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Laufberichte

Die doppelte Punktlandung

26.10.08
Autor: Jan Kunz

Die Basler Marathontage finden immer am letzten Wochenende im Oktober statt. Es ist die älteste Marathonveranstaltung der Schweiz und bietet neben der klassischen Halbmarathon- und Marathondistanz auch den Ekidenmarathon an. Die beiden Erstgenannten finden traditionell immer am Samstag statt, während der Staffellauf, denn dies steckt hinter dem Ekidenmarathon, immer  sonntags stattfindet. Bei diesem sehr beliebten Event teilen sich jeweils 6 Teilnehmer die Marathondistanz. Die gelaufenen Strecken variieren zwischen 5 und 10 km pro Läufer. Doch dieser Bericht hier handelt vom Samstag, dem Tag an dem die Einzelläufer "ran" müssen.

Ich hatte bereits zum zweiten Mal das Vergnügen diesen Marathon als "Pacemaker" mitmachen zu dürfen. Deshalb möchte ich diese Gelegenheit nutzen den Marathon einmal aus der Sicht  eines Pacemakers zu schildern. Die Ziele sind ja andere, wie bei den restlichen Teilnehmern und ich möchte gerne einen Eindruck davon zu geben was es heisst für das Tempo zu sorgen.

Doch vorab ein paar Informationen zur Strecke, denn nicht jeder kennt diese kleine Marathonveranstaltung in Basel.

Start- und Ziel befinden sich im Stadion Grendelmatte in der Gemeinde Riehen, die zum Kanton Basel Stadt gehört. Faktisch liegt diese Gemeinde zwischen Basel und Lörrach und zu ihr gehört auch ein Teil des Naherholungsgebietes "Lange Erlen", durch welches der Marathon führt. Die Strecke ist ein Rundkurs, der beim Marathon vier Mal durchlaufen werden muss. Sie führt zum grössten Teil am kleinen Flüsschen "Wiese" entlang, welches dem Wiesental seinen Namen gibt. Das Streckenprofil ist sehr eben, nur ein kleiner Anstieg in Richtung Riehen erschwert den Läufer etwas das Vorankommen. Der grösste Teil der Strecke ist asphaltiert während ein geschätztes Fünftel der Strecke auf unasphaltierten Wegen entlangführt.

Doch nun zum Rennen selbst. Nachdem ich im letzten Jahr  mein Debut als 3:15h Pacemaker gegeben hatte, wurde ich für dieses Jahr für die schnellste angebotene Pacemaker Strecke angefragt und zwar die drei Stunden. Da ich mich gerade in der Vorbereitung für den Nizza Marathon bafand, wusste ich, dass meine Form gut genug sein sollte, um diese Zeit sicher laufen zu können.

Trotzdem stand ich um kurz vor zehn nervös auf der Tartanbahn des Grendelmatte-Stadions, wo der Marathon gestartet wird. Im Gegensatz zu einem "normalen" Marathon hat man in solch einem Rennen viel mehr Verantwortung. Denn alle Läufer, die sich anschliessen, erwarten natürlich, dass man sie  in der gewünschten Zeit ins Ziel bringen wird. Viele dieser Läufer versuchen eine persönliche Bestzeit zu laufen und haben entsprechend lange trainiert. Dabei ist es unwichtig, ob das der Versuch ist, die Vierstundenmarke zu knacken oder eben die heissbegehrte Dreistundenmarke.

Die äusseren Bedingungen hätten nicht besser sein können. Obwohl es am Start noch recht kühl war, schien bereits seit dem Sonnenaufgang die Sonne von einem wolkenlosen, blauen Himmel herunter und es war windstill.

Pünktlich um 10 Uhr erfolgte der Start und die Meute setzte sich in Bewegung. Da der Adrenalinschub am Start auch vor einem Pacemaker nicht halt macht, lief ich den ersten Kilometer deutlich zu schnell und das, obwohl ich mich vom Gefühl her zurückgehalten hatte. Wie immer dauerte es 3-4 Kilometer, bis der Puls einigermassen auf Touren kam und sich das gewünschte Tempo eingepegelt hatte.

Im Schlepptau hatte ich neun Männer und eine Frau, von der ich wusste, dass sie zum ersten Mal probieren wollte, die 3h Schallmauer zu durchbrechen. Die Pacemaker werden ja oft auch als Brems- und Zugläufer bezeichnet, und tatsächlich besteht gerade zu Beginn eines Marathons die Hauptaufgabe darin, das Tempo zu drosseln, damit die vor Adrenalin strotzdenen Läufer mit ihren ausgeruhten Beinen nicht in wildem Galopp davonrennen und es dann am Ende bitter bereuen. Trotzdem einigte ich mich mit "meiner" Gruppe darauf, am Anfang ein kleines Polster herauszulaufen, um noch etwas Zeitreverven am Ende zu haben.

Gesagt getan, die Halbmarathonmatte überquerten wir mit knapp 2 Minuten unter dem nötigen Pace für eine Zeit unter 3 Stunden. Die Stimmung in der Gruppe war gut, soweit ich das an den Gesichtern um mich herum ablesen konnte. Im meinem Schlepptau befand sich immer noch Yvonne Hodel, die zu diesem Zeitpunkt zweitplazierte Frau. Die führende Tatjana Ragusa lag rund 2 Minuten vor uns, wie wir an den verschiedenen Wendepunkten sehen konnten.

Nach der dritten Runde lichtete sich die hinter mir laufende Schar zusehends und ausser Lars, einem dänischen Läufer und Yvonne, war niemand mehr da. Etwa nach 35 Kilometern liefen wir auf die führende Tatjana Ragusa auf, welche merklich nachgelassen hatte und so konnte „meine Dame“ die Spitze übernehmen.

Und nun zahlte sich auch das Polster aus der ersten Rennhälfte aus, denn sowohl Yvonne und Lars hatten Probleme, den Kilometerschnitt zu halten. Bei Kilometer 38 musste Yvonne abreissen lassen und ich entschied mich, wenigstens Lars sicher ins Ziel zu bringen. Er hatte mich schon mehrmals gefragt, ob wir noch in der Zeit lägen, denn er war ja noch nie unter drei Stunden gelaufen.

Da die Strecke zwischen km 39 und 41 immer leicht ansteigt, der Wind seit dem Start ebenfalls aufgefrischt hatte und in diesem Abschnitt von vorne bliess, war mir klar, dass wir die letzten drei Kilometer den nötigen Schnitt nicht halten könnten. Obwohl er laut eigener Aussage „Beine wie Beton“ hatte, sah er für mich immer noch recht locker aus und ich schickte ihn in meinen Windschatten. So versuchte ich ihm wenistens den Wind vom Leib zu halten und die Pace so hoch wie möglich zu halten.

Als das Schild "Letzter Kilometer" auftauchte und wir noch 5 Minuten übrig hatten war klar, dass er es unter drei Stunden schaffen würde. Ich konnte ihn noch dazu überreden, diesen letzten Kilometer schnell zu laufen und so kam er mit einer Endzeit von 2:59:04 ins Ziel. Er freute sich riesig und seine Freude war für mich ein grosser Lohn.

Da ich ihn „heil“ ins Ziel gebracht hatte, stellte sich natürlich die Frage, was Yvonne machte. Die war schon auf der Stadionrunde und der Speaker sowie alle versammelten Zuschauer sahen die Uhr unaufhaltsam auf die Dreisstundenmarke zuticken und feuerten sie nach Leibeskräften an. Sie schaffte es  auf der allerletzten Rille in 2:59:57 ins Ziel und konnte so neber einer persönlichen Bestzeit auch ihren ersten Marathonsieg feiern. Auch sie war natürlich überglücklich und ich war zufrieden, dass ich dazu beitragen konnte, dass zwei Läufer ihre Persönliche Bestzeiten laufen konnten.

 

Informationen: Basler Marathon Tage
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