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Laufberichte

Der Michi packt's

09.03.08

Heute geht es wieder familiär zu, ich reise zum Bienwald Marathon nach Kandel in die Pfalz. Der schnelle, flache und größtenteils windgeschützte Kurs zieht Läufer aus der Region und von weit her an die Startlinie.

Der Michi begleitet mich wieder. Er ist gut im Training und steht voll in der Vorbereitung für die Deutsche 100 Kilometer-Meisterschaft, die Anfang April in Kienbaum bei Berlin stattfinden wird.

Wir fahren am Samstag spät Nachmittag in Neuburg los. Auf der Autobahn 8 Richtung Stuttgart/Karlsruhe ist lebhafter Verkehr. Viele Urlauber fahren in ihre Heimat zurück. Auch die heimfahrenden Fussballfans aus München sind der Grund, dass es auch mal zäh zugeht. Auf der Raststätte Burgau fahren wir kurz heraus. Da stehen dann einige Busse mit freude- und alk-trunkenen Fans herum. Die Grünen sind auch schon vor Ort.

Später lässt es sich dann weniger anstrengend fahren, lediglich die vielen Baustellen nerven. Wir können es vielleicht noch erwarten, bis die Autobahn 8 durchgängig sechsspurig ausgebaut wird. Höchste Eisenbahn ist es dafür auf alle Fälle.

Für die Nacht haben wir uns in der Jugendherberge Karlsruhe einquartiert. Von hier ist es nur mehr ein Katzensprung nach Kandel. Der Michi hat ein wenig Sorge, dass wir vielleicht verschlafen könnten. "Ich hör die Vögel in der Frühe pfeifen, außerdem steh ich werktags eh um halb sechs Uhr auf“, versuche ich ihn zu beruhigen.

Und so kommt es auch. Kurz vor sieben stehe ich auf, die Vögel hab ich auch schon trällern gehört, außerdem ist es bereits hell geworden und in anderen Zimmern rührt sich ebenfalls schon was.

Im Frühstücksraum ist das Buffett hergerichtet. Es dauert nur ein paar Momente, da kommt Ralf Boßhammer vom SC Vogt herein. Wir vertreiben uns die Zeit beim Frühstück mit Ratschen, ehe er sich nach Kandel verabschiedet. Wir hauen dann auch nach wenigen Minuten ab und erreichen Kandel nach rund 20 Minuten Fahrzeit.

Dort sind die Parkplätze schon gut belegt. Wir schnappen uns unsere Laufsachen und gehen in die neue Mehrzweckhalle. Während ich meine Startnummer wie angesagt an der Infotheke erhalte, bekommt diese Michi in wenigen Augenblicken im Anmeldebereich.

Ja, eine Anmeldung ist hier völlig unkompliziert. Die zeitige Voranmeldung kostet 15 EUR bzw. 26 EUR für den halben oder vollen Marathon. Nachmeldungen sind jedenfalls auch möglich, da muss man halt ein paar Silberlinge drauflegen. Für das Startgeld ist nicht nur die ganze Laufinfrastruktur nutzbar, es wird sogar noch eine Massage angeboten, es gibt Urkunden vor Ort oder übers Internet. Wertvoll und hochfunktionell ist das rote Laufshirt, das jeder Starter an einem eigenen Schalter bei Vorlage der Startnummer erhält.


Gegen 09.30 Uhr treibt es Michi und mich hinaus. Strahlender Sonnenschein, lediglich noch etwas kühl ist es jetzt. Die ansteigende Sonne wird das Thermometer schon noch ein paar Grad nach oben treiben. Von Singlets, kurzen Laufhosen bis gefütterten langärmeligen Sachen ist unter den Läufern alles vertreten.

Das Startfeld ist jetzt schon gut gefüllt, ich höre die letzten Informationen aus dem Lautsprecher. Der Startbereich ist in mehrere Boxen, je nach zu erzielender Gesamtzeit eingeteilt. Der Veranstalter sorgt gar für einige Zeitläufer, die mit Luftballons und markanten Startnummern gekennzeichnet sind.

Auf dem Startpodest haben sich schon Bürgermeister und Landrat versammelt. Wir hören noch einige Grußworte und dann dauert es noch einige Momente, da noch ein Abstand der Zeitmessmatten zu den Läufern eingerichtet werden muss. Dann wird die Zeitmessung "scharf" gemacht, von zehn heruntergezählt und mit einem Schuss wird die scharrende Herde aus der Box gelassen. Auf geht's


Nach dem Startschuss bleib ich noch einen Augenblick hinter der roten Zeitmessmatte stehen und schieße meinerseits mit der Kamera. Doch dann macht sich der Herdentrieb auch bei mir bemerkbar. Es geht am Waldrand kurz geradeaus, dann folgt eine Linkskurve, wir laufen auf den Ortskern zu. Die Straße ist für die gut 2000 Läufer breit genug. Ich versuche wie im Vorjahr festzustellen, ob bereits die Narzissen an den beiden Verkehrsinseln schon am Blühen sind. Niente. Die sind noch nicht soweit.

In der Ortsmitte biegen wir links auf die Bundesstraße 427 ein. An der Kurve haben sich bereits einige Zuschauer versammelt. Auf der langen Gerade sind dann nur wenige Adabeis zu sehen. Hie und da ist ein Fenster geöffnet und Anwohner beobachten die Szenerie. Wenige, aber doch schöne Fachwerkhäuser sind zu sehen.

Am Ortsausgang steht eine gelb-schwarze Biene, auf deren Bauch das Stadtwappen aufgemalt ist. Seit 2006 wird das Stadtbild durch diese Bienwald-Bienen geprägt. Diese Kunstwerke sind aber kein Massenartikel, sondern Einzelprodukte. An der Schule hat sie einen Bezug zur Bildung und im Stadion ist sie in sportlicher Kleidung zu sehen.

 


In zwei Kilometer Entfernung sehen wir unser nächstes Ziel, Minfeld. Zuvor bleibe ich nochmals stehen. Die Windräder auf dem Galgenberg sind ein guter Hintergrund für die Fotoarbeit.

Kilometer vier, Ortseingang Minfeld. Ich laufe auf einen etwas überhöhten Radweg und werde von einem Zuschauer zurechtgewiesen: "Auf der Straße ist dein Weg!" Aber hier habe ich eine bessere Aussicht. Minfeld ist eine Gemeinde mit 1500 Einwohnern und wurde bereits 982 erstmals urkundlich erwähnt. 2007 feierte man hier den 1025. Geburtstag. Die protestantische Kirche wurde  im Jahr 1053 von Mönchen erbaut. Unter anderem ist hier eine Wandmalerei zu sehen, die die Geschichte des St. Martins zeigt.

An der Sparkasse zeigt ein Thermometer sieben Grad. Erste Blumen sind in den Vorgärten schon zu sehen. Ich sehe linkerhand Narzissen am Blühen, zücke meine Kamera und Schuss. Da höre ich jemanden meinen Namen rufen. Der Kommissar ist's, der Manne Luginger aus Landshut. Der wurde schon lange von der Läufergemeinde vermisst. Er war längere Zeit aufgrund einer Verletzung außer Gefecht und heute will er's wissen. Gut vorbereitet scheint er zu sein, so mein erster Eindruck.

Wir verlassen Minfeld und finden die erste Verpflegung bei Kilometer 5. Wasser, Iso und Tee wird kredenzt. Nicht nur ich greife schon zu. Ach ja, jeder Kilometer ist ausgeschildert und an vielen Stellen sind für die Streckenmarkierung weiße Kalkstriche zu sehen.

Es geht kurz durch Weideland, dann sehen wir rechts die Hardtmühle und nach ein paar weiteren Metern das Naturfreundehaus Bienwald. Auch hier kann man sich einquartieren, doch meine Anfrage für eine Übernachtung kam zu spät. Man war bereits ausgebucht. Mir fallen Kinder auf, in der einen Hand einen Zwieback, die andere wird mir zum Abklatschen hingehalten.

 


Es folgt eine kurze Lichtung, wir überqueren den Otterbach und dann tauchen wir in den Bienwald ein. Der Name hat überhaupt nichts mit Bienen zu tun, er kommt wohl eher aus dem keltischen behe oder beje. Und das bedeutet einfach Wald. In dem 120 Quadratkilometer großen Waldstück ist nur ein Ort vorhanden und das ist Büchelberg, unweit unseres zweiten Wendepunktes.

Nach fünf Minuten Rennerei (Kilometer 9) biegen wir auf die K 15 ein, eine Kreisstraße im Kreis Germersheim, auf der wir einige Kilometer herunterreißen dürfen. Der Zeitläufer der 3.30 Stunden ist einige Meter hinter mir. Bei meinen Stopps schließt er immer auf.

Es dauert nicht lange, dann kommt der führende Halbmarathoni, ein Keniate, entgegen. Der hat bereits einen Mordsvorsprung, ich glaube, 500 Meter sind's mindestens. Die nächsten Halbmarathonis folgen zuerst noch einzeln, doch dann werden es immer mehr Läufer. Die Halbmarathonweiche, kurz nach Kilometer 12,  wird angekündigt. Die Mehrzahl der Teilnehmer belässt es heute mit dem Halben, es ist ja noch zeitig in der Saison. Aber anders als 2007 laufen in meinem Bereich doch mehr Marathonis geradeaus.

Kilometer 14, die Verpflegungsstelle bietet mittlerweile auch Bananen und Orangen an. Der Manne sitzt mir im Genick. Ich "hampere" wieder mit der Kamera herum und darf dann als Belohnung wieder einen langgezogenen Sprint setzen, damit ich auf ihn und den ihn begleiteten Holger von Tongelen aufschließen kann.

 


Kurz danach vernehme ich Musik. Die Spitze kommt. Die Musikrichtung hat sich auch geändert. Während 2007 Deutsche Schlagermusik gespielt wurde, gibt es heute Techno. Hoffentlich halten das die Vögel aus. Die Wildkatze, die sich mittlerweile im Bienwald angesiedelt hat, wird schleunigst das Weite gesucht haben. Der Helmut Dehaut als momentan Führender mit Startnummer 11 wird's aushalten. Zu meiner Überraschung kommt dann dicht dahinter der Michi daher. "Quäl Dich, Du Sau“, feuere ich ihn an und klatsche ihn ab. Er schaut überaus stark aus, eine richtige Kampfsau.

Schaidt, an der Rechtskurve hat sich wieder eine Guggenmusik niedergelassen. Jetzt haben sie gerade Pause. Wir laufen am Waldrand entlang und dann in ein kleines Industriegebiet. Kurz nach Kilometer 17 kommt unser erster Wendepunkt. Zurück.

Die Guggenmusik spielt mittlerweile wieder. "An der Nordseeküste!" Ja, sind die vielleicht aus Husum? Ich will sie fotografieren, doch die Batterien maulen. Zuwenig Saft. Also laufen und Batteriewechsel. Schau 'mer mal, ob mer zwei Dinge gleichzeitig machen können.

Ich sehe die Vier-Stunden-Gruppe, da hängen wohl so 20 Marathonis dran. Dann müsste wohl der Klaus kommen. Den sehe ich erst relativ spät, als er in meiner Laufrichtung auftaucht und sein Fotogerät schwingt.

Halbzeit, Kilometer 21. So knapp drei Minuten habe ich auf die 3:30 Stunden gut. Kurz danach kommt eine Rechtskurve, wir biegen auf den jetzt schmäleren Asphaltweg zum zweiten Wendepunkt ein. Es folgen mehrere 90-Grad-Kurven, so ist dieses Stück ein wenig abwechslungsreich.

 


Doch dann kommt wieder der Führende und jetzt ist es der Michi. Der kann's packen, so wie ich sein Auftreten einschätze. Ich rufe ihn noch nach "Hau rein!" Thomas Dehaut hat bereits 50 bis 100 Meter Rückstand.

Die letzte Gerade zum Wendepunkt zwei ist ellenlang und langweilig. Bei Kilometer 25, so wie alle fünf Kilometer zuvor, wird die Zeit angesagt. Wende. Eine laufende Kamera hilft vor Schummlern. Zurück.

Auf dem Zickzackkurs bleib ich ein paar Mal für die Fotoarbeit stehen. Viele bekannte Ultraläufer kommen mittlerweile entgegen, die nutzen den Lauf als Trainingseinheit, als Generalprobe für spätere Vorhaben oder ganz einfach für ein "kann ich es überhaupt noch?"

Dann kommt mir der Klaus entgegen. "Jetzt bin ich mal dran mit Fotografieren“, sage ich zu ihm. Und. "Der Michi ist jetzt der Führende."

 


Zurück auf der Kreisstraße hängt sich dann der Manne in meinen Windschatten. Ich glaube schon fast, den muss ich heute laufenlassen, so stark ist er. Ein paar Kilometer laufen wir zusammen, dann, vor Kilometer 36, muss ich ihn und auch Holger ziehen lassen.

Kilometer 37, wir verlassen die Kreisstraße. Ich habe auch keine Kraft mehr. Hätte ich vielleicht gestern das Baumausschneiden bleiben lassen sollen? Wurscht. Dann jogge ich halt das Rennen zu Ende. Andere Läufer sitzen schon bei der V-Stelle am Naturfreundehaus auf der Bank. Noch mal gut verpflegen, mittlerweile wird auch Cola gereicht. Noch drei Kilometer!

Vor mir der Holger, auch er muss beißen. Ich kann noch etwas den Abstand verringern, aber dann an der vorletzten Rechtskurve am Floßgraben will ich mich nicht mehr schinden. Ein Helfer sagt uns bei Kilometer 40 die Zeit an, ich hör nicht mehr hin. Fünf Minuten später, schon in Sichtweite zum Stadion, kommt der 3:30 Stunden-Zeitläufer wie von der Tarantel gestochen angedüst und überholt mich. Ist sein Fahrplan in Gefahr?

Das scheint fast zu sein, denn als ich ins Bienwald Stadion einbiege und dann auf die Zieluhr schaue, muss ich mich langmachen, damit ich noch a...knapp um zwei Sekunden brutto unter 3.30 Stunden bleibe. So, dann ist wieder ein Marathon im Sack.

Am Ziel wartet dann schon der Michi mit seiner Botschaft. Ja, er hat den Sieg eingefahren. Er musste sich zwar auf den letzten sieben Kilometer noch plagen, aber den Gegnern ging's auch nicht besser. Ich freue mich für ihn.


Nach einer Halben Erdinger und einem längeren Ratsch laufen oder schleichen wir  noch ein wenig aus. "Der Klaus wird schauen“, sage ich. Bei Kilometer 40 müssen wir nicht lange warten, dann sehen wir in der Entfernung bereits das orange Trikot leuchten. Er hat uns auch schon entdeckt und winkt. Gemeinsam laufen wir zurück. Die Ehrenrunde auf der Tartanbahn lasse ich aber sein, dafür werde ich auf der Bank des Zeitnehmers gleich zum Dienst verpflichtet und muss die einlaufenden Startnummern einsagen.

Die Duschen sind warm und Platz ist auch genug vorhanden. Ein Manko muss ich jedoch feststellen. Ich habe mich auf die Fleeschknepp gefreut, aber die sind bereits alle gefressen. Da haben ich und der Gesamtsieger zu lange getrödelt. Als Ersatz gibt's an worma Lewerkaas.

Die Heimfahrt geht dann ohne Stau und Stress vonstatten. Ich freue mich auf den nächsten Lauf in der Pfalz. Anfang April beim Marathon Deutsche Weinstraße in Bockenheim. Da gibt's auf der Strecke koa Freibier, sondern an Wein. Zum Wohl, die Pfalz.



Auszug aus der Ergebnisliste
Marathon Männer

1  Sailer, Michael (GER)  M30  TSV 1862 NEUBURG 02:31:49
2  Dehaut, Helmut (GER)  M45  VT Zweibrücken 02:32:53
3  Gröschl, Anton (GER)  M45  PTSV Rosenheim 02:34:11

Marathon Frauen

1  Klingler, Nicole (LIE)  WHK  TV Eschen-Mauren 02:51:46
2  Brema, Susanne (GER)  W35  LSG Karlsruhe 02:53:46 
3  Hille, Claudia (GER)  W40  TSG Kleinostheim 02:59:09
 

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