produziert. Nur die Symptome können behandelt werden. Am Ende fehlt den Patienten buchstäblich die Kraft zum Atmen.
Der Mukoviszidose e.V. veranstaltet einige Events im Jahr, um auf die Krankheit aufmerksam zu machen. Außerdem werden dringend Spendengelder benötigt. Nur durch Forschung können neue Therapien und wirksamere Medikamente entwickelt werden damit den Patienten besser geholfen werden kann.

Alle Spenden des Laufs kommen den Mukoviszidose-Patienten zugute.

Die Veranstaltung ist top organisiert. Vom Sammelparkplatz im Industriegebiet an der Autobahnausfahrt der A8 werden die Läufer mit einem kostenlosen Bus-Shuttle zum Startgelände gebracht. Im Schulzentrum gibt es die Anmeldung und die Ausgabe der Startnummern. Für Gruppen war bereits vor 2 Tagen Anmeldeschluss und so konnten die Unterlagen schon vorbereitet werden. Einzelstarter, die nicht angemeldet sind, füllen ein Formular aus. Das geht schnell. Bezahlen muss man noch nichts. Das sollen ja hinterher die Sponsoren erledigen.

Im Außenbereich ist es um kurz vor 8 Uhr noch nicht viel los. Die Gastrostände sind schon bereit und der Gottesdienst wird auf der Showbühne vorbereitet. Unter dem Startbanner ist es noch ruhig. Der erste Gruppenstart wird erst um 8:30 sein. Mein Mann Norbert und ich aber wollen um 8 Uhr starten, um dann 8 Stunden durchzulaufen. Um 16 Uhr ist Zielschluss.

Wir sind pünktlich. Aber sonst ist niemand da. Nur Michael Weber vom 100-Marathon-Club klärt uns auf, dass jeder für sich starten kann. Also machen wir uns zusammen auf den Weg. Die ersten drei Runden sind wir im gemeinsamen Gespräch vertieft. Wir genießen das warme Wetter. Noch ist es bewölkt. Es hat so um die 18 Grad. Trotz des ersten Gruppenstarts ist die Strecke noch leer.
Jetzt gönnen wir uns im Verpflegungszelt eine Pause. Es gibt Bananen und Äpfel, Wasser auch mit Kohlensäure, Apfelschorle, Iso und Magnesiumdrink, Traubenzucker und Ingwerbonbons. Außerdem über den Tag verteilt abwechselnd Müsliriegel und Schokolade.

Das Verpflegungszelt steht quer auf der Strecke; man kann aber auch drum herumlaufen.

Wir laufen weiter. Zuerst an den weitläufigen Wiesen des Schulgeländes vorbei. Hier haben die Firmengruppen ihr Basislager aufgeschlagen und es wird betriebsam. Dann führt der Weg zur Glems. Wir folgen dem Bach auf einem mit Rindenmulch befestigten Weg. Nach den Tennisplätzen teilt sich die Strecke. Die Läufer, die die kurze Variante wählen, laufen hier geradeaus.

Wir halten uns links auf der Straße über die Brücke. Dann geht es rechts an ein paar Schrebergärten vorbei. Hier füttert ein Bauer gerade seine Puten. Oh,  da sind ja auch Junge, wie süß. Scharf links geht es über einen unbefestigten Feldweg (staubig!) richtungsmäßig zurück - bis wir die Straße wieder erreicht haben.

Zweimal rechts und wir kommen auf die Felder.  Nach einer kleinen Steigung geht es ein längeres Stück bergab direkt in den Hof der Gärtnerei Beiermeister. Hinter der Gärtnerei laufen wir noch ein Stück geradeaus. In der Rechtskurve stehen die Helfer mit den grünen Gummis. Geschickt wird er im Vorbeilaufen über das Handgelenk gezogen.

Es geht auf der unteren Glemsstraße zurück, die halbseitig für den Verkehr gesperrt ist. Die kurze 2 km Runde kommt nun von rechts. Bevor wir die Gröningerstraße erreichen, führt die Strecke auf dem Fußweg nach rechts. Es gibt das gelbe Gummiband. Hier ist jetzt eine zweite Wasserstation.

Nach einem Schlenker auf Rindenmulch auf einer Wiese im Stadtpark haben wir das Sportgelände des Schulzentrums erreicht. Wir dürfen über die Tartanbahn und hinten an der Schule vorbeilaufen. Da hören wir schon Musik, Mikrofonansagen und Startschüsse.

Eine weitere Runde ist geschafft. Das Ziel lassen wir rechts liegen. Das Verpflegungszelt jetzt auch.

Nach 10 Uhr füllt sich die Strecke. Man muss sich sehr konzentrieren, um an den vielen langsameren Läufern und Gehern vorbeizukommen. Die Sonne ist immer noch hinter den Wolken versteckt. Wir unterbrechen den Lauf kurz, damit wir die Mütze und Sonnenbrille ablegen können. Außerdem wechsle ich die Laufschuhe. Mal sehen, ob sich das für lange Distanzen bewährt.

Die Stimmung auf der Strecke ist einzigartig. Alle sind gut gelaunt; gefühlt ist die Hälfte der Läufer Kinder. Die sind total motiviert und richtig stolz, noch eine Runde zu schaffen. Kein Vergleich zu den Kinderläufen, bei denen einer gewinnt und halt auch mal Tränen fließen. Hier hat jeder gewonnen.

Wir gehen regelmäßig. Außerdem müssen wir immer mal wieder ein Schwätzchen halten. Viele Bekannte sind da. So gehen die ersten vier Stunden schnell vorbei.

Jetzt ist Mittagszeit. Um das Schulzentrum herum ist Party angesagt. Livemusik heizt die Stimmung an. Die häufigen Startschüsse zeigen die Gruppenstarts an. Die Wiese ist bevölkert mit ausgelassenem Volk. An der Strecke stehen die Zuschauer mehrreihig und feuern ihre Läufer an. Eine Blaskapelle ist auch auf der Strecke unterwegs. Die heißen Rhythmen machen gute Laune. Mindestens zwei Runden haben die Jugendlichen mit ihren Instrumenten dann auch.
Die Sonne kommt jetzt heraus. Auf den schattenlosen Streckenabschnitten wird es sofort heiß. Wir unterbrechen wieder, ich setze Sonnenhut und Brille auf und mach mir Sonnencreme ins Gesicht.

Wir gehen jetzt nach jeder Runde ins Verpflegungszelt. Zumindest Trinken muss sein. Aber ich merke auch, dass mir langsam die Energie ausgeht. Banane vertrage ich heute irgendwie nicht. Müsliriegel kann ich sowieso nie essen. Schokolade probiere ich erst gar nicht. Gott sei Dank habe ich noch ein Gel dabei. Und Äpfel gehen auch.

So kämpfen wir uns noch zwei Stunden weiter.

Noch zwei Stunden. Die Strecke leert sich zusehends. Es ist jetzt schön zu laufen. Die Wolken sind wieder da. Ich leg die Mütze ab. Wir werden nun immer wieder wegen der vielen Gummis am Handgelenk angesprochen.

Noch eine Stunde. Wir brauchen seit einiger Zeit durch die ausgiebige Verpflegungspause ungefähr 30 Minuten für die Runde. Ich hab die Befürchtung, langsamer zu werden,  will aber die letzten zwei Runden unbedingt fertig laufen. Also geben wir Gas und haben für die allerletzte Runde noch 35 Minuten. Das reicht locker.

Erschöpft lassen wir uns unter dem Zielbogen fotografieren.

Die Runden werden gezählt. Ich kann kaum noch stehen. 63 km - mein persönlicher Rekord. Unser beider neuer Rekord sind die 8 gelaufenen Stunden.

3664 Läufer und 47230 gelaufene Kilometer sind zwar kein neuer Rekord für den Ditzinger Lebenslauf, aber Zeichen einer gelungenen Veranstaltung.

 

Informationen: Ditzinger Lebenslauf
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