marathon4you.de

 

Laufberichte

Marathonzahlen liegen im Argen

17.09.05

Von knapp 200 Gemeldeten treten 105 an

 

Als ich am Samstagmorgen um 6 aus dem Haus gehe, fühle ich mich in den Spätherbst versetzt. Dunkelheit, Temperaturen knapp über 0 Grad, feuchte und klamme Luft, am liebsten würde ich wieder zurück ins Bett. Doch das Ziel des Tages heißt Kressbronn am Bodensee, wo zur ungewöhnlichen Zeit um 14.00 Uhr der 33.internationale Bodenseemarathon gestartet wird. Von Kennern der Szene schon vor Jahren totgesagt, wird der Marathon, von der Gemeinde veranstaltet und vom TV Kressbronn unter der Leitung von Willi Schaugg und Martin Katzke ausgerichtet, generalstabsmäßig durchgezogen.

 

Die Teilnehmerzahlen des gleichzeitig gestarteten Halbmarathons liegen mit über 1.000 Anmeldungen weit über denen des Marathons. Knapp 200 stehen auf der Starterliste, nur 105 stehen am Start und werden am Ende in der Ergebnisliste geführt. Sicherlich abschreckend ist für einige der knappe Zielschluß: Nach 4 Stunden 45 Minuten muss man hier die Ziellinie überquert haben, um in die Wertung zu kommen. Warum fast die Hälfte der Angemeldeten nicht zum Start erscheinen, lässt sich kaum erahnen. Vielleicht liegt es an der günstigen Teilnahmegebühr von 17 € (Nachmeldungen bis kurz vor Start zusätzlich 3 €), deren Verlust sich bei Nichtteilnahme wohl leicht verkraften lässt. Oder aber es erging mehreren so wie meinem Freund Bernhard Sesternheim, der staubedingt erst nach dem Start eintrudelt und unverrichteter Dinge wieder die Heimreise antritt.

 

Meine Anreise mit dem Zug verläuft problemlos. Im Abteil treffe ich auf den 72jährigen Gerd-Rudi Papke, der seinen 274. Marathon laufen wird und sich die 4h Grenze vorgenommen hat (am Schluß werden es 4.00.19). Gegen Mittag treffen wir in Kressbronn ein und legen gemeinsam den Weg zur 300 m entfernten Festhalle zurück, in der die Startunterlagen ausgegeben werden. Marathonis bekommen weiße und Halbmarathonis gelbe Startnummern. Die weißen sieht man kaum, das wird ein einsamer Lauf auf der zweiten Hälfte! Finishershirts sind nicht vorgesehen, kann man ja auch nicht erwarten, bei 17 € Startgebühr.  Die Helfer sind aber an  einheitlich bedruckten Shirts zu erkennen. 

 

Anders als in den Vorjahren wird diesmal der Start von Marathon und Halbmarathon gemeinsam erfolgen und der Bürgermeister lässt es sich nicht nehmen, trotz seiner ersten Teilnahme beim Halben die Startpistole abzufeuern.

 

Der Start erfolgt auf der ehemaligen B 31 im Ortszentrum auf einem leicht ansteigenden Stück. Der Himmel ist bewölkt, teilweise schwarz, Regen kündigt sich an, und nach wenigen Kilometern, man ist gerade warm gelaufen, regnet es in Strömen.

 

Nach 2,5 km die erste Verpflegungsstation, schon hier gibt es neben Wasser, Tee und Iso auch Bananen, Apfelstücke und Brot. Über Betznau geht es vorbei an Hopfenfeldern durch Apfelplantagen ins Naturschutzgebiet um den Fluss Argen. Laufen bildet, und so weiß ich seit heute, wo der Begriff „da liegt etwas im Argen“ herkommt.

 

Die ersten Kilometer laufe ich mit Toni Fratte. Vor zwei Jahren hatte ich ihn in Bühlertal kennen gelernt und  er erzählte mir seinen beeindruckenden Weg zum Marathonläufer. Beim 100 km-Lauf in Endingen liefen wir fast 70 km gemeinsam. Heute will er gleichmäßig 5.20 laufen, er bereitet sich auf den Kölner 12 Stunden-Lauf vor. Er ist gut drauf und wird mit 3.34 neue persönliche Bestzeit laufen. Nur positives soll ich über den Lauf schreiben, sagt er mir ,als wir uns bei der Siegerehrung wieder sehen. Er ist begeistert und wird auf jeden Fall wieder kommen. Zwischendurch werden Gel-Chips verteilt, ich hebe auch die Heruntergefallen auf und bin so energiemäßig optimal versorgt.

 

Mittlerweile hat der Regen aufgehört und wir laufen ab Kilometer 5 Argen abwärts bis zum Bodensee. Diese Flußab- und Flußaufpassage ist zweimal zu durchlaufen, unterbrochen durch eine Schleife von 7 Kilometern, die uns durch den Tettnanger Wald führt. Nennenswerte Steigungen gibt es auf der Strecke kaum, ungefähr die Hälfte ist asphaltiert, die andere Hälfte sind gut zu laufende befestigte Wald- und Wanderwege.

 

Das Sommerhochwasser ging auch hier nicht spurlos vorbei, und so sind etliche Teile des Uferweges neu angelegt. Ich laufe auf Dr. Brigitte Fleeman (Startnummer 1124)auf. Wohnhaft in Mountain View (Californien, in der Nähe von LA) nutzt die gebürtige Friedrichshafenerin die Verlängerung ihres Italienurlaubs zu ihrem ersten Marathon außerhalb der USA. Gemeinsam mit 2 weiteren US-Amerikanern, 4 Österreichern und 3 Schweizern sorgt sie für die Internationalität dieses Laufes.

 

Wir laufen lange gemeinsam, das kurzweilige Gespräch lässt die Kilometer nur so vorbeiziehen. Auf der hölzernen Hängebrücke an der Argenmündung kann man einen kurzen Blick auf den See mit einigen Segelbooten erhaschen. Kurz darauf werden wir von Gerd-Rudi eingeholt. Ich verabschiede mich kurz ins Gebüsch und mir gelingt es nicht mehr, die Beiden einzuholen.

 

Dann bei km 16 verabschieden sich die Halbmarathonies und es wird einsam auf der Strecke. Unterbrochen wird die Einsamkeit des Langstreckenläufers nur durch das Pendelstück zwischen KM 18 und 21, auf dem die schnellsten Läufer schon aus dem Tettnanger Wald entgegenkommen. Die wenigen Zuschauergrüppchen entlang der Strecke (mehr kann man bei so einem Marathon ja auch nicht unbedingt erwarten), spenden umso intensiver Beifall.

 

Ab Km 28 geht es wieder am Argen auf der schon bekannten Strecke entlang, bis Km 37, dann verlässt man das Narturschutzgebiet des Argen und begibt sich wieder Richtung Kressbronn ins Ziel. Die Zeitnahme erfolgt über ein im Preis inbegriffenes Chipsystem das am Arm getragen wird und die Stoppuhr durch vorbeiführen an einer Platte auslösst.   

 

Trophäen in Form von Medallien gibt’s leider nicht, dafür bekommen die erstmaligen Finalisten einen Stoffaufnäher. Es ist nur eine Umkleidekabine für Männlein und Weiblein vorhanden, die Duschen liefern bis zum Schluß heißes Wasser im Überfluß.

 

Gewonnen wird der Lauf von dem 41jährigen Hans-Jürgen Dauelsberg in 2.49:43 Stunden, der mit dem zweiten Freddy Geiger in 2.57.28 unter 3 Stunden bleibt. Beste Frau als Gesamtsiebte wird Jutta Kolenc aus Biberach, die 3.14:12 Stunden für die Strecke benötigt. Für die Sieger gibt’s einen Tonkrug und eine Palette Äpfel, die hat es hier ja im Überfluss.

 

Mit Gerd-Rudi finden wir auf dem Weg zum Bahnhof noch eine ausgezeichnete Pizzeria und gleichen die verlorenen Kalorien wieder aus. Er erzählt mir noch von einem netten Kerl, der ihm vor zwei Jahren ein Funktionsshirt in Rostock vermacht hat. Ja, lieber Gerd-Rudi, das war ich!

 

Fazit: Ein wunderschönes Lauferlebnis zum günstigen Preis, ideal für den Einstieg in den Landschaftslauf. Für Freunde des gepflegten Landschaftslaufes ein Muß im Kalender.

 

Informationen: Bodensee-Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteHotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024