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Laufberichte

Herwart macht`s unmöglich

 

“Let`s do the Timewarp”  ist wohl einer der bekanntesten Songs aus der Rocky Horror Picture Show. So  sollte der Titel meines Berichts zum Bestzeiten-Marathon in München lauten. Aber so weit kam ich dank Herwart nicht. Wie,  ihr versteht nur Bahnhof? Dann sollte ich wohl erst mal den Sinn bzw. Unsinn des Bestzeiten-Marathons erklären.

Der Bestzeiten-Marathon findet bereits zum sechsten Mal in München auf dem Gelände der Bundesgartenschau von 2005 statt. Dabei gilt es, zwanzig Runden um den Riemer See – auch BuGa-See genannt  - zu laufen. Der Lauf findet alljährlich am letzten Oktoberwochenende statt, eben dann, wenn von der Sommer- auf die Winterzeit gewechselt wird. Gestartet wird um Mitternacht, also gelangt man nach drei Stunden Laufzeit in den Zeittunnel … Die Uhr wird um eine Stunde zurückgestellt und „verkürzt“ so die Laufzeit. Als Ergebnis erscheint nämlich die Ziel-Uhrzeit auf der Urkunde. Klingt verrückt? Ist es auch … also will ich dabei sein.

Dann kommt Sturmtief „Herwart“. Herwart verkündet schon vor dem Start keinesfalls prickelnde Aussichten. Die Temperaturen sollen im Laufe der Nacht auf etwa drei Grad sinken. Windböen werden Geschwindigkeiten von über 70 km/h erreichen und dazu soll es noch die meiste Zeit über regnen. Prima.

Charly und ich haben uns dennoch kurzfristig für den Bestzeiten-Marathon angemeldet. So schlimm wird es schon nicht werden, sagen wir uns. Irren ist menschlich …

Rechtzeitig machen wir uns auf den Weg nach München, denn der Veranstalter versichert, dass auf alle Fälle gestartet wird. Möglicherweise wird auf den Aufbau des ein oder anderen Pavillons verzichtet. Charly und ich diskutieren auf der Anfahrt fast nur über‘s Wetter. Aber wir sind ja gut ausgerüstet. Lange Klamotten, Mütze und Handschuhe,  sowie die Stirnlampe sind im Gepäck.

Zeitig parken wir auf dem großzügigen Parkplatz am Riemer See ein und machen uns auf den Weg zur Startnummernausgabe. Es ist trocken, trotzdem fröstelt uns. Der Wind pfeift jetzt schon ganz enorm. Und das soll ja erst der Anfang sein. Im Dunkeln kommt mir dann schon die erste bekannte Gestalt entgegen. Es ist Frank Reichl, der sich kaum einen Marathon entgehen lässt. Über eine Stunde ist noch Zeit bis zum Start, richtige Vorfreude will nicht aufkomme, denn es fängt nun auch noch  an zu regnen. Wir sitzen (wie viele andere) im Auto und trauen uns gar nicht mehr raus.

Aber einmal muss es sein, auf zum Startgelände. Dort ist erstaunlich viel los. Gut, der Großteil der Teilnehmer hat sich für den 10-Kilometerlauf oder Halbmarathon entschieden. Dennoch bin ich beeindruckt. Als verrückter Läufer ist man doch nicht alleine. Es ist kurz vor Mitternacht, lausig kalt und weder die Zeit, noch das Wetter zum Laufen. Egal. Jetzt sind wir schon mal hier, jetzt will ich auch laufen. Florian Kratz treffe ich auch noch. Er ist sauschnell und hat das Ding hier letztes Jahr gewonnen. Normalerweise ist er in Barfußschuhen oder Sandalen gepaart, auf jeden Fall aber im Schottenrock unterwegs. Heute ist sogar er normal gekleidet …

 

 

Punkt Mitternacht geht`s dann endlich los. Im Uhrzeigersinn gilt es denn Riemer See zu umrunden. Auf der ersten Geraden haben wir schon mal ordentlich Gegenwind und biegen nach rund 800 Metern auf einen langen Holzsteg über den See ab. Danach geht es praktisch auf die Gegengerade und haben Rückenwind. Da lässt es sich prima laufen. Dann geht es erneut nach links und der Wind bläst von der Seite. Alles nicht schlimm. Aber dann biegen wir wieder auf die Zielgerade ein und der Wind kommt wieder von vorne. Auch nicht sooo schlimm, rede ich mir ein. Ist doch mal was anderes, bei solchen Bedingungen zu laufen. Ein ganz besonderes Abenteuer halt.

Die Abenteuerlust hält nicht lange an. Nach vier der zu absolvierenden zwanzig Runden bin ich knapp unter einer Stunde. Hochgerechnet werde ich also fünf Stunden brauchen. Vorausgesetzt, es geht so weiter. Aber wie sieht es aus,  wenn die 10km- und Halbmarathon-Läufer ihr Soll erfüllt haben und etliche Marathonis aus- oder auf den Halben umgestiegen sind? Ich sehe es realistisch: Wenn ich finishe, dann nach hartem Kampf mit ein paar ganz Verwegenen um den letzten Platz.  Aber egal.

Es kommt, wie vorher gesagt. Herwart wütet immer heftiger. Auf der Geraden zur Brücke haben wir  übelsten Gegenwind, der Regen schmerzt im Gesicht. Ich komme kaum noch vorwärts, obwohl ich alles gebe. Die seitlichen Böen sind so heftig, dass sie mich fast zum Stolpern bringen. Wahnsinn! Und der Rückenwind auf der Gegengeraden?  Der ist so heftig, dass ich mich dagegen wehren muss.  Mir kommen Zweifel. Die Zweifel mehren sich. Irgendwann denke ich nach.  Die achte Runde und dann noch zwölf. Was, noch zwölf Runden? Noch mind. 3 Stunden? Und Herwart lässt nicht locker. Im Gegenteil.

Nein, nicht mit mir. Nach dieser Runde und etwa 17 gelaufenen Kilometern bin ich raus. Was macht Charly? Wenn er durchlaufen will, sitze ich ewig bei dieser Kälte im Auto. Auch nicht prickelnd.

Von einer einigermaßen windgeschützten Stelle aus versuche ich Charly abzupassen. Ich schlottere am ganzen Körper vor Kälte und Nässe. Dann kommt er. Er ist dermaßen im Tunnel, dass er auf meine Zurufe nicht reagiert. Ich stelle mich ihm einfach in den Weg: „Du Charly, ich bin raus“. „Gut“, sagt er, „dann können wir ja nach Hause fahren.“  Ich bin platt. Aber im Grunde hat Charly nur gehofft, dass ich irgendwann den Unsinn abblase.

Das Gefühl, versagt zu haben, habe ich nicht. Ich bin mit meiner Entscheidung zufrieden. Ich habe zur rechten Zeit abgebrochen. Vielleicht wäre mehr möglich gewesen. Aber ganz bestimmt hätte es mir keine Freude gemacht. Aber genau darauf kommt es mir an.

 

 

Und so kommentiert der Veranstalter meinen Bericht:

 

Halllo Andreas, Hallo Charly, ja, das war ein wirklich verrückte Nacht mit wirklich wüsten Bedingungen. Respekt, dass Ihr trotzdem angetreten seid. Jeder, der auch nur eine Runde absolviert hat ist ein echter Held. Für die Statistik, vor dem Sturm, waren 100 Läufer für den Marathon 75 für den Halben und 25 für den 10er gemeldet. Je näher der Sturm kam, desto mehr Ummeldungen haben uns erreicht. Am erstaunlichsten waren jedoch die 6 Nachmeldungen vor Ort.

 

Informationen: Bestzeitmarathon
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